Wenn das der Weg des Saarlandes in die Zukunft sein soll, sage ich Ihnen: Dieser Weg kann uns das Scheitern bringen! Deshalb bieten wir eine konkrete Lösung an. Zeigen Sie doch mal, dass Sie politischen Willen haben. Sie könnten das durchaus beschließen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegt ein Antrag der Oppositionsfraktionen vor zur Begrenzung von Zeit- und Leiharbeit, der sich auf die schon oft erwähnte Richtlinie zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur in Thüringen bezieht. Man könnte jetzt spitz sagen, der Antrag ist vom 01. April. Aber ich sage, der Antrag ist hier im Saarland so unnötig wie eine AlpineSteinschaf-Verordnung. Diese Rasse gibt es nicht im Saarland, deshalb brauchen wir keine Verordnung.
Was für den Thüringer Arbeitsmarkt und Wirtschaftsraum notwendig sein mag, ist für das Saarland schlichtweg nicht nötig.
Es wurde in den Einlassungen von Bernd Wegner schon vieles gesagt. Ich möchte das Ganze noch einmal kurz aus der Sicht der FDP-Fraktion darlegen. Die tatsächlichen Zahlen des Arbeitmarktes sowie die regionale Wirtschaftsförderung zeigen eindeutig, dass eine neue Verordnung zur Wirtschaftsförderung nicht notwendig ist. Schauen wir uns die Arbeitsmarktzahlen an. Wir haben im Saarland 355.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, davon etwa 11.000 in der Zeit- und Leiharbeitsbranche. Das ist eine Quote von derzeit 3,1 Prozent. Wenn man die Diskussion verfolgt, könnte man annehmen, es wäre eine Quote von 30 oder gar 40 Prozent. Noch einmal: Es ist eine Quote von 3,1 Prozent.
Verglichen mit anderen Bundesländern und unter Berücksichtigung der regionalen Wirtschaftssituation ist dieser Anteil nicht besonders spektakulär. Er zeigt, dass unsere Wirtschaft verstärkt Fachkräfte benötigt, damit sie ihre derzeitige Auftragslage bewältigen kann. Einer der Geschäftsführer der IHK, Herr Klingen, hat Folgendes gesagt - ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident -: „Die Zunahme der Zeitarbeit ist Resultat der guten Konjunktur, die Zeitarbeit erfüllt damit ihre ureigenste Funktion. Sie ermöglicht es den Unternehmen, auf konjunkturelle Schwankungen rasch reagieren und Auftragsspitzen abarbeiten zu können.“
Dies wurde im Jahr 2004 auch von den Mitgliedern des 56. Planungsausschusses der Gemeinschaftsaufgabe, zu denen unter anderem Wirtschaftsminister Clement, der SPD-Finanzminister Eichel, aber auch der damalige Berliner Wirtschaftssenator, Herr Wolf von der LINKEN, zählten, in ihrer Begründung so gesehen und damals in die bundeseinheitlichen Richtlinien der GA-Förderung aufgenommen.
Betrachten wir nun das Programm der regionalen Wirtschaftsförderung für das Saarland. Dieses Programm dient den ansässigen Unternehmen, es macht sie wettbewerbsfähig für den überregionalen Markt. Pro Jahr erhalten etwa 80 Unternehmen Zuwendungen im Rahmen der Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Ausgenommen sind die Energie- und die Stahlwirtschaft; diese Branchen erhalten bereits Fördermittel aus anderen Töpfen. Wir haben somit hinsichtlich der Leistungsempfänger einen sehr begrenzten Rahmen.
In Ihrem Antrag führen Sie das Unternehmen AMBAU auf. Die Wahl dieses Beispiels zeigt aus unserer Sicht, dass es am Standort Saarland kein Unternehmen gibt, bei welchem von 100 Beschäftigten 30 Leiharbeiter sind. Um diese Zahlen genau zu recherchieren, haben wir in unseren Antrag Prüfaufträge aufgenommen. Wir wollen nämlich diese Zahlen detailliert auflisten können.
Es wird auch deutlich, dass nicht alles, was für andere Bundesländer taugt, auch im Saarland sinnvoll umsetzbar ist. Wir müssen uns auf unsere regionalen Schwerpunkte konzentrieren. Die Förderung der saarländischen Wirtschaft ist ein wichtiges Instrument, um das Land als Industrie- und Wirtschaftsstandort zu sichern. Dafür müssen von den Unternehmen Anträge auf Förderung gestellt werden. Diese Anträge werden sodann von der Verwaltung geprüft, um Standards zu garantieren. Würden wir durch eine Verordnung oder eine Richtlinie ein weiteres Prüfkriterium mit einer solchen Tragweite, wie das hier gefordert wird, einbauen, würden wir eine zusätzliche bürokratische Hürde aufbauen. Wir Liberale stehen aber für Bürokratieabbau. Wir sagen: Keine staatliche Regulierung, wo es keine Notwendigkeit dafür gibt! Es entstünde nach unserer Auffassung ein unnötiges und aufwändiges Verfahren, das deutlich mehr kosten als nutzen würde. Zudem sollten nach unserer Ansicht arbeitspolitische Maßnahmen nicht mit wirtschaftspolitischen Instrumenten verquickt werden.
Nun eine grundsätzliche Anmerkung. Die saarländischen Unternehmer werden anlässlich jeder Plenardebatte von der Opposition immer wieder unter Generalverdacht gestellt. Diese pauschale Verteufelung der Unternehmer muss ein Ende haben!
Wir müssen vor diesem Hintergrund hier immer wieder festhalten, dass saarländische Unternehmer verantwortungsbewusste Arbeitgeber sind. Sie sorgen sich um ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Beweggründe, die die Thüringer zum Erlass der neuen Richtlinie bewegt haben, dürfen wir nicht unreflektiert auf das Saarland übertragen. Bei uns besteht keine einschlägige Notwendigkeit. Statt eine Kluft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern herbeizureden, sollten wir die Unternehmer lieber für ihre gute Wirtschaftspolitik loben. Gemeinsam hat man es geschafft, die Wirtschaftskrise zu überwinden. Unternehmer und Arbeitnehmer haben gemeinsam an der Erreichung dieses Ziels gearbeitet. Wir sollten allen danken, die ihren Beitrag geleistet haben. Ein Lob an dieser Stelle ist sicherlich angebracht; ein solches Lob ist einfach, und es ist ehrlich.
Ich hatte eingangs schon gesagt, dass wir Liberale den Antrag der Opposition ablehnen. Das wird Sie nun sicherlich nicht verwundern, denn auch unsere Fraktionskollegen in Thüringen haben seinerzeit den dort vorgelegten Antrag abgelehnt und einen eigenen Entwurf eingebracht. Wir werden den Antrag hier ablehnen, weil wir keinen Bedarf für eine weitere bürokratische Regelung sehen. Ich bitte aber um Zustimmung zum Antrag der Regierungsfraktionen. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir lehnen den Antrag von LINKEN und SPD ab. Wir lehnen ihn ab, weil wir davon ausgehen, dass das von Ihnen vorgeschlagene Instrument das völlig falsche ist.
Es geht bei dieser Wirtschaftsförderung ja darum, im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe die regionale Wirtschaftsstruktur zu verbessern. Das ist ein zentrales Instrument, um strukturschwache Regionen beim Ausgleich von Standortnachteilen unterstützen zu können. Der Strukturwandel soll hierdurch erleichtert werden, regionale Arbeitsmärkte sollen entlastet werden.
Dieses Instrument ist aber nicht das richtige Mittel, um Leiharbeit zu begrenzen und zu regulieren. Würde das Saarland nun im Alleingang ein zusätzliches Kriterium einführen, so könnten nach unserer Auffassung die resultierenden Wirkungen sogar eher kontraproduktiv sein. Alleingänge des Saarlandes, bei denen diese Förderung an zusätzliche sozialpolitische Bedingungen geknüpft wird, brächten uns mit Sicherheit einen Wettbewerbsnachteil.
Herr Kollege Roth, Sie haben hier als Beispiel für die Notwendigkeit der Einführung dieses Mittels die Firma Vivento erwähnt. Ich muss sagen, dass mir nicht
erinnerlich ist, dass die Firma Vivento jemals etwas aus dem Topf zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur bekommen hätte. Vivento ist nicht gefördert worden, und die Wahl dieses Beispiels zeigt geradezu, dass der von Ihnen vorgeschlagene Weg ein völlig falscher ist.
Uns erscheint auch die 30-Prozent-Quote als Obergrenze sehr hoch gegriffen. Wir fragen uns, wie oft das denn in der Praxis tatsächlich zur Anwendung käme. Wir möchten diese 30-Prozent-Quote auch nur sehr ungern in den Raum stellen, weil so der Eindruck entstehen könnte, dies wäre etwas Erstrebenswertes. Wir befürchten, dass mit Ihrem Antrag insoweit ein falsches Signal gesetzt wird.
Die Quote kann im Grunde kein geeignetes Kriterium sein, wenn man messen möchte, wie es um den Missbrauch bestellt ist. Eigentlich geht es doch um die Frage, zu welchem Lohn und zu welchen Arbeitsbedingungen die Menschen in der Leiharbeit arbeiten. Auch bezüglich dieses Aspektes kann man das Saarland nun sicherlich nicht mit Thüringen gleichsetzen.
Leiharbeit ist ein Instrument, das durchaus zu sinnvollen Lösungen führen kann, sowohl für die Unternehmen und insgesamt die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, aber auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das Thüringer Modell löst keineswegs die Probleme beim Instrument der Leiharbeit, die auftauchen, wenn Missbrauch betrieben wird. Das Problem muss vielmehr auf der Bundesebene angegangen werden. Dort haben wir auch die dafür notwendige Gesetzgebungskompetenz. Vor diesem Hintergrund haben übrigens auch die GRÜNEN in Thüringen dieses Vorgehen abgelehnt.
Uns ist es wichtig, für das Saarland über eine möglichst genaue Analyse des Arbeitsmarktes zu verfügen. Wir müssen uns dann auch konkret mit der saarländischen Situation beschäftigen. Wollen wir im Saarland den Missbrauch der Leiharbeit verhindern, müssen wir schon wissen, wo genau im Land es zu Missbrauch kommt. Dann können wir uns auch sinnvoll mit der Frage befassen, mit welchem Instrument man dem Missbrauch begegnen kann. Das in Ihrem Antrag vorgeschlagene Instrument ist aber jedenfalls das falsche.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir GRÜNE an dieser Stelle noch einmal verdeutlichen, dass wir Equal Pay als das geeignete Instrument ansehen, wenn es um die Bekämpfung des Missbrauchs der Leiharbeit geht. Die Möglichkeiten des Equal Pay müssen ernst genommen werden. Wir schlagen deshalb zusätzlich einen Flexibilitätsbonus in Höhe von 10 Prozent des Bruttolohnes vor. Dies entspricht auch der Gesetzesinitiative der GRÜNEN auf Bundesebene. In unserem Forderungskatalog findet sich des Wei
teren die Wiedereinführung eines Synchronisationsverbotes. Und in den Hartz-4-Verhandlungen waren wir GRÜNE eigentlich schon viel weiter hinsichtlich des Ziels, den Missbrauch der Leiharbeit zu verhindern.
Leider sind diese Erfolge durch die SPD zunichte gemacht worden. Die SPD ist in dieser Sache eingeknickt. Das war ja schon Thema in der letzten Plenardebatte, in der wir uns auch mit prekären Beschäftigungsverhältnissen befasst haben.
Das zentrale Instrument zur Verhinderung von Missbrauch ist und bleibt gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Wir denken, dass soziale Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt nur unter diesen Voraussetzungen möglich ist. Wir bräuchten uns über diese Anträge in dieser Art und Weise nicht zu unterhalten, wenn man damals bei den Hartz-4-Verhandlungen ein Stück weit konsequenter geblieben wäre. - Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Kühn hat gesagt, die von uns vorgeschlagene Regelung sei „so unnötig wie ein alpiner Steinschlag“.
„Steinschaf-Verordnung“ das hört sich etwas schwülstig an, wird der Ernsthaftigkeit des Problems aber nicht wirklich gerecht. Ich möchte noch einmal kurz die Rahmendaten nennen. Der Beschäftigungszuwachs, den wir im Moment feststellen, geht nachweislich zu mindestens 38 Prozent auf das Konto der Leiharbeitsbranche. Das ist der zweithöchste Wert in Westdeutschland nach Bremen. Wir sind auf dem Weg, die Bremer in dieser negativen Entwicklung zu überholen. Es wurde gesagt, wir würden Unternehmer unter Generalverdacht stellen. Darum geht es ja überhaupt nicht! Wenn alles so gut ist, wie Sie sagen, wäre es ja überhaupt kein Problem, unseren Antrag heute hier zu beschließen, weil ja alle Unternehmen einwandfrei arbeiten.
Dann bräuchten Sie die Regelung gar nicht zu fürchten, man hätte die politische Botschaft entsprechend gesetzt und alle guten Unternehmer hätten damit überhaupt kein Problem.
Die Argumentation von Ihnen, Kollegin Willger, muss ich ernst nehmen, ob das das richtige Instrument ist. Vivento habe ich nur deshalb genannt, weil dort und in anderen Unternehmen leider durchaus eine Leiharbeitsquote von 30 Prozent erreicht wird, manchmal sogar 50 Prozent. Bei diesen ganzen Arbeitnehmerüberlassungsfirmen geht sie gegen 100 Prozent, und es sind überwiegend Frauen. Das ist das Problem bei der Sache.
Wir sind auch nicht der Auffassung, dass wir mit einem einzigen Instrument das Problem lösen könnten, das soll ja überhaupt nicht das Ziel der Operation sein. Aber es wäre wenigstens einmal ein konkreter Schritt!
Jetzt wissen wir beispielsweise, dass bei den Verhandlungen um die Grundsicherung auch die Frage des Equal Pay massiv von den Liberalen torpediert worden ist. Deswegen sind die Liberalen nach meiner Auffassung auch zu Recht bei 4 Prozent. Damit sind sie meiner Meinung nach noch überbewertet. Aber das ist meine persönliche Auffassung.