Protokoll der Sitzung vom 21.09.2011

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das war der Aspekt der Ignoranz, jetzt komme ich auf den Aspekt der Unfähigkeit zu sprechen. Prof. Dr. Grewenig meinte in einer Ausschusssitzung: Schlamperei ist viel zu harmlos ausgedrückt, da dies ja Fahrlässigkeit bedeuten würde. Hier ist aber tatsächlich Überforderung und Unfähigkeit anzunehmen.

Und eng verknüpft mit diesem Bau sind auch Verschwendung und Günstlingswirtschaft. Statt professionellem Personaleinsatz werden wohl bei dieser Landesregierung lieber alte Seilschaften bedient. So wurde ein guter Bekannter von Jürgen Schreier zum Projektsteuerer für den Museumsbau, obwohl der Herr noch nie ein Museum gebaut hatte! Schon 2010 hat der Rechnungshof des Saarlandes auf die fehlende Qualifikation des Projektsteuerers, der Innenarchitekt ist, hingewiesen. Hätte man damals die Reißleine gezogen, meine Damen und Herren, wären dem saarländischen Steuerzahler eine Menge Kosten erspart geblieben.

Unser neuer Kulturminister sagte letzte Woche in einem Interview beim Saarländischen Rundfunk: „Wir müssen statt Duzfreunde Fachleute einbeziehen.“ Sehr richtig, Herr Toscani! Nur leider kommt Ihre Erkenntnis geraume Zeit zu spät.

(Minister Toscani: Falsch.)

Sie können das nachlesen. - Sicher wäre es besser gewesen, Sie hätten Ihre warnende Stimme früher erhoben. Sie sind ja schließlich nicht neu im Kabinett.

(Weitere Zurufe.)

Man kann das nachlesen. - Es riecht auch nach Günstlingswirtschaft, dass Sie, Frau Ministerpräsidentin, in Ihrer damaligen Funktion als Kulturministerin ohne Not Herrn Melchers Arbeitsvertrag vor Ablauf verlängert und ihm eine satte Gehaltserhöhung von 50 Prozent, nämlich 3.000 Euro, spendiert haben, sodass er mit der Bauzulage von 1.250 Euro monatlich zum bestbezahlten Museumsdirektor Deutschlands mutierte. Damit hatte Dr. Melcher als Vorstand des überschaubaren Saarlandmuseums mehr Gehalt als zum Beispiel der Chef der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der 300 Mitarbeiter hat Melcher hatte 30. Der Rechnungshof sieht darin einen Verstoß gegen das Besserstellungsverbot. Frau Ministerpräsidentin, das hat der Rechnungshof Ihnen persönlich ins Stammbuch geschrieben, weil Sie das nämlich verbockt haben. Karl Rauber hat oftmals nur den Kopf für Sie hingehalten.

Es war halt ein Duzfreund, mit dem man gern zum Essen ging. Die Saarbrücker Zeitung schrieb am 03. August: „Annegret Kamp-Karrenbauer pflegte einst ein geradezu freundschaftliches Verhältnis zu Melcher, gegen den jetzt die Staatsanwaltschaft ermittelt.“ Bei all dem war Essen und Trinken inklusive. Viele Mitglieder der Regierungspartei und der Regierung können davon berichten.

(Abg. Kugler (DIE LINKE) : Und das in einem Haushaltsnotlageland.)

"Freibrief für Verschwendung" titelte der Chefredakteur der Saarbrücker Zeitung, Peter Stefan Herbst, im Juli 2010 - teure Bewirtungen, umstrittene Zulagen und Gehälter, Verschwendung von Steuergeldern halt. Vor diesem Hintergrund weiß ich nicht, ob wir Herrn Schreier zustimmen sollten, der als damaliger Kulturminister in eine Kamera sagte: „Um diesen Museumsdirektor wird uns die Republik noch beneiden.“

(Abg. Schnitzler (DIE LINKE) : Ganz bestimmt!)

Ich fasse zusammen. Warnende und ernst zu nehmende Stimmen gab es wahrlich genug, doch die Verantwortlichen wollten sie nicht hören. Sie wollten diesen Bau haben, und die Steuerzahler zahlen dafür die Zeche. Der Vierte Pavillon ist ein Symbol für Größenwahn und Missmanagement.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vorhin habe ich die Frage gestellt, welche Kontrollmechanismen versagt haben, dass es zu diesem Desaster kommen konnte. Da stoße ich auf die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz. Stiftungsgesetz und Satzung haben einen Konstruktionsfehler. Gestern haben Sie, Herr Minister Toscani, wohl in Vorbereitung auf die heutige Debatte und in der Hoffnung, uns den Wind aus den Segeln nehmen zu können, verkündet, dass Sie spätestens im Oktober,

(Abg. Ries (SPD) )

das heißt im nächsten Plenum, einen Gesetzentwurf vorlegen wollen, nachdem der Kulturminister nicht mehr gleichzeitig Kurator sein darf, und dass es eine Satzungsänderung geben wird, die eine Doppelspitze aus kaufmännischem und kulturpolitischem Vorstand bei der Stiftung installiert. Es soll also endlich das Vieraugenprinzip eingeführt werden. Wir begrüßen das außerordentlich. Sie sind damit unseren Forderungen nachgekommen und folgen damit endlich den Anregungen des Rechnungshofs.

Ich bin mir sicher, dass unser heutiger Antrag die Zustimmung des gesamten Parlaments erhalten wird, denn alles andere würde bedeuten, dass Ihre Hopplahopp-Ankündigungen von gestern nicht ernst zu nehmen sind.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Thomas Schmitt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Ries hat ja sehr weit ausgeholt und versucht, ihre Sicht der Dinge rund um den Vierten Pavillon von Beginn an zu schildern.

(Abg. Ries (SPD) : Das ist alles belegt.)

Ich habe doch bisher noch gar nichts weiter gesagt. - Sie geht damit weit über den Antrag hinaus. Eigentlich wollte ich mich heute im Großen und Ganzen auf den Antrag konzentrieren.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Wer hier Falsches sagt, wird zum Projektsteuerer ernannt. - Lachen bei der LINKEN.)

Ich möchte aber doch ein paar Dinge klarstellen. Es bleibt für mich dabei, dass die Grundidee, einen Vierten Pavillon und eine Erweiterung der Modernen Galerie zu planen, nicht falsch war und auch heute nicht falsch ist.

Diese Idee ist nicht erst von einer CDU-Landesregierung vorgebracht worden, sondern sie war wesentlich älter. Es hat immer wieder neue Versuche, auch unter Vorgängerregierungen, gegeben, diese Idee zu verwirklichen.

(Abg. Maas (SPD) : Es geht doch hier nicht um die Idee. - Zurufe der Abgeordneten Ries (SPD) und Spaniol (DIE LINKE).)

Ich werde doch wohl hier ein paar Ausführungen im Zusammenhang machen dürfen! Sie sagen, das brauchten wir im Grundsatz überhaupt gar nicht, und schon gar nicht an dieser Stelle.

(Abg. Maas (SPD) : Wer hat das gesagt? Kein Mensch hat das gesagt.)

Die Idee war meines Erachtens richtig, auch wenn Frau Kollegin Ries hier den Eindruck erweckt hat, die Idee sei grundsätzlich falsch und das Projekt sei grundsätzlich Gigantomanie.

(Zuruf der Abgeordneten Ries (SPD).)

Das Saarlandmuseum hat Bestände, die es wert sind, ausgestellt zu werden und die bisher in den Räumlichkeiten des Museums nicht genügend Platz gefunden haben. Von daher war der Grundgedanke richtig, hier einen Erweiterungsbau zu planen. Es hat auch immer schon Pläne und Entwürfe gegeben, auch in der Vergangenheit, an dieser Stelle einen entsprechenden Bau zu verwirklichen. Das ist nachweisbar. Es hat auch einmal eine Entwurfsplanung von Herrn Schönecker selbst gegeben, neben anderen Ideen auch an dieser Stelle noch einen Anbau zu verwirklichen.

(Abg. Ries (SPD) : Aber nicht so etwas.)

Auch der Hauptkritiker, der ehemalige Landeskonservator Lüth, hat an dieser Stelle schon einmal einen entsprechenden Bau vorgeschlagen. Von daher war die Idee nicht neu, und im Grundsatz bekenne ich mich auch heute noch dazu, dass dort grundsätzlich ein Erweiterungsbau errichtet werden sollte.

Auch ist nicht von Beginn an alles schiefgelaufen! Es haben dort unabhängige Preisgerichte getagt, mit entsprechenden Fachleuten besetzt, Vertretern der Architektenkammer, des Bundeskulturstaatsministeriums und renommierten Architekten. Im Wettbewerbsergebnis sind durch dieses unabhängige Gremium tatsächlich Fehler passiert, danach hat die Vergabekammer die Vergabe an den ersten Preisträger aufgehoben.

Aber wenn Sie heute bemängeln, dass der fünfte Preis gebaut wird, kann ich Ihnen sagen: Sie haben damals auch schon den ersten Preis kritisiert! Und die Bürgerinitiative gegen das sogenannte Museumsmonster - ich weiß nicht, wie groß diese Initiative ist -, hat sich damals schon gegen diesen ersten Entwurf gewandt. Das war also überhaupt nicht der maßgebliche Punkt.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Aus welchem Grund ist denn der fünfte Preisträger genommen worden? Das weiß ich bis zum heutigen Tag nicht.)

Das weiß ich nicht. Es gibt ein zweistufiges Verfahren, und auch in der zweiten Stufe

(Abg. Schnitzler (DIE LINKE) : Der Karl Rauber weiß es. - Abg. Spaniol (DIE LINKE): Wo ist der Abgeordnete Rauber?)

sind unabhängige Fachleute beteiligt, die dann entscheiden. Ich war da nicht beteiligt. Aber dieses Verfahren ist bundesweit üblich und ist übrigens auch rechtlich so festgelegt. Daher maße ich mir gar nicht

(Abg. Ries (SPD) )

an zu sagen, ich hätte alles besser gewusst. Also dieses zweistufige Verfahren ist im ganz normalen rechtlichen Rahmen abgewickelt worden. Die Probleme sind später entstanden. Wir müssen darüber diskutieren, wie das geschehen konnte, wieso danach Versagen eingesetzt hat,

(Sprechen bei den Oppositionsfraktionen)

wieso Projektsteuerung und Bauleitung nicht entsprechend funktioniert haben, sodass letztendlich Mehrkosten entstanden sind.

Sie haben gesagt, die Architekten seien wegen der Fassade abgesprungen. Da muss ich doch zumindest konstatieren, dass die ursprünglich veranschlagten Kosten der Fassade, wie sie die Architekten zunächst geschätzt hatten, so nicht einzuhalten waren. Es ging in erster Linie darum, die Kosten in den Griff zu bekommen, als das Kuratorium entschieden hat, dass die Fassade nicht so gebaut werden sollte, wie sie geplant war. Es war also kein Akt der Vertreibung der Architekten, sondern der Versuch, die Kosten im Griff zu halten. Das ist in meinen Augen nicht zu kritisieren. Tatsache ist, es sind anschließend bei der Bauausführung Fehler passiert, die so nicht hätten passieren dürfen. Unsere Aufgabe ist jetzt, die Verantwortlichkeiten zu klären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Es sind Fehler passiert, das bedauere ich außerordentlich. So etwas darf künftig nicht mehr geschehen. Deshalb müssen wir uns ernsthaft Gedanken machen, ob es bei der Stiftung Dinge gibt, die wir korrigieren müssen.

(Abg. Dr. Jung (SPD) : Wer sind denn die Verantwortlichen?)

Ich habe eben meins dazu gesagt, Herr Kollege Jung.

(Abg. Maas (SPD) : Wahrscheinlich geht das auf die SPD-Regierung zurück!)

Ich bin der Meinung, dass wir bei der Stiftung Strukturen ändern müssen. Das hat sich insbesondere im letzten halben Jahr gezeigt, als uns Sachverhalte bekannt wurden, die vorher nicht bekannt waren. Bisher hatten wir über Übertreibungen bei Spesen gesprochen, die schon ärgerlich waren. Jetzt geht es aber um Fehler bei Bauüberwachung und Bauausführung, die für den Steuerzahler eine ganz andere Dimension annehmen. Dann müssen wir auch darüber nachdenken, ob es künftig Strukturen geben kann, die helfen, so etwas zu vermeiden. Dazu gehört unter anderem die Umsetzung des Vieraugenprinzips und die Einsetzung eines zweiten Vorstandes, der für den kaufmännischen Teil verantwortlich ist. Es gibt durchaus Einrichtungen, auch in der Kultur, die keinen gleichberechtigten Geschäftsführer oder Vorstand im kaufmännischen Bereich haben,

was in der Vergangenheit trotzdem nicht schädlich war. Hier hat es offensichtlich nicht funktioniert, entgegen dem, was wir ursprünglich erwartet hatten. Deshalb müssen wir jetzt handeln, um konsequent neben dem künstlerischen einen gleichberechtigten kaufmännischen Vorstand einzusetzen.