Protokoll der Sitzung vom 30.11.2011

Neben der kommunalen Ebene bedarf selbstverständlich auch das Land, um handlungsfähig zu bleiben, einer soliden finanziellen Basis. Dies hängt neben einer gezügelten Ausgabenpolitik auch von der Einnahmeseite ab. Dabei ist für uns Liberale klar, dass eine Verbesserung der Einnahmeseite über eine gute Wirtschaftsleistung im Land erreicht werden muss. Damit erteilen wir auch eine Absage an alle Steuererhöhungspläne, die Sie heute Morgen hier ausführlich ausgeteilt haben. Für 2012 ist eine positive Entwicklung erkennbar. Die gegenwärtig vorherrschende wirtschaftliche Aufschwungsphase wird sich auch in 2012 fortsetzen. Mit Steuermehreinnahmen von 46 Millionen ist zu rechnen.

Dass die zu erwartenden Steuern auch tatsächlich eingenommen werden, haben wir einer funktionierenden Finanzverwaltung und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verdanken, die, wie ich mich in persönlichen Gesprächen überzeugen konnte, nach wie vor ihren Aufgaben gerecht werden. Und das, obwohl der öffentliche Dienst von den im Rahmen der Schuldenbremse erforderlichen Sparmaßnahmen Einschnitte zu verkraften hatte und zu verkraften hat. Umso wichtiger war und ist es, hier etwas zu tun. Die Übertragung der Tarifabschlüsse auf die Beamten ist für Mitte des Jahres geplant, ein wichtiger Schritt. Dieser sollte aber nach Meinung meiner Fraktion drei Monate vorgezogen werden. Darüber müssen wir in der Koalition noch reden.

Um die Funktionsfähigkeit der Finanzbehörden weiterhin zu gewährleisten, ist die angemessene Verteilung der Arbeitslast allerdings bedeutender. Es darf nicht zu Überhängen auf der einen und zu Engpässen auf der anderen Seite kommen. Insbesondere im mittleren Dienst muss für ausreichend und vor allem qualifiziertes Personal gesorgt werden. Das ist wie es schon die Vorredner gesagt haben - in der Tat zu einem Problem geworden. Das hat diese Landesregierung erkannt. Deshalb werden bereits vielfältige Anstrengungen unternommen, um für die Finanzämter den erforderlichen qualifizierten Nachwuchs zu bekommen: Seien es die neuen OnlineBewerbungsverfahren, neue Präsentationsformen auf dem Bewerbermarkt wie zum Beispiel durch

einen zielgruppengerechten Werbespot, neue Methoden bei der Vermittlung von Lerninhalten und anderes.

Meine Damen und Herren, wir kennen die Probleme der Mitarbeiter in den Finanzämtern. Deshalb haben wir die ausrechende personelle Ausstattung auf der richtigen Ebene in den Finanzbehörden im Blick. Damit bleibt die Verwaltung funktionsfähig und effektiv. Nur so wird letztlich auch die Steuergerechtigkeit gewahrt.

Für die Kommunen haben wir im Einzelplan 21 Verbesserungen erreicht. Und die finanzielle Situation im Land haben wir ohnehin bei jedem unserer Schritte im Blick. Das verdeutlicht dieser Etat und deshalb wird ihm die FDP-Fraktion zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Markus Schmitt von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren hier den Etat des Finanzministers und den der allgemeinen Finanzverwaltung. Zahlreichen Ausführungen meiner Vorredner kann ich mich voll und ganz anschließen. Zum Etat des Finanzministeriums gab es keine Abänderungsanträge seitens der Koalitionsfraktionen - das ist nicht unbedingt eine Überraschung -, aber auch keine und das ist hier herauszustellen - von den Oppositionsfraktionen. Leider waren Sie damit in Ihrem Handeln nicht konsequent. Sie sind stur Ihrer Rolle als Fundamentalopposition gefolgt und haben den Einzelplan im Haushaltsausschuss abgelehnt - wohl einfach aus Prinzip.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Jost (SPD) : Das war doch konsequent!)

Aber was bedeutet das? Für mich bedeutet das erstens, dass Sie nichts zu kritisieren haben, zweitens dass Sie aus nicht einsehbaren Gründen dagegen sind und drittens, dass Sie keine eigenen Ideen haben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zusammengefasst würde ich formulieren: Eigentlich stimmen Sie hier heimlich zu und erkennen unsere Ideen an. Aber auch der Blick in die Globalanträge bringt in dem Bereich nichts Neues. Es kommt auch hier nichts. Außer allgemeinen Aussagen und der Flucht auf andere Ebenen bringen Sie keine Beiträge. Sie werfen uns vor, wir hätten keine Lösungsansätze, so steht es zumindest im Antrag der SPDFraktion, aber es sind eigentlich Sie, die keine haben.

(Abg. Hinschberger (FDP) )

Besonders interessant ist es bei der LINKEN. Sie bezeichnen die Schuldenbremse als Sackgasse. Sie fordern ein soziales und gerechtes Steuersystem; bei Letzterem bin ich als Grüner bei Ihnen.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Wir haben einen Vorschlag gemacht.)

Da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Linsler. - Wir haben auf unserem Bundesparteitag in Kiel auch hierzu einen Grundsatzbeschluss gefasst. Nur war der deutlich qualifizierter und konkreter als Ihre Vorschläge. Ich gebe zu, dass der Teufel hier im Detail steckt. Wie genau ein soziales und gerechtes Steuersystem aussehen soll, darüber kann man trefflich streiten. Nur, viele Ideen und Diskussionspunkte, die wir umsetzen könnten, nennen Sie in Ihrem Antrag nicht. Und neue Ideen, wie wir das ganz konkret im Saarland mit dem Haushalt 2012 verbinden sollen, nennen Sie erst recht nicht. Dazu stand nichts in Ihren Abänderungsanträgen. Es findet sich auch nichts in Ihrem Globalantrag außer den bekannten Stichwörtern Vermögenssteuer & Co. Diese Ansätze haben aber nichts mit einer Lösung für das Saarland zu tun; die können wir auch nicht im Haushalt 2012 beschließen. Das, was das Finanzministerium mit den Einzelplänen 04 und 21 anbietet, ist für uns eine Lösung. Es ist auch ein Etappensieg auf dem Weg zur Null-Neuverschuldung im Jahr 2020. Ich fordere Sie deshalb zur Zustimmung auf, weil wir gewillt sind, ein Saarland im Jahr 2030 erleben zu dürfen, vielleicht ein grünes Saarland 2030. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Finanzminister Peter Jacoby.

(Unruhe und Sprechen.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dieser überwiegend sachlich geführten Debatte möchte ich den Versuch machen, die vorgetragenen Überlegungen zusammenzuführen. Vor uns liegen weitere organisatorische Veränderungen, ein Personalentwicklungskonzept und eine Modernisierungs- und Erneuerungsstrategie, der sich insbesondere die Steuer- und Finanzverwaltung aussetzt und bereits ausgesetzt hat. Das wird auch in der Zukunft so bleiben. Ich will den Versuch machen, über Parteigrenzen hinweg - über die Grenzen der Regierungsverantwortung auf der einen Seite und der Opposition auf der anderen Seite - im Gespräch zu bleiben.

Wenn ich mir das Protokoll über die Diskussion über den Einzelplan 04 im Haushaltsausschuss anschaue, stelle ich fest, dass dort ein sachliches Gespräch geführt worden ist. Auf jede Frage haben die Mitarbeiter meiner Personalabteilung sachverständig Auskunft gegeben. Darauf bauen wir auf im Blick auf

das, was vor uns steht. Das will ich ausdrücklich zusagen. Das rege ich an auf der Basis dessen, was wir erreicht haben.

Kollege Jost, Sie selbst haben vieles von dem, was gemacht worden ist, rückschauend genannt. Es betrifft die Verbesserung von Außendienst, die Zusammenfassung von Querschnittsaufgaben im nachgeordneten Bereich und die zweistufige Gliederung von Finanzämtern und Steuerverwaltung. Wir haben Standorte und kleinteilige Arbeitseinheiten in einer Weise konzentriert, wie es unausweichlich gewesen ist. Wir haben gemeinsam moderne Informationsund Kommunikationsmöglichkeiten eingeführt. Wir haben schon jetzt länderübergreifende kostensparende Kooperationen erreicht, etwa im IT-Bereich. Wir haben eine steuerfachliche Kooperation auf der Agenda. Wir entwickeln uns kontinuierlich nach vorne.

Wenn wir die Frage betrachten, wie das mit den erledigten Fällen pro Mitarbeiter ist, mit der Prüfungsdichte, mit der Nachwuchseinstellung über ein ganzes Jahrzehnt hinweg, wenn ich all das vergleiche mit dem, was sonst wo läuft, und in Rechnung stelle, dann kann ich nur sagen, wir sind ganz offensichtlich auf dem richtigen Weg. Den wollen wir auch in der Zukunft fortsetzen. Dabei spielt natürlich das Gespräch und die Mitnahme aller - auch der SteuerGewerkschaft - eine Rolle. Aber Kollege Jost, ich glaube, wir beide wissen zu viel, als dass man sich darüber hinwegtäuschen könnte: Man kann zum Maßstab einer Haushaltsdebatte natürlich nicht eine Presseerklärung machen, die aus welcher Gegebenheit heraus auch immer formuliert worden ist.

(Abg. Jost (SPD) : Ich werde Sie daran erinnern.)

Ich rege Folgendes an. Wir platzieren den Tagesordnungspunkt Personalentwicklungsplanung in der Steuer- und Finanzverwaltung als einzigen und ausschließlichen Tagesordnungspunkt im Frühjahr des nächsten Jahres. Wir werden dort als Regierung anknüpfend an dem, was wir in der gemeinsamen Verantwortung im zurückliegenden Jahrzehnt zustande gebracht haben - die Zukunft ins Visier nehmen. Dann unterhalten wir uns über die Fragen, bei denen wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Ich kann mir schlechterdings nicht vorstellen, dass man in Sonntagsreden sagt, jetzt ist die Zeit, um kooperativen Föderalismus zu ermöglichen, und dann bei der Umsetzung im Blick auf die Betroffenheit von 20 oder 25 Mitarbeitern gleich in eine Abwehrhaltung geht. Das ist mir zu viel Ritual. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei dieser Abwehrhaltung bleibt. Da scheint noch eine andere Überlegung im Raum zu sein.

Ich kann nur sagen, nach meinen Informationen hat die Steuerverwaltung das, was auf Ebene der Staatssekretäre mit Rheinland-Pfalz besprochen

(Abg. Schmitt (B 90/GRÜNE) )

worden ist, nicht aus der Presse erfahren. Nach meiner Information war auch schon ein weiterer vertiefender Termin vereinbart. Trotzdem hat es eine Presseerklärung gegeben, wogegen ich gar nichts habe. Ich gehe davon aus, dass es wie bereits in der Vergangenheit regelmäßige Gespräche zu jedem Zeitpunkt und Thema geben wird. Das wird auch in der Zukunft so sein. Ich habe bei einer Gelegenheit einmal gesagt, mein Staatssekretär Gerd Wack steht eher im Verdacht, die saarländische Steuerverwaltung in Einzelgesprächen zu führen als sich einem Gespräch zu verweigern. Sie rennen also offene Türen ein. Ich glaube, auf der Basis dessen, was bisher gemeinsam erreicht worden ist, und weil wir uns bei den wesentlichen Kennzahlen verbessert haben, können wir da aufsetzen und die Zukunft ins Visier nehmen. Wir sind bereit, über Parteigrenzen hinweg diese Aufgabe weiter voranzutreiben. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es sind keine weiteren Wortmeldungen mehr eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Einzelplan 17 Kapitel 17 04. Wer für die Annahme des Einzelplans 17 Kapitel 17 04 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? Ich stelle fest, dass Einzelplan 17 Kapitel 17 04 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Dafür gestimmt haben die Koalitionsfraktionen CDU, FDP und B 90/GRÜNE gegen die Stimmen der Opposition der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE.

Wir kommen zur Abstimmung über Einzelplan 20 Kapitel 20 04. Wer für die Annahme des Einzelplans 20 Kapitel 20 04 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass Einzelplan 20 Kapitel 20 04 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Die Stimmenmehrheit lag bei den Koalitionsfraktionen von CDU, FDP und B 90/GRÜNE, dagegen gestimmt haben die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE.

Es ist über Kapitel 04 01 Einzelabstimmung beantragt worden. Wer für die Annahme des Kapitels 04 01 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass Kapitel 04 01 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Dafür gestimmt haben die Koalitionsfraktionen von CDU, FDP und B 90/GRÜNE gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE.

Wir kommen zur Abstimmung über Einzelplan 04 im Übrigen. Wer für die Annahme des Einzelplanes 04 im Übrigen ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme?

Ich stelle fest, dass der Einzelplan 04 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Dafür gestimmt haben die Fraktionen von CDU, FDP und B 90/GRÜNE gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE.

Der Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen hat zu Einzelplan 21 einen Abänderungsantrag eingebracht, der uns als Drucksache 14/645 vorliegt. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages Drucksache 14/645 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 14/645 einstimmig angenommen ist.

Wir kommen zur Abstimmung über Einzelplan 21. Wer für die Annahme des Einzelplans 21 unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrags ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Einzelplan 21 unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrags mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Dafür gestimmt haben die Koalitionsfraktionen von CDU, FDP und B 90/GRÜNE gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen von SPD und DIE LINKE.

Damit sind wir am Ende des ersten Tages der Haushaltsberatungen. Wir unterbrechen die Haushaltsberatungen bis morgen um 09.00 Uhr.

(Die Sitzung wird von 18.06 Uhr bis 09.04 Uhr (01.12.) unterbrochen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen. Wir setzen die gestern unterbrochenen Beratungen zum Haushaltsplanentwurf 2012 fort.

Herr Finanzminister Peter Jacoby ist für die heutige Sitzung entschuldigt. Er nimmt an der vierten Sitzung des Stabilitätsrates in Berlin teil, in der auch die Verabschiedung des Sanierungsprogramms 2012 bis 2016 für das Saarland vorgesehen ist.

Wir kommen zur Übersicht 5: Einzelplan 05 - Ministerium für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport -, Einzelplan 17 Kapitel 17 05, Einzelplan 20 Kapitel 20 05.

Übersicht 5 - Ministerium für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport (Abände- rungsantrag: Drucksache 14/646)

Die Berichterstattung wurde zu Protokoll gegeben (siehe Anlage 7). Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Gisela Kolb.

(Minister Jacoby)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern haben wir über die Einhaltung der Schuldenbremse diskutiert, über die Verpflichtung des Saarlandes, das jährliche strukturelle Defizit auf einem festgeschriebenen Sanierungspfad bis 2020 auf null zurückzuführen. Wir haben über verbleibende Gestaltungsspielräume und Einsparmöglichkeiten gesprochen. Dabei werden im Modell Sparquoten festgelegt und mögliche Mehreinnahmen gegengerechnet, aber eines wird in meinen Augen in der gesamten Diskussion oft ausgeblendet: Auch in den nächsten Jahren müssen politische Projekte möglich sein. Es wird gesellschaftliche Herausforderungen geben, denen es gerecht zu werden gilt. Und auch in Zeiten leerer Kassen muss es möglich sein, die Lebensqualität der Menschen in unserem Land zu verbessern beziehungsweise gleiche Teilhabe an Lebensqualität erst zu gewährleisten.

Eine dieser politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen ist die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen. Zweieinhalb Jahre ist diese Konvention bereits geltendes Recht und doch ist sie in weiten Teilen unserer Gesellschaft noch fast unbekannt. Ihre Umsetzung findet auch im Haushaltsentwurf der Landesregierung keinen Niederschlag. Einzige Änderung gegenüber 2011: Die bisherigen Integrationstitel werden in Inklusionstitel umbenannt. Aber eine neue Überschrift macht noch keinen neuen Inhalt. Inklusion ist kein anderer Begriff für Integration. Integration beantwortet die Frage, welche Hilfen ein behinderter Mensch zur Verfügung haben muss, um selbstbestimmt in unserer Gesellschaft leben zu können. Inklusion bedeutet, die Gesellschaft von Anfang an so zu gestalten, dass menschliche Vielfalt als solche anerkannt wird. Die Gesellschaft selbst, nicht der einzelne Mensch mit Behinderungen muss hierzu die notwendige Anpassungsleistung erbringen. Neben einem klaren politischen Bekenntnis zur Inklusion - auch dies vermisse ich bei der Landesregierung - ist eine gesamtgesellschaftliche Debatte zu führen, weil eben die Anpassungsleistung von der gesamten Gesellschaft gefordert wird.

Diese öffentliche Diskussion vermisse ich zurzeit im Saarland. Selbstverständlich wird die Diskussion in den Selbsthilfeorganisationen behinderter Menschen geführt, aber das ist eben nur die eine Seite. Und wer anderes als die Landesregierung sollte den Diskurs anstoßen oder hätte den Prozess längst anstoßen müssen? Die UN-Konvention ist seit 2009 geltendes Recht, und ihre Ratifizierung hatte ja auch schon eine längere Vorlaufzeit. Gesellschaftliche Veränderungen erreichen wir nicht von heute auf morgen, aber 2012 darf nicht wieder ein verlorenes Jahr werden. Wir reden über die Garantie und die Verwirklichung der Menschenrechte - nicht mehr,

aber auch nicht weniger -, auch in Zeiten leerer Kassen.