Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

An die Oppositionsfraktionen richte ich am Schluss den Appell: Gehen Sie mit uns gemeinsam den Weg, das Bildungssystem und die Schulformen in diesem Land zu stärken und zu verbessern. Machen Sie bitte an dieser Stelle - das hat die Bildung nicht verdient - keine Fundamentalopposition, machen Sie keine Blockade. Ich kenne alle ihre Wahlprogramme. Zu 70 Prozent steht das in Ihren Wahlprogrammen drin, was wir jetzt umsetzen werden.

(Mehrere Zurufe von der LINKEN.)

Wenn Sie uns dabei nicht begleiten, machen wir es ohne Sie. Dann müssen Sie sich gegenüber den Menschen draußen rechtfertigen,

(Weitere Zurufe von der LINKEN)

warum Sie nicht gemeinsam mit uns den richtigen Weg für eine bessere Bildungspolitik in diesem Lande gehen wollen.

(Abg. Linsler (LINKE) : Herr Minister! Verfassungsrang für das Gymnasium ist mit uns nicht drin! Wir gehen ihn gemeinsam in der Koalition. Ich lade Sie nochmals herzlich zu einem Dialog ein. - Herzlichen Dank. (Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Ulrich Commerçon von der SPD-Fraktion.

(Minister Kessler)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Minister! Wir haben heute Morgen in der Regierungserklärung 37-mal - ich habe es kurz überflogen - Worte wie „gemeinsam“, „zusammen“, „solidarisch, „parteiübergreifend“, „verbindend“

(Abg. Spaniol (LINKE) : „Fair“)

gehört. Das ist sehr bezeichnend für Sie. Ihre Worte sind immer sehr wohlfeil, bei den Taten haben wir heute Morgen das Gegenteil erlebt.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Meiser (CDU).)

Herr Kollege Meiser, Sie rufen dazwischen. Sie haben eben ein Bild verwendet, das aus dem Bereich des Fußballs entlehnt ist, in dem Sie sich wirklich auskennen. Ich gebe zu, ich kenne mich da nicht so sehr aus, aber eines zumindest weiß ich -

(Abg. Maas (SPD) : Es stimmt nicht, dass er sich da auskennt.)

Ich kann es nicht beurteilen. - Eines zumindest weiß ich: Man kann nicht die ganze erste Halbzeit foulen, dann aus der Kabine kommen und sagen: „Jetzt wollen wir aber alle fair zueinander sein.“ Herr Kollege Meiser: So geht es nicht!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Herr Minister Kessler! Bei Regierungserklärungen ist ja oft gar nicht so entscheidend, was drin steht, sondern viel entscheidender ist das, was nicht drin steht. Ich habe im bildungspolitischen Teil, muss ich sagen, viele lobenswerte Absichtserklärungen gesehen. Aber ich sage Ihnen: Ich weiß - insbesondere angesichts dieses Ministerpräsidenten und dieses Finanzministers, mit denen ich zehn Jahre in diesem Hause Erfahrungen gemacht habe -, wie geduldig Papier ist und wie hart die Realität ist, wenn dann der Haushalt zur Verabschiedung kommt. Eigentlich müssten gerade Sie das vom Bildungshaushalt auch wissen, weil Sie die Erfahrung auch in den vergangenen Jahren gemacht haben. Ich sage Ihnen - wir haben das eben noch mal abgestimmt -: Selbstverständlich werden wir unsere Positionen jeweils sehr eng auch mit der GEW abstimmen. Ich merke nur, auch dort gibt es erst mal größte Zögerlichkeit. Wir warten erst mal ab, was wirklich am Schluss von den ganzen Worten in die Realität umgesetzt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich will jetzt angesichts der Kürze der Zeit nur noch zwei Themen herausgreifen, das eine ist das Thema Hochschulen, für das Sie ja nicht zuständig sind, das haben Sie ja abgegeben.

(Abg. Linsler (LINKE) : Schulminister! - Widerspruch von der CDU.)

Gut, Sie haben es nicht abgegeben. Es war schon vorher beim Wirtschaftsministerium. Aber Sie haben es nicht in Ihrem Ressort,

(Abg. Linsler (LINKE) : Schulminister! - Weitere Zurufe. - Lautes Sprechen)

sind vielleicht ganz froh, dass Sie es nicht haben, denn sonst hätten Sie gestern zu der Bildungsdemonstration gehen müssen. Es war übrigens erstaunlich: Von den Grünen war niemand da! Bei den letzten Bildungsdemonstrationen sind die Grünen immer in der ersten Reihe marschiert.

(Lautes Sprechen.)

Ich kann Ihnen auch sagen warum - damit das noch mal klargestellt wird. In diesem Land werden leider, obwohl es dafür eine theoretische parlamentarische Mehrheit gibt, Studiengebühren eben nicht abgeschafft! Es wird weiter Studiengebühren geben. Ich habe heute Morgen gesehen, der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN-Fraktion hat sogar geklatscht, als der Ministerpräsident gesagt hat: Für Konsekutivstudiengänge wird es weiter Studiengebühren geben. Von daher können Sie sicher sein: Für Zweitstudien und Langzeitstudenten wird es weiter Studiengebühren geben. An dieser Stelle haben Sie Ihr Wort gebrochen, Herr Kollege Ulrich, und Sie müssen schon mal sehen, wo Sie die 500 Euro jeden Monat hernehmen, die Sie und Ihre ganze Fraktion dem AStA versprochen haben.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Da kommt der wirkliche Lackmus-Test. Ich weiß, Sie haben auch auf Ihrem Parteitag von dem LackmusTest gesprochen, den die Sozialdemokraten bestehen müssten. Für die, die das nicht wissen, will ich es erklären: Beim Lackmus-Test ist es so, dass das Papier anschließend rot ist. Wir brauchen die Farbe nicht zu wechseln, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das haben wir überhaupt nicht nötig! Wir waren vor dieser Wahl rot und wir waren nach dieser Wahl rot. Manche haben die Farbe gewechselt, die waren vorher grün, sind reif geworden und kommen jetzt zu den Roten. Auch das hat was mit Ihrer Politik zu tun. Insofern müssen Sie den Lackmus-Test erstmal bestehen, Herr Kollege Ulrich!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Wir werden eine Abstimmung in diesem Hause darüber herbeiführen, ob Studiengebühren konsequent abgeschafft werden, so wie Sie das vor der Wahl versprochen haben, oder nicht. Dann müssen Sie sagen: „ja oder nein“, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Noch ein Wort zur Hochschulpolitik. Auch das ist ja erstaunlich: Da demonstrieren gestern Tausende von Studierenden auf den Straßen und reden über die unzumutbare Umsetzung der Einführung

(Lautes Sprechen)

von Bachelor- und Masterstudiengängen.

(Zurufe von der CDU.)

Auch hier draußen. - Auch dazu in dieser Regierungserklärung kein einziges Wort. Auf der einen Seite wird gesagt: Bildung ist das Megathema. Auf der anderen Seite sagt niemand etwas zu der teilweise katastrophalen Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland. Auch das ist bezeichnend, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch der Wissenschaftsminister hat dazu geschwiegen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Minister Dr. Hartmann: Ich habe zu wichtigen Dingen be- reits Stellung genommen. - Zuruf des Abgeordne- ten Schmitt (CDU).)

Sie können sich ja gern noch mal melden, Herr Minister, Sie können ja immer anschließend noch was sagen.

(Das Rednerpult fährt in die Höhe.)

Es ist mittlerweile sehr unangenehm hier, wenn der Tisch immer weiter hochfährt. Aber das sind vielleicht so die Tricks.

(Heiterkeit und Lachen. - Lautes Sprechen.)

Ich möchte darum bitten, meine Redezeit zu stoppen. Irgendwann ist das Ding ganz oben an der Decke.

(Zuruf: Sonst geht es immer nur abwärts - Mehre- re Zurufe von der CDU. - Vizepräsidentin Ries: Man kann das Pult von hier oben aus gar nicht steuern.)

Von hier aus kann man es auch nicht steuern. Das ist lustig. Es geht aber auch so. Machen wir einfach weiter.

Herr Minister Kessler! Sie haben das Thema Verfassungsänderung angesprochen. Der Kollege Maas hat heute schon einiges zu dem Thema gesagt.

(Ein Saaldiener fährt das Rednerpult auf die ge- eignete Höhe herunter.)

Jetzt geht´s.

(Oh!-Rufe und vereinzelter Beifall.)

Die Streichung der Verfassungsgarantie, so wie sie in Ihrem Koalitionsvertrag steht, hat den ein oder anderen Pferdefuß. Über die werden wir noch reden müssen. Das Dialogangebot kam im Übrigen heute Morgen erst vom Kollegen Maas, Herr Minister Kessler. Für uns ist eines völlig klar: Im Mittelpunkt steht

bei uns nicht die Frage der Schulform, sondern das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler in diesem Lande. Das muss oberste Priorität an dieser Stelle haben!