Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Und weil das, was ich gesagt habe, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten richtig ist, weil das nicht durch irgendeine Beschlussfassung in irgendeiner Hinterzimmerfraktion ausgehebelt werden kann und darf, erklärt der Bundesvorsitzende der SPD, Steinmeier, im Wahlkampf und danach -

(Abg. Roth (SPD) : Der war nie Bundesvorsitzender.)

Gut, dann ist er Fraktionsvorsitzender. Er war doch Ihr Kanzlerkandidat!

(Weitere Zurufe von der SPD.)

Ja, das ist in dem Fall wirklich egal. Er ist Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion. Frage: Warum sperren Sie sich so dagegen, die Vermögenssteuer wieder einzuführen? Antwort: Ich fordere lieber etwas, das sich tatsächlich realisieren lässt. Weitere Frage: Laut DIW-Studie würde die Vermögenssteuer dem Staat jährlich 12 bis 14 Milliarden Euro bescheren. Warum wollen Sie das nicht? Antwort Steinmeier: Eine verfassungsgemäße Vermögenssteuer würde einen nicht einmal annähernd zweistelligen Milliardenbetrag bringen. - Also, ich würde einfach zur Kenntnis nehmen, dass niemand, der in der Finanzpolitik ernst genommen wird, sich zum Fürsprecher Ihres Antrages macht. Und dies völlig ungeachtet der Frage vor welchem parteipolitischen Hintergrund er agiert. Die Sachzusammenhänge sind so, wie sie von der Kollegin Willger-Lambert und dem Kollegen Schmitt dargestellt worden sind. Sie können nicht durch Willensbekundungen - wie auch immer - außer Kraft gesetzt werden. Und deshalb geht Ihr Antrag in der Sache fehl.

Meine Damen und Herren, ich will noch auf ein, zwei Aspekte abschließend eingehen. Es ist zu Recht davon gesprochen worden, dass wir uns natürlich auch in einer solchen Angelegenheit der Frage zu stellen haben, was sind die bürokratischen Folgekosten einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer, so wie sie von Ihnen angedacht ist. Und da kann ich nur auf das Bezug nehmen, was in der Fachwelt dazu gesagt wird und was auch im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine Rolle gespielt hat. Es müssen nämlich Immobilien und Betriebsvermögen zum Verkehrswertniveau ermittelt werden. Die Feststellung des Verkehrswertniveaus ist mit immensem Aufwand verbunden. Bei sämtlichen Immobilienbesitzern und Firmen wären Ermittlungen erforderlich. Dies wäre ein riesiger Verwal

(Minister Jacoby)

tungsaufwand. Ansonsten stellt man sich hierher und redet davon, man wolle Bürokratie verschlanken und das Steuersystem vereinfachen. Das Gegenteil davon wäre die Folge.

Und deshalb bleibt im Grunde genommen in dieser Debatte nur noch der Hinweis auf die europaweite oder internationale Situation. Und da wird ja auch ein bisschen mit gezinkten Karten argumentiert. Es stimmt, es gibt das eine oder andere Land mit höherem Aufkommen aus der Vermögenssteuer. Aber auch hier muss man ganz klar sehen: Dort, wo sie erhoben wird, resultiert dieses höhere Aufkommen vor allem aus den in diesen Ländern dramatisch höheren Grundsteuern. An diesem Befund kommt niemand vorbei. Und deshalb bleibt es bei der Bewertung, die hier vorgenommen worden ist. In Zeiten einer Wirtschafts- und Finanzkrise, in Zeiten, in denen wir auch unter dem Gesichtspunkt der Psychologie alles tun, um die wirtschaftliche Dynamik noch einmal in Gang zu bringen, um auf diesem Weg zu Einnahmen des Bundes und des Landes zu gelangen, in einer solchen Situation, eine derartig undurchdachte Steuer zu beschließen, wäre kontraproduktiv. Wenn man das umsetzt, was Sie an Zahlen vorgeben, belastet das die Allgemeinheit dadurch, dass wir auf breiter Front Immobilienbesitzer heranziehen. Und was wird die Folge sein? Das wird zur Folge haben, dass die steuerlichen Mehrbelastungen weitergetragen werden auf die Mieter. Und in dem Zusammenhang bitte ich auch einmal die soziale Frage zu erörtern.

Und jetzt noch die letzte Korrektur am heutigen Nachmittag: Der Hinweis, in anderen Ländern wird ganz anders verfahren, ist die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, dass in den letzten Jahren in Island, Finnland, Luxemburg, Schweden, Spanien die Vermögenssteuer abgeschafft worden ist und dass es sie zurzeit nur noch in Frankreich, in Norwegen sowie in einige Kantonen der Schweiz gibt. Das ist die Situation um uns herum, weil natürlich die Diskussion, die wir hier führen, auch sonst wo geführt wird und weil man auch dort zu entsprechenden Konsequenzen kommt.

Ich glaube mit diesen Hinweisen den Antrag von Rot-Rot etwas relativieren und infrage stellen zu können. Daran ändert auch nichts der Hinweis auf die zugespitzte Situation unseres Haushaltes. Wer wollte davor die Augen verschließen? Ich weise allerdings in dem Zusammenhang auf Folgendes hin. Wir hatten im Jahr 2007 eine jahresbezogene Reduktion der Neuverschuldung auf 380 Millionen Euro. Das war ein toller Erfolg und war das Ergebnis jahrelangen strukturellen Sparens in diesem Land. Wir hatten dann ein Jahr später eine Nettoneuverschuldung von 490 Millionen Euro. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hatte schon ihre ersten Schleifspuren hinterlassen. In diesem Jahr werden wir ab

schließend bei einer Neuverschuldung von über 800 Millionen Euro landen. Aber nicht deshalb, weil wir auch nur einen Euro zusätzlich im Land ausgegeben hätten, den wir vorher eingespart haben, sondern ausschließlich als Opfer einer Wirtschafts- und Finanzkrise, die nicht hausgemacht ist, die es in Deutschland gibt, die es in Europa und weltweit gibt. Und Sie stellen sich vor diesem Hintergrund hierher und lamentieren und erwecken den Eindruck, als sei das eine saarlandspezifische Zuspitzung und als seien die Verantwortlichen für diese Situation hier zu suchen. Wer so argumentiert, der straft sich selbst mit Lächerlichkeit, Kollege Linsler. Und es ist eine ganz böse Sache, wenn man sich selbst der Lächerlichkeit aussetzt.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Kurz und gut: Natürlich müssen wir mit dieser zugespitzten Situation umgehen. Man kann noch nicht einmal sagen, wir sparen, weil wir natürlich gerade jetzt konjunkturanregende Dinge finanzieren müssen. Das heißt, es bleibt bei diesem Zangenangriff auf den Haushalt durch die Einnahmenseite und durch die Mehrbedarfe auf der Ausgabenseite. Aber die Situation ist vergleichbar mit der des Bundes. Vergleichen Sie die Neuverschuldung des Bundes und das, was bei uns ins Haus steht. Setzen Sie das in Relation zum Gesamtvolumen des Etats dort und hier und dann merken Sie wie uniform die Probleme sind. Widerstehen Sie der Versuchung, daraus eine kleinkarierte parteipolitische saarlandbezogene Suppe zu kochen! Das geht schief. - Vielen Dank!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Reinhold Jost.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Rauber! Wir haben, so meine ich, jetzt noch einmal ein paar Aspekte gehört, die sehr deutlich gemacht haben, wie notwendig es angesichts der Situation unserer Landesfinanzen ist, sich darüber Gedanken zu machen, wie man aus diesem Dilemma herauskommen kann. Sie selbst haben von einem „Zangenangriff“ gesprochen.

Ich glaube, Sie geben mir Recht: Wir wären froh, hätten wir nach 1997 die Fortführung der Erhebung der Vermögenssteuer gehabt. Dann hätte - fortgeschrieben; auch dafür gibt es Modelle, die sind nicht von mir, sondern vom Bundesfinanzministerium - allein schon der Vermögenszuwachs bei den einzelnen Vermögenden dazu geführt, dass das damalige Volumen von etwa fünf Milliarden Euro - 9,5 Milliarden Mark waren es - angestiegen wäre auf eine Größenordnung knapp unter zehn Milliarden Euro. Das wären für das Saarland -

(Minister Jacoby)

(Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Noch einmal, Kollege Schmitt: Ich gehe nur von der Hypothese aus. Wir wären froh, wir hätten dieses Geld. Das wären etwa 100 bis 120 Millionen Euro für unser Land.

(Abg. Schmitt (CDU) : Das ist aber damals kompensiert worden!)

Deswegen sage ich: Man hat damals einen strategischen Fehler gemacht - alle Beteiligten haben ihn gemacht! Ich habe das ja eben, zu Beginn meiner Ausführungen, schon sehr deutlich gesagt: Ich schließe dabei meine eigene Partei ein. Man hat den strategischen Fehler gemacht, sich nicht der Mühe zu unterziehen, zeitnah zum damaligen Auslaufen der Vermögenssteuer über eine sie ersetzende, aber verfassungskonforme Ausgestaltung nachzudenken. Diesen Vorwurf erhebe ich auch gegenüber mir selbst, und daher können Sie mir, wenn ich mich mit diesem Thema auseinandersetze, zumindest die Redlichkeit nicht absprechen.

(Beifall bei der SPD.)

Ich will das noch einmal sehr deutlich zum Ausdruck bringen, weil ja diesbezüglich immer wieder mit Pauschalurteilen gearbeitet wird. Es wird gesagt, es handele sich um eine „Neidsteuer-Diskussion“.

(Zuruf von der FDP: Das ist kompensiert wor- den!)

Andere sagen, das sei eine „Angstdiskussion“, die vom Motto „diejenigen, die noch genug haben, zahlen nicht genug“ geprägt sei. Wir könnten uns jetzt entsprechende Statistiken und Modelle unter die Nase halten.

Dabei würden wir aber auch feststellen, dass es in dieser Gesellschaft Initiativen gibt von Vermögenden, von Leuten, die millionenschwer sind. Sie wenden sich mit Zeitungsanzeigen an den Staat und sagen: Wir haben den Eindruck, wir könnten mehr zum Gelingen unseres Staates beitragen, und wir fordern den Staat auf, durch eine gerechtere, durch eine stärkere Heranziehung unserer Vermögen dazu beizutragen, dass sich die kommunalen, die Landesund die Bundesfinanzen etwas besser darstellen. Das ist ja eine Diskussion, die auch wir führen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich: Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie wir die Einnahmesituation insbesondere der Landesfinanzen, daraus im nächsten Schritt resultierend auch die der Kommunalfinanzen, wieder auf die Reihe bringen. Wir dürfen auf jeden Fall nicht länger dabei zuschauen, wie die Landes- und Kommunalfinanzen aus dem Ruder laufen.

In diesem Zusammenhang ist mir etwas zu kurz gegriffen, was der Finanzminister eben gesagt hat zu den sogenannten Verwaltungskosten. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass im Auftrag des Bundesfinanzministeriums die KPMG, eine renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine einschlägige Untersuchung vorgenommen hat. Diese Untersuchung kam zum Ergebnis, dass die Erhebung einer Vermögenssteuer am Anfang - insoweit gebe ich Ihnen Recht - durch die Neubewertung zu ziemlich großen Vorlaufkosten führen würde. Im konkreten Vollzug wären die Kosten aber wesentlich geringer als zuvor bei der alten Vermögenssteuerregelung. Deshalb ist auch dieses von Ihnen gebrachte Argument ein „Totschlagargument“, das im Grunde falsch ist, das nichts mit der Realität zu tun hat.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD.)

Ich will zu diesem Zusammenhang abschließend sagen: Das ist eine Diskussion, die wir in den kommenden Jahren noch des Öfteren erleben werden nicht nur hier bei uns, im saarländischen Landtag. Sie ist das Ergebnis einer völligen Fehlentwicklung während der zurückliegenden 20 Jahre. Man hat geglaubt, dem Staat immer mehr Einnahmen entziehen zu müssen - in dem Irrglauben, nur niedrige Steuern garantierten eine wirtschaftliche Wachstumssituation. Die Folgen sind verheerend. Wir haben festzustellen, dass im Saarland die Einnahmen fehlen, die notwendig wären, um dringend notwendige Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Das ist das Resultat eines während der letzten 20 Jahre herrschenden Irrglaubens - und ich sage das ganz bewusst auch unter Einbeziehung der Zeit unserer Regierungsverantwortung. Dieser Irrglaube rächt sich nun bitter.

Ich bin mir absolut sicher, dass wir diese Diskussion in den kommenden Jahren nicht nur hier, sondern auch an anderen Stellen zu führen haben werden. Wir werden uns noch wundern, wer alles uns dabei zur Seite steht. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 14/30 ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/30 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben BÜNDNIS 90 -

(Heiterkeit. - Abg. Spaniol (LINKE) : Nein, bitte nicht!)

- - die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der SPD - wenn ich die Grünen in dieser Richtung vermute,

(Abg. Jost (SPD) )

so ist das noch der von früher gewohnte Blick -, abgelehnt haben die Landtagsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP.

Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den vom Minister der Finanzen eingebrachten Antrag betreffend: Veräußerung einer unbebauten Teilfläche aus dem landeseigenen Grundstück Flur 10, Nr. Zu 2325/17; Gemarkung Erbach-Reiskirchen (Drucksache 14/24)

Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Abgeordneten Reinhold Jost das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung beabsichtigt, eine Teilfläche eines landeseigenen Grundstücks in der Gemarkung Erbach-Reiskirchen an ein privates Unternehmen für Fahrzeugsysteme zu veräußern. Mit der im Fall des Verkaufs möglichen Erweiterung des Unternehmens soll die Belegschaft von derzeit 90 Mitarbeitern auf circa 220 Mitarbeiter erhöht werden.

Der im Haushaltsplan ausgebrachte Verbilligungsvermerk ermöglicht bei einer voraussichtlichen Grundstücksgröße von 130.000 Quadratmetern einen ermäßigten Kaufpreis in Höhe von 975.000 Euro. Die Zugrundelegung eines Kaufpreises von 7,50 Euro je Quadratmeter entspricht einer Verbilligung um rund 37,5 Prozent. Dies bewegt sich im Rahmen vergleichbarer Maßnahmen zugunsten ansiedlungswilliger Gewerbebetriebe.

Der Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen hat sich in seiner Sitzung am 26. November 2009 mit dem Antrag des Finanzministers, der Ihnen als Drucksache 14/24 vorliegt, befasst. Nach Einschätzung des Ausschusses ist der Kaufpreis unter Würdigung der mit der Veräußerung verbundenen Schaffung neuer beziehungsweise Sicherung bestehender Arbeitsplätze angemessen und das Veräußerungsgeschäft hinreichend begründet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ausschuss empfiehlt Ihnen einstimmig, dem geplanten Verkauf der Teilfläche gemäß § 64 Absatz 2 Landeshaushaltsordnung zuzustimmen. Ich hoffe, der Kollege Rauber kann sich dem anschließen. - Vielen Dank.

(Minister Rauber: Das ist sehr schön. - Beifall.)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Wer für die Annahme der Drucksache 14/24 ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Dagegen?