Dabei hat Ihre Bundesgeschäftsführerin, Frau Astrid Klug, im Rahmen eines Papiers des Netzwerkkreises 2001 geschrieben, dass man sich zu über Studiengebühren finanzierten Studiengängen bekennt. Lieber Herr Commerçon, was Verantwortung heißt, brauchen Sie nicht zu lernen, das können Sie sich bei uns abschauen. Wenn wir alles korrigieren würden, was hier Falsches gesagt wird, hätten wir keine Zeit mehr, um zu dem wichtigen Thema zu kommen, das heute eigentlich Gegenstand der Debatte sein sollte, nämlich zur Hochschulfinanzierung einerseits und zur Bolognareform andererseits.
Wir haben Studiengebühren eingeführt, weil sie zu einer besseren finanziellen Ausstattung unserer Hochschulen geführt haben. Wir können heute sagen, dass es funktioniert hat. Das wird nicht einmal von Ihnen infrage gestellt. Wir haben es aber auch getan, um das Verhältnis von Studierenden zu ihrer Universität, zu ihren Lehrenden zu verändern. Als jemand, der an der Universität des Saarlandes beides
miterlebt hat, kann ich Ihnen sagen, dass die Rolle der Studierenden als Kunden des Dienstleisters Hochschule durch die Gebühren mehr verbessert wurde als durch jedes Mitbestimmungsorgan, was Sie ja immer fordern. Mehr Qualität und bessere Bildungschancen für die Menschen in diesem Land waren das Ergebnis.
(Abg. Huonker (LINKE) : Unsozial! Abg. Commerçon (SPD): Sind Sie jetzt dafür oder dagegen? Zuruf des Abgeordneten Pauluhn (SPD).)
(Abg. Commerçon (SPD) : Was denn jetzt? Sind Sie dafür oder dagegen? - Anhaltendes Sprechen des Abgeordneten Pauluhn (SPD).)
Wenn man nicht in der Lage ist, zwischen Schwarz und Weiß zu unterscheiden, dann ist es natürlich schwierig, Herr Pauluhn, in einer solchen Debatte etwas zu verstehen.
(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Commerçon (SPD) : Schwarz ist doch mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit entstellt.)
Deshalb stimmen wir heute zwar der Abschaffung der Studiengebühren für grundständige Studiengänge zu -
Herr Commerçon, lassen Sie doch bitte wenigstens mich selbst verstehen. Schreien Sie doch nicht so laut.
Wir wollen die positiven Effekte dieser Studiengebühren für die Hochschulen erhalten. Das erreichen wir, indem wir die Ausfälle, die durch den Wegfall der Studiengebühren zweifelsfrei kommen werden, durch eine finanzielle Kompensation auffüllen. Wir werden den Hochschulen die Mittel zur Verfügung stellen, die aus den Studiengebühren früher schon in die Lehre geflossen sind. Das Prinzip heißt: Was bisher aus Gebühren für die Verbesserung der Lehre finanziert werden konnte, wird jetzt aus dem Landeshaushalt finanziert, und zwar 1 : 1, zu 100 Prozent. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, sondern genau das, was der Präsident der Universität des Saarlandes und die Rektoren der Hochschulen gefordert haben, eine Kompensation nämlich.
Herr Commerçon, ich weiß, dass dies eine schwierige Rechenaufgabe für Sie ist, aber Kompensation zu 100 Prozent heißt, dass man vom gesamten Gebührenaufkommen der Studierenden in diesem Land das in Abzug bringen muss, was der Lehre bereits bisher nicht zur Verfügung stand, weil es Ausnahme- und Befreiungstatbestände sowie den Ausfallfonds gab, in den Mittel geflossen sind. Die Kompensation ist keine politische Frage, sondern eine Rechenaufgabe. Die Hochschulen haben das verstanden, deshalb wird das auch in einem fairen Dialog mit ihnen stattfinden.
Eines ist aber sicher: Die haushaltspolitische Umsetzung kommt einem Kraftakt gleich. Angesichts der Haushaltslage des Landes bedeutet das eine große Herausforderung für den Haushalt des Saarlandes. Aber wir wissen, dass durch die Einführung von Studiengebühren unsere Hochschulen in den vergangenen Jahren stärker, wettbewerbsfähiger und kundenfreundlicher geworden sind. Wir haben heute mehr Studierende, bessere Rankings, bessere Studienbedingungen, bessere Arbeitsmarktchancen für junge Akademiker aus diesem Land. Das war und ist ein wesentlicher Beitrag zum Forschungsstandort und Wirtschaftsstandort Saarland. Daher sind wir bereit, diesen schwierigen Weg weiter aus den Mitteln des Landeshaushaltes zu finanzieren, im Interesse der Studierenden, im Interesse der Hochschulen, im Interesse dieses Landes. Das werden wir tun - Herr Commerçon, Sie dürfen nachrechnen , auch wenn es am Anfang schwierig ist. Dafür steht diese Koalition.
Lassen Sie mich aber noch einige Worte zum Thema Bologna-Reform sagen. Eines ist sicher - und ich bin froh, dass wir eine Woche vor Weihnachten wenigstens in dem Punkt Konsens haben -, dass dieser Bologna-Prozess, dass die Reformen im Rahmen des Bologna-Prozesses wiederum der Reform bedürfen. Aber auch hier darf man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Auch hier dürfen wir die richtigen Ziele des Bologna-Prozesses nicht aus den Augen verlieren. Am Anfang des Bologna-Prozesses wurde in der Bologna-Deklaration vom 19.06.1999 das Ziel des einheitlichen Hochschulraums in der Europäischen Union vorgegeben. Das wurde definiert über drei wesentliche Punkte, die auch heute noch richtig und wichtig für die Zukunftschancen junger Menschen sind: zum einen die Vergleichbarkeit von Abschlüssen, zum Zweiten die Förderung von Mobilität durch ein einheitliches Leistungspunktesystem, zum Dritten die Schaffung vergleichbarer Kriterien zur Qualitätssicherung an unseren Hochschulen.
Nicht die Ziele sind zu korrigieren, sondern die Maßnahmen und die Instrumente, die im Rahmen des Bologna-Prozesses angewandt worden sind; denn
ein einheitlicher Hochschulraum in der Europäischen Union ist wichtig nicht nur für die Persönlichkeitsentwicklung von Studierenden, die die große Chance haben, im Ausland einen Teil ihrer Ausbildung zu absolvieren, sondern auch für die Befruchtung von Lehre und Forschung durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Hochschulen. Er ist aber auch wichtig für die Chancen von jungen Menschen auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Er ist sozusagen das Pendant zur Arbeitnehmerfreizügigkeit. Er ist wichtig für die Chancen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Und - ich glaube, das können wir als Saarländer in den Mittelpunkt der Debatte stellen - er ist wichtig, um die Idee eines Europas der Bürger voranzutreiben, weil nur Mobilität, nur gegenseitiger Austausch und Kontakt dazu führen können. Daher gilt es, die Reform der Reform an den Zielen der Bologna-Reform zu orientieren. Deshalb fordern wir, und das steht in unserem Antrag -
Wenn Sie den als lau empfinden, Herr Commerçon, dann kann ich nachher dazu noch etwas sagen. Ich erinnere mich an die erste Debatte. Sie bekommen noch einen Koalitionsvertrag von mir, erinnern Sie mich nachher daran. - Deshalb fordern wir: Wissenschaft braucht Freiheit.
Daher fordern wir mehr Eigenverantwortung - - Ich habe das nur gesagt, weil ich Ihre Zwischenrufe vermisst habe. Wissenschaft braucht Freiheit, deshalb brauchen wir mehr Eigenverantwortung, mehr Wahlmöglichkeiten. Wissenschaft braucht aber auch zeitlich gesehen mehr Freiraum. Wir stehen deshalb für eine Entzerrung der Kurrikula, für die Einführung eines Ehrenamtsfaktors und im Hinblick auf junge Väter und Mütter für die Einführung von Teilzeit-Bachelor-Programmen.
Wissenschaft braucht Freizügigkeit. Daher regen wir an, die Kurrikula so umzugestalten, dass in der Praxis Auslandsaufenthalte für Studierende die Regel werden.
Das war der erste Teil der Rede, aber Sie kriegen es noch einmal schriftlich, Frau Spaniol. - Wir wollen eine unideologische Diskussion, orientiert an den konkreten Problemen, die der Mobilität von Studierenden im Weg stehen; das ist es, worum es in Bologna geht.
Ich komme damit zum Schluss. Ich glaube, dass wir gerade hier in der Region eine besonders große Chance haben, bei der Umsetzung, bei der Verbesserung, bei Best Practice für Bologna eine Vorbildfunktion auszuüben. Wir haben die Universität der Großregion. Die tut im Grunde nichts anderes, als
Bologna regional zu einem Erfolg zu machen. Arbeiten Sie daran mit, stimmen Sie unserem Antrag zu! Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat ist die Frage der Ausgestaltung des Studiums eine ganz zentrale. Wir wissen alle, dass Hochschulen einen ganz wesentlichen Standortfaktor darstellen, dass die Qualität von Studium und Lehre entscheidend ist für die zukünftige Entwicklung des Landes. Ich will auch deutlich machen, dass der Zusammenhang zwischen einer qualitativ hochwertigen Hochschulausbildung und der wirtschaftlichen Entwicklung offensichtlich ist und dass wir ihn fördern müssen. Ich bin der Auffassung, dass dies über alle Parteigrenzen hinweg ein Ziel sein sollte.
Dies bedeutet aber zweierlei. Wir müssen zum einen die Bedingungen schaffen, dass dies auch möglich ist. Deswegen möchte ich noch einmal gemeinsam mit der SPD nachdrücklich für unseren Gesetzesantrag werben, dass die Studiengebühren vollständig abgeschafft werden. Ich glaube, dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, junge Menschen zum Studium zu ermutigen und eine Selektion im Vorfeld zu vermeiden.
Der zweite Punkt betrifft die inhaltliche Ausgestaltung des Studiums und damit den Bologna-Prozess. Ich teile die Auffassung, was die Zielsetzung des Bologna-Prozesses angeht, dass damit eine größere Vergleichbarkeit hergestellt werden soll, auch eine größere Mobilität. Aber in der Realität - das wissen wir alle, und die Studentenproteste beweisen dies eindeutig - ist die Umsetzung absolut mangelhaft. Bologna hat zwei Gesichter: Auf der einen Seite stellt er den Versuch dar, in Europa einen einheitlichen Rahmen zu schaffen und die Internationalisierung voranzutreiben. Ich will auch nicht verhehlen, dass beispielsweise unter der Einführung von Bachelor und Master an der HTW die Internationalisierung ein Stück vorangebracht worden ist. Auf der anderen Seite haben wir eine Verschulung des Studiums, die nicht hinnehmbar ist und dazu führt, dass die Qualität des Studiums erheblich leidet. Deswegen sind Veränderungen dringend notwendig.
Es kann nicht sein, dass die Studierenden keine Zeit mehr haben, sich selbst zu entwickeln, wo es doch erwiesenermaßen notwendig ist, für die künftige Entwicklung nicht nur fachliche Qualifikationen, sondern auch soziale Kompetenz zu haben. Auch Persönlichkeitsentwicklung gehört dazu.
Deswegen, meine Damen und Herren von der Jamaika-Koalition, halte ich es für unzureichend, wenn in Ihrem Antrag steht, dass die Möglichkeit der Persönlichkeitsentwicklung überprüft werden soll. Meine Damen und Herren; dies ist ein unbedingtes Muss, wir müssen dem Raum geben. Das Studium muss so gestaltet werden, dass diese Persönlichkeitsentwicklung tatsächlich möglich ist.
Ein weiterer Gesichtspunkt: die Durchlässigkeit. Wir brauchen dringend eine stärkere Durchlässigkeit bei Bachelor und Master. Es darf nicht so sein, dass wir auf der einen Seite sozusagen einen Schnellstudiengang für eine schnelle berufliche Anpassung haben und auf der anderen Seite möglicherweise - wobei dies mit den Master-Studiengängen so gar nicht gewährleistet ist - eine wissenschaftliche Ausbildung. Die verschiedenen Bestandteile müssen ineinandergreifen. Dazu gehört meines Erachtens auch, dass wir die Kooperation zwischen den Hochschulen voranbringen. Gleichzeitig - auch das ist angesprochen worden - muss das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern aufgehoben werden. Ich meine, wir sollten eine gemeinsame Initiative in dieser Richtung ergreifen.
Ich halte es im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung dieses Landes für zentral, dass die Hochschulen nach vorne gebracht werden. Ich fasse das zusammen in der Form, dass wir dafür die Voraussetzungen schaffen müssen. Da geht es zum einen um die Finanzierung. Das ist ein ganz zentraler Punkt, und wir werden sehr genau hinsehen, ob die Zielsetzung, die Hochschulen mit entsprechenden Mitteln auszustatten, auch eingehalten wird.
Zweitens, dass für die Studierenden die Voraussetzungen geschaffen werden, dass es keine Selektion über materielle Dinge wie etwa Studiengebühren gibt. Deswegen sind wir für eine vollständige Abschaffung der Studiengebühren. Wir sind für eine Reformierung des Studienganges im Sinne von mehr Persönlichkeitsentwicklung, für mehr Freiräume unter Einbezug der Studierenden. Ich glaube, dass die studentische Selbstverwaltung dabei ein ganz zentraler Punkt ist. Wir sollten dies nicht über die Köpfe der Studenten hinweg tun, sondern gemeinsam mit den Studierenden und ihren Gremien nach vorne bringen. - Vielen Dank!