Heinz Bierbaum

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte kurz einige Erläuterungen zu unserem Antrag vortragen, weil ich glaube, dass hier auch einige Missverständnisse vorhanden sind. Wir sind uns si
cherlich einig in der Zielsetzung, dass wir die Transfergesellschaft, die nun gefunden worden ist, unterstützen und dass wir alles dafür tun müssen, dass sie auch realisiert wird; das ist noch keineswegs gegeben. Ich hoffe, dass dies zustande kommt. Ich glaube, dass wir alle unterstützen können - Eugen Roth hat das bereits getan -, was die Landesregierung gemacht hat, indem sie ein Zeichen gesetzt und deutlich gemacht hat, dass sie auf jeden Fall ihren Beitrag leisten wird. Das halte ich für ein wichtiges Zeichen, weil die anderen Bundesländer sich in dieser Form noch nicht entschieden haben und die Entscheidung dort noch aussteht. Ich hoffe, dass dieses saarländische Beispiel dann auch bei den anderen Ländern Schule macht.
Uns geht es auch darum, deutlich zu machen, was die Aufgabe dieser Transfergesellschaft ist. Die Aufgabe dieser Transfergesellschaft ist es, neue Beschäftigungen zu schaffen - hier in einem spezifischen Weg. Insofern ist es richtig, dass die Stahlstiftung, auf die wir Bezug genommen haben, natürlich nicht das Modell sein kann, das man auf diese Situation einfach übertragen kann. Das ist nicht der Fall.
In unserem Antrag steht deswegen, dass dabei auf das Modell der Stahlstiftung Bezug genommen werden soll. Damit ist gemeint, dass wir hier ein erfolgreiches Beispiel im Saarland haben - in ganz anderen Umständen, in einer ganz anderen Branche und zu einer anderen Zeit. Es soll aber auf diese Erfahrungen positiv eingegangen werden. Es stellt sozusagen ein Beispiel dar. Die Entwicklung der Beschäftigungsgesellschaft früher hieß es nicht Transfergesellschaft, der Name ist relativ neu - hat ja sehr viele Phasen durchlaufen. Ich bedaure es, dass sie zum Teil nur auf den Transfer reduziert worden ist und die aktive Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten oft zu kurz gekommen ist.
Im Fall Schlecker haben wir jetzt die Situation, dass für viele, die ihren Arbeitsplatz verlieren werden, überhaupt nichts anderes übrig bleibt, als sich individuell zu qualifizieren und damit ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Mir scheint es wichtig zu sein, dass wir auch darauf schauen, dass Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Es gibt einen Punkt, den ich unterstreichen möchte und der in der ganzen Debatte vielleicht auch zu kurz kommt. Wir brauchen natürlich auch ein ordentliches Unternehmenskonzept für diejenigen, die verbleiben sollen. Denn eines ist völlig klar: Das Modell Schlecker war kein erfolgreiches Unternehmensmodell. Es war am Anfang ein erfolgreiches Modell für die Unternehmerfamilie Schlecker persönlich, die sehr viel Geld damit gemacht hat, aber die Beschäftigten haben schon damals die Zeche gezahlt und zahlen sie heute in doppelter Weise. Sie hatten nämlich ganz schlechte Arbeitsbedingungen, die
mühsam mit Hilfe der Gewerkschaften ein Stück weit verbessert worden sind - aber immer noch nicht den Ansprüchen genügen, die man wirklich an gute Arbeit zu stellen hätte -, und jetzt verlieren sie auch noch ihren Arbeitsplatz. Mir ist wichtig, dass darauf geachtet wird, dass das Unternehmenskonzept für die verbleibenden Schlecker-Filialen wirklich den Ansprüchen genügt, die an ein solches Unternehmenskonzept zu stellen sind, das heißt, dass es zukunftsbezogen ist, und dass darüber auch diskutiert wird. Das sollten wir nicht aus den Augen verlieren. Ich halte das für einen zentralen Punkt.
Insofern möchte ich noch einmal deutlich machen, dass wir hier, denke ich, eine Gemeinsamkeit haben, dass wir den Schlecker-Frauen übermitteln sollten, dass wir sie in ihrem Kampf um Arbeit unterstützen, damit sie nicht arbeitslos werden. Der Vorteil dieser Gesellschaft ist, dass mehr Zeit gewonnen wird. Unsere Aufgabe als Politik ist es, dies zu ermöglichen und darauf zu dringen, dass diese Beschäftigungsgesellschaft ihre Zielsetzungen auch tatsächlich erfüllt.
Ich denke, dass es wichtig ist, das über die Politik zu begleiten. Dazu gehören auch die Aktivitäten dieser Transfergesellschaft, die jetzt ausgesucht worden ist. Da gab es gestern Abend in der Betriebsversammlung bereits einige kritische Fragen. Das Thema Leiharbeit und Ähnliches ist angesprochen worden. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, wo man ganz genau hinschauen muss, dass hier kein Missbrauch betrieben wird und dass die Ängste, die auch gestern Abend zum Ausdruck kamen, sich nicht realisieren, nämlich dass sie möglicherweise Dinge aufgedrückt bekommen, die sie für sinnlos halten und die sie auch nicht wollen. Ich halte es für wichtig, dass man die Wünsche und Bedürfnisse der Frauen wirklich an die erste Stelle stellt. Sie waren es, die diesen Laden überhaupt aufrechterhalten haben. Sie müssen jetzt ihr Wissen, ihr Können und ihre Erfahrungen in diese Transfergesellschaft einbringen, damit es eine Zukunft gibt. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Unser Antrag zur Regulierung der Benzinpreise ordnet sich ein in den großen Komplex der Energiepolitik, zu dem sehr viele Anträge vorliegen. Ich habe nicht unbedingt den Eindruck, dass dieses an sich außerordentlich wichtige Thema der Energiepolitik noch die notwendige parlamentarische und öffentliche Aufmerksamkeit hat, die es eigentlich erfordert. Deswegen möchte ich mich auch sehr kurz fassen, aber gerade im Hinblick auf das Thema Benzinpreise unseren Antrag noch einmal verdeutlichen, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass wir gegenwärtig das allösterliche Theater erleben, dass kurz vor Ostern die Spritpreise nach oben gehen. Dazu gab es heute auf der ersten Seite der Saarbrücker Zeitung auch einen Bericht. Dies zeigt sehr deutlich, dass wir es hier mit einem Problem zu tun haben, das die Menschen wirklich bewegt.
Deswegen ist die Politik aufgefordert zu handeln. Deswegen möchten wir, dass es künftig eine staatliche Festsetzung der Höchstpreise von Benzin- und Dieselkraftstoffen sowie von Heizöl und Gas gibt und beziehen uns dabei auf Regelungen, wie sie in unserem Nachbarland Luxemburg gemacht werden. Ich nehme an, dass das die SPD erfreuen wird, weil ja ähnliche Forderungen seitens des Fraktionsvorsitzenden der SPD, Heiko Maas, schon mehrfach gestellt worden sind. Ich weise auch darauf hin, dass diese Debatte schon seit Längerem geführt wird.
Es gibt Anträge der CDU, in denen Bezug genommen wird auf das österreichische und auf das australische Modell. Ich denke, dass das Luxemburger Modell von der Grundstruktur her weitgehender ist. Natürlich wären die anderen Modelle mit der Meldung auch schon ein Fortschritt. Aber ich denke, dass es wichtig ist, nicht nur Meldungen zu haben, um damit auf die Preise reagieren zu können, sondern von gesetzlicher Seite, von staatlicher Seite her eine Deckelung vorzunehmen; das ist der Kern des Luxemburger Modells. Deswegen wollen wir uns darauf beziehen.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es durchaus breitere Aktivitäten gibt, etwa auf Bundesebene. Unsere Bundestagsfraktion hat einen entsprechenden Antrag eingebracht, dass die Preise auch über die Bundesnetzagentur geregelt werden sollen. Dabei gibt es einen ganz wesentlichen Punkt, den wir nicht vergessen dürfen - das betrifft nicht nur die Benzinpreise, sondern es betrifft die Energieprei
se insgesamt -, nämlich das verhängnisvolle Wirken, das oligopolistische Verhalten der vier tonangebenden Energiekonzerne. Hier muss dringend etwas getan werden. Deswegen sind wir der Auffassung, dass das Bundeskartellamt eingeschaltet werden muss, dass das entflechtet werden muss, dass hier Maßnahmen getroffen werden müssen, damit diese vier Energiekonzerne nicht einfach schalten und walten können, wie sie wollen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat in diesem Zusammenhang einen Antrag eingebracht, in dem darauf hingewiesen wird, dass die Regelung der Benzinpreise nicht der entscheidende Punkt sei, sondern dass man andere Maßnahmen ergreifen müsse, dass man ökologische Alternativen starten müsste. Ich sehe da keinen Widerspruch. Ich sehe es nicht so, dass wir auf der einen Seite eine Regulierung der Preise haben und dem entgegengesetzt Maßnahmen in ökologischer Richtung. Vielmehr muss beides gemacht werden.
Ich möchte deutlich sagen, dass die Frage der Energiepreise, nicht nur der Benzinpreise, ein wirklich zentrales Element in der Energiepolitik darstellen muss; denn wir haben bereits heute die Situation, dass viele Menschen ihre Energierechnung kaum noch bezahlen können. Deswegen ist es für uns, die LINKE, ein wesentliches Element der Energiepolitik, dass Energie auch bezahlbar sein muss. Deswegen haben wir auch konkret die Forderung nach Sozialtarifen erhoben für diejenigen, die sich das nicht mehr leisten können. Wir wollen aber insgesamt darauf hinaus, dass eine öffentliche Kontrolle der Preise gibt und dass wir so auf das Preisgeschehen Einfluss nehmen können.
In diesen Zusammenhang sind - ich habe es vorhin schon erwähnt - sehr viele und auch sehr lange Anträge eingebracht worden, wahre Glaubensbekenntnisse zum Thema Energiewende, die man vom Prinzip her in groben Zügen fast alle teilen kann, die aber nach unserer Auffassung einen wesentlichen Nachteil haben, dass sie nämlich die Frage der öffentlichen Kontrolle nicht berühren. Das ist für uns aber ein entscheidender Punkt. Was wir bei der Energiepolitik wollen, ist ein Umsteigen auf die regenerativen Energien. Das ist ein zentraler Punkt. Wir müssen Versorgungssicherheit gewährleisten, wir müssen schauen, dass das bezahlbar ist. Deswegen brauchen wir ein Stück weit auch noch Brückentechnologien wie die schon mehrfach diskutierten Kohlekraftwerke. Wir brauchen in dem Zusammenhang übrigens, was das Saarland angeht, endlich auch eine Kraftwerksplanung. Man kann nicht immer bloß über Energie reden, ohne an die Menschen zu denken, die in diesen Bereichen arbeiten. Wir brauchen
eine Planung, damit es auch da eine Sicherheit gibt. Aber die Stoßrichtung, auf alternative Energien umzustellen, ist völlig unbestritten.
Wir wollen aber auch eine dezentrale Lösung, eine Rekommunalisierung der Energieversorgung und vor allem auch einen öffentlichen Einfluss. Deswegen haben wir auch einen Antrag gestellt. Wir begrüßen es sehr, dass das Land mehr Anteile bei der VSE übernimmt. Wir sind allerdings der Auffassung, dass wir nicht bei 49 Prozent stehen bleiben sollten, sondern dass wir die Mehrheit haben müssen. Das halte ich als Zielrichtung in dem Zusammenhang für einen ganz wichtigen Punkt.
Lassen Sie es mich zusammenfassen: Es wäre gut, wenn der Landtag im Hinblick auf die Benzinpreise gerade jetzt vor Ostern - das interessiert die Menschen - ein Signal setzen und sich dafür aussprechen würde, dass diese Preise öffentlich kontrolliert werden, dass es eine Deckelung gibt, dass es Höchstpreise gibt.
Lassen Sie mich zweitens sagen, dass ich sehr dafür bin, dass wir alles aufgreifen, was in den Anträgen zur Energiepolitik insgesamt steht. Wir werden aber nicht allem zustimmen, weil eben der entscheidende Punkt fehlt, den ich vorhin genannt habe. Wir werden uns enthalten, weil wir meinen, dass das weiter diskutiert werden muss. Es gibt aber einen Punkt - der auch im Antrag der GRÜNEN enthalten ist -, den wir sehr stark unterstützen. Wir halten es ebenfalls für skandalös, dass die Hilfen für die Solarenergie derart zurückgeführt werden. Was hier passiert, ist völlig kontraproduktiv. Da ist die Bundesregierung gerade nicht ernst zu nehmen in ihrem Bekenntnis, bei der Energie umsteuern zu wollen. Wenn dem so wäre, kann man solche Dinge, wie sie jetzt bei der Solarenergie passieren, einfach nicht machen. Deswegen werden wir solchen Anträgen zustimmen.
Ich komme zum Schluss. Lassen Sie uns ein Zeichen setzen, zumindest was die Benzinpreise angeht. Ich wiederhole noch einmal: Das steht einer Ökologisierung der Energiewirtschaft nicht im Wege.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Themen Leiharbeit, prekäre Arbeit und Missbrauch von Werkverträgen werden inzwischen sehr breit diskutiert. Dementsprechend liegen auch von allen Fraktionen Anträge vor, die zum Teil sehr weit gehen. Ich denke, das schlechte Beispiel der Firma Höll, wo die Stammbelegschaft durch Personal mit Werkverträgen zu miserablen Bedingungen ersetzt wird, hat uns parteiübergreifend alle aufgeschreckt. Der Fall Höll zeigt uns dreierlei. Erstens, dass es nach wie vor in bestimmten Bereichen prekäre Arbeit gibt, das heißt Arbeit zu Bedingungen, die eigentlich nicht zu akzeptieren sind. Das zeigt uns, unter welchen schlechten Bedingungen, welchen Unsicherheiten und welchen schlechten Einkommensverhältnissen hier Menschen gezwungen sind zu arbeiten. Deswegen begrüßen wir es, dass etwas Bewegung reingekommen ist, indem ein Gipfel des Fleischerhandwerks stattfinden soll, bei dem über die Bedingungen gesprochen wird, die in dieser Branche herrschen. Es ist nicht nur ein Problem der Firma Höll, sondern es betrifft die Branche insgesamt und geht über die Branche weit hinaus. Deswegen ist es be
grüßenswert, dass überhaupt Bewegung reinkommen ist, dass man sich überhaupt dieser Arbeitsbedingungen annimmt.
Zweitens ist der Einsatz von Werkverträgen damit begründet worden, dass das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens damit gesichert werden soll. Auch da müssen wir Einverständnis erzielen, dass auch in schwierigen wirtschaftlichen Situationen eine Sanierung zum Ziel haben muss, die Weiterexistenz eines Unternehmens zu ermöglichen, bei der die durchschnittlichen Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Man kann im Sanierungsfall durchaus einmal von geltenden Regelungen abweichen, wie wir das von Sanierungstarifverträgen kennen, aber es kann nicht sein, dass die Sanierung von Unternehmen auf Lohndumping und schlechten Arbeitsbedingungen aufbaut.
Der dritte Punkt hängt eng mit dem zweiten zusammen. Damit dies möglich wird, brauchen wir gesetzliche Regelungen. Wir brauchen auch deshalb gesetzliche Regelungen, weil das alleine über Tarifverträge nicht gehen wird, weil gerade in diesen Bereichen viele Dinge von den Tarifverträgen überhaupt nicht erfasst werden. Deswegen ist es sinnvoll - das ist auch ein Punkt, der am Beispiel Höll deutlich gemacht werden kann -, dass insbesondere dort, wo öffentliche Gelder eingesetzt werden, dies an entsprechende Bedingungen gebunden wird. Das ist der Punkt, warum wir schon zu einem früheren Zeitpunkt den Antrag eingebracht haben, der in Thüringen verabschiedet worden ist, wonach die Vergabe öffentlicher Gelder an bestimmte Bedingungen gebunden wird. Dieser Antrag ist damals leider abgelehnt worden, auch das muss hier gesagt werden.
Gerade beim Thema Höll - egal, ob das in direktem Zusammenhang steht oder nicht - wird in der Öffentlichkeit auf jeden Fall ein Zusammenhang hergestellt zwischen den 4,5 Millionen Euro Hilfe und den konkreten Arbeitsbedingungen. Das geht nicht, das ist ein Widerspruch, das können wir so nicht akzeptieren. Dort, wo staatliche Gelder eingesetzt werden, unter welchen Bedingungen auch immer, brauchen wir anständige Arbeitsbedingungen!
Die Firma Höll ist nur das Symbol, die Spitze des Eisbergs für eine Entwicklung, die in den letzten Jahren in erschreckendem Maße zugenommen hat. Wir erleben in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme der prekären Arbeit, das wird sehr häufig vergessen bei den Zahlen des Arbeitsmarktes, die veröffentlicht werden. Dass es besser geworden ist, ist nach der offiziellen Statistik sicherlich richtig. Aber auf der anderen Seite ist diese Zunahme sehr häufig Arbeitsverhältnissen geschuldet, die schlecht und prekär sind. Prekär heißt: schlecht bezahlt,
schlechte Sicherheit, schlechte Arbeitsbedingungen. Das ist eine Entwicklung, die in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland wirklich skandalös ist. Es gibt in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme, das gilt auch für das Saarland. Nach Angaben der Arbeitskammer des Saarlandes sind etwa ein Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt.
Man mag über den ein oder anderen Fall streiten, aber das ist eine Tatsache, die wir nicht hinnehmen können. Dazu zählen der Niedriglohnbereich, der stark gewachsen ist, die Minijobs sowie die Frage der Leiharbeit. Gerade die Leiharbeit ist ein Thema, das uns weiter beschäftigen muss. Insgesamt gesehen ist die Leiharbeit quantitativ nicht so stark ausgeprägt, besorgniserregend ist jedoch, dass ihr Anteil sehr stark zugenommen hat. Das ist der Punkt. Häufig sind Leiharbeiter sehr viel schlechter bezahlt, der Grundsatz „Gleiche Arbeit, gleicher Lohn“ wird verletzt. Sie befinden sich selbst dort in einer unsicheren Lage, wo bestimmte andere Bedingungen geregelt sind. Ich verweise etwa auf das zum Teil durchaus positive Beispiel von Ford, wo wir dank des Einsatzes des Betriebsrates und der IG Metall Equal Pay erreicht haben. Dann lese ich aber in der Saarbrücker Zeitung, dass die Leiharbeiter dort wieder diejenigen sind, die als erste entlassen werden. Das heißt, selbst unter relativ komfortablen Bedingungen sind sie nach wie vor Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zweiter Klasse, die schlechter gestellt sind als die Stammbelegschaft. Deswegen fordert DIE LINKE grundsätzlich ein Verbot der Leiharbeit; sie befindet sich damit auch im Einklang mit den Forderungen der IG Metall.
Ich komme nun zu unserem Antrag, in dem wir fordern, dass Maßnahmen zur Begrenzung und Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung ergriffen werden. Wir wollen uns insbesondere an die Richtlinie des Freistaates Thüringen anlehnen für die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Wir fordern weiter eine Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen, wie er am Beispiel Höll besonders plastisch geworden ist.
Wir konzentrieren uns auf die Forderungen in dieser Form, weil wir meinen, in diesem Bereich als saarländischer Landtag etwas tun zu können. Bei aller Empörung darüber, wie schlecht das alles ist - da finden wir sehr viele Mitstreiter, wie die Anträge zeigen -, müssen wir jedoch schauen, wo wir konkret etwas machen können. Deswegen haben wir uns auf diesen Antrag konzentriert. Es liegen weitergehende Anträge vor, beispielsweise der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der SPD, der sehr weit geht und sogar die Frauenquote in Aufsichtsräten mit berücksichtigt. Das sind alles Punkte, über die man diskutieren muss, auch das Thema öffentlich
geförderter Beschäftigungssektor, überhaupt gar keine Frage. Es ist nicht so, dass wir etwas gegen diese Forderungen hätten. Das sind Punkte, die diskutiert werden müssen, aber wir wollten uns speziell auf das Thema Leiharbeit und Werkverträge konzentrieren.
Es steht ein Satz im Antrag der CDU-Fraktion, den ich sehr begrüße - nicht den Antrag, sondern diesen Satz - und den ich jetzt vorlesen möchte: „Das unbefristete Arbeitsverhältnis mit tariflicher Wochenarbeitszeit und existenzsichernden Erwerbseinkommen ist und bleibt Maßstab der Arbeitsmarktpolitik im saarländischen Landtag und der intensiven erfolgreichen Anstrengungen der saarländischen Landesregierung.“ - Ich muss sagen, das ist im Gegensatz zur früheren Politik offensichtlich ein Sinneswandel, den wir nur begrüßen können.
Er kontrastiert allerdings etwas mit dem realen Verhalten. Wenn ich daran denke, dass beispielsweise letzten Freitag in der Sitzung des Bundesrates sich die Ministerpräsidentin dieses Landes gegen den gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohn ausgesprochen hat,
dann sehe ich bestimmte Widersprüche. Ich sehe auch sonstige Widersprüche, insbesondere was die Deregulierung des Arbeitsmarktes und der Arbeitsverhältnisse angeht. Aber sei es, wie es sei. Ich finde es auf jeden Fall richtig, dass wir hier das unbefristete Arbeitverhältnis zum Maßstab machen, ein Arbeitsverhältnis, das so angelegt ist, dass wir anständige Bedingungen haben, und das ein Einkommen ermöglicht, von dem man leben kann. Das ist unsere Zielsetzung. Deswegen glaube ich, ist es ganz wichtig, dass wir uns darin einig sind, dass prekäre Arbeit bekämpft wird, dass prekäre Arbeit eingedämmt wird. Das muss die Zielrichtung sein. Wir werden alle politischen Kräfte daran messen, wie weit hier Taten und Worte übereinstimmen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Wegner, ich muss Sie leider enttäuschen, ich habe nicht vor, über die Steuerpolitik zu sprechen.
In der Tat ist es richtig, dass wir eine andere Steuerpolitik brauchen, was die Einnahmen angeht.
Das ist nicht gelogen, das ist meine Auffassung. Das ist auch gestern in der Generaldebatte ausführlich zur Sprache gekommen. Es gibt zwei Möglichkeiten, um zu Mehreinnahmen zu kommen: Das eine ist die Frage der Steuerpolitik. Das andere ist die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung und der Wirtschaftspolitik, und darauf will ich mich konzentrieren. Ich bin nicht unbedingt der Auffassung, dass gestern in der Generaldebatte dazu alles gesagt worden ist. Es ist wichtig, auf die realen Bedingungen einzugehen. Herr Wegner hat die derzeitig recht gute Lage sehr stark hervorgehoben, insbesondere im Saarland haben wir überdurchschnittliche Wachstumsraten. Für 2012 rechnet die IHK mit einem Wachstum von 1 bis 1,5 Prozent, was deutlich mehr wäre als das, was wir im Bundesdurchschnitt zu erwarten haben. Ich muss allerdings dazusagen, dass diese überdurchschnittlichen Wachstumsraten natürlich auch Resultat eines überdurchschnittlich starken Schrumpfungsprozesses in den Krisenjahren sind, weil die saarländische Wirtschaft von den gesamten Rahmenbedingungen her in hohem Maße exportabhängig ist.
Es ist auch zweifellos richtig, dass es am Arbeitsmarkt positive Effekte gibt. Es ist bereits darauf hingewiesen worden. Ich teile allerdings eher die Auffassung, die Frau Ministerin Bachmann noch heute Morgen dargestellt hat, bezogen auf die Arbeitslosenzahl, als das, was Sie dargestellt haben, Herr Wegner. Mein Stolz hält sich in Grenzen. Immerhin haben Sie darauf hingewiesen, dass es trotz dieser relativ geringen Zahl immer noch 31.000 Arbeitslose zu viel sind. Das ist die richtige Haltung. Es gibt einen zweiten Punkt, was den Arbeitsmarkt angeht. Wir haben nach wie vor erhebliche strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt. Wir haben vor allen Dingen einen Zuwachs im Niedriglohnbereich. Wir haben das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit im Zusammenhang mit der Instrumentenreform - das ist ausführlich zu Sprache gekommen -, die katastrophale Auswirkungen auf die Träger hat. Es wurde versucht, dies ein Stück weit aufzufangen. Ich kann nur hoffen, dass wir das nicht nur für ein Jahr machen,
sondern dass das dauerhaft gemacht wird. Ich glaube, dass wir dauerhaft auf solche Einrichtungen angewiesen sind.
Lassen Sie mich auf die wirtschaftliche Entwicklung zurückkommen. Auch Herrn Wegner ist nicht ganz entgangen, dass sich die Rahmenbedingungen deutlich verschlechtern werden und dass wir erhebliche Risiken haben. Das hat nichts damit zu tun, die Lage schwarzzumalen, aber wir müssen uns diesen Risiken stellen. Wir müssen einfach sehen, dass es einen Rückgang in der wirtschaftlichen Entwicklung geben wird. Gestern gab es eine Pressemeldung des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung Berlin, wonach das vierte Quartal mit einem leichten Rückgang von 0,2 Prozent abschließen wird. Die Prognosen für das Jahr 2012 sind unterschiedlich und mussten deutlich zurückgenommen werden gegenüber dem, was vor einigen Wochen gegolten hat. Es wird mit einem halben bis maximal 1 Prozent gerechnet. In der Neuen Zürcher Zeitung von gestern wird der Artikel über den OECD-Bericht zum Thema der europäischen Entwicklung mit der Überschrift „Eurozone wohl in der Rezession“ überschrieben. Das heißt, wir haben es mit einem schwieriger werdenden Umfeld zu tun. Das muss uns insbesondere im Saarland Sorge machen, weil das Saarland in einem hohen Maße von den Rahmenbedingungen um uns herum abhängig ist, von der europäischen Entwicklung, aber auch von der Entwicklung in der Weltwirtschaft.
Wir sind nun einmal im Hinblick auf den Export ein durchaus erfolgreiches wirtschaftliches Land. Unser Kern ist die Industrie. Das ist schon mehrfach hervorgehoben worden. Das bedeutet natürlich, dass wir von solchen Entwicklungen in hohem Maße abhängig sind. Deswegen gilt es in einer solchen Situation, aktive Wirtschaftspolitik zu betreiben. Das heißt für das Saarland vor allen Dingen Industriepolitik. Der Verweis, der gestern kam, dass wir eine Zunahme der Zahl der Industriearbeitsplätze haben, heißt noch nicht, dass wir so etwas wie eine Industriepolitik im Saarland hätten, sondern sie haben sich auch ohne diese Politik entwickelt. Wir haben eine gute Verfassung bei den Unternehmen.
Lassen Sie mich ausreden. Wir haben eine gute Verfassung, was ZF angeht, was Bosch angeht, was die Stahlindustrie angeht und so weiter. Aber es ist nicht unbedingt Ausdruck dafür, dass wir hier große industriepolitische Initiativen oder Impulse seitens der Landesregierung hätten. Das spiegelt sich auch nicht im Haushalt wider. Das spiegelt sich auch nicht in der mittelfristigen Finanzplanung wider. Ich hätte zumindest erwartet, dass einige Projekte genannt
werden. Da haben wir relativ wenig. Es wird immer wieder auf das Thema Ferienpark Bostalsee verwiesen. Dann können wir noch Gondwana erwähnen und auch das Thermalbad Rilchingen. Ich will mich jetzt zu diesen Projekten gar nicht im Einzelnen äußern. Ich will auch gar nicht den Stab darüber brechen, bevor das nicht weiter gediehen ist. Ich habe eine bestimmte Skepsis. Aber gut, ich will es dahingestellt sein lassen. Es sind auf jeden Fall keine Projekte etwa im gewerblichen Bereich. Es sind keine Leitinvestitionen, keine Projekte, die gerade die industrielle Entwicklung angehen.
Ich habe hier schon mehrfach dargestellt, was wir wollen. Wir wollen, dass die Landesregierung industriepolitisch aktiver wird. Wir fordern deshalb einen Masterplan Industrie. Das bedeutet, dass einmal dargelegt werden muss, wo die Stärken und Schwächen sind, welche Konzeption es mittelfristig, langfristig dabei gibt und welche Schwerpunkte gesetzt werden. Ich weiß sehr wohl, dass es Ansatzpunkte im Zusammenhang mit dem Clusteransatz gibt, der aber für sich genommen noch nicht diese industriepolitische Konzeption ersetzen kann. Aber das sind natürlich Ansatzpunkte. Da, denke ich, muss es mehr geben. Ich sehe bisher wenig bis nichts - trotz Ihrer Einlassungen gerade eben.
Ich will nur einmal auf zwei Bereiche hinweisen, wo ich meine, dass es sich lohnen würde, sich das einmal etwas näher anzuschauen. Ich hielte es für sinnvoll, wenn wir industrielle Produktion mit entsprechenden Dienstleistungen verzahnen würden, beispielsweise im Bereich der Stahlindustrie. Es wäre sehr wünschenswert, etwa rund um die Stahlindustrie, die hier sehr gut funktioniert und die auch gut aufgestellt ist, einen entsprechenden Kranz an unternehmensbezogenen Dienstleistungen aufzubauen.
Herr Ulrich, dass Sie von diesen Dingen recht wenig verstehen, zeigt sich immer wieder.
Es geht nicht darum, dass die Landesregierung Unternehmen gründet. Das ist doch eine völlig irrige Vorstellung. Das ist wirklich eine Lieschen-MüllerVorstellung, die Sie haben. Das ist lächerlich.
Es geht darum, entsprechende Initiativen zu ergreifen. Jetzt seien Sie einmal ruhig. Blöken Sie nicht immer dazwischen!
Darum geht es überhaupt nicht, sondern es geht darum, entsprechende Initiativen für den Aufbau solcher Unternehmen zu ergreifen. Das sollten Sie sich wirklich einmal durch den Kopf gehen lassen.
Es geht um einen weiteren Schwerpunkt. Auf den haben wir schon mehrfach hingewiesen. Das ist der Bereich der Medizintechnik. Auch da muss man, denke ich, initiativ werden. Deswegen ist es wichtig, was vorher schon einmal im Hinblick auf die Hochschulen betont worden ist, dass wir eine voll funktionierende Medizinische Fakultät haben. Mir ist das ganz wichtig, deswegen lassen Sie mich dazu ein Wort sagen. Weder das, was die Zukunftsinitiative Saar im Hinblick auf die Medizinische Fakultät vorschlägt, noch das, was im Hinblick auf die Medizinische Fakultät im Rahmen des PwC-Gutachtens angesprochen ist, ist zielführend, sondern wir müssen wirklich die Medizinische Fakultät beibehalten. Ich sage das jetzt gar nicht gegen Sie, sondern ich sage das als einen Punkt, von dem ich hoffe - das hat ja der Kollege Commerçon schon vorher gesagt -, dass wir uns einig sind. Nur dann werden wir die Grundlage dafür haben, dass wir so etwas wie einen Schwerpunkt Medizintechnik aufbauen können.
Es scheint mir ganz wesentlich zu sein, dass die Forschungslandschaft auch mit wirtschaftspolitischen Konzeptionen, mit industriepolitischen Initiativen verknüpft wird. Deswegen brauchen wir eine funktionierende Hochschullandschaft. Das ist mehrfach betont worden. Da kann ich nur unterstreichen, was vorher gesagt worden ist. Es ist ja so, dass wir dafür eine entsprechende Entwicklungssicherheit brauchen. Das darf natürlich nicht mit dem jetzigen Globalhaushalt enden, sondern hier muss eine längerfristige Perspektive aufgezeigt werden.
Ich will in dem Zusammenhang noch einen zweiten Punkt ansprechen. Wenn man sich den Haushaltsplan anschaut, Einzelplan 08 und hier die Förderung der Wirtschaft, dann stellt man fest, dass relativ viel Geld für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen ausgegeben wird. Das ist ein Punkt, der ebenfalls in ein wirtschaftspolitisches, industriepolitisches Konzept zu integrieren ist. Ich habe den Eindruck, dass dies verstärkt werden könnte und dass da noch mehr im Hinblick auf wirtschaftliche Tätigkeit im Saarland und auf die Entwicklung entsprechender Arbeitsplätze gemacht werden kann. Es ist mir ein ganz wichtiger Punkt, dass wir diese Verknüpfung von Forschung, Hochschule, außeruniversitärer For
schung und entsprechenden industrie- und wirtschaftspolitischen Initiativen haben.
Wir haben im Hinblick auf den Haushalt, Einzelplan 08, einen Abänderungsantrag gestellt und haben dort wie schon im letzten Jahr die Einrichtung eines Saarlandfonds gefordert. Warum? - Dieser Saarlandfonds ist für uns ein Rettungsschirm für bedrohte Betriebe. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass es selbst bei einer relativ günstigen wirtschaftlichen Entwicklung durchaus Probleme für verschiedene Betriebe gibt, zum Teil sehr wichtige Betriebe. Jetzt geht es darum, dass man eine Einrichtung hat, um einen Rettungsschirm für bedrohte Betriebe aufspannen zu können und dies gleichzeitig mit industriepolitischen Aktivitäten zu verbinden. Ein solcher Beteiligungsfonds, ein solcher Saarlandfonds hätte unserer Auffassung nach die Aufgabe, Arbeitsplätze und Betriebe zu sichern, auch Bürgschaften zu vermitteln und sich gegebenenfalls zu beteiligen.
Um ein Missverständnis aufzuklären: Es geht nicht darum, über diesen Saarlandfonds alle Beteiligungen zu machen. Das ist nur ein Element in der Gesamtbeteiligungspolitik. Das kann mit 10 Millionen Euro auch nicht mehr sein. Deswegen ist es mir wichtig, deutlich zu machen, dass er vor allen Dingen eine konzeptionelle, eine Netzwerkfunktion hat und die Funktion einer unmittelbaren Hilfe darstellen soll. Wir verbinden damit zweitens, dass ein solcher Beteiligungsfonds es konkret ermöglichen soll, dass sich Belegschaften an den Betrieben beteiligen.
Die Beteiligung von Belegschaften an Betrieben halten wir für einen ganz wichtigen Punkt, nicht etwa im Sinne der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, sondern im Sinne der Beeinflussung der Unternehmenspolitik, um es möglich zu machen, dass eine nachhaltige, sozial wie ökologisch verantwortliche Unternehmenspolitik betrieben wird. - Also genau das Gegenteil dessen, was wir gegenwärtig im Falle Praktiker sehen, wo überhaupt nicht Rücksicht genommen wird, weder auf die Region noch auf die Belegschaft, wo wir eine Form von Unternehmenspolitik haben, von der wir der Auffassung sind, dass sie sozial und regional nicht verantwortlich ist. Belegschaftsbeteiligungen sollen eine Möglichkeit darstellen, eine Bedingung dafür, dass eine andere Unternehmenspolitik gemacht wird.
Lassen Sie mich ein oder zwei Sätze zu Praktiker selbst sagen. Es ist hier mehrfach betont worden da kann ich mich nur anschließen -, dass wir eine überparteiliche Initiative der Unterstützung haben. Dies ist meines Erachtens notwendig. Gegenwärtig finden - auch heute - am Rande Gespräche mit dem Betriebsrat statt. Die Ministerpräsidentin hat mit ihm gesprochen, auch die verschiedenen Fraktionen sprechen zurzeit mit dem Betriebsrat von Praktiker. Es ist notwendig, dass wir hier unsere Solidarität
ausdrücken - das haben wir auch getan - und dass wir darauf hinwirken, dass der Druck herausgenommen wird, unter dem die Belegschaft steht. Das ist etwas, was wir konkret tun können.
Ich weiß sehr wohl, dass die unmittelbaren Handlungsmöglichkeiten seitens der Politik in diesem Fall begrenzt sind. Aber umso mehr ist es notwendig, dass wir das Machbare tun. Das heißt, in erster Linie darauf hinzuwirken, dass mehr Zeit eingeräumt wird, dass die Angst, die gegenwärtig herrscht, weggenommen wird und diese Unsicherheit, die wir gegenwärtig haben, reduziert wird.
Die Frage, wer im Unternehmen bestimmt, entscheidet doch letztlich über die Art der Unternehmenspolitik und über die sozialen Konsequenzen. Es ist vorher darauf hingewiesen worden, dass wir in Lothringen eine ganz andere Situation haben als im Saarland. Ich will das an einem konkreten Beispiel deutlich machen. Wir haben gegenwärtig, was die Stahlindustrie angeht, in Lothringen, etwa in Florange bei ArcelorMittal, eine völlig andere Situation, als sie in der saarländischen Stahlindustrie herrscht. Das hat natürlich auch etwas mit den Eigentumsverhältnissen, mit der Konstruktion der saarländischen Stahlindustrie, zu tun. Während in Florange Herr Mittal bestimmen kann, ob zugemacht wird oder nicht, ist das im Saarland nicht der Fall aufgrund unserer Konstruktion mit der Stahlindustrie, auch aufgrund der Tatsache, dass hier die Stiftung beteiligt ist und dadurch die saarländischen Interessen und auch die Interessen der Belegschaft stärker zur Geltung kommen können. Das war mit ausschlaggebend dafür, dass in der Krise der saarländischen Stahlindustrie eine Politik verfolgt worden ist, durch die trotz schlechter wirtschaftlicher Zahlen die Belegschaften gehalten worden sind und gleichzeitig Investitionen für die Zukunft getätigt wurden. Das ist der Hintergrund, warum wir auch die Beteiligung von Belegschaften fordern, um eben auf diese Weise eine nachhaltige Politik zu ermöglichen.
Lassen Sie mich zum Schluss auf die Infrastruktur eingehen, die hier ebenfalls angesprochen worden ist. Ich will drei Punkte ansprechen und auch das aufgreifen, was Herr Wegner zur Messe gesagt hat. Ich halte es für wichtig, dass hier ein entsprechendes Konzept entwickelt wird, dass wir - ich drücke es mal etwas hart aus - von einer Folklore-Veranstaltung tatsächlich zu etwas kommen, was den Namen saarländische Messe auch verdient. Das erachte ich für einen ganz wichtigen Punkt, mit dem wir uns auch im Landtag beschäftigen sollten und bei dem sicherlich auch die Landesregierung gefordert ist.
Der zweite Punkt betrifft den Flughafen. Herr Wegner, für Glückwünsche ist es nach meinem Dafürhal
ten noch zu früh. Ich habe die letzte Ausschusssitzung nicht so verstanden, dass wir schon sagen könnten, die Sache sei auf gutem Weg. Ich sehe, dass die Frage der Kooperation offensichtlich etwas besser angegangen wird, als dies vorher der Fall war. Ich sehe aber nach wie vor erhebliche Risiken, was die Entwicklung dieses Flughafens angeht. Er ist ohnehin eher etwas Bescheidenes, aber er ist natürlich ein wichtiger Aspekt der Infrastruktur im Saarland.
Ich möchte einen dritten Punkt ansprechen, die Bahn. Ich glaube, dieser Punkt wird nicht so sehr zur Kenntnis genommen. Ich rede jetzt nicht von den verschiedenen Regionalstrecken, sondern von den Fernverkehrsstrecken und hier insbesondere von der Verbindung Frankfurt-Saarbrücken-Paris. Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass eine Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim-Straßburg-Paris geschaffen wird. Das muss uns zu denken geben, hier müssen wir aufpassen, dass das Saarland nicht abgehängt wird. Ich will das nicht beschwören, ganz im Gegenteil, sondern nur darauf hinweisen, dass dies Themen sind, um die sich die Politik kümmern muss, weil sie für die weitere wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes lebenswichtig sind.
Lassen Sie mich zusammenfassen. Wir haben in der Tat noch eine gute wirtschaftliche Entwicklung, das ist schon mehrfach betont worden. Ich möchte dies gar nicht zerreden, allerdings darauf hinweisen, dass sich das Umfeld verdüstert. Es wird schwieriger werden. Und in dieser Situation ist Vorsorge zu treffen für eben diese schwerer werdenden Zeiten. Deswegen sind wir der Auffassung, dass wirtschaftspolitisch, industriepolitisch mehr getan werden muss. Ich weiß sehr wohl, dass es gerade auch im Bereich der Energie Ansätze gibt. Die halte ich für wichtig und ich habe auch immer betont, dass Industriepolitik auch Energiepolitik ist und dass wir da eine Veränderung sowie Initiativen brauchen, damit bin ich völlig einverstanden. Aber im Kernbereich der Industrie können wir uns nicht darauf ausruhen, dass es zentralen Unternehmen zurzeit sehr gut geht im Saarland, das ist keine Frage. Vielmehr müssen wir auch dafür Sorge treffen, dass das auch morgen noch der Fall ist und dass wir hierfür die Voraussetzungen schaffen.
Dabei geht es darum, dass wir auch konzeptionell sagen, wohin die Reise geht, wo die Stärken und wo die Schwächen liegen, wo wir Schwerpunkte im Saarland haben, wo wir Schwerpunkte setzen müssen und dass dort zielgerichtet Politik gemacht und entsprechend investiert wird. Vor allen Dingen müssen wir auch gegenüber möglichen Investoren deutlich machen, wo die Vorteile sind und in welche Richtung das gehen muss, deswegen der Saarlandfonds in Verbindung mit konkreten Hilfen für bedroh
te Betriebe unter Einschluss einer aktiven Beteiligung der Belegschaften. Das scheint mir die Richtung zu sein, die notwendig ist. Dafür tritt DIE LINKE ein, für eine solche Politik bietet sie auch gerne ihre Mitarbeit an. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Dass der Vierte Pavillon inzwischen zu einem Menetekel geworden ist, scheint ja außer Frage zu stehen. Er ist leider nicht das geworden, was ursprünglich einmal beabsichtigt war, nämlich eine Vollendung der Museumslandschaft. Er ist vielmehr zu einem Symbol von Misswirtschaft und Verschwendung geworden. Und überdies ist er auch noch ausgesprochen hässlich.
Es ist bekannt, dass die Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen sind, dass sie nicht kontrolliert worden sind. Die Kosten lagen ursprünglich bei 9 Millionen. Inzwischen reden wir von mehr als 30 Millionen Euro, das heißt, wir haben im Laufe der Zeit eine Verdreifachung der Kosten. Dass bei solchen Bauten ab und zu mal eine Kostenüberschreitung vorkommt, ist an sich nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist die Dimension, die Verdreifachung. Und wir wissen noch nicht mal, wie das enden wird, ob es nicht noch sehr viel mehr wird. Das ist wirklich skandalös. Es ist das Verdienst des Rechnungshofes, darauf ausführlich hingewiesen zu haben.
Ich nehme durchaus positiv zur Kenntnis, dass sich das Verhältnis der Landesregierung zum Rechnungshof deutlich gewandelt hat. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie versucht worden ist, den Rechnungshof mit Gegengutachten ins Zwielicht zu rücken. Inzwischen hat sich das geändert. Es wird mit dem Rechnungshof zusammengearbeitet. So ist es auch erklärt worden; das begrüßen wir auch.
Ich will nicht im Einzelnen darauf eingehen, weil es Gegenstand des Untersuchungsausschusses sein wird. Es war auch schon Gegenstand in zahlreichen Sitzungen des entsprechenden Ausschusses des Landtages, welche Mängel zutage getreten sind und welches Beziehungsgeflecht da ist. Aber es schreit zum Himmel, wenn festgestellt wird, dass es sozusagen grundlegende Mängel in der Projektsteuerung gibt. Es gibt keine Dokumentation. Das Elementarste ist offensichtlich nicht gemacht worden. Es gibt konzeptionelle Mängel, auch was den Bau selbst, die technischen Einrichtungen und die Funktionalität angeht. Es gibt vieles andere mehr. Das ist eine Mängelliste, die man inzwischen nachlesen kann. Sie ist unglaublich.
Von daher ist es natürlich klar, dass wir eine Aufklärung brauchen, was alles passiert ist, wer dafür verantwortlich ist. Das ist Sinn und Zweck dieses Untersuchungsausschusses. Ich möchte darauf hinweisen, dass es natürlich um politische Verantwortungen geht. Das ist der Punkt. Meine Damen und Herren, es geht nicht um Vorverurteilungen, sondern um konkrete Fragen, die sich stellen. Herr Präsident, in dem Zusammenhang möchte ich mit Ihrer Erlaubnis die Saarbrücker Zeitung vom 04. November zitieren. Dort steht: „Unterdessen gibt es weitere Hinweise darauf, dass die Baukosten in den Akten bewusst niedrig angesetzt wurden. Unserer Zeitung liegen Unterlagen vor, wonach der Verwaltungsleiter der Stiftung gegenüber dem Finanzministerium im März 2009 die Kosten mit 18,7 Millionen Euro beziffert hat. In einem handschriftlichen Vermerk ist notiert, ‚auf Wunsch’ seien Kosten des Architektenwettbewerbes (1,3 Millionen Euro) und weitere Bauherrenkosten nicht berücksichtigt worden. In einem Schreiben Melchers steht, dies sei auf ausdrücklichen Wunsch von Ex-Minister Jürgen Schreier und der früheren Kulturministerin Annegret Kramp-Karrenbauer geschehen.“
Das ist keine Frage der Vorverurteilung, sondern eine Frage nach der politischen Verantwortung. Wir erwarten eine Antwort auf das, was in der Saarbrücker Zeitung berichtet worden ist.
Meine Damen und Herren, es tut nicht nur der Ministerpräsidentin nicht gut, wenn wie heute Artikel in der Bild-Zeitung erscheinen, in denen über dieses Beziehungsgeflecht geredet wird, wer mit wem gegessen hat - das ist mir übrigens relativ wurscht. Aber wenn es eine politische Dimension annimmt, wie wir sie jetzt beim Vierten Pavillon haben, dann ist das natürlich ein Ereignis, das insgesamt für die Landesregierung schädlich ist und dem Land nicht gut tut. Das muss aufgeklärt werden. Deswegen ist dies auch ein Bestandteil des Untersuchungsausschusses.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es uns um Aufklärung geht und dass das sehr minutiös gemacht wird. Wenn ich eben den Kollegen Theis gehört habe, dann hatte ich den Eindruck, dass wir schon am Ende des Untersuchungsausschusses sind, dass wir sozusagen schon in der Wertung sind und dass schon versucht wird reinzuwaschen, wo es zunächst noch aufzuklären gilt.
Ich finde es schon ungeheuerlich, wenn ich mir das Verhalten der Regierung seit Baubeginn des Vierten Pavillons anschaue. Hier wird sozusagen angemahnt, jetzt müsse das Parlament die Aufgaben machen, nachdem die Landesregierung das schon die ganze Zeit getan hat. Das ist doch lächerlich und stellt die Sache wirklich auf den Kopf!
Lassen Sie mich noch etwas zur Besetzung des Untersuchungsausschusses sagen. Wir waren durchaus etwas irritiert, was die Besetzung dieses Untersuchungsausschusses angeht. Es ist mit Zustimmung des Präsidiums bestimmt worden, dass wir eine Reihenfolge haben, wonach alle Ausschüsse dieses Landtages einbezogen werden. Das ist vollkommen in Ordnung; das will ich gleich dazusagen, damit hier keine falschen Verdächtigungen aufkommen. Wir haben uns aber trotzdem etwas gewundert, weil das nicht unbedingt üblich ist, wenn wir uns die Praxis im Bundestag und in den einzelnen Bundesländern anschauen. Weil wir etwas verunsichert waren, haben wir nachgeforscht und gestern eine Umfrage gestartet. Da stellte sich heraus, dass es eine absolute Minderheit von Ländern ist - Rheinland-Pfalz, Thüringen, Berlin und jetzt auch das Saarland -, wo alle Ausschüsse einbezogen werden. In allen anderen Bundesländern hingegen und auch im Bundestag wird der Untersuchungsausschuss von den anderen Ausschüssen abgekoppelt und extra betrachtet oder es gibt keine richtige Zählweise. Deswegen will ich darauf hinweisen. Wir hätten es für besser gehalten, dass Untersuchungsausschüsse extra zählen, wie das in vielen anderen Bundesländern geregelt ist.
Ja, selbstverständlich. Sie können gerne die Anmerkung vorbringen, Herr Kollege Meiser. Sie brauchen sie nicht unbedingt in eine Frage zu kleiden. Die meisten Fragen sind sowieso Anmerkungen.
Abg. Meiser (CDU) mit einer Zwischenbemerkung: Nur eine Anmerkung. Sie haben der Fairness halber darauf hingewiesen, dass das Präsidium so beschlossen hat. Ich will es klarstellen und sagen: Unser Landtag hat immer die Regelung gehabt, dass
die Ausschüsse in der Reihenfolge - auch wenn neue dazukommen - zählen und dass dann nach Hare-Niemeyer besetzt wird. Nichts anderes tun wir jetzt. So ist es auch im Präsidium beschlossen worden. Ich habe Sie auch so verstanden, man solle für die Zukunft darüber nachdenken, ob wir es anders regeln. Das kann man tun. Ich lege aber Wert auf die Feststellung, dass das diesmal fair und sauber gelaufen ist, so wie das Verfahren hier im Parlament immer war. - Danke schön.
Erlauben Sie mir eine Ergänzung mit Blick auf den Kollegen Linsler. Herr Kollege Linsler war im Präsidium. - Vielen Dank.
Herr Meiser, ich erkenne durchaus an, was Sie gesagt haben. Ich habe auch nichts anderes gesagt. Ich bin aus zwei Gründen darauf eingegangen. Zunächst gab es im Vorfeld eine Diskussion, wem der Vorsitz dieses Untersuchungsausschusses zufallen wird. Das gab es auch öffentlich und medial; das ist in einer öffentlichen Diskussion angesprochen worden. Jetzt ist es so gemacht worden, wie Sie und ich es erklärt haben. Das heißt, es gibt eine entsprechende Reihenfolge, wenn man alle Ausschüsse einbezieht. Dann kommt heraus, dass der Vorsitz der CDU-Fraktion zufällt. Das ist überhaupt kein Thema. Ich weise aber darauf hin, dass es in den Bundesländern und im Bundestag nicht unbedingt überwiegende Praxis ist. Man kann es durchaus anders sehen. Wir geben in der Tat zu bedenken, ob die Untersuchungsausschüsse nicht in einer anderen Form gemacht werden, weil sie sich doch qualitativ von den üblichen Ausschüssen unterscheiden.
Damit möchte ich die anderen nicht geringer bewerten, aber es ist eben doch ein Unterschied, ob es ein normaler Ausschuss ist oder ein Untersuchungsausschuss.
Unabhängig von der Besetzung des Ausschusses ist es dringend notwendig, dass hier aufgeklärt wird. Insofern stimmen wir dem Vorschlag der Regierungsfraktionen durchaus zu, worin die Frage der Kosten etwas konkretisiert worden ist. Es geht uns darum, dass die gesamten Vorgänge aufgelistet werden, dass Klarheit reinkommt, was passiert ist, wie die mehr als Verdreifachung der Kosten zu erklären ist, was es mit dem Beziehungsgeflecht auf sich hat. In der Tat ist es so - Kollegin Ries hat darauf hingewiesen -, dass Melcher und Marx im Vordergrund stehen, dass sie das aber ohne die anderen nicht hät
ten machen können und dass sie offensichtlich politisch gedeckt worden sind. Das ist doch der Punkt! Hier stellt sich die Frage nach der Verantwortung. Das aufzuklären ist dringend notwendig!
Wenn wir uns als Saarland, das eine anerkannte Haushaltsnotlage hat, mit diesem Klotz, der jetzt da steht, der offensichtlich nicht die Funktionen erfüllt und der unglaublich teuer ist, nicht vollständig lächerlich machen wollen, dann müssen wir alles dafür tun, damit der Sachverhalt aufgeklärt wird. Dazu gehört eben auch die politische Verantwortung. Deswegen habe ich den Bericht der Saarbrücker Zeitung zitiert, weil das sehr weitgehende Vorwürfe sind, die unbedingt der Aufklärung bedürfen. Und deswegen bitte ich darum, dass wir es so machen und nicht in eine Diskussion darüber hineinkommen, wer wen reinwäscht. Das halte ich für völlig verkehrt. Wir müssen an einer grundlegenden Aufklärung interessiert sein. Deswegen, denke ich, können wir alle diesem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht in der Tat - da pflichte ich dem Kol
legen Jost bei, ebenso der Kollegin Ries - um eine umfassende politische Aufklärung; das ist Aufgabe des Untersuchungsausschusses. Es stehen aber bereits heute Vorwürfe im Raum, die aufgeklärt werden müssen und die hier aufgeklärt werden können. Deswegen frage ich die Frau Ministerpräsidentin, ob es zutrifft, was in der Saarbrücker Zeitung vom 04.11. steht, dass es nämlich eine Anweisung an Herrn Melcher gebe, unterschrieben auch von Ihnen in Ihrer damaligen Eigenschaft als Kultusministerin, die Baukosten bewusst niedrig zu halten und dies der Öffentlichkeit auch so darzustellen. Das ist eine sehr konkrete Frage, die über diesen Bericht der Saarbrücker Zeitung aufgeworfen wird. Ich denke, es wäre möglich, dies heute zu beantworten. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Bericht über den Untersuchungsausschuss liegt nun vor. Er ist allen zugegangen. Es sind im Bericht des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses dankenswerterweise die wesentlichen Eckpunkte sehr konzentriert dargestellt worden, sowohl was die tatsächlichen Feststellungen angeht, als auch den Kern der unterschiedlichen Wertungen. In der Tat sind die Wertungen unterschiedlich. Was den Untersuchungsausschuss angeht, ist es keineswegs so, dass er überflüssig gewesen sei, wie es oft in der Öffentlichkeit dargestellt worden ist und wie manchmal auch die Vertreter der Regierungskoalition uns weiszumachen versuchten - ganz im Gegenteil. Er war aus unserer Sicht außerordentlich erfolgreich, weil er ein ganz zentrales Problem aufgezeigt hat, das wir in der politischen Demokratie haben, nämlich die Frage des Verhältnisses von unternehmerischer Einflussnahme auf Entscheidungen in der Politik.
Aus unserer Sicht sind drei Feststellungen zu treffen, die das Ergebnis des Untersuchungsausschusses ausmachen. Erstens ist die unternehmerische Einflussnahme auf die Regierungsbildung, konkret auf die Jamaika-Koalition offensichtlich. Zweitens haben wir es doch mit einer ungewöhnlich langen Dauer der Verfahren bei der Finanzverwaltung zu tun und auch mit einer sehr deutlichen Einflussnahme des Finanzministeriums. Drittens ist für uns die Einstellung der steuerrechtlichen Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft in der Form, wie sie dargestellt worden ist, nicht nachvollziehbar.
Zunächst zur Frage der Einflussnahme. Hier können natürlich nicht nur die Dinge betrachtet werden, die Gegenstand der Beweisaufnahme waren. Es gehört natürlich auch die Frage der Spendenpraxis dazu. Dies ist im Bericht dem Plenum überlassen worden und damit auch Gegenstand der Diskussion hier. Man muss feststellen, dass allein die Einrichtung des Untersuchungsausschusses dazu beigetragen hat, dass Herr Ostermann die Spendenpraxis zeitnah öffentlich gemacht hat. Natürlich kann man nach einem bestimmten Zeitraum dies dann auch in den Veröffentlichungen nachlesen, aber es war doch so, dass Herr Ostermann sich offensichtlich gezwungen sah, sehr frühzeitig offenzulegen, was er den verschiedenen Parteien gespendet hat. Das ist natürlich hochinteressant. So stellen wir fest, dass Herr Ostermann den GRÜNEN in den Jahren 2008 und 2009 57.000 Euro gespendet hat, davon allein im Wahljahr 2009 47.500 Euro. Das ist mehr als das, was Herr Ostermann der CDU gespendet hat. Er hat allen Parteien Geld zukommen lassen, insbesonde
re natürlich seiner Partei, dies aber in einem sehr ungewöhnlich hohen Maße, sodass ich den Kolleginnen und Kollegen empfehlen würde, darüber nachzudenken, in welche Abhängigkeit sie sich dabei begeben.
Herr Ostermann ist natürlich nicht nur irgendein Unternehmer, sondern er ist auch politisch tätig. Er war an den Verhandlungen zur Regierungsbildung beteiligt. Er sitzt für seine Partei im Koalitionsausschuss. Wir haben hier also eine sehr enge Verbindung zwischen Wirtschaft und Politik. In diesen Zusammenhang gehört unseres Erachtens auch die Tätigkeit von Herrn Ulrich bei einem Unternehmen der Ostermann Gruppe, nämlich bei think & solve. Er war dort, wie berichtet wurde, jahrelang Mitarbeiter. Wir konnten nicht nachvollziehen, -
Wir konnten aus dem, was vorgelegt wurde und was Sie selbst ausgesagt haben, nicht nachvollziehen, dass es sich im Gegenzug zu dem Gehalt wirklich um eine nennenswerte und messbare Arbeitsleistung gehandelt hat. So musste die Veröffentlichung eines Presseartikels in der Saarbrücker Zeitung als Beweis dafür herhalten, dass man eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit machte. Die vorgelegten Dokumente sind nachweislich nicht alle selbst erstellt worden. Auf Nachfrage konnten auch keine detaillierten Angaben zu den Marketingaktivitäten gemacht werden. Die Weigerung, überhaupt das Arbeitsumfeld, das Team zu beschreiben, unter Hinweis auf angebliche Unternehmensinterna, spricht im Grunde für sich. Deswegen kommen wir zu dem Schluss, dass das keine nennenswerte, messbare Arbeitsleistung war. Wir würden es eher als eine intensive Kontaktpflege denn als ein Arbeitsverhältnis bezeichnen.
Für uns ist offensichtlich, dass die Entscheidung der GRÜNEN bei der Regierungsbildung durch Spendenzuwendungen und geschäftliche Beziehungen eines - oder besser gesagt: ihres - führenden Mitgliedes beeinflusst worden ist und damit nicht unabhängig war.
Dieser Zusammenhang stellt natürlich die Legitimationsgrundlage der Regierungskoalition selbst infrage. Darauf werde ich am Schluss auch noch einmal eingehen.
Ich komme zum Thema Steuerverfahren, Finanzbehörden und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Da - das hat der Bericht ja auch ergeben - haben wir
ebenfalls sehr unterschiedliche Wertungen. In der Tat waren die Ergebnisse nicht so sehr ergiebig.
Aber für uns gibt es nach wie vor eine Reihe von Ungereimtheiten. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum in einem Verfahren der Betriebsprüfungsbericht erst im Oktober 2009 an die Staatsanwaltschaft übermittelt wurde, obwohl er schon länger vorlag. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum in einem anderen Verfahren die Akten im Oktober 2009 an die Staatsanwaltschaft übergeben wurden, obwohl noch kein Betriebsprüfungsbericht vorlag. Ebenso wenig nachvollziehbar ist für uns der gemeinsame Abschluss und die gemeinsame Übergabe der Akten an die Staatsanwaltschaft im Oktober 2009, denn die Ermittlungen betrafen unterschiedliche Sachverhalte, unterschiedliche Unternehmen und begannen zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Durch das Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten und Anforderungen von Stellungnahmen der steuerlichen Berater des Unternehmers gab es eine Verzögerung im Handlungsablauf. Damit wurde der Ostermann-Gruppe doch eine ungewöhnlich lange Zeit eingeräumt, was sozusagen einem Kredit zu günstigen Bedingungen gleichkommt.
Auch wenn dies manchmal als üblich unterstellt wurde, so hat uns doch die intensive Begleitung der Verfahren durch das Finanzministerium in Form von regelmäßigen Treffen und Erörterungen erstaunt. Ungewöhnlich lange dauerte das Verfahren bei der Finanzverwaltung, der Zeitpunkt der Einstellung bleibt befremdlich. Dass wir es zu tun hätten mit einer Entkräftung des Vorwurfs, es habe einen Zusammenhang mit der Koalitionsbildung gegeben, wie es in der Wertung der Koalitionsfraktionen behauptet worden ist, davon kann überhaupt nicht die Rede sein.
Auch was die Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft angeht, sehen wir Ungereimtheiten. So sind die Betriebsprüfungsberichte auch nach eigenen Aussagen die maßgebliche Entscheidungsgrundlage für die steuerstrafrechtliche Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft. Ein Verfahren wurde am 23. Oktober 2009 eingestellt, obwohl zu diesem Zeitpunkt kein Betriebsprüfungsbericht vorlag, ein anderes Verfahren wurde erst im Oktober 2009 eingestellt, obwohl der Betriebsprüfungsbericht wesentlich früher vorlag. Auch die übrigen Betriebsprüfungsberichte lagen bereits länger vor, insbesondere waren die für die Beurteilung maßgeblichen Feststellungen bereits wesentlich früher getroffen, sodass es sich nicht erschließt, warum die Staatsanwaltschaft gerade im Oktober 2009 diese Verfahren einstellte.
Die im Untersuchungsbericht - auch aus der Presse - zitierte Aussage des Ostermann-Sprechers Müller, dass die Verfahren bereits eingestellt waren und zu dem „pikanten“ Zeitpunkt nur noch der Stempel draufkam, kann man in diesem Zusammenhang nur unterstreichen. Die steuerrechtlichen Bewertungen waren bereits lange vorher getroffen, spätestens mit Abschluss der Betriebsprüfungsberichte im April 2009. Merkwürdigerweise wird das dann alles im Oktober 2009 eingestellt.
Abgesehen davon, dass der Zeitpunkt der Einstellung nicht nachvollziehbar ist, trägt auch die Begründung der Staatsanwaltschaft eines mangelnden beziehungsweise nicht nachweisbaren Vorsatzes unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfungsberichte aus unserer rechtlichen Sicht nicht, denn die festgestellten Nachzahlungsverpflichtungen in einem Teil der Verfahren legen durchaus ein vorsätzliches Handeln nahe.
Was die Arbeit des Untersuchungsausschusses angeht, findet sich im Bericht der Koalitionsfraktionen ein netter Absatz mit der Überschrift „Realitäts- und Arbeitsverweigerung der Abgeordneten der Opposition“. Hingewiesen wird auf den Verzicht auf eine Zeugeneinvernahme, hingewiesen wird auch auf das schon mehrfach zitierte Gutachten, das - übrigens nur für einen einzigen Fall erstellt - nicht ausführlich behandelt worden ist.
Ich komme gleich darauf zu sprechen, nur langsam. - Zunächst einmal zur Zeugeneinvernahme. Es ist so, dass man darauf durchaus verzichten kann, wenn Sachverhalte klar sind. Wir haben das kürzlich ja auch vor dem saarländischen Verfassungsgerichtshof erlebt, wo ebenfalls auf eine Zeugeneinvernahme verzichtet worden ist. Punkt 1.
Punkt 2, wir erkennen an -
Ich bitte, diese Unterbrechung bei meiner Redezeit zu berücksichtigen. - Ich komme noch einmal auf das Gutachten zurück. Darüber gab es deshalb keine ausführliche Diskussion, weil wir selbstverständlich dieses Gutachten gelesen haben, gewertet haben und zu der Auffassung gekommen sind, dass es völlig richtig ist; wir konnten diese Argumentation nachvollziehen. Deswegen war es überhaupt nicht notwendig, dieses Gutachten ausführlich zu thematisieren. Das ist auch ein ganz normaler Vorgang. Wir hatten eine Frage, die gutachterlich zu klären war, weil es sich um einen relativ komplizierten Sachverhalt handelte, wo es unterschiedliche Auffassungen, unterschiedliche betriebswirtschaftliche Bewertungen gab. Es ging um die Bewertung von bestimmten Bilanzpositionen. Da hielten wir es für angezeigt, ein entsprechendes Gutachten anzufordern, auch nicht mit Getöse, wie es hieß. Dieses Getöse wurde eher vom Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses verursacht. Wir haben das ganz nüchtern zur Kenntnis genommen und haben festgestellt, dass dem eben durchaus so ist. Deswegen gab es auch keinen Grund, sich damit näher zu befassen.
Was wir aber andererseits festgestellt haben, ist, dass die Arbeit des Untersuchungsausschusses durchaus behindert worden ist. Zum Beispiel war für uns nicht nachvollziehbar, warum trotz unserer gegenteiligen Einlassung Zeugen vernommen worden sind, ohne dass vorher Akteneinsicht möglich war. Das war auch ein Verhalten, das wir eher als Obstruktion sehen - offensichtlich in der Absicht, eine vorschnelle Beendigung des Untersuchungsausschusses anzustreben. Es gab ja immer den Versuch, der Regierung einen Persilschein auszustellen. Ich denke, dass die vorgelegten Ergebnisse dazu überhaupt nicht geeignet sind.
Wir stellen fest, dass wir es mit einer ungewöhnlich langen Dauer der Verfahren bei der Finanzverwaltung zu tun hatten. Wir hatten es zu tun mit der Einstellung der steuerrechtlichen Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft zum Oktober 2009, was für uns nach wie vor nicht nachvollziehbar ist. Für uns ist, wie schon zu Anfang gesagt, die unternehmerische Einflussnahme auf die Regierungsbildung offensichtlich.
Leider ist unserem Antrag nicht gefolgt worden, auch andere Unternehmer miteinzubeziehen, was durchaus berechtigt gewesen wäre.
Ich verweise nur auf die Verstrickung eines bekannten saarländischen Unternehmers in einen Bespitzelungsversuch eines nicht ganz unbekannten saarländischen Abgeordneten
und den Verdacht der Verstrickung eben dieses Unternehmers in politische Hetzkampagnen gegen eine mögliche rot-rote Koalition. Es geht nicht um das Thema Ostermann, es geht um das Thema unternehmerische Einflussnahme, es geht auch nicht darum, Unternehmer zu schelten und an den Pranger zu stellen,
sondern es geht um eine legitime Aufklärung des Verhältnisses zwischen Spendenpraxis, zwischen unternehmerischer Einflussnahme und Politik. Die Wähler sollen die Möglichkeit haben, das Verhalten der politisch Handelnden daraufhin zu prüfen, ob sie entsprechend dem Parteiprogramm oder aber lediglich im Interesse von bestimmten Personen oder Unternehmen handeln, die mit finanziellen Mitteln politischen Einfluss auf das Verhalten einer Partei beziehungsweise einzelner Verantwortlicher auszuüben versuchen.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es aus unserer Sicht dringend geboten, eine gesetzliche Begrenzung der Spenden von Unternehmen vorzunehmen, wie dies beispielsweise in Frankreich -
Ich komme zu meinem letzten Satz. Wir sind für eine gesetzliche Begrenzung der Spenden von Unternehmen, wie das etwa in Frankreich der Fall ist. Der saarländische Landtag und auch die Landesregierung wären gut beraten, entsprechende Gesetzesinitiativen auf den Weg zu bringen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich eines richtigstellen. Was hier immer unterstellt worden ist, dass wir die Tätigkeit der Finanzbeamten in Zweifel gezogen hätten, ist nicht zutreffend, das war nie der Punkt.
Unterbrechen Sie mich nicht dauernd! Es geht nicht darum, die Tätigkeit der Beamten in Zweifel zu ziehen, es geht darum, wie das Verfahren gelaufen ist. Da können Sie noch so viel schreien, da gibt es Ungereimtheiten. Auch wenn wir hier keine entsprechende beweiskräftige Aufnahme haben, gibt es Ungereimtheiten. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt. Herr Theis, Sie machen einen grundsätzlichen Fehler - und das ist logisch überhaupt nicht nachvollziehbar -, indem Sie aus der Tatsache, dass wir gemeinsam die tatsächlichen Feststellungen getroffen haben, den Schluss ziehen, als ob alles in Ordnung gewesen wäre. Es zeigt sich sehr deutlich, dass die Tatsachen sehr unterschiedlich sind. Es gibt Widersprüche, was die Betriebsprüfungsberichte angeht, es gibt erhebliche Widersprüche, was die Tätigkeit von Herrn Ulrich angeht. Ich bleibe dabei, dass die vorgelegten gemeinsam festgestellten Tatsachen nicht nachweisen, dass hier eine messbare und nennenswerte Arbeitsleistung dahinter gestanden hat, sondern dass dies Kontaktpflege war. Die dauerte nicht bis 2002, sondern bis 2009. Das ist der Punkt.
Sie können auch nicht von der Spendenpraxis ablenken. Das ist keine Frage von Sieg und Niederlage, sondern es berührt ein Grundverhältnis, das Verhältnis von Spenden und politischer Tätigkeit. Das sollten wir aufarbeiten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegen jetzt zwei Anträge zur Stiftung Saarländischer Kulturbesitz vor.
Es gibt einen Antrag von der SPD und einen von der Regierungskoalition. Wir teilen die Einschätzung des SPD-Antrages, dass der Bau des Vierten Pavillons in der öffentlichen Wahrnehmung zum Symbol für Korruption, Machtmissbrauch und Unfähigkeit geworden ist und dass neben dem materiellen Schaden auch ein immenser politischer Schaden entstanden ist, der den Verantwortlichen der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und den verantwortlichen Kuratoren zuzurechnen ist. Wir teilen aus dem Antrag der Koalitionsfraktion die Überschrift und die Aufforderung, die Aufklärung fortzusetzen. Ich glaube in der Tat, dass dies geboten ist. Hier hat ja auch - Kollegin Ries hat bereits darauf hingewiesen - ein erheblicher Sinneswandel stattgefunden. Ich erinnere mich gut an die Auseinandersetzungen um den Rechnungshofbericht. Ich erinnere daran, dass Herr Melcher entlastet worden ist, dass es Gegengutachten gab und dergleichen mehr. Inzwischen sieht die Situation völlig anders aus. Ich begrüße es außerordentlich, dass das Verhältnis zum Rechnungshof ganz offensichtlich ein anderes geworden ist und dass man jetzt mit dem Rechnungshof zusammenarbeiten möchte. Ich glaube, dass das die richtige Vorgehensweise ist.
Es ist natürlich so, dass man aufgrund der tatsächlichen Entwicklung um eine andere Schlussfolgerung gar nicht mehr herumkam. Die Mängel und die Probleme sind so offensichtlich, dass sie eigentlich zum Himmel schreien. Ich denke, es gilt parteiübergreifend, dass das nicht geduldet werden kann und dass hier Abhilfe geschaffen werden muss. Wir hatten im Ausschuss die Mängelliste von WPW. Ich will gar nicht darauf eingehen, aber es erstaunt mich schon, wenn ich lese, dass es keine Dokumentation gab, keine echte Kostensteuerung, keine Transparenz, überhaupt nichts. Es sind elementarste Fehler gemacht worden. Es ist sicherlich richtig, dass man dagegen vorgehen muss. Allerdings reicht es nicht, wenn man sozusagen nur bei den zwei bösen Buben ansetzt, die man jetzt gefunden hat, nämlich Marx und Melcher. Es ist klar, dass mehr gemacht werden muss. Wir müssen auch die politisch Verantwortlichen benennen; auch das muss diskutiert werden. Die politische Verantwortung muss hier offengelegt werden. Dankenswerterweise hat die Frau Ministerpräsidentin das in Ihrer Regierungserklärung auch angekündigt. Und wir werden sie natürlich auch beim Wort nehmen. Ich halte es für ganz zentral, dass wir auch die politische Verantwortung klären. Ich glaube, dass das im Interesse des Landes unbedingt notwendig ist.
Wir haben die Situation, dass all das ins Gegenteil verkehrt worden ist, was ursprünglich einmal beabsichtigt war. Zielsetzung des Baus des Vierten Pavillons war eine qualitative Verbesserung der saarländischen Museumslandschaft. Was wir heute sehen und was wir sozusagen sinnlich wahrnehmen kön
nen, ist genau das Gegenteil dessen, was ursprünglich beabsichtigt wurde. Ob das jemals wieder in der Form rückgängig zu machen ist, weiß ich nicht. Deswegen will ich mich auch nicht zu der Frage Baustopp oder Baufortführung äußern. Ich glaube, das muss unter sachlichen Gesichtspunkten entschieden werde. Und so sehr ich sehe, welche Vorwürfe es gibt, was beispielsweise die Person Melcher oder die Person Marx angeht, so glaube ich nicht, dass es Aufgabe des Landtages ist, über arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen zu befinden. Ich glaube, dass das nicht unsere Aufgabe sein kann. Ich möchte mich deswegen dazu auch überhaupt nicht äußern. Aus diesen beiden Gründen ist unsere Auffassung, dass die ganze Tragweite dieser Entwicklung erfasst werden muss, dass die politische Verantwortung geklärt werden muss, dass dort, wo es Vorwürfe gibt, diese aufgeklärt werden müssen und dass auch Konsequenzen gezogen werden müssen. Das steht an. Ich bin der Auffassung, dass man gerade wegen der Dimension dieses Problems um einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht herumkommt. Der muss kommen, das ist keine Frage. Wir werden allerdings beiden Anträgen nicht zustimmen, weil wir uns einerseits nicht in arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen einmischen wollen und weil wir uns zweitens auch nicht zu der Frage Baustopp oder Fortführung einlassen wollen. Wir sind und ich glaube, das ist die Tendenz beider Anträge an einer Aufklärung interessiert. Deswegen werden wir uns enthalten. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushalt 2012 steht wie schon der Haushalt 2011 unter dem Diktat der Schuldenbremse, und mit der Verwaltungsvereinbarung zu den Konsolidierungsbeihilfen vom April 2011 sind auch die Rahmenbedingungen für die nächsten Jahre vorgegeben. Als Land mit anerkannter Haushaltsnotlage muss das Saarland halbjährlich Rechenschaft über die Sanierungsmaßnahmen ablegen und nachweisen, dass die vorgegebenen Kennzahlen eingehalten werden. Das bedeutet, dass die Handlungsspielräume für das Land durch diese Vereinbarung erheblich eingeschränkt sind. Im Interesse der Konsolidierungsbeihilfe von jährlich 260 Millionen Euro wird dieses doch sehr enge Korsett von der Landesregierung nachhaltig befürwortet, ja man versucht sogar das in die Landesverfassung zu schreiben. Ich will ganz klar sagen, dass die Fraktion DIE LINKE mit dieser Politik überhaupt nicht einverstanden ist, sondern dass wir einen ganz anderen Weg vorschlagen. Wir meinen, wenn eine Bremse eingebaut werden muss, dann kann das nicht die Schuldenbremse
sein, sondern das muss eine Steuersenkungsbremse sein.
Ohne eine nachhaltige Verbesserung der Einnahmeseite wird die Sanierung des Haushaltes nicht gelingen.
Herr Ulrich, es wäre schön, wenn Sie sich einmal etwas zurückhalten und zuhören würden. Dann könnten Sie vielleicht etwas lernen. Das erste was man machen sollte ist zuhören und dann kann man Kommentare machen. Sie haben ja Gelegenheit, sich anschließend zu Wort zu melden.
Ich bin am Anfang meiner Rede.
Vielleicht sollte das Präsidium einmal einschreiten und dieses doch ziemlich rüpelhafte Benehmen beenden.
Ich komme zurück zum Haushaltsentwurf 2012, der von diesen Einsparungen geprägt ist. Gestern ist eine Polizeireform mit dem Abbau von 300 Stellen in den nächsten Jahren beschlossen worden. Aus dem Haushaltsentwurf wird deutlich, dass der Personalabbau weiter im Mittelpunkt steht - nach Nullrunde für Beamte, Absenkung der Eingangsbesoldung und Wiederbesetzungssperre in diesem Jahr. Neben Einsparungen beim Personal gibt es weitere Einsparungen beim Hochbauvolumen und bei der Umstellung der Wirtschaftsförderung, wo wesentlich auf EU-Finanzmittel zurückgegriffen werden soll. Auch die Kommunen sollen mit 16 Millionen Euro an der Kulturfinanzierung beteiligt werden. Zwar wird darauf hingewiesen, dass der kommunale Finanzausgleich nicht zurückgeht, sondern um rund 57 Millionen Euro ansteigen soll, dennoch ist angesichts der katastrophalen Finanzlage der Kommunen ihre Heranziehung zu diesen Einsparungen nicht vertretbar.
Auf die schwierige Lage der Kommunen hat auch der Kollege Jost hingewiesen. Ich möchte noch ein paar Zahlen ergänzen, die deutlich machen, wie stark die saarländischen Kommunen unter der Schuldenlast ächzen. So betrugen im Jahr 2009 das sind die letzten verfügbaren Zahlen - die Kassenkredite je Einwohner bei den saarländischen Kommunen 1.354 Euro und machten damit fast das Dreifache des Durchschnitts der westdeutschen Flächenländer mit 493 Euro aus. Auch die Gesamtverschuldung pro Einwohner lag mit 2.299 Euro deutlich über dem Durchschnitt der westdeutschen Flä
chenländer von 1.546 Euro. Daran sieht man, dass das eine außerordentlich bedrohliche Lage für die Kommunen ist, dass sie kaum noch ihre Aufgaben wahrnehmen können. Deswegen sind wir dagegen, dass die Kommunen hier herangezogen werden. Es muss mehr getan werden, damit die Kommunen wieder über entsprechende finanzielle Spielräume verfügen.
Dieser Kurs der Schuldenbremse mit den Einsparungen soll sich in Zukunft fortsetzen und man fragt sich natürlich, wie das weitergehen soll, wo das Ende ist und ob das überhaupt gelingen kann. Offensichtlich soll der öffentliche Dienst weiter geschröpft werden. Es ist meines Erachtens nur eine Frage der Zeit, bis dann auch der Bildungsbereich richtig dran glauben muss, der jetzt noch im Wesentlichen ausgenommen worden ist, wobei allerdings schon erste Schritte gemacht worden sind. Ich erinnere nur an die Streichung des beitragsfreien dritten Kindergartenjahres. Die grundsätzlichen Probleme werden durch diese Art von Politik nicht gelöst.
Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Nettokreditaufnahme im kommenden Haushaltsjahr deutlich geringer ist, nämlich 630 Millionen Euro. Sie soll 2013 auf 591 Millionen Euro, 2014 auf 552 Millionen Euro und 2015 auf 408 Millionen Euro sinken. Gleichwohl - und da liegt das Dilemma steigt die Gesamtverschuldung an. Im Haushaltsjahr 2012 beträgt die Gesamtverschuldung 12,4 Milliarden Euro nach 11,8 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Sie wird bis 2015 auf 14 Milliarden Euro ansteigen. Ohne eine Lösung der Altschulden - ich glaube, da sind wir auch im Gleichklang mit der SPD-Fraktion - und ohne eine grundlegende Veränderung der Einnahmeseite wird man von diesem Schuldenberg mit seinen enormen Belastungen nie herunterkommen.
Und ob die Planungen zur Senkung der Nettokreditaufnahme wirklich in Erfüllung gehen, hängt nicht zuletzt von der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt ab. Die Landesregierung ist sich dessen durchaus bewusst. So heißt es im Vorwort zur mittelfristigen Finanzplanung - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident -: „Schon heute ist klar, dass eine angemessene wirtschaftliche Dynamik und eine konsolidierungsverträgliche bundesstaatliche Finanzpolitik zu den eigenen Sanierungsmaßnahmen hinzutreten müssen, damit das Saarland eine realistische Chance hat, die vorgegebenen Defizitobergrenzen dauerhaft einzuhalten.“
Im Jahr 2010 hat das Saarland von der guten wirtschaftlichen Entwicklung profitiert, was auch für die Jahre 2011 und 2012 gilt, mit der Folge, dass die Steuereinnahmen deutlich angestiegen sind, wo
durch der Haushalt entlastet wurde und wird. Sie, Herr Jacoby, haben ja in Ihrer Einbringungsrede darauf hingewiesen. Was allerdings die künftige wirtschaftliche Entwicklung angeht, so ist die Lage außerordentlich unsicher. Klar ist, dass sich in dem Jahr, für den jetzt der Haushaltsentwurf vorliegt, dem Jahr 2012, das wirtschaftliche Wachstum deutlich abschwächen wird. Die Bundesregierung rechnet nur noch mit einem Wachstum von 1,6 Prozent; es wird davon ausgegangen, dass das Wachstum auch in den kommenden Jahren in dieser Größenordnung liegt. Prognosen anderer wirtschaftswissenschaftlicher Institute sind deutlich vorsichtiger. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung prognostiziert unter der Überschrift "Schuldenkrise würgt die deutsche Konjunktur ab“ ein Wachstum von nur noch 1 Prozent. Das IMK, das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung, geht gar von 0,7 Prozent aus. Das heißt, die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2012 haben sich in der jüngsten Zeit deutlich nach unten bewegt. Wir haben es also mit erheblichen Risiken zu tun.
Es ist klar: Wir haben ein Umfeld, das außerordentlich schwierig ist, darüber wird ja heute unter anderem auch im Bundestag diskutiert werden. Die Schuldenkrise, die Probleme des Euroraums und die Probleme in der Weltwirtschaft machen die Lage unsicher. Wir müssen feststellen, dass die Ursachen der Krise des Jahres 2008/09 nicht wirklich beseitigt sind, nämlich etwa die Umverteilung von unten nach oben, die Spekulation auf den Finanzmärkten, die unregulierten Finanzmärkte, die Einkommensschwäche bei der Masse der Bevölkerung, das existiert ja alles immer noch. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass wir vor erneuten erheblichen Turbulenzen in der Weltwirtschaft stehen, die sich dann auch bei uns erheblich auswirken werden, weil das Saarland ein enorm exportabhängiges Land ist. Wir haben in den letzten zwei Jahren als exportabhängiges Land überdurchschnittlich von der wirtschaftlichen Entwicklung profitiert. Die Kehrseite ist nur, dass wir dann auch besonders betroffen sein werden, wenn es wirtschaftlich in der Weltwirtschaft, im Euroraum und auch hier in Deutschland wieder zurückgeht.
Ja, selbstverständlich.
Abg. Schmitt (FDP) mit einer Zwischenfrage: Sehr geehrter Herr Professor Bierbaum, Sie erklären hier die ganze Zeit die Schulden, Sie erklären, was alles schlimm ist. Vielleicht könnten Sie mir erklären,
wie mit der 30-Stunden-Woche die Haushaltskonsolidierung durchzuführen ist.
Herr Kollege Schmitt! Ich rede gegenwärtig über die wirtschaftliche Entwicklung und über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auf die im Übrigen auch der Finanzminister Bezug genommen hat. Das gehört einfach dazu, wenn wir über den Haushalt reden. Zur Frage der 30-Stunden-Woche, die eine Grundsatzfrage der Umverteilung ist: Wir werden nicht vorschlagen, dass wir in diesem Jahr im Saarland die 30-Stunden-Woche einführen, sondern das ist eine grundsätzliche Ausrichtung, über die wir uns gerne noch mal unterhalten können.
Kommen wir zurück auf die wirtschaftliche Entwicklung. Vielleicht hören Sie einfach mal zu. Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, der aus unserer Sicht von außerordentlicher Wichtigkeit ist und der ebenfalls zu den Rahmenbedingungen zählt. Es ist vorhin schon darauf hingewiesen worden, auch im Beitrag des Kollegen Jost, dass wir im Saarland aufgrund der hohen Gesamtverschuldung ein Problem haben im Hinblick auf die Zinsbelastung. Sie wird steigen auf rund 600 Millionen Euro im Jahr 2015; sie ist ja jetzt schon außerordentlich hoch. Hierin liegen erhebliche Risiken, darauf hat gestern auch der Finanzminister in seiner Einbringungsrede schon hingewiesen. Wir haben gegenwärtig bei den Schulden im Saarland noch ein relativ geringes Zinsniveau von 4,1 Prozent. Würden die Zinsen nur um 2 Prozent ansteigen - und ein Zinsanstieg droht gegenwärtig -, würde dies bei dem derzeitigen Schuldenstand eine Mehrbelastung von 240 Millionen Euro ausmachen, womit die Konsolidierungsbeihilfe von 260 Millionen Euro nahezu aufgebraucht wäre. Auch wenn wir vom Saarland aus hier natürlich nicht sehr viel Einfluss haben, muss dies unter den Rahmenbedingungen mit berücksichtigt werden. Es ist deshalb notwendig, Verhältnisse zu schaffen, in denen das Zinsniveau niedrig bleibt. Dazu ist es notwendig, dass die Macht der Finanzmärkte gebrochen und der Bankensektor neu geordnet wird, und zwar in öffentlich-rechtlicher Form.
Es ist notwendig, meine Damen und Herren, dass die Staatsfinanzen von den Finanzmärkten abgekoppelt werden. Das bedeutet, dass die EZB, die Europäische Zentralbank, eine größere Rolle hat, dass wir das öffentlich organisieren müssen. Das
betrifft durchaus auch das Land, wenn ich an die Landesbank und dergleichen mehr denke.
Dass wir uns da nicht völlig isoliert verhalten, beweist die Diskussion in der Wirtschaftspresse und in der Politik. Ich verweise nur auf einen jüngst in der Financial Times erschienenen Artikel, in dem darauf hingewiesen wird, dass eine Finanzierung über die Märkte sehr teuer ist und dass die EZB eine größere Rolle spielen muss. In die gleiche Richtung geht ja übrigens auch die französische Politik, leider in diesem Falle gebremst von der bundesdeutschen Regierung. Wir kommen nicht darum herum, über andere Formen der Finanzierung nachzudenken; das hat ursächlich mit dem Zinsniveau zu tun. Es muss etwas getan werden von den Rahmenbedingungen her, damit die Zinsen für die öffentliche Finanzierung dauerhaft niedriger sind. Das hat unmittelbar Auswirkungen gerade auch auf das Saarland.
Ich möchte auf einen weiteren Zusammenhang hinweisen, der wichtig ist, und jetzt, Herr Ulrich, komme ich noch mal auf das Thema Steuerpolitik, auf das ich ja immer wieder zurückkomme.
Ich stelle übrigens im Hinblick auf die Steuerpolitik fest, dass alle Parteien - vielleicht mit Ausnahme von Ihnen - sich zunehmend unseren Vorschlägen annähern; es ist klar, dass eine andere Steuerpolitik notwendig ist, dass wir keine weiteren Steuersenkungen mehr verkraften können. Der Finanzminister hat in seiner Einbringungsrede auch darauf hingewiesen, dass es unabdingbar sei, dass es keine weiteren Steuersenkungen gibt.
Wir müssen einfach sehen, dass die schlechte Verfassung der Landes-, Bundes- und Kommunalfinanzen natürlich damit zusammenhängt, dass wir in den letzten Jahren umfangreiche Steuerentlastungen hatten! Von 2000 bis 2010 sind die Steuern insgesamt so gesenkt worden, dass wir 335 Milliarden Euro weniger hatten. Das sind pro Jahr 30 Milliarden Euro! Ich darf Herrn Bofinger zitieren, der von einem Jahrzehnt der Entstaatlichung spricht und nachweist, dass wir heute wesentlich mehr zur Verfügung hätten, wenn die frühere Steuerpolitik beibehalten worden wäre. Das heißt, die gegenwärtige Situation ist eben doch hausgemacht.
Wer also die öffentlichen Haushalte stabilisieren und eine wirksame Eindämmung der Verschuldung sicherstellen will, muss das Steueraufkommen für Bund, Länder und Gemeinden dauerhaft erhöhen. Anstatt eine Schuldenbremse, die letztlich wachstumshemmend ist, ins Grundgesetz zu schreiben, hat die LINKE eine Steuersenkungsbremse vorge
schlagen. Danach hätte der Bund durch gesetzgeberische Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass für Bund und Länder eine auskömmliche gesamtwirtschaftliche Steuerquote gewährleistet wird.
Wir plädieren für eine andere Steuerpolitik - zum wiederholten Male, weil man das nicht oft genug machen kann -, die nicht nur zu mehr Einnahmen führt, sondern die auch sozial gerechter ist. Das heißt, wir müssen dort ansetzen, wo die Mittel vorhanden sind, bei den Vermögenden, bei den Finanzgeschäften und dergleichen mehr. Wir müssen allerdings diese Steuerreform so ausgestalten, dass sie sozial gerechter wird, dass also bei den unteren und mittleren Einkommen Steuerentlastungen vorgenommen werden. Dies gilt insbesondere für den sogenannten Mittelstandsbauch, der vor allen Dingen die Facharbeiterinnen und Facharbeiter betrifft. Ich nehme positiv zur Kenntnis, dass im Haushaltsentwurf 2012 nicht nur gespart wird, sondern dass auch von Investitionen die Rede ist. Diese sollen in den nächsten Jahren - Sachinvestitionen und Investitionsfördermaßnahmen zusammengenommen jeweils rund 350 Millionen Euro betragen, wobei die Hochschule, insbesondere Bauten an der Hochschule, und die Bildung die Schwerpunkte darstellen.
Herr Jacoby hat gestern von Leuchttürmen gesprochen, die notwendig sind, auch für die weiteren wirtschaftlichen und regionalen Entwicklungen in diesem Land. Allerdings habe ich weder seiner Rede noch der mittelfristigen Finanzplanung sehr viel davon entnommen, mit Ausnahme des zweifellos sehr wichtigen Themas Klimaschutz in Verbindung mit dem Masterplan Energie. Was ich hier vermisse, sind wirklich neue Ideen und Konzeptionen; davon konnte ich überhaupt nichts lesen. Es wird zwar immer wieder betont, dass das Saarland ein Industrieland und die Industrie das Herz der Wirtschaft sei, aber von einer zukunftsweisenden industriepolitischen Konzeption kann ich wenig sehen.
Es ist schon interessant, dass sowohl die Ministerpräsidentin in ihrer Regierungserklärung als auch Herr Schmitt eben auf Sachen hingewiesen haben, die vor vielen Jahren in die Wege geleitet worden sind - Stichwort Stahlindustrie und Saarschmiede und die daraus resultierenden Investitionen, die sich heute natürlich fortsetzen. Ich nehme schon zur Kenntnis, dass man ganz anders auf die Jahre der früheren SPD-Regierung verweist. Meistens wird es nur gemacht, um die besonderen „Sauereien“ des Oskar Lafontaine nachzuweisen.
Der Name fällt dann nicht mehr, wenn es um zukunftsweisende Investitionen oder um den Erhalt der Stahlindustrie geht, die zugemacht werden sollte
und dergleichen mehr. Ich verweise nur auf diesen Zusammenhang.
Wir sind selbstverständlich ebenfalls der Meinung, dass die Stahlindustrie sowie die Automobilindustrie - ZF, Automobilzulieferer - im Saarland ein Rückgrat darstellen, das es auszubauen gilt. Ich gehe davon aus, dass wir hier der gleichen Meinung sind.
Ich möchte erneut einen Masterplan Industrie anregen - das habe ich mehrfach getan -, weil ich es für wichtig halte, dass die Industrie ausgebaut wird. Ich möchte in diesem Zusammenhang einen Punkt besonders hervorheben. Dazu gehört meines Erachtens auch, dass es vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Risiken, die wir in einer Situation haben, in der es noch ziemlich gut geht und wir auf gute Wachstumsraten verweisen können, notwendig ist, Betriebe und Unternehmen, die im Saarland eine Schlüsselfunktion haben, krisenfest zu machen. Deswegen auch die Diskussion im Landtag - zu Recht, finde ich - über die Zukunft von Halberg Guss und SaarGummi. Es ist gelungen, diese wichtigen Betriebe - nur um sie als Beispiel zu nehmen, es gibt noch andere - zu halten. Ich möchte betonen, dass wir es gut gefunden hätten, sie dadurch nachhaltig zu sichern, dass auch die Belegschaft daran Anteil gehabt hätte.
Ich sage dies nicht ohne Grund. Die gegenwärtige Situation in der Stahlindustrie im Saarland und im benachbarten Lothringen hat natürlich schon etwas mit den Eigentumsverhältnissen zu tun und auch damit, wer bezogen auf die Unternehmenspolitik zum Beispiel über Investitionen oder Schließungen entscheidet. Im Saarland wird die Stahlindustrie nicht von dem Einfluss eines einzelnen Aktionärs beherrscht, sondern es ist eine gemischte Struktur, die es in der Vergangenheit erlaubt hat, das Geld zu behalten und zu investieren. Heute ist in der Saarbrücker Zeitung erneut davon die Rede, dass in der saarländischen Stahlindustrie erheblich investiert wird. Das ist wichtig. Derzeit erleben wir eine ganz andere Politik der ArcelorMittal in Florange oder in Lüttich. In Florange ist ein Standort mit 3.000 Beschäftigten bedroht, weil Herr Mittal der Auffassung ist, dass man bei einer zurückgehenden Konjunktur einfach runterfahren und gegebenenfalls schließen muss. Die saarländische Stahlindustrie hat bewiesen, dass man in einer Krisensituation die Arbeitsplätze behalten, zukunftsweisende Investitionen tätigen und eine nachhaltige Unternehmenspolitik betreiben kann. Deswegen verweise ich auf diesen Zusammenhang und sehe hier die Politik gefordert, solche Verhältnisse zu schaffen, dass die Betriebe nachhaltig gesichert werden können.
Ich komme zum Schluss. Der vorgelegte Haushaltsentwurf bietet, zusammenfassend gesagt, keine Überraschung. Es ist ein Konstrukt, das sich sozusagen aus der grundsätzlichen Befolgung der Schuldenbremse ergibt. Es sind Einsparungsvolumen und zarte Impulse bezogen auf Investitionen auszumachen, aber wenig wirkliche Ideen für eine nachhaltige Sanierung dieses Haushaltes.
Wir sind der Auffassung, dass wir einen grundsätzlich anderen Weg einschlagen müssen, dass die Einnahmeseite gestärkt werden muss. Dazu gehören die Frage der Zinsen, die ich erwähnt habe, die Steuerpolitik, aber auch die Wirtschaftspolitik und wirtschaftspolitische Maßnahmen sowie Maßnahmen auf Landesebene. Ich möchte auf einen Zusammenhang hinweisen, der immer wieder vergessen wird: Unsere wirtschaftliche Entwicklung hängt auch wesentlich von der Kaufkraft ab, die wir im Binnenmarkt haben.
Es gibt einen wichtigen Zusammenhang zwischen den sozialpolitischen Maßnahmen, wie beispielsweise Mindestlohn oder höhere Sozialleistungen und der Kaufkraft. Diese Maßnahmen haben nämlich nicht nur einen sozialen Effekt, sondern auch einen wesentlichen ökonomischen Effekt. Da können wir durchaus etwas tun, etwa im Hinblick auf den Mindestlohn. Deswegen bedauere ich sehr, dass dieser das letzte Mal abgelehnt worden ist.
Es ist vor allen Dingen notwendig, eine aktive Wirtschaftspolitik im Sinne einer aktiven Industriepolitik mit entsprechenden Leitinvestitionen vorzunehmen, einen Plan vorzulegen, Betriebe krisenfest zu machen. Wir haben wirklich enorme wirtschaftliche Risiken, das Umfeld ist alles anderes als einfach. Der Haushalt baut wesentlich auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung mit günstigen Steuereinnahmen. Man muss sich aber auf eine Situation einrichten, die sehr viel schlechter ist. Ich glaube, das, was hier dargestellt ist, geht noch von viel zu optimistischen Annahmen aus. Deswegen muss man in dieser Richtung aktiver werden. Genau diese Perspektiven, diese Initiativen, vermisse ich. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute findet die Unterzeichnung des Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz statt. Insofern haben wir das gut getimt. Allerdings reicht diese Unterzeichnung nicht aus, sondern das Abkommen muss durch Bundestag und Bundesrat noch ratifiziert werden.
Wir sind der Auffassung, dass dieses Abkommen schlecht ist. Es stellt einen Rückfall bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung dar. Wir wollen, dass der Landtag sich gegen dieses Abkommen ausspricht und die Landesregierung auffordert, im Bundesrat dagegen zustimmen.
Worum geht es? - Dieses Steuerabkommen hat einen Zukunftsteil, der sich mit künftigen Erhebungen befasst. Es hat einen Vergangenheitsteil, in dem es sich damit beschäftigt, wie mit den vielen Geldern, die auf Schweizer Konten lagern, umgegangen werden soll. Zukünftig sollen entsprechend dem Abkommen die auf Schweizer Bankkonten liegenden Gelder -
Ich schlage vor, dass ich kurz Pause mache. Wenn Sie zu Ende gesprochen haben, mache ich weiter.
Wenn sich alle wieder beruhigt haben, setze ich fort. - Ich möchte den Inhalt dieses Abkommens darstellen. Dieser besteht zum einen darin, dass die Guthaben auf Schweizer Konten von deutschen Bürgerinnen und Bürgern künftig mit einer Abgeltungssteuer von 26,4 Prozent besteuert werden sollen, wobei diese Steuer von den Banken einbehalten wird und von ihnen ohne Namensnennung, also anonym, dem Fiskus überwiesen wird.
Zweitens sieht das Abkommen vor, dass eine rückwirkende Besteuerung von Schwarzgeld - also von Geldern, die der Steuer entzogen worden sind und nun auf Schweizer Konten liegen - in einer Größenordnung von 19 bis 34 Prozent erfolgt. Man erwartet Einnahmen in der Größenordnung von 2 bis 3 Milliarden Euro. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, was das Steuerabkommen vorsieht, nämlich die nachträgliche Besteuerung mit dem Satz von 19 bis 34 Prozent, ist nichts anderes als eine nachträgliche Legalisierung unversteuerten Vermögens. Es ist nichts anderes als eine nachträgliche Legalisierung der Steuerhinterziehung.
Dies macht man für einen im Grunde genommen lächerlichen Betrag von etwa 3 Milliarden Euro, den man erwartet.
Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt den Betrag auf 2 bis 3 Milliarden Euro. Jedenfalls wird es nicht mehr. Wenn man berücksichtigt, dass die Deutsche Steuergewerkschaft davon ausgeht, dass es sich um ein Vermögen von etwa 150 Milliarden Euro handelt, das auf diesen Konten lagert, dann ist das wirklich lächerlich. Die Deutsche Steuergewerkschaft geht auch davon aus, dass mindestens ein zweistelliger Milliardenbetrag zustande kommen müsste.
Was die Abgeltungssteuer von 26,4 Prozent für künftige Gelder, die auf diesen Konten lagern, angeht, so muss man auch feststellen, dass sie gegenüber anderen Einkünften, zum Beispiel Arbeitnehmereinkommen und dergleichen mehr, doch deutlich begünstigt werden und dass dieser Satz der Abgeltungssteuer auch unter dem Satz liegt, den etwa die EU-Richtlinie für die Kapitalertragssteuer vorsieht. Dieser liegt nämlich bei 35 Prozent. Aus unserer Sicht ist besonders erschwerend, dass das Ganze anonym stattfindet, das heißt, Steuerflucht ist weiter
möglich. Namen werden ja keine genannt. Die Hoheit der deutschen Finanzämter wird an die Schweizer Banken abgetreten, die die Steuer erhebt und anonym überweist. Dies bedeutet, dass wir weiterhin der Steuerflucht Tür und Tor öffnen.
Es ist zwar auch vorgesehen, dass es Auskunftsersuchen geben soll, diese sind aber auf 500 pro Jahr begrenzt. Wenn man sich überlegt, dass wir etwa 560 Finanzämter haben, dann ist das noch nicht einmal ein Auskunftsersuchen pro Finanzamt. Das bedeutet, dass praktisch überhaupt nichts passiert. Es bedeutet weiterhin, dass über diese Regelungen auch alle EU-weiten Bemühungen um ein entsprechendes Meldesystem unterlaufen werden. Was wir auch sehen, ist, dass über dieses Abkommen, das einen deutschen Sonderweg darstellt, praktisch alle internationalen Bemühungen unter Einschluss der EU, aber auch der USA, unterlaufen werden und damit die Steuerflucht nicht bekämpft, sondern eher begünstigt wird.
Es gibt einen weiteren Punkt, der auch hier schon einmal eine Rolle gespielt hat. Nach diesem Abkommen soll es nämlich künftig nicht mehr möglich sein, sogenannte Steuer-CDs anzukaufen, also CDs, auf denen wir die Namen der Steuersünder haben und die dazu geführt haben, dass es zu erheblichen Mehreinnahmen kam, was wir auch im Saarland feststellen konnten. Auch hier hatten wir aufgrund dieser CDs einiges an Mehreinnahmen.
Lassen Sie mich zusammenfassen. Dieses Steuerabkommen ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt hinter alle Bemühungen, Steuerflucht wirksam zu bekämpfen. Es ist eine Art Ablasshandel, in dem man für relativ wenig Geld das legitimiert und legalisiert, was eigentlich illegal ist, nämlich die Steuerhinterziehung. Mit diesem Steuerabkommen werden internationale Bemühungen unterlaufen, die zum Ziel haben, eine wirksame Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu erreichen.
Die Steueroase Schweiz wird weiter gefestigt. Man schaue sich nur an, wie die Stellungnahme des Schweizerischen Bankenverbandes hierzu aussieht. Das spricht Bände. Der Schweizerische Bankenverband sagt, dass es ein Stück weit Konjunktur- und Wirtschaftswachstumsprogramm für 2015 sei. Das Abkommen wird von ihm stark begrüßt. Das zeigt, dass alle Bemühungen, ein bisschen mehr Licht ins Dunkel zu bringen, mit diesem Abkommen unterlaufen werden.
Was mich besonders ärgert und was ebenfalls schon Gegenstand von Diskussionen in diesem Hause war, ist der Umgang mit der Steuerflucht. Dieses Abkommen bedeutet, dass die Steuerflucht nach wie vor als Kavaliersdelikt behandelt wird und nicht als ein Verbrechen, das es in Wirklichkeit aber
darstellt. Man schaue sich nur einmal an, wie Steuerflüchtlinge mit großen Vermögen behandelt werden! Wenn ich dann sehe, wie der kleine Mann bei der Steuererklärung behandelt wird, muss ich feststellen, dass wir es mit unterschiedlichen Welten zu tun haben. Das ist überhaupt nicht hinnehmbar. Ich halte das für ganz schlecht. Deshalb bin ich der Auffassung, dass dieser Landtag ein deutliches Zeichen dahingehend setzen sollte, dass wir dieses Abkommen ablehnen und die Landesregierung auffordern, auch im Bundesrat gegen das Abkommen in dieser Form zu stimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Minister Jacoby, das Handelsblatt ist für mich nicht die Instanz, die darüber entscheidet, wer hier Dummkopf ist und wer nicht.
Es wundert mich nicht, dass das Handelsblatt mit einer doch ziemlich eindeutigen Interessenlage das eher begrüßt, als es ablehnt. Aber jetzt zur Sache. Das, was hier von Ihnen und von anderen vorgetragen worden ist, dass das jetzige Abkommen besser sei als der Status quo, heißt ja, besser ein schlechtes Abkommen als gar kein Abkommen. Dieser Logik kann ich überhaupt nicht folgen.
Was wir wollen, ist ein besseres Abkommen. Wir wollen nicht den Status quo beibehalten, um das eindeutig zu sagen - ich habe das hier schon einmal vorgetragen -, ich halte auch die Steuer-CD für äußerst fragwürdig, sie ist sicherlich keine Grundlage für ein ordentliches Verfahren. Insofern wollen wir ein verändertes Abkommen.
Zum gegenwärtigen Abkommen - das war ja Ihr entscheidender Punkt, Herr Minister - sagen Sie, es sei ein Schritt nach vorne und kein Schritt zurück. Wir halten dieses Abkommen für einen Schritt zurück in den Bemühungen, Steuerflucht zu bekämpfen. Was wir hier haben, ist ein deutscher Sonderweg, der alles konterkariert, was auf der EU-Ebene und auf der internationalen Ebene passiert. Das ist der entscheidende Punkt. Man muss schon erhebliche Steilkurven fliegen, Herr Schmitt, um zunächst einmal das alles auch zu sehen, dann aber zu einer Legitimation dieses Abkommens zu kommen. Das ist schon eine sehr kühne Form von Dialektik, die hier vorgetragen worden ist. Worum es uns geht, ist - ich will es ganz deutlich machen -, dass das, was mit dem Abkommen gemacht wird, letztlich eine Legalisierung der Steuerflucht ist, eine Legalisierung der Schwarzgeldkonten. Das nehmen wir nicht hin.
Zweitens. Ich wiederhole es: Wir haben allen Grund, die internationalen Bemühungen zu unterstützen. Es liegt weit unter dem, was auf EU-Ebene diskutiert wird. Ich denke, in die Richtung sollte ein Abkommen gehen.
Dann will ich noch etwas dazu sagen. Hier werden Steuerflüchtlinge behandelt, als ob sie nicht groß etwas gemacht hätten, als ob es praktisch fast kein Straftatbestand sei. Auch dagegen wehre ich mich. Steuerflucht ist ein Straftatbestand, Steuerhinterziehung ist ein Straftatbestand. Dieses Abkommen wird genau dem nicht gerecht. Es verharmlost es. Es ist ein Schritt zurück. Deswegen sind wir der Auffas
sung, in der uns bekannten, jetzt vorliegenden Fassung kann dies keine Grundlage sein. Ich glaube, für niemanden hier. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Über den Mindestlohn ist ja hier in diesem Hause schon sehr
oft gesprochen worden. Wir hatten das Thema im Zusammenhang mit prekärer Arbeit, es hat auch etwas mit dem Thema Arbeitsmarktpolitik zu tun. Die Argumente sind in hohem Maße hier schon ausgetauscht worden. Ich möchte nur noch einmal an die Dimension des Problems erinnern und auch an die Wirkungen des Mindestlohns. Ich möchte darauf hinweisen, dass in der Bundesrepublik Deutschland 1,2 Millionen Menschen mit einem Lohn unter 5 Euro auskommen müssen. 3,6 Millionen erreichen gerade mal 7,50 Euro. Die Zahl derjenigen, die 8,50 Euro erhalten, liegt bei 5 Millionen. Das Problem ist sehr groß. Wir haben nach wie vor die Situation, dass viele Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können, mit allen Auswirkungen, die das hat bezogen auf Versicherungssysteme, die Frage der Rente und dergleichen mehr.
Inzwischen ist es auch völlig unbestritten, dass die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes erhebliche positive Effekte hätte. Dies gilt natürlich insbesondere in sozialer Hinsicht, weil damit Menschen überhaupt erst ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht wird, aber auch in gesellschaftspolitischer und wirtschaftlicher Hinsicht. So hat das Unternehmen Prognos in seiner jüngsten Studie sehr deutlich gemacht, welche positiven fiskalischen Auswirkungen das hätte: Bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro wären es 7 Milliarden Euro und bei einem Mindestlohn von 10 Euro sogar 13 Milliarden Euro an positiven Effekten in fiskalischer Hinsicht, also im Hinblick auf Einkommenssteuer, Sozialversicherungsbeiträge und Einsparungen bei den Sozialtransfers. Bezogen auf die wirtschaftliche Leistung wäre das ein Einkommensplus von 14 Milliarden Euro bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro und sogar von 26 Milliarden Euro bei einem Mindestlohn von 10 Euro. Das heißt, die wirtschaftlichen und fiskalischen Vorteile des Mindestlohnes liegen auf der Hand - gerade in einer Situation, auch wirtschaftlich gesehen, in der zur Stärkung der Binnennachfrage mehr Einkommen benötigt wird.
Deshalb scheint es mir völlig klar zu sein, dass der Mindestlohn eingeführt werden muss.
Ich stelle außerdem fest, dass sich in der politischen Landschaft diesbezüglich einiges verändert hat. Wenn ich mir die Situation von vor ein oder zwei Jahren anschaue, waren wir damals noch die einsamen Rufer in der Wüste!
Inzwischen wird der Mindestlohn ganz breit aus der Gesellschaft heraus gefordert, und dies gilt auch für die Parteien. Auch dort, wo man bisher den Mindestlohn abgelehnt hat, öffnet man sich und spricht sich dafür aus. Ich erinnere beispielsweise an unsere Mi
nisterpräsidentin, die sich auch für den Mindestlohn ausgesprochen hat. Zumindest waren entsprechende Pressemeldungen so zu interpretieren.
Mit unserem Antrag wollen wir ein politisches Zeichen setzen, dass sich dieser Landtag für den Mindestlohn ausspricht und dass wir dies auch öffentlich machen. Wir haben bewusst auf die Festlegung der Höhe eines Mindestlohnes verzichtet, weil es darüber unterschiedliche Auffassungen gibt. Uns geht es um den Grundsatz, deswegen lautet der Antrag: „Der Landtag des Saarlandes befürwortet die Einführung eines branchenübergreifenden, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns“. - Damit sich alle frei entscheiden können, zum Beispiel die Frau Ministerpräsidentin, frei von Koalitions- und sonstigen Zwängen, beantragen wir namentliche Abstimmung. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir bringen den Antrag ein mit dem Titel „Steuersenkungsbremse statt Schuldenbremse - ausreichende Steuerquote gewährleisten“ und wollen damit erreichen, dass der Landtag die Regierung auffordert, im Bundesrat entsprechend tätig zu werden.
Das Thema Schuldenbremse und Steuerpolitik ist nicht das erste Mal Diskussionsgegenstand hier im Landtag. Es ist verschiedentlich im Zusammenhang mit der Haushaltsdebatte und auch sonst angesprochen worden. Wir wissen ja, dass das Saarland be
sonders von der Schuldenbremse betroffen ist, neben Berlin, Bremen und Schleswig-Holstein, die vier Länder, für die eine Haushaltsnotlage festgestellt worden ist. Wir haben auch den Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC vorliegen, wonach 226 Millionen eingespart werden sollen, und zwar mit einem erheblichen Einschnitt bei der Bildung, was im Übrigen sehr stark kontrastiert zu den Aussagen, die seitens der Regierung im Hinblick auf die Bildung getroffen werden. Ein weiterer Leidtragender ist der öffentliche Dienst.