(Heiterkeit und Sprechen bei den Regierungs- fraktionen. - Abg. Schmitt (CDU) : Wollen Sie das verlangen?)
Sie wollen diesen sozialen Prozess zu einem sehr frühen Zeitpunkt beenden. Wir wissen, vier Jahre ist zu früh, auch fünf Jahre ist eigentlich noch zu früh. Sie zerstören damit Entwicklungsprozesse bei Kindern, die in dieser Phase des Erwachsenwerdens ihre Zeit brauchen, um sich intellektuell entwickeln zu können und über Bildung auch selbstständig werden zu können.
Dieser Prozess muss sehr sorgsam von der Schule durch einen entsprechenden Unterricht unterstützt und gefördert werden, aber auch durch einen Lebens- und Sozialraum Schule. Dieser Lebens- und Sozialraum Schule kommt mir bei Ihren Betrachtungen viel zu kurz. Sie sehen Schule immer nur als reine Lernanstalt. Wenn Sie eine Ganztagsschule guter Ausprägung wollen, brauchen Sie eine Ganztagsschule, die auch diese sozialen Elemente enthält. Dann müssen Sie natürlich sehen, dass die Ganztagsschulen, die Sie propagiert haben, die sogenannten Freiwilligen Ganztagsschulen, in hohem Maße das nicht mit sich bringen, und dass auch eine Weiterführung dieser Schule nicht zu dem Erfolg führen kann, den Sie jetzt unter der Hand glauben vorweisen zu können.
Wenn ich in der Zeitung lese, dass der Herr Minister in Malstatt an der Kirchbergschule sagt, das sei der ideale Standort, um eine fünfklassige Grundschule aufzubauen, dann bin ich sehr skeptisch. Wenn man in einem sozial schwierigen Wohngebiet sozusagen herumexperimentiert, um zu sehen, ob es an anderen Stellen auch gelingen kann -
(Abg. Schmitt (CDU) : Ihr Antrag aber. Das sieht man doch! - Abg. Rink (CDU): Das steht aber in Ihrem Antrag. - Abg. Spaniol (LINKE): Er meint etwas ganz anderes.)
Ich rede davon, wie wir mit einer qualitativ guten Schule umgehen. Da kann man sich nicht irgendwo einen Standort heraussuchen, bei dem man nichts dagegen hat, weil dort die Armen wohnen und man da einmal herumexperimentieren kann. Das muss dann schon Hand und Fuß haben, diese ganzen Modelle. Das werden wir uns genau anschauen, was da gemacht wird. Hier gibt es ein Beispiel. Die Folsterhöhe hat nun eine Ganztagsschule, die in die Richtung einer richtigen, echten Ganztagsschule geht.
Es wird immer von der echten Ganztagsschule gesprochen, ohne dass man versteht, was hinter diesem „echt“ steckt. Jeder versteht darunter etwas anderes. Hier sehen Sie, dass eine Schule qualitativ über die IZBB-Mittel verbessert worden ist. Da wurde neu gebaut. Da wurde auch sozialpädagogisches Personal der Stadt eingestellt, das die Betreuung mit den Lehrern zusammen vornimmt und nicht wie in den Freiwilligen Ganztagsschulen Ihrer Ausrichtung, wo Vormittag und Nachmittag unverbunden sind.
Hier passiert etwas Positives, was man aber auch wieder kritisch begleiten muss, denn hier steht Selbsthilfe. Man darf die Selbsthilfe nicht, wie Sie das oft bei den Freiwilligen Ganztagsschulen machen, das Engagement, die ehrenamtliche Arbeit der Eltern und der Erwachsenen, dazu nutzen, dass man die Schulen pädagogisch anreichert. Ehrenamtliches Engagement oder Selbsthilfe kann immer nur zusätzlich sein. Wir müssen dafür sorgen, dass die Schulen, wie wir sie verstehen, qualitativ so ausgestattet sind, dass das festangestellte Personal die Grundversorgung abdeckt und nicht, dass man hier immer wieder zusätzlich anbauen muss.
Wenn man diese Zusammenhänge ernst nimmt und wirklich eine qualitativ gute Schule auf den Weg bringen will, dann muss man diese Sozialstudie lesen. Wenn man weiß, dass diese sozialpädagogische Förderung im Saarland zwischen 1999 und 2007 eine Steigerungsrate von 25 Prozent hatte im Vergleich zum Bundesgebiet mit 3 Prozent - die Zahl haben Sie, Frau Rink, zum Beispiel nicht genannt -, dann sieht man, dass die sozialen Problemlagen zunehmen. Die Schulen sind damit konfrontiert. Die einzige Stelle, die wir in der Gesellschaft haben, wo alle Kinder hinkommen, wo man sieht, was mit ihnen los ist, wo man noch eingreifen kann, das ist die Schule. Dann muss man natürlich bei diesen Zah
Darum geht es uns. Das war der Antrag, den wir eingebracht haben, da wir uns sehr wohl der Problematik bewusst sind. Da sind wir uns mit Ihnen einig, es muss etwas getan werden. Wir sind uns auch einig darin, dass Sie einiges getan haben. Wir sind aber der Meinung, es muss mehr sein und qualitativ besser; denn eine gute Bildung kostet Geld. Da wird im Moment nur eine 30-Prozent-Marke genannt. Ich würde gerne einmal sehen, dass Sie entsprechendes Geld einstellen, sodass man sagen kann, hier bemühen Sie sich, eine bessere Bildung für unsere Kinder zu erreichen, in der Grundschule angefangen.
Wenn Sie ernsthaft mitmachen würden, Herr Minister und liebe Kollegen vom Landtag, dann müsste man auch ernsthaft über eine Gemeinschaftsschule mindestens bis zum 10. Schuljahr nachdenken. Danach könnten Sie wieder auf Ihr Gymnasium zurückgehen, das Sie so vehement verteidigen.
(Lachen bei der CDU. - Abg. Schmitt (CDU) : Es ist nett, dass Sie uns die Oberstufe wenigstens lassen wollen!)
Da besteht noch dringender Diskussionsbedarf. Ich sehe, Sie müssen auf die Nachsitzbank, um noch zu lernen, was etwas sein könnte. Wir sind Ihnen dabei gerne behilflich, damit Sie da ein gutes Stück weit vorankommen.
Das wäre unser Vorschlag. Von daher gesehen wäre es gut, wenn Sie über bestimmte Aspekte nachdenken würden, und wenn man die proklamatorische Ebene des Koalitionsvertrages wirklich in handfeste Politik gießen würde, die sich dann natürlich auch in Geldbeträgen zeigen müsste. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dafür, dass die LINKE hier den Antrag eingebracht hat: „Klare Konzeption zur Schulstrukturreform notwendig“, war die Rede meines Vorredners doch etwas sehr verwirrend gewesen.
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Spaniol (LINKE) : Vielleicht für Sie! - Abg. Huonker (LINKE): Das sagt die Richtige!)
Die LINKE hat uns den Vorwurf gemacht, dass es uns hier darum ginge, ein verschultes letztes Kindergartenjahr zu machen, und dass wir hier nur dieses fünfte Grundschuljahr irgendwie anhängen wollen. Das sei unzureichend. Sie hat auch gesagt, dass dieser unklare bildungspolitische Kurs der neuen Landesregierung den Betroffenen nicht länger zuzumuten ist. Ich denke, was hier wirklich nicht länger zuzumuten ist, das ist, dass sich auch die LINKE nicht dafür entscheiden kann, ob sie bei der Verfassungsänderung mitmacht, oder ob sie nicht mitmacht. Diese Entscheidung hat die LINKE irgendwann zu treffen und das hier zu einem Zeitpunkt mitzuteilen, zu dem das noch irgendwo vertretbar ist. Sie braucht nicht so zu tun, als hätte die Koalition kein Konzept.
Wir wollen kein neues Modellprojekt für eine sechsjährige Primarschule. Dagegen ist die von uns angestrebte Schule für alle etwas, was sich durchaus in unserem Konzept wiederfindet, verbunden mit der Absicherung des Gymnasiums. Wenn Sie dort mitmachen wollen, dann sagen Sie es! Wenn Sie nicht dort mitmachen wollen, dann sagen Sie es! Aber Sie sind diejenigen, die in der Öffentlichkeit verbreiten, es gäbe hier kein klares Konzept. Das machen wir so nicht mit. Bezogen auf den SPD-Antrag denke ich, ist es einfach ein Stück weit Unverschämtheit zu meinen, wir würden zustimmen, wenn die SPD ausdrücklich in den Antrag hineinschreibt, alles seien nur faule Kompromisse der Koalitionspartner. Ich weiß gar nicht, mit welchen Vorstellungen Sie heute Morgen wach geworden sind.
Wenn Sie sagen, dass wir hier bisher keinerlei qualitative Verbesserungen vorhaben, stimmt das nicht für das, was bislang begonnen worden ist, und es stimmt auch nicht für die Absichten, die wir doch sehr breit bekundet haben, die auch in dem Bildungsausschuss ausführlich besprochen und dargestellt worden sind. Auch bei Ihnen gilt das Gleiche. Sie schaffen öffentliche Unsicherheit, sagen dann aber, die saarländische Schullandschaft, die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern und die Schülerinnen und Schüler, alle verlangen zu Recht verlässliche Aussagen.
Aber auch von Ihnen, Herr Commerçon, verlangt man verlässliche Aussagen. Wenn Sie auf der einen Seite immer wieder sagen, die Verfassungsänderung kann erst am Ende
einer transparenten und offenen Diskussion stehen, dann möchte ich einfach einmal wissen, wann der Anfang und wann das Ende ist.
Sie können doch nicht erwarten, dass wir eine genaue Planung über Jahre hindurch einschließlich Raumplanung machen, uns nur damit beschäftigen,
und Sie sagen nachher, Sie wollen das nicht mitmachen. Ihre Formulierung unter 6.: „Keine Sonderstellung für einzelne Schulformen“. Sie wissen genau, in welchem Rahmen wir hier historische Chancen nutzen können. Sie wissen es ganz genau, in welchem Rahmen wir das können. Dann müssen Sie auch sagen, ob das für Sie ein Rahmen sein kann oder ob das für Sie kein Rahmen ist. Aber Sie können uns nicht vorwerfen, dass wir nicht wissen, in welcher Art und Weise wir etwas weiterentwickeln. Sie versuchen hier Dinge zu zerreden, die teilweise Ihrem eigenen Programm und Ihrer eigenen Programmatik entsprechen. Das führt jedenfalls nicht weiter. So hat Heiko Maas selber gesagt, die sechsjährige Grundschulphase wäre ein größerer Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit.
Sie haben es mitverantwortet, dass wir im Saarland in einer Situation sind, in der Schulformen in der Verfassung stehen. Von daher ist es auch an Ihnen, Verantwortung wahrzunehmen und zu sagen, in welchem Rahmen Sie sich an einer Veränderung, die entsprechende Mehrheiten nötig macht, beteiligen oder auch nicht. In Ihrem Regierungsprogramm 2004 bis 2009 heißt es: „Unser Ziel ist, das Einschulungsalter auf fünf Jahre herabzusetzen.“ Obwohl wir jetzt nur von vier Stunden pro Woche im letzten Kindergartenjahr reden, werfen Sie uns jetzt Verschulungstendenzen um die Ohren. Diese Einwände haben mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun, widersprechen Ihrem Programm und sind blanke Polemik.
Eigentlich wollen wir alle - da besteht dringender Handlungsbedarf - gerechtere Bildungschancen. Wir wollen, dass die Bildungschancen von der sozialen Herkunft entkoppelt werden. Das ist doch eine riesengroße Herausforderung für uns alle! Wir wollen doch das längere gemeinsame Lernen und wir wollen entsprechende Schnittstellen gestalten. Dann darf das doch nicht zerredet werden. Wir müssen Wege finden, wie individuelle Förderung auf andere Weise möglich ist. Und wir wünschen in diesen Fragen einen breiten gesellschaftlichen Konsens.
Damit verbunden ist unser Gesprächsangebot. Wir appellieren dringend an Sie, auf diese Fragen einzugehen und uns mitzuteilen, in welcher Art und Weise wir die Dinge auf diesem Gebiet gemeinsam gestalten können. Wir lassen uns aber nicht faule Kompromisse, Unfähigkeit und mangelhafte Konzeption vorwerfen, wenn Sie noch nicht einmal in der Lage sind, uns Ihre Eckpunkte zu benennen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich mir die bisherige Debatte anschaue, habe ich durchaus den Eindruck, dass alle Fraktionen ein Interesse an der Weiterentwicklung unseres Schulsystems haben wie auch daran, an der Verbesserung der Bildungschancen für alle mitzuarbeiten, wenngleich - wie ich festgestellt habe mit unterschiedlichen Intentionen.
Ich nehme Folgendes zur Kenntnis. Die einen wollen eine Schulstrukturreform, die eigentlich weit über das hinausgeht, was aus Sicht der Landesregierung realistischerweise politisch umsetzbar, bildungspolitisch zurzeit erforderlich und unter dem Gesichtspunkt einer behutsamen Systemveränderung und Qualitätsverbesserung unserer Schulen, aber auch unter demokratischen Gesichtspunkten notwendig ist. Die anderen wollen eine Schulreform, die im Grunde gar keine große Schulreform ist, da ja allenthalben schon im Vorfeld Bedenken geäußert werden und Widerstand signalisiert wird, wenn auch zurückhaltend.
Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, können sich jetzt aussuchen, unter welche Rubrik Sie gehören. Aber haben Sie bitte Verständnis, dass ich aus Sicht der Landesregierung beide Positionen für falsch halte. Die einen setzen auf populistischen Fundamentalismus nach dem Motto „Alles oder nichts“, die anderen setzen nach meiner Wahrnehmung auf Zeit, Hinhalten, Hinauszögern, auch ein bisschen in Richtung Verunsicherung der Öffentlichkeit. Auch hierzu sage ich, das ist nicht nur falsch, sondern das ist auch verantwortungslos gegenüber unseren Kindern und Jugendlichen, gegenüber den Eltern und gegenüber denjenigen, die die Schulreform umsetzen müssen, gegenüber den Lehrkräften.