Natürlich stellt sich da letztlich auch noch die Frage nach der beabsichtigten Schulstrukturreform. Ich sage dennoch nochmals vorab, bevor ich zur Schulstrukturreform komme: Ja, es gibt Prioritäten. Und ja, Frau Kollegin Rink, Sie haben recht, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten steht dabei das Kindeswohl im Mittelpunkt. Die Schulen sind für die Schüler da, sie sind nicht für die Bildungspolitiker da, sie sind nicht für die Bildungsminister da, sie sind auch nicht für die Lehrerinnen und Lehrer und nicht mal für die Eltern da, sie sind in erster Linie für die Schülerinnen und Schüler da. Und daran werden wir das messen - was für die Schülerinnen und Schüler besser ist, werden wir mittragen, was für sie schlechter ist, eben nicht.
Und da gibt es, Frau Kollegin Rink, so ein Beispiel, über das wir reden müssen. Das ist die Sache mit dem G 8. Ich nenne das mal als Beispiel. Ich bin damit bis heute nicht zufrieden, ich glaube, auch Teile
der Koalitionsfraktionen dürften bis heute damit nicht zufrieden sein. Deswegen bin ich auch gespannt, was es an Überarbeitungen wirklich geben wird. Das ist der zweite Punkt. Eine Reform des G 8 muss dabei auch eine Rolle spielen. Die Überarbeitung der Lehrpläne spielt dabei eine Rolle. Aber es gibt auch eine Menge anderer Dinge.
Wir haben beispielsweise die Position - nur, um das hier offen zu sagen - im Regierungsprogramm der SPD: G 8 künftig nur noch an echten Ganztagsschulen. Ich glaube, das entspricht nicht ganz dem, was der Koalitionsvertrag vorsieht. Deswegen müssen wir darüber diskutieren, wie das in Zukunft aussieht.
Der dritte Punkt ist: Natürlich geht es um Qualitätsverbesserungen. Wir brauchen kleinere Klassen, wir brauchen eine Stärkung der Schulsozialarbeit. Alles Dinge, die ja auch zum Teil im Koalitionsvertrag drinstehen. Ich sage auch ganz eindeutig - ich greife heute niemanden an -: Wir sind gesprächsbereit. Der Bildungsminister hat öffentlich und auch im Ausschuss noch mal ein Angebot gemacht, Verhandlungen aufzunehmen. Wir werden uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten vernünftigen Gesprächen nicht verschließen. Wir haben dazu einige Bedingungen zu stellen. Ich glaube, das ist auch legitim, dass wir die stellen.
Ich sage erstens, Gespräche müssen auf Augenhöhe stattfinden. Das bedeutet, dass es auch ernst gemeint ist mit dem Gesprächsangebot und man nicht nur pro forma verhandelt, um anschließend sagen zu können, nein, es hat keinen Zweck gehabt. Wir müssen da schon das Gefühl haben, dass wir ernst genommen werden in unseren Argumenten und den Fragen.
Ich nenne eine zweite Vorbedingung. Wir lassen uns nicht unter Zeitdruck setzen in dieser Frage. Die Schulstrukturreform hat für uns nicht oberste Priorität. Priorität haben Qualitätsverbesserungen, das muss an erster Stelle stehen. Wir verschließen uns Diskussionen über eine Schulstrukturreform nicht, aber wir lassen uns zeitlich an dieser Stelle nicht unter Druck setzen. Deswegen wird es keine Zustimmung geben nach dem Motto, na ja, wenn wir, wie das gelegentlich angedeutet, aber noch nicht pauschal behauptet wurde -
Wir werden nicht mitmachen bei so einer Sache nach dem Motto, wenn das bis zur Sommerpause nicht erledigt ist, ist das ganze Thema erledigt. Wir haben großes Verständnis dafür, dass in der letzten Ausschusssitzung der Minister selbst gesagt hat, er sei erst seit zwei Monaten im Amt, viel könne er dazu noch nicht sagen, das müsse jetzt erst mal erarbeitet werden. Das ist Ihnen voll und ganz zugestanden. Das ist richtig. Umgekehrt muss für uns - die
Kollegin Rink hat uns da ja im Ausschuss auch zugestimmt - gelten: Wir brauchen die Zeit dafür, um uns vernünftig damit auseinanderzusetzen. Das ist eine weitere Vorbedingung, die wir stellen.
Das Dritte, was ich auch ganz klar sage: Eine mögliche Verfassungsänderung steht nicht am Anfang einer Schulstrukturreform, sondern sie kann frühestens am Ende einer Einigung zwischen den Fraktionen hier im Hause stehen. Das ist im Übrigen exakt das gleiche Verfahren, was auch 1996/97 bei dem sogenannten historischen Verfassungskompromiss gewählt wurde. Dort ist anschließend die gesamte Gesetzgebung zu dem gesamten Komplex eingebracht und auch gemeinsam verabschiedet worden. Auch das müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Denn es wird natürlich keine Zustimmung zu einer Verfassungsänderung geben quasi als Persilschein, und anschließend macht die Regierung im Detail, was sie will. Das gehört letztlich auch zum Thema Augenhöhe dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zum Koalitionsvertrag selbst und den konkreten Aussagen zur Schulstrukturreform haben wir eine Menge Fragen, die wir stellen müssen. Wir werden das miteinander diskutieren müssen. Ich nenne es nur stichwortartig.
Das Schulvorbereitungsjahr haben Sie angesprochen. Die Begrifflichkeit gefällt mir nicht gut. Ich sage Ihnen aber auch ganz ehrlich, es ist mir auch wurscht, was an einer Schule draußen steht, was an einem Kindergarten draußen steht oder sonst was. Entscheidend ist, was drin passiert. Deswegen lassen Sie uns in Ruhe darüber reden. Aber so etwas, was darauf hinausläuft, quasi eine vorzeitige Einschulung damit zu verbinden, ist, glaube ich, nicht von allen gemeint. Aber es gab ja zumindest mal einen Koalitionspartner, der genau das ursprünglich gewollt hat, nämlich eine Einschulung mit dem fünften Jahr.
Ja, es hat ja auch mal Diskussionen gegeben. Er hat das nie gefordert, das stimmt nicht. Schauen Sie sich es noch mal genau an.
So hat er das nicht gesagt. Und selbst wenn das so wäre, was nicht der Fall ist - ich habe ja nur gesagt, wir werden das kritisch überprüfen. Also es darf keine Verschulung stattfinden. Ich habe es Ihnen auch nicht unterstellt.
Wir werden darüber reden müssen, wie die konkrete Ausgestaltung einer Gemeinschaftsschule - wie Sie die nennen - aussehen soll; das ist mir noch nicht ganz klar. Ich habe den Eindruck und habe auch ei
nige Belege dafür, dass es darüber in der Interpretation des Koalitionsvertrags durchaus einige Unterschiede gibt zwischen Beteiligten aus den Reihen der Koalitionspartner. Ich will das gar nicht im Einzelnen zitieren, aber ein Beispiel nenne ich Ihnen gleich noch. Wir brauchen natürlich das Raumkonzept, wir brauchen genauere Informationen darüber, wie Durchlässigkeit in Zukunft besser organisiert werden kann. Über die zentralen Abschlussprüfungen müssen wir auch noch reden; wir haben die ja zurzeit. Ich weiß, dass beispielsweise die GRÜNEN das vor nicht allzu langer Zeit abgelehnt haben. Wir sind auch eher skeptisch, was das betrifft. Aber lassen Sie uns darüber reden, ich spreche es heute nur an, es müssen irgendwann erste Punkte festgesetzt werden, worüber wir reden müssen. Das ist aber auch ein Beleg dafür, dass so etwas nicht im Hauruckverfahren geht. Das sage ich noch mal deutlich: Ein Hauruckverfahren bringt an dieser Stelle gar nichts, wir müssen das sehr vernünftig und seriös miteinander diskutieren. Es darf natürlich nicht dazu führen, dass wir anschließend unterm Strich verfassungsrechtliche Privilegierungen einzelner Schulformen haben. Auch da sind wir gespannt, was in den Diskussionen dabei herauskommt.
Herr Kessler, Sie wollen den Konsens, ich sage für die SPD-Fraktion, wir sind auf Ihre Einladung und auf Ihren Vorschlag für den Rahmen dieser Verhandlungen gespannt - wir erwarten ihn, sind aber auch darauf vorbereitet. Sie sind erst seit zwei Monaten im Amt, deswegen haben Sie durchaus noch die Zeit, das so vorzubereiten, dass wir in vernünftige Gespräche eintreten können. Umgekehrt gilt aber auch, jetzt keinen unnötigen Zeitdruck aufzubauen, sondern das in aller Ruhe und Gelassenheit zu diskutieren. Ich denke, dann sind wir in dieser Frage auf einem guten Weg. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut und richtig, dass wir uns heute über das wichtigste Thema in der Landespolitik unterhalten, über die Zukunft unseres Landes, über die Bildung. Die Landtagsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP sind sich der Bedeutung der Bildung mehr als bewusst. Zu keinem anderen Thema haben wir mehr und detaillierter geschrieben, es sind fast 90 Seiten im Koalitionsvertrag. Bildung steht nicht umsonst an erster Stelle, sie entscheidet über Wohl und Weh unseres Landes. Deswegen haben wir auch gesagt - wie Sie richtig
angemerkt haben, Herr Commerçon -, wir wollen Stück für Stück 30 Prozent des Landeshaushaltes in Bildung investieren und weiterhin 65 Prozent des Konjunkturpaktes Saar für Bildung bereitstellen.
Kakophonie und Wirrwarr kann ich allerdings nicht erkennen, Frau Spaniol, das muss ich hier ganz deutlich sagen.
Wir werden bei allen unseren Reformschritten und im Diskussionsprozess auch mit der Opposition behutsam vorangehen. Wir werden die notwendigen Reformen durchführen in Absprache mit Kommunen, Schülern, Eltern, den entsprechenden Verbänden, Schulträgern und allen sonstigen Betroffenen. Überhastete Schritte wird es nicht geben, saubere und klare Reformschritte sind unser Ziel, ich hoffe, dass Sie mitmachen.
Gerne lege ich Ihnen noch einmal die wichtigsten Bildungsreformen aus Sicht der FDP und der Jamaika-Koalition dar. Für die Liberalen ist das Schulvorbereitungsjahr mehr als bedeutend. Wir wollen die Kinder früher abholen und sie früher in Bildungsprozesse integrieren. Wir wollen dadurch Chancengleichheit schaffen und den Förderbedarf jedes einzelnen Kindes früher erkennen, um die Defizite auszugleichen, damit die Kinder nicht schon ab Klassenstufe 1 hinterherhinken. Ich denke, darüber herrscht Konsens, das ist auch Programm der SPD.
Ein besonderes Augenmerk der Koalition liegt auf der Wahlfreiheit der Eltern. Wir möchten jedes Kind dort abholen, wo seine Stärken sind. Es ist wirklich unser Ziel, und es ist auch Programm der SPD. Ich sage das nur, um Überschneidungen deutlich zu machen. Das bedeutet, dass wir jedem Kind die entsprechende Schulform zur Verfügung stellen und Durchlässigkeit bereithalten. Gerade das von der Koalition angestrebte Zwei-Säulen-Modell bietet eine noch nie dagewesene Wahlfreiheit für Eltern und Kinder. Es sei hier noch einmal betont, dass bei dem Zwei-Säulen-Modell das Gymnasium ohne Wenn und Aber bestehen bleibt. Auch die zentralen Abschlussprüfungen werden weiter bestehen bleiben, sodass eine Vergleichbarkeit der einzelnen Schulen gewährleistet ist.
Ein weiteres wichtiges Ziel dieser Koalition ist die kostenlose Bereitstellung von schulischen Ganztagsangeboten. Aber dabei ist es der FDP-Landtagsfraktion äußerst wichtig, dass die Eltern eine Wahlfreiheit haben. Sie sollen selber entscheiden, ob ihr Kind die echte Ganztagsschule besucht, die Freiwillige Ganztagsschule in Anspruch nimmt oder am Nachmittag zu Hause ist. Ein breitgefächertes Angebot ist die beste Lösung für Kinder und Eltern. Die Jamaika-Koalition setzt ein Bildungsangebot um,
das ab dem Kindergarten individuell fördert, eine echte Wahlfreiheit für Eltern ermöglicht, die Chancengleichheit vorantreibt - unabhängig von der Herkunft oder sozialen Stellung - und bessere finanzielle Möglichkeiten schafft. Die Bildungsausgaben werden trotz sinkender Schülerzahlen steigen, und ich denke, dass dies seitens der Opposition positiv bewertet wird. Wir sind auf einem guten Weg, wir sind auf einem richtigen Weg.
Wenn man von der Allianz der Vernunft redet, dann finden Sie in der Reihe der Jamaika-Koalition eine große Menge Vernunft. Wenn Sie die Gemeinsamkeiten erkennen, Herr Commerçon, dann wird auch das fünfte Schuljahr zum Lackmustest, so wie Sie es bezeichnet haben. Machen Sie mit, es würde mich freuen, wenn wir zusammen zum Wohle unserer Kinder den Bildungsreichtum in unserem Land steigern könnten.
Nein, das haben Sie nicht gefordert, das ist richtig. Aber wenn Sie mitmachen, würden wir uns zum Wohle unserer Kinder freuen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schmitt, Sie haben immer wieder von der Regierungskoalition und von einer Gemeinsamkeit gesprochen, die wir im Bildungsbereich angehen sollen, das höre ich gerne. Ich bin gerne dabei, wenn das, was sich hinter der Proklamation des Koalitionsvertrags verbirgt, auch in der Praxis eine wirkliche Verbesserung bedeutet. Und da bin ich etwas skeptisch, Frau Rink. Wenn ich Ihre Lobhudelei über diese Sozialstudie höre, dann frage ich mich, was Sie gelesen haben. Ich vermute mal, wir lesen beide ganz anders.
Zu der Qualität der Studie kam man einiges sagen, das wurde auch schon gesagt. Der Begriff Teufelskreis der Armut beschreibt genau den dynamischen Prozess zwischen Bildung, sozialer Situation und Arbeitswelt, und nicht das, was Frau Ministerin gesagt hat, nämlich dass man mehrdimensionale Aneinanderreihungen von verschiedenen Bereichen nimmt, die relativ unverbunden in dieser Studie abgehandelt werden. Herr Schmitt war zum Schluss sehr schnell beim Bildungsreichtum angekommen, wir reden
über Bildungsarmut. Wenn man diese Dynamik, diese Zusammenhänge von Armut in Bezug auf Bildung erkennt, muss man natürlich sehen, dass es in der Tat darum geht, eine Schule zu entwickeln, die den Namen einer guten Schule hat. Die nennen wir die Gemeinschaftsschule!
Wir verstehen aber darunter etwas, was Sie vehement ablehnen. Die erste Gesamtschule oder Gemeinschaftsschule, die wir haben, ist die Grundschule. In der Grundschule sind alle Kinder - bisher vier Jahre -, sie lernen Dinge gemeinsam, und das funktioniert in der Regel sehr gut.
Die Schlauen helfen den ein bisschen weniger Schlauen, die Reichen geben ein Stück vom Schulbrot an die Armen ab, das funktioniert hervorragend.