Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

Herr Kollege Commerçon, wenn man uns fünf Jahre einen Schulkompromiss anbietet, bestehend aus einem Zwei-Säulen-Modell, und wir Ihnen heute genau dies vorschlagen, dann jedoch gesagt wird, man wisse noch nicht ganz genau, in welche Richtung es gehen werde, was Ihnen unbenommen sei, dann ha

ben aber nicht nur wir Entgegenkommen gezeigt und unsere Position geändert, sondern dann hat auch die SPD offensichtlich ihre Position ein Stück weit geändert.

(Mehrere Zurufe der Abgeordneten Commerçon (SPD) und Rehlinger (SPD).)

Herr Kollege Commerçon, Sie wollen eine Zwischenfrage stellen. Bitte.

Abg. Commerçon (SPD) mit einer Zwischenfrage:

Herr Kollege Schmitt, es mag ja sein, dass Sie über mehr Informationen verfügen als wir. Wenn Ihnen ein konkreter Text, eine konkrete Vorlage einer Verfassungsänderung vorliegt, zitieren Sie sie hier, dann können wir vielleicht darüber reden. Ich habe aber noch keinen Text gesehen und es gibt offenkundig auch keinen. Deswegen dafür haben Sie sicher Verständnis - können wir Ihnen heute auch nicht sagen, ob wir dem zustimmen werden oder nicht. Das ist ja wohl das Selbstverständlichste von der Welt.

Nein, darum geht es gar nicht. Es liegt noch kein Text vor. Deswegen werden wir miteinander reden und verhandeln. Ich sehe nur, dass in der Diskussion offensichtlich Fragen aufgeworfen werden, von denen ich dachte, sie seien bei der SPD schon geklärt. Das ist offensichtlich nicht so. Ich dachte, dass Sie ein Zwei-Säulen-Modell anstreben und auch respektieren, dass Schulformen in der Verfassung stehen. Ich dachte, Sie würden es begrüßen, wenn die Grundschulzeit verlängert wird. Ich dachte, Sie seien dafür gewesen, dass man den Bildungsauftrag im Kindergarten noch stärker verankert und dass Sie teilweise sogar für ein früheres Einschulen seien. Offensichtlich ist auch in der SPD einiges in Bewegung gekommen. Dass wir uns hin und wieder schon einmal wehren, wenn vor Ort SPD-Bürgermeister und Abgeordnete herumlaufen und sagen, nach G 8 wolle die Landesregierung jetzt G 7, ist klar. Dann frage ich mich, ob Sie in der letzten Legislaturperiode noch G 6 wollten oder nun vielleicht G 3 oder G 4 wollen? Dass wir uns nicht diffamieren lassen, dass wir uns nicht durch solche Kampfbegriffe vor jemandem hertreiben lassen und dass wir uns hin und wieder wehren, wird uns als CDU auch einmal gestattet sein.

(Abg. Commerçon (SPD) : Es war der Philologenverband, der das gesagt hat, nicht wir. - Abg. Rehlinger (SPD): Was sagt denn ein Bürgermeister König dazu?)

Ich könnte Ihnen sagen, wer von den SPD-Bürgermeistern so etwas von sich gibt. Es waren auch die Landesinitiative Bildung und andere. Frau Rehlinger und Herr Commerçon, wir sind bereit, über eine Verfassungsänderung zu reden. Wir haben einen Struk

(Abg. Schmitt (CDU) )

turvorschlag gemacht, den wir noch nicht in Worte gegossen haben, der aber im Koalitionsvertrag nachzulesen ist. Wir unterbreiten das Angebot eines Zwei-Säulen-Modells. Wir unterbreiten das Angebot eines längeren gemeinsamen Lernens mit fünf Grundschuljahren. Andererseits bestehen wir auf einer Absicherung des Gymnasiums, das Sie angeblich gar nicht infrage stellen wollen.

(Abg. Spaniol (LINKE) : Nein, wir stellen es nicht infrage.)

Warum wollen Sie dann unbedingt eine verfassungsrechtliche Absicherung verhindern, wie es in Ihrem Antrag beschrieben ist? Das erklärt sich mir letztendlich nicht.

Sie sehen, wir werden in den nächsten Monaten noch miteinander ringen müssen. Wir werden auch keinen künstlichen Zeitdruck aufbauen. Selbstverständlich haben wir mehr Zeit als drei Monate. Eines sage ich Ihnen aber heute schon: Wir lassen uns nicht jahrelang von Ihnen treiben. Wir lassen uns nicht sagen, die CDU will die Grundschulzeit verlängern, sie will, dass mehr gebaut werden soll, sie will G 7 oder G 6. Das machen wir natürlich nicht jahrelang mit. Wir werden jetzt einen Prozess einleiten. Wie der Minister gesagt hat, darf der Prozess durchaus etwas länger dauern, aber bis Ende des Jahres sollte man doch zu einer Entscheidung gekommen sein. Dazu biete ich noch einmal den Dialog an. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Barbara Spaniol von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte in der Debatte noch drei Sätze zu dem Vorwurf sagen, es gebe keine widersprüchlichen Aussagen der Jamaika-Koalitionäre und so weiter. Herr Schmitt, Sie hatten eine dicke Schlagzeile: „SaarRegierung streitet über das Gymnasium“. Ich habe den wunden Punkt getroffen, bei dem Sie nicht zusammenkommen. Es muss möglich sein, dies zum Thema zu machen und hier in einem Antrag zu besprechen. Es ist noch gelinde ausgedrückt, wenn ich sage, dass Ihre Aussagen widersprüchlich sind. Dass Sie das schon nicht aushalten, darüber wundere ich mich sehr. Sie wissen genau, dass Ihre widersprüchlichen Aussagen für diese öffentliche Verwirrung sorgen. Die Debatten können dazu beitragen, dass es besser wird. Wir waren vorhin auf gutem Wege. Bei Ihnen, Frau Kollegin Rink, war ich erstaunt. Ich hätte nicht damit gerechnet. Dann wurde das Ganze aber vom Minister zunichte gemacht, indem er uns diffamiert hat. Das ist ein schlechter Bo

den für künftige Gespräche. Ich hätte von Ihnen, Herr Kessler, mehr erwartet, gerade weil viele Inhalte, die Sie vertreten, mit Inhalten, die wir vertreten, deckungsgleich sind. Das ist enttäuschend. Ich bin gespannt, wie sich der Dialog auf Augenhöhe in Zukunft abspielen soll. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst über den Antrag der Landtagsfraktion DIE LINKE. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 14/59 - neu ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Antrag mit Stimmenmehrheit der Regierungsfraktionen abgelehnt worden. Dem Antrag zugestimmt haben die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 14/61 ist, den bitte ich eine Hand zu erheben.

(Sprechen und Unruhe.)

Sollen wir es noch einmal praktizieren? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann ist der Antrag mit Stimmenmehrheit der Regierungsfraktion angenommen, gegen die Stimmen von SPD und der Fraktion DIE LINKE.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der SPD-Landtagsfraktion. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 14/70 ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/70 mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP-Fraktion abgelehnt worden ist, gegen die Stimmen von SPD und der LINKEN.

Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der FDP-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Nachtverkehrsnetz für das Saarland (Drucksa- che 14/55)

Zur Begründung erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Klaus Meiser das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Prävention ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen

(Abg. Schmitt (CDU) )

Herausforderungen in unserem Lande und sicherlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(Anhaltendes Sprechen.)

Ich habe etwas gewartet und damit präventiv für Ruhe gesorgt. Ich komme dann wieder zum Thema. Ich denke, dass in der Prävention unser Land durchaus führend ist in Deutschland. Wir haben das Landesinstitut für Präventives Handeln, das sich bei uns gemeinsam mit vielen Stellen, insbesondere der saarländischen Polizei, in allen Bereichen darum kümmert. Zu den Bereichen gehört als wichtiger Mosaikstein natürlich auch die Sicherheit im Straßenverkehr.

Ein Sonderproblem bei der Sicherheit im Straßenverkehr stellen die sogenannten Nachtschwärmer dar. Wir alle wissen, vor allem diejenigen, die Eltern sind und Kinder im Alter von 16, 17 oder mehr Jahren haben, dass man mit Nachtschwärmern auch große Sorgen hat. Das Ausgehverhalten hat sich massiv gewandelt. Die Jungen gehen heute weg zu Zeiten, als wir nach Hause gekommen sind. Insofern hatten wir das Problem, dass, wenn Diskos, Eventhäuser und Veranstaltungen besucht werden, der Nachhauseweg über den Öffentlichen Personennahverkehr nicht sichergestellt war. Wir mussten immer wieder die große Sorge haben, dass dann der PKW genutzt wird, obwohl vielleicht Alkohol getrunken wurde, und dass in der Folge vieles passieren kann.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir gesagt: Ein Taxi zu nehmen, ist den jungen Menschen zu teuer. Hinzu kommt - das ist auch eine soziale Frage -, dass viele sich ein Taxi, das im Regionalverband auf 20 Kilometer 30 Euro kostet, nicht leisten können. Deshalb finde ich die Initiative der Jungen Union Saar, die allerdings auch von den anderen Jugendorganisationen aufgegriffen worden ist, sehr gut. Die haben gesagt, dieses Problem müsste als ein Mosaikstein im Bereich Prävention aufgegriffen werden, und es ist aufgegriffen worden.

Wir haben in unserem Land im Saarpfalz-Kreis, im Kreis St. Wendel und im Regionalverband Pilotprojekte laufen, die sich zeitlich dem Ende zuneigen. Über welches Thema wir von der Dimension her reden, wird deutlich, wenn man sich die Zahlen anschaut. In St. Wendel ist das erst fünf Monate gelaufen, im Saarpfalz-Kreis etwas länger. Trotzdem sind im Jahr 2009 rund 30.000 junge Menschen mit den Nachtbussen nach Hause gefahren. Also ist das kein geringes Thema, sondern ein großes Thema, wenn es um Freizeitverhalten geht und in diesem Zusammenhang um den Schutz insbesondere von Jugendlichen.

Deshalb sind diese Projekte so ausgestaltet worden, dass vor allem der Nachhauseweg abgedeckt ist, also die Zeiten, in denen Öffentlicher Personennahverkehr nicht mehr stattfindet, im Klartext zwischen

01.00 und 04.00 Uhr. Ich denke, wichtig ist auch nicht zuletzt mit Blick auf Ereignisse, wie wir sie in München und sonst wo feststellen mussten -, dass wir diese Projekte mit Busbegleitern versehen haben. Jeder Bus wird von zwei ausgebildeten Busbegleitern begleitet und geschützt. Am Rande bemerkt ist das in Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung eine sehr schöne Maßnahme insbesondere für ältere Arbeitslose, die das bis jetzt mit großem Erfolg still und leise, ohne besondere Vorkommnisse, geleistet haben.

Ich denke, ich muss das Thema nicht weiter ausbreiten. Für jeden ist klar, dass wir gemeinsam dieses Projekt fortführen wollen. Wir wollen das auch landesweit machen. Jedem ist auch klar, dass wir selbstverständlich vor dem Hintergrund der Finanzierbarkeit schauen müssen, auf welchen Strecken es Sinn macht. Das Thema Finanzierung muss natürlich auch geregelt werden. Das Land hat gesagt, in der Modellprojekt-Phase geben wir eine Anschubfinanzierung. Falls es positiv läuft - und das steht inzwischen fest -, muss darüber gesprochen werden, wie das Problem gemeinsam bewältigt wird. Ich persönlich hatte in meiner Eigenschaft als Innenminister mit dem Vorsitzenden des Zweckverbandes ÖPNV im Regionalverband, mit Rainer Ziebold, gesprochen. Wir haben vereinbart, dass, wenn das Projekt erfolgreich ist, am Ende darüber geredet werden muss, wie sich alle Beteiligten einbringen. Dies ist natürlich verbunden mit der Bitte der Landkreise und des Zweckverbandes, dass das Land sich nicht ausklinkt.

Rechtlich könnten wir heute sagen, Aufgabenträger für den ÖPNV auf der Straße sind die Kreise und der Zweckverband im Regionalverband. Aber wir wollen uns nicht auf die Frage zurückziehen, wer Aufgabenträger ist. Wir wollen bei der Finanzierung mit ins Boot gehen, natürlich in einem verantwortbaren, überschaubaren Rahmen. Das muss noch besprochen werden. Ich denke, wir streben eine faire Lastenverteilung an. So sieht auch unser Antrag aus, den sicherlich alle mittragen können. Wir sagen, alle Ebenen - Land, Landkreise, Regionalverband, Zweckverband im Regionalverband und eingebunden die Kommunen und Verkehrsträger - sollten sich zusammen an einen Tisch setzen und darauf hinwirken, dass dieses hervorragende Projekt, das Sicherheit und Prävention miteinander verbindet und mit sich bringt, fortgesetzt werden kann. - Ich bedanke mich herzlich für die Aufmerksamkeit.

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat die Abgeordnete Dagmar Ensch-Engel von der Fraktion DIE LINKE.

(Abg. Meiser (CDU) )

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erfreulicherweise sind die Zahlen der Unfallopfer bundesweit rückläufig. Dennoch sind Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland immer noch unrühmliche Vorreiter bei sogenannten Disko-Unfällen. Heute haben wir zu meinem Erstaunen ausgiebig in Superlativen geschwelgt. In dem Fall hätte ich gerne darauf verzichtet.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es schon Debatten in der Presse gegeben hat, wonach die Finanzierung eine große Rolle spielen wird bei der Frage, ob das Projekt weitergeführt wird, wer es zu bezahlen hat -

(Abg. Meiser (CDU) : Das ist doch normal.)

Das ist schon normal, aber das Land ist da aus unserer Sicht in der Pflicht. Wir sind außerdem der Meinung, dass dieses Projekt ausgebaut werden sollte. Vor allem die ländlichen Gebiete -

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Meiser (CDU).)

Ich hoffe, Sie machen das auch. Sie haben gesagt, wir wollen das. Darauf komme ich noch. Wir denken bei der Ausweitung nicht nur an eine Ausweitung auf den ländlichen Bereich. Wir denken auch an ein Angebot für Busfahrten zu Schul- und Sportstätten außerhalb der Schulzeiten. In vielen Städten und Gemeinden ist an Wochenenden der öffentliche Nahverkehr ab 16.00 Uhr nicht mehr existent. Dann ist „Taxi Mama“ gefragt oder die Kinder müssen weite Wege, zum Teil durch unbebaute Gebiete, zum Bahnhof bewältigen. Das ist aus meiner Sicht so nicht mehr hinnehmbar. Wir sind da ganz einfach in der Verantwortung. Grundsätzlich begrüßen wir Ihren Antrag, ein stimmiges Nachtverkehrsnetz zu entwickeln, wenn es denn so umgesetzt wird. Wir sehen das Land dabei massiv in der Pflicht, da die Kosten bei der Finanzlage, wie sie im Moment ist, nicht auf die Kommunen abgewälzt werden können. Es wurde ja bereits signalisiert, dass es sehr schwierig sein wird, dass sich die Kommunen überhaupt noch daran beteiligen.

In dem vorliegenden Antrag vermissen wir konkrete Ansätze zur Fortführung und Ausweitung dieses Projektes. Wir haben heute sehr oft gehört: Wir wollen. Wenn Sie uns sagen, was Sie tatsächlich machen, wie Sie es machen und wann Sie es machen, dann werden wir Ihren Antrag auch unterstützen. Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN.)