Protokoll der Sitzung vom 16.03.2010

Das Wort hat Herr Wirtschaftsminister Dr. Christoph Hartmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Drei Dinge sind dem saarländischen Wirtschaftsminister und der saarländischen Wirtschaftspolitik hier heute von den Kollegen Maas und Bierbaum vorgeworfen worden. Erstens: Er investiert in ein gastronomisches Projekt im Ausland. Zweitens: Er kümmert sich nicht genug um die Arbeitsplätze in diesem Land. Und drittens: Es gibt kein Gesamtkonzept in der Wirtschaftspolitik.

Lassen Sie mich auf das Thema Arbeitsplätze eingehen, und zwar nicht, Herr Kollege Bierbaum, auf der abstrakten Ebene, sondern auf der konkreten Ebene. Cirrus Airlines, Cirrus Technik, Sakthi, Gondwana, Halberg Guss oder SaarGummi sind Dinge, um die wir uns in den letzten vier Monaten gekümmert haben, und das sehr, sehr, sehr erfolgreich.

(Sprechen bei der LINKEN. - Zurufe von der LIN- KEN: SaarGummi! - Unruhe.)

Wir können gerne über jedes Einzelne der von mir angesprochenen Unternehmen debattieren. Ich beantworte Ihnen herzlich gerne jede Zwischenfrage zu jedem einzelnen Unternehmen und sage Ihnen, wie wir uns dort angestrengt haben und wie es uns bisher gelungen ist, dort die Arbeitsplätze zu erhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Anhaltende Unruhe.)

Das ist Politik im Sinne der Saarländerinnen und Saarländer, und nicht ein allgemeines Geschwafel über die Fragestellung, ob hier Arbeitsplätze gerettet worden sind oder nicht. Sie sind gerettet worden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Der Red- ner zeigt ein Schaubild mit einem Diagramm.)

Schauen Sie sich bitte diese Statistik einmal an.

(Abg. Commerçon (SPD) : Es geht abwärts. - Heiterkeit.)

Genau, es geht abwärts. Danke, Herr Kollege Commerçon. Das ist die Statistik der Arbeitslosenquote seit 1990.

(Lachen bei der CDU. - Lautes Sprechen.)

Im Jahr 1997 gab es

(Er zeigt das Schaubild in Richtung Zuschauertri- büne)

- auch für diejenigen, die gern aus dieser Richtung mitkucken möchten, herzlich gern - 58.000 Arbeitslose im Durchschnitt hier in diesem Land. Wir werden

auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise in diesem Jahr mit wahrscheinlich 45.000 Arbeitsplätzen dastehen. Ich sage sehr deutlich, dass es für jeden einzelnen Arbeitslosen ein persönliches Drama ist.

(Zuruf der Abgeordneten Huonker (DIE LINKE).)

Aber auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise werden wir 13.000 Arbeitslose weniger haben als zu der Zeit, als Sie Verantwortung getragen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Uns dann vorzuwerfen, wir würden nichts für Arbeitsplätze tun, ist wirklich ein Scherz.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Das stimmt einfach nicht. - Abg. Maas (SPD): Das ist das Kurzarbeitergeld.)

Es fehle das Konzept, haben wir gehört. Wir haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen, als Allererstes eine Mittelstandsabteilung geschaffen. Wir sind jetzt dabei, eine Servicestelle Mittelstand als zentralen Ansprechpartner zu schaffen. Wir haben den Bürgschaftsrahmen verdoppelt.

(Sprechen und Unruhe bei den Oppositionsfrak- tionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn gesagt wird, ich sehe kein Konzept, dann kann es daran liegen, dass es kein Konzept gibt oder dass man dieses nicht sieht. Bei Ihnen ist das Zweite das Problem und nicht das Erste.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dann erklärt der Kollege Bierbaum, die Nachhaltigkeit des Investments beispielsweise im Bereich -

(Zuruf: Hooters! - Lachen und Sprechen.)

Nee, nicht im Bereich Hooters, Herr Kollege, sondern im Bereich Rilchingen.

(Zuruf des Abgeordneten Maas (SPD).)

Ich würde insbesondere bei dem Thema Hooters den Ball flach halten, wenn ich Verwandte hätte, die in dem Bereich ebenfalls engagiert wären und ich hier Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands wäre! Das nur nebenbei.

(Oh-Rufe. - Abg. Maas (SPD) : Wen meinen Sie denn? - Buh-Rufe, Sprechen und Unruhe bei der SPD.)

Man muss die Dinge auf den Punkt bringen, wenn das so ist.

(Abg. Maas (SPD) : Wen meinen Sie denn? Sagen Sie es doch! - Große Unruhe.)

Ich kenne scheinbar Ihre Familienverhältnisse besser als Sie selbst. Aber darüber wollen wir an der Stelle schweigen.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

(Abg. Maas (SPD) : Sagen Sie doch, wen Sie meinen! - Unruhe.)

Beim Thema Rilchingen haben Sie die mangelnde Nachhaltigkeit angesprochen.

(Andauernde Unruhe.)

In Rilchingen werden 40 Millionen Euro investiert. Davon wird ein ganz normaler Zuschuss aus meinem Haus von 10 Millionen gewährt. 30 Millionen Euro werden von Privaten investiert. 150 Vollzeitarbeitsplätze und 45 Teilzeitarbeitsplätze werden geschaffen. Das ist Strukturpolitik, so wie wir sie machen. Wir nutzen die rechtlichen Rahmenbedingungen aus, wir schaffen damit Arbeitsplätze und Nachhaltigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist das Konzept, das wir haben. Es ist anscheinend sehr erfolgreich, und dann bleibt von den Vorwürfen irgendwie nicht mehr wahnsinnig viel übrig.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es gibt noch den Vorwurf, diese Landesregierung würde den Personalapparat aufblähen.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Jamaika, 50 Stellen!)

50 Stellen, danke, Herr Kollege. Wir hätten also 50 Stellen zusätzlich geschaffen.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Jamaika-Belohnung, so sieht es aus!)

Herr Kollege Linsler, ich will Ihnen dazu ganz kurz etwas sagen. Es ist vollkommen richtig, dass 50 Stellen geschaffen worden sind.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Jamaika!)

Herr Kollege Linsler, ich bitte Sie, auch den zweiten Teil zur Kenntnis zu nehmen. Wir werden pro Jahr 100 Stellen einsparen und auf diese Art und Weise am Ende der Legislaturperiode in der Verwaltung 500 Arbeitsplätze „vernichtet“ haben, weil wir nämlich dem vorhandenen Spardiktat Rechnung tragen. Wir schaffen also keine zusätzlichen Stellen, sondern es wird per saldo am Ende der Legislaturperiode im Bereich der Verwaltung 450 Stellen weniger geben als jetzt. Das wird uns weh tun, das wird dazu führen, dass der eine oder andere wirklich bis an die Grenze des Machbaren gehen muss. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir fühlen uns an diese Verantwortung gebunden und wir stellen uns dieser Verantwortung. Aber wir wehren uns dagegen, dass immer irgendwelche Märchen von Ihnen herausgesucht werden, die am Ende des Tages der Realität überhaupt nicht entsprechen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zurufe des Abgeordneten Linsler (DIE LINKE).)

Lassen Sie mich noch auf eine besondere intellektuelle - - Wie soll ich das formulieren, das ist schon fast ein dreifacher Rittberger mit weicher Landung.

Die Opposition stellt sich hierhin und erklärt, dass diese Landesregierung viel zu viele Schulden macht.

(Abg. Hoffmann-Bethscheider (SPD) : Man kann ja noch mehr machen!)

Gleichzeitig sagt sie: Schuldenbremse! Erstens bekommen wir zusätzliches Geld aus der bündischen Gemeinschaft und zweitens sparen wir pro Jahr im Moment Pi mal Daumen 72 Millionen Euro. Die Summe steht noch nicht genau fest, weil es um das strukturelle Defizit geht und das strukturelle Defizit 2010 dann das Ist abbildet - was man natürlich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht kennt. Das bedeutet, dieser Abbau von Jahr für Jahr 72 Millionen Euro ist falsch und spart das Land kaputt. Entweder ist es richtig, dass wir zu viele Schulden machen, oder es ist richtig, dass wir das Land kaputt sparen. Es wird in einer Debatte gleichzeitig das eine und auf der anderen Seite das andere beklagt. Das zeigt eins: Das Saarland ist arm, aber die Armut der Argumentation an anderer Stelle ist viel größer.

(Anhaltender Beifall bei den Regierungsfraktio- nen.)