Protokoll der Sitzung vom 04.05.2010

Sie reden sehr gerne über die Sozialstudie. Ich bin froh und dankbar, dass wir diese Sozialstudie haben, weil sie uns ein differenziertes Bild von der Wirklichkeit bietet.

(Zurufe und Unruhe bei den Oppositionsfraktio- nen.)

Das bedeutet, dass man gerade nicht nur die positiven Zahlen nimmt. Es bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass man nicht nur das Katastrophenszenario wählt und das Land in ein Licht stellt, das mit der Realität nichts zu tun hat. Sie tun das am laufenden Band, in jedem Abschnitt Ihres Antrages, meine sehr geehrten Damen und Herren der LINKEN! Sie sprechen von 23.000 Aufstockern hier im Saarland. Ich habe die Zahlen eruiert, es waren im September 2009 rund 15.200 Aufstocker - das sind die jüngsten verfügbaren Zahlen. Wobei Sie genau wissen, dass bei den Aufstockern eine große Zahl von Menschen ist, die aus persönlichen oder

Krankheitsgründen oder aus anderen Gründen gar nicht Vollzeit arbeiten können. Da muss man sehr differenziert hinschauen.

Sie sagen, wir haben im Land ein Armutsrisiko bei 50.000 Menschen, und beziehen sich dabei auf den Bundesmedian.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE).)

Wenn man sich auf den Landesmedian bezieht, also die Lebensbedingungen im Land berücksichtigt, dann haben wir eine Zahl von etwas über 40.000. Auch das gehört zur Abbildung der Realität. Sie sagen, das Saarland liegt bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit im Bundesvergleich zurück. Wahr ist, wir haben im Saarland rund 11.300 Langzeitarbeitslose oder 29,4 Prozent, das ist bei Weitem zu viel! Der Bundesdurchschnitt liegt bei 31,4 Prozent. Wir liegen auf Platz acht aller Bundesländer vor Bremen, Niedersachsen, NRW, Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen. Das ist die Realität. Ich bitte Sie, stellen Sie die Realitäten so dar, wie sie sind. Malen Sie also kein Katastrophenszenario, weil es Ihnen politisch in den Kram passt. Sie verunsichern die Menschen, Sie entmutigen die Menschen und machen unser Land schlecht. Das ist das Schlimmste, was passieren kann!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es ist in der Debatte auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt hingewiesen worden. Ich erlaube mir - mit Erlaubnis des Präsidenten -, vier Stellen zu zitieren aus der Presseerklärung der Chefin der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/ Saarland zu den aktuellen Arbeitsmarktzahlen im April 2010: „Zum ersten Mal seit 13 Monaten unterschreitet die Arbeitslosigkeit an der Saar wieder das Vorjahresniveau.“ Weiter hat Frau Schulz wörtlich gesagt: „Die Konsolidierung, die wir bereits in den vergangenen Monaten beobachtet hatten, scheint zu tragen. Zwar kann es immer noch Rückschläge geben, aber derzeit befürchte ich keinen Anstieg der Arbeitslosigkeit, sondern sehe gute Chancen für einen weiteren Rückgang.“ Sie sagt noch: „Das Risiko, arbeitslos zu werden, nimmt ab und die Chance, aus der Arbeitslosigkeit wieder ins Berufsleben zurückkehren zu können, nimmt zu.“ Das letzte Zitat ist: „Betrachtet man die Entwicklung über einen längeren Zeitraum hinweg und vergleicht sie zudem mit dem Verlauf der Kräftenachfrage, dann sind positive Veränderungen bei den Arbeitsmarktbewegungen mittlerweile gut zu erkennen.“

Wir hatten im vergangenen Jahr die schlimmste Wirtschafts- und Finanzkrise in der Geschichte unseres Landes, unser Arbeitsmarkt hat sich jedoch relativ robust gezeigt. Das war das Ergebnis und der Verdienst des verantwortungsbewussten Umgangs

(Ministerin Kramp-Karrenbauer)

aller - insbesondere der Tarifpartner - mit dem Instrument der Kurzarbeit. Ich bin dafür sehr dankbar und sage das an dieser Stelle auch ganz deutlich! Die Umfragen der Bundesagentur zeigen die Entscheidungen der Betriebe auf, die jetzt vor der Frage stehen, wie es mit der Kurzarbeit weitergeht. Ein Drittel der Betriebe hat klipp und klar gesagt, dass sie in den Normalbetrieb zurückkehren, weil die Konjunktur angestiegen ist. Ein weiteres Drittel hat gesagt, dass sie den Verlauf des Jahres abwarten, um zu entscheiden, wie es weitergeht. Ein letztes Drittel hat gesagt, dass sie die Kurzarbeit verlängern wollen.

Deswegen war es wichtig, gemeinsam etwa mit den Kollegen der IG Metall zu sagen, dass das, was positiv angelaufen ist - die Qualifizierung in der Kurzarbeit für die Schaffung zukunftssicherer Arbeitsplätze -, weiterlaufen muss. Das ist ein Thema, das wir mit allen Kollegen am runden Tisch für Fachkräftemangel angehen wollen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Lassen Sie mich noch ein Letztes sagen zu dem, was heute Morgen in der Zeitung stand. Natürlich sind wir als Landesregierung offen für jede Untersuchung, für jede Analyse des Arbeitsmarktes. Diese Zahlen und Analysen helfen uns zu schauen - gemeinsam mit denen, die mit uns Verantwortung tragen -, ob die Arbeitsmarktmittel, die wir einsetzen, auch richtig genutzt werden. Ich bin von der Saarbrücker Zeitung gefragt worden, was ich zu dem Regionalmonitoring der Bundesagentur für Arbeit sage. Ich kenne dieses Monitoring in seinen Einzelheiten noch gar nicht, weil die Bundesagentur für Arbeit ihn der Landesregierung noch nicht vorgestellt hat. Da ist es für eine Arbeitsministerin auch legitim zu sagen, dass ich mir das gerne anschauen will, bevor ich weiß, ob ich es einsetze.

Wenn dieses Monitoring so verstanden werden kann, dass uns der Kollege Weise sagen will, was regional gute Arbeitsmarktpolitik ist, dann kann ich damit gut leben. Allerdings unter der Voraussetzung, dass uns der Kollege Weise auch die Mittel der Arbeitsmarktverwaltung regionalisiert zur Verfügung stellt, damit wir nicht an das Programm des Bundes gebunden sind, sondern in eigener Verantwortung das Geld einsetzen können. Wenn er in seinen Interviews die Regionalisierung und die regionalisierte Verantwortung meint, dann sehr gerne. Wenn er aber der Meinung ist, ein Instrument schaffen zu müssen, um die Länder am Nasenring durch die Arena zu ziehen, dann kann ich nur sagen, nein danke, das wäre falsch verstandener Zentralismus. Ich glaube auch nicht, dass das im Interesse unseres Landes liegt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir haben es in diesem Jahr geschafft, die Mittel für den öffentlich geförderten Arbeitsmarkt um 1 Million zu erhöhen. Ich glaube, dass es notwendig ist, weil wir ein sensibles Geflecht zwischen Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds, Bundesmitteln und Landesmitteln haben. Wir brauchen als Haushaltsnotlageland diese Finanzquellen, wir können nicht darauf verzichten. Das, was wir im Rahmen unserer Möglichkeiten dazu leisten können, haben wir getan. Deswegen sind wir auch ein Jahr nach der Krise haushaltsmäßig gerüstet, um hier tätig werden zu können, selbst für den Fall, dass sich die positiven Prognosen der Bundesagentur mit Blick auf den regionalen Arbeitsmarkt nicht erfüllen würden. Darauf bin ich sehr stolz, und ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen für die Mithilfe, um diese Mittel generieren zu können. Vielen Dank.

Das Wort hat nun der Abgeordnete Eugen Roth von der SPD-Fraktion.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich im Schwerpunkt mit dem Arbeitsmarkt auseinandersetzen, unseren Entwurf begründen und Anregung oder Kritik an dem vorgelegten Entwurf der Landesregierung üben. Ich möchte mit einem Lob beginnen, das wird Sie jetzt vielleicht überraschen. Es freut mich, dass endlich die Interregionale Arbeitsmarktbeobachtungsstelle regulär im Haushalt ausgewiesen wird mit den 30.000 Euro, die wir anteilig für unsere Teilregion Saarland in der Großregion bezahlen. So kommt es zu einer besseren Transparenz. Man muss sich nicht jedes Mal darauf verlassen, dass diese Summe aus Haushaltsresten bezahlt wird. Wenn man nicht so nah an der Regierung dran ist, wird man immer etwas nervös, weil das Geld nirgendwo aufgeführt ist. Das ist eine kleine Sache, die ich aber im Sinne der Arbeit für Europa durchaus für erwähnenswert halte.

Ich möchte ebenfalls mit einem Zitat aus der Presseerklärung beginnen, die Sie eben vorgelesen haben, Frau Ministerin. Es ist die Presseerklärung der Bundesagentur für Arbeit vom 29. April 2010. Es steht auf Seite 3 Folgendes - Herr Präsident, mit Ihrem Einverständnis zitiere ich -: „Die leichte wirtschaftliche Entwicklung ließ bisher die Arbeitslosigkeit ausschließlich im Bereich der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld I) sinken. So ist die Zahl der Arbeitslosengeld-I-Bezieher“ - das sind die so genannten Arbeitsmarktnäheren - „innerhalb eines Jahres um 1.300 oder 9,3 Prozent auf 12.900 zurückgegangen. Im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II)“ - darin sind die Langzeitarbeitslosen beinhaltet - „nahm die Arbeitslosig

(Ministerin Kramp-Karrenbauer)

keit im April zwar noch leicht zu, der Abstand zum Vorjahresniveau ist aber kleiner geworden. Insgesamt waren hier 26.900 Menschen arbeitslos, knapp 400 oder 1,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.“ Das heißt, wir haben die Situation, dass der Arbeitsmarkt die Folgen der Krise noch nicht überwunden hat, dass die Langzeitarbeitslosigkeit sich zu verfestigen droht, wie das schon einmal die Tendenz war, und dass wir damit ein Dauerproblem haben, das angegangen werden muss.

Die SPD-Fraktion will dies entschlossen angehen, genauso wie die Fraktion DIE LINKE. Klar ist von Anfang an: Wenn man dieses Problem entschlossen angehen will, dann wird es nicht billig. Man kann nicht sagen, wir wollen Langzeitarbeitslosigkeit irgendwo trallala bekämpfen, aber es darf nichts kosten. Das geht nicht.

Ich glaube, dass die Landesregierung das selbst gemerkt hat, weil die Haushaltsmittel roundabout um 1 Million Euro im Ansatz erhöht werden. Das ist eine längere Auseinandersetzung, die wir hier schon seit einigen Jahren führen. Da scheint eine Erkenntnis eingetreten zu sein. Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie beginnen da mit einer leichten Korrektur dessen, was der frühere saarländische Superminister Dr. Hanspeter Georgi - heute Morgen ist der Name schon einmal gefallen - im Sinne eines Kahlschlages beim Doppelhaushalt 2005/2006 an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen alles herausgehauen hatte. Der hatte nämlich 23 Millionen Euro mit Ihrer Zustimmung - auch mit Ihrer, Frau Kramp-Karrenbauer - herausgehauen, sodass sich der saarländische Haushalt im Sinne der Arbeitsmarktpolitik reduziert auf den Einsatz der ESF-Mittel, auf den Einsatz der BA-Mittel in Absprache mit der BA. Aber wie es Rheinland-Pfalz beispielsweise macht, dass aus der Landeskasse hohe siebenstellige Beträge an Landesarbeitsmarktmitteln ausgegeben werden, das haben wir 2005/2006 beendet. 23 Millionen Euro weg, 1 Million Euro wieder hin, fehlen immer noch 22 Millionen Euro!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Insgesamt - ich möchte das nur kurz erwähnen neben dieser Geschichte mit der sich verfestigenden Langzeitarbeitslosigkeit - war in Bezug auf die Zahlen leider, so sehr man sich freut, was die registrierte Arbeitslosigkeit betrifft, und so sehr man Vergleiche zwischen früher 56.000 und heute nur 39.000 zieht, dazwischen eine gravierende Änderung der Statistik zu verzeichnen. Das heißt, wenn ich die Regeln ändere und einen bestimmten Personenkreis nicht mehr mitzähle, dann kann ich das natürlich, wenn sie früher mitgezählt wurden, nicht miteinander vergleichen.

Deshalb hat die Bundesagentur für Arbeit dieses System der Unterbeschäftigung eingeführt und gesagt, damit wir wissen, was wirklich unter dem Eis los ist, müssen wir auch diejenigen, die nur deshalb nicht arbeitslos sind, weil sie durch öffentliche Maßnahmen gefördert werden, mit im Blick behalten. Dann sieht es im Saarland so aus, dass wir rund 61.000 Menschen - nicht einmal mehr 60.000; das ist infolge der Krise noch etwas angestiegen - in Unterbeschäftigung haben, das heißt, die haben keine reguläre Arbeit. Sie sind nur deshalb noch nicht in dieser anderen Statistik angekommen, weil sie Weiterbildungsmaßnahmen durchlaufen, weil sie Kurzarbeit machen konnten und so weiter. Das Erstaunliche ist, vergleicht man mit dem Vorjahr, wie sich diese Unterbeschäftigung entwickelt hat, dann ist festzustellen, dass sie leider im Saarland um 27,9 Prozent gestiegen ist, in Westdeutschland im Vergleich nur um 17,5 Prozent und in Gesamtdeutschland nur um 11,8 Prozent.

Diese dünne Geschichte, dieser brüchige Arbeitsmarkt wird sich, wenn wir nicht entschlossen handeln, bei uns jetzt - gerade, weil auch die Kurzarbeit irgendwann zu Ende ist - sehr gravierend auswirken. Dann bitte schön nicht sagen, das konnten wir nicht voraussehen, die Weltgemeinschaft war schuld. Das ist absehbar, das kann man jetzt schon sagen. Deshalb muss jetzt gehandelt werden, und zwar von diesem Parlament, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Die SPD hatte bereits mit dem Haushalt 2006 für 2007 erstmals die Forderung nach einem öffentlichen Beschäftigungssektor aufgestellt und erhoben. Wir hatten - das wissen Sie - prominente Mitstreiter, die das ebenfalls gefordert haben, beispielsweise aus der Bundesagentur für Arbeit Herr Senius, der das einmal in einem Modellprojekt genau dargelegt hat mit allen Kosten, auch mit den Reinvestitionskosten, und mit den Gewinnen, die man hat, weil bestimmte Sozialabgaben nicht mehr in dem Maße anfallen, wie wenn die Menschen arbeitslos registriert sind. Aber auch die beiden Kirchen haben sich sehr verdient gemacht.

Wir wollen es deshalb, weil diese §-16-e-Förderung, wo erstmals unter Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, der sich da wirklich sehr verdient gemacht hat, ein Programm für eine dauerhafte öffentliche Beschäftigung auf die Reise geschickt wurde, wackelt. Das bekommen wir im Moment mit. Es sind schon bestimmte Deckelungen vorgenommen worden. Diejenigen, die es stark beansprucht haben wie wir im Saarland, wo wir im Schnitt im vergangenen Jahr 750, in Hochzeiten bis zu 900, Beschäftigungsverhältnisse gefördert hatten, werden das nicht mehr so bekommen können. Man braucht kein großer Prophet zu sein, um vorauszusehen, dass das nach dem kommenden Sonntag, nach der Wahl in Nord

(Abg. Roth (SPD) )

rhein-Westfalen, egal wie die jetzt ausgeht, am Ende nicht besser wird, sondern eher wackelig ist. Die Mittelsperre - darüber hat man beim letzten Mal diskutiert - war ja der erste Götterbote. Dass da eher noch einmal reingehauen werden soll, das wäre eine doppelte Ironie.

Gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise, wo heute Morgen alle gesagt haben, den Zockern muss das Handwerk gelegt werden, können wir am Schluss nicht die Schwächsten in der Kette liegen lassen, nämlich die Langzeitarbeitslosen. Deshalb müssen wir jetzt handeln und nicht erst, wenn die Konjunktur wieder angesprungen ist.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir haben deshalb ein Modell für 1.000 Arbeitsplätze gerechnet. Das ist kein Widerspruch, sondern wir haben es abgesprochen, lieber Heinz Bierbaum, wir haben einen anderen Berechnungsmodus zur Grundlage genommen. Wir haben wirklich gerechnet, als ob das Saarland das alleine bezahlte, Kollegin Willger-Lambert. Denn im Moment kann man sich auf nichts verlassen, außer dass die Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt ist. Darauf kann man sich leider verlassen. Wir haben einen Mindestlohn eingerechnet, sind mit 8,50 Euro herangegangen mit allen Arbeitgeberabgaben. Wir gehen davon aus, dass das rundgerechnet 1.700 Euro pro Förderfall ausmachen würde. Ich möchte jetzt nicht über Nuancen diskutieren. Das hätte natürlich einen hohen finanziellen Bedarf zur Folge, in diesem Jahr noch 9.834.000 Euro, weil schon ein Teil vom Jahr weg ist, in den Jahren danach rund 20 Millionen Euro. Das ist viel Geld, aber es geht auch um ein großes Problem.

Der entscheidende Punkt ist doch folgender. Wenn wir Bundesunterstützung wollen, ob das jetzt die Agentur für Arbeit ist, die Bundesagentur, wo es unterschiedliche Auffassungen zu diesem öffentlichen Beschäftigungssektor gibt -

(Zuruf.)

Beispielsweise wird er von Nordrhein-Westfalen unterstützt, parteiübergreifend. Alle Parteien, die im Landtag vertreten sind, stehen dahinter, auch die Union und die FDP. Es wird in Berlin sehr stark unterstützt, weil die Riesenprobleme haben, die bei einer Großstadt in der Dimension noch wesentlich größer sind als bei uns. Bei uns ist es so, dass ich auch bei den Mehrheitsfraktionen zumindest ein Annähern an dieses Thema spüre, zumal ein früherer Minister, nämlich Josef Hecken, schon einmal gesagt hat, dass wir das in Regierungsverantwortung machen müssen. Er hat recht gehabt. Nur, dann müssen wir es auch machen. Wir stellen uns vor, dass, wenn man so etwas implantiert, das nur mit Zustimmung von Gewerkschaften und Kammern ich meine insbesondere Wirtschaftskammern - erfol

gen könnte, um die so genannten Verdrängungseffekte auch ordentlich zu behandeln.

Über die Lohnhöhe habe ich etwas gesagt. Das Ganze müsste freiwillig erfolgen. Die Arbeitsvermittler der BA müssten mit am Ball bleiben, damit nicht jemand, wenn er in diesem Sektor ist, für immer und ewig geparkt wäre, sondern dass noch einmal die Vermittlungschance in den ersten Arbeitsmarkt gegeben ist. Es gibt diese Fälle auch bei vorheriger scheinbarer Aussichtslosigkeit. Wir schlagen vor, dass Arbeiten vorwiegend an Dritte, das heißt an Unternehmen, Handwerker und freie Träger, vergeben werden, verbunden mit dem Einsatz von Leuten aus diesem Sektor, um diesen Scheinwiderspruch nach dem Motto „Einer nimmt dem anderen etwas weg“ aufzulösen. Über den Selbstfinanzierungseffekt habe ich schon gesprochen. Er wäre wahrscheinlich sehr hoch. Die AKTION ARBEIT des Bistums Trier ging sogar so weit, dass sie einen Breakeven berechnet hat, allerdings bundesweit. Bei 500.000 Förderfällen würde sich nach Berechnungen der AKTION ARBEIT das Ganze sogar positiv darstellen. Ich glaube, man könnte damit gute Arbeit für unser Gemeinwesen im Saarland schaffen. Man könnte insbesondere den Menschen, die davon profitieren, ein Stück Würde zurückgeben, weil es, ob Mann oder Frau, heißen würde: Wo ist Mutti, wo ist der Papa? - Die sind schaffe, und zwar nicht nur im Ein-Euro-Job ein halbes Jahr lang, sondern dauerhaft. Das macht hochgradig Sinn.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir orientieren uns am Gesamtkonzept der SPD „Fairness auf dem Arbeitsmarkt“, das Sie sicherlich Mitte März kennengelernt haben. Ja, wir haben verstanden, das war mal eine Art Werbung. Hartz 4 muss gravierend nachjustiert werden. Die SPD ist auch dazu bereit, weil es nichts nutzt, engstirnig immer nur zu sagen, dies oder jenes ist sakrosankt. Das ist nicht heiliggesprochen, da muss gravierend nachgebessert werden. Es würde jetzt zu weit führen, dieses Programm mit allen Facetten zu erläutern. Dazu gehört natürlich auch die Begrenzung von Zeit- und Leiharbeit, Equal Pay, dazu gehört ein gesetzlicher Mindestlohn und einiges mehr.

Noch einige Anmerkungen zu anderen Bereichen. Da ist einmal die Titelgruppe 72 zu nennen - Maßnahmen zur Verwirklichung der beruflichen Chancengleichheit für Frauen und Männer. Die wurde um 155.000 Euro erhöht. Allerdings heißt es dann in einer Fußnote: Ausweitung der Angebote bestehender Dienstleistungsagenturen. Ich sage jetzt mal im Sinne der Förderung von Chancengleichheit bezogen auf das geliebte weibliche Geschlecht: Mit den Dienstleistungsagenturen zu winken, ist zumindest erklärungsbedürftig.

(Abg. Roth (SPD) )

Ich möchte kurz auf die Titelgruppe 74 eingehen Flankierende Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit. Dort ist die Förderung schulischer Maßnahmen der Berufsorientierung auf Null gesetzt worden. 50.000 Euro sind weg, wenn das nicht an anderer Stelle aufgefangen wird; ich habe keine gefunden. Das ist wichtig und das sollte man nicht ohne Weiteres wegfallen lassen.

Last but not least erwähne ich die Förderung der Maßnahmen zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses im Titel 684 01, die um 300.000 Euro gekürzt wurde. Ich nehme an, dass es dazu irgendeinen Ausgleich im Bildungshaushalt gibt. Angesichts des drohenden Fachkräftemangels, der auch plötzlich über uns hereinbricht wie jedes Jahr Weihnachten und Neujahr, war das absehbar. Da sollte man ausgerechnet diese Maßnahmen nicht ersatzlos fallen lassen.

Wir können hier so lange debattieren, bis wir schwarz, rot, grün oder gelb sind. Die Menschen draußen, diese 26.900 interessiert, wenn wir heute oder morgen Abend hier rausgehen, ob wir etwas für sie getan haben oder nicht. Lassen Sie uns mal richtig springen, dass man frohen Herzens sagen kann: Jawohl, nicht nur der Wille war da, sondern wir haben auch Taten sprechen lassen. Ich wäre begeistert. Geben Sie sich einen Ruck! - Danke.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat noch einmal Ministerin Kramp-Karrenbauer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwischen Ihnen und dem Feierabend stehe ich noch mal. Deshalb will ich mich kurz fassen und nur zwei Bemerkungen machen, einmal zum Thema AhADienstleistungsagenturen. Dort werden Arbeitskräfte, die zurzeit nicht in andere Berufe vermittelt werden können, qualifiziert, werden auch sozialversicherungspflichtig eingesetzt. Im Übrigen stehen die AhAs auch Männern offen. Was ganz wichtig ist: Durch die Dienstleistung, die diese Agenturen bieten, ist es vielen, gerade auch jungen Familien möglich, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, weil sie Entlastung in ihrem Privatbereich erfahren. Auch das ist ein Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.