In einem Punkt möchte ich allerdings deutlich widersprechen. Es wird immer wieder versucht darzustellen, was wir angeblich alles in den Sondierungsgesprächen versprochen hätten. Diese Nummer kenne ich jetzt schon seit einigen Plenarsitzungen. Was in Bezug auf die Bergleute gesagt worden ist, ist eindeutig falsch. Für uns war das Thema Ibbenbüren ein zentraler Punkt in den Sondierungsgesprächen. Dafür wollten wir eine andere Lösung haben.
Es ist heute viel von der Sanierung des Haushaltes gesprochen worden. Wir sind uns alle darüber einig,
dass es alleine über die Ausgabenseite nicht geht das haben im Grunde alle Redner betont, da gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte -, sondern dass man etwas an der Einnahmeseite verändern muss. Da verweise ich noch einmal darauf, dass die Einnahmeseite in der Tat nur gestärkt werden kann, wenn die Steuerpolitik verändert wird, anders wird es nicht gehen. Das heißt, wir brauchen eine Steuerpolitik, die sozial gerechter ist, die auch für eine Erhöhung bei den Einnahmen auf der Länder- und der kommunalen Ebene sorgt. Da steht eben die Vermögenssteuer im Zentrum, auch wenn Sie immer wieder betonen, dass das angeblich die kleinen Häuslebauer betrifft. Das ist nicht der Fall. Wir wollen die großen Geldvermögen besteuern, und dabei bleiben wir.
Der Ministerpräsident hat gesagt, dass man die Einnahmeseite durch Wachstum sanieren beziehungsweise steigern müsse. Natürlich ist es richtig, dass die Einnahmeseite von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängt. Wir wissen auch, dass die gegenwärtige Steuerschätzung, die die Grundlage der mittelfristigen Finanzplanung darstellt, eigentlich schon überholt ist und dass die künftige Entwicklung auch des saarländischen Haushaltes wesentlich davon abhängen wird, wie sich die Wirtschaft entwickelt. Aber zu glauben, man könne alleine über Wachstum die Einnahmeseite so nach oben schießen lassen, dass damit die Probleme des saarländischen Haushaltes gelöst werden könnten, ist pure Illusion.
Hier wären Wachstumsraten notwendig, die weit über dem liegen, was wir zu erwarten haben. Dieses Jahr haben wir eine Prognose für die Bundesrepublik Deutschland von insgesamt plus 1,5 Prozent, für nächstes Jahr von 1,4 Prozent. Das heißt, wir sind weit von dem entfernt, was wir noch in den letzten Jahren hatten. In Bezug auf das Saarland ist darauf verwiesen worden, dass wir im letzten Jahr einen deutlich stärkeren Rückgang hatten von knapp 8 Prozent und dass die Belebung, die wir ja auch spüren, nicht so ausgeprägt sein wird, dass sie die Probleme löst. Ich habe mich schon sehr darüber gewundert, dass bei der Aussage des Ministerpräsidenten im Hinblick auf das Wachstum die GRÜNEN Beifall gespendet haben. Ich war es bisher gewohnt, dass man sich aufseiten der GRÜNEN nicht ausschließlich auf der Grundlage von exorbitant hohen Wachstumsraten bewegt wie etwa die FDP - ich erinnere mich beispielsweise an eine Aussage von Herrn Brüderle im Rahmen einer Fernsehsendung -, sondern dass Wachstum vonseiten der GRÜNEN auch kritisch gesehen wird.
Ein nachhaltiges Wachstum von 8 bis 10 Prozent, verehrte Kollegin, ist in dieser Form nicht zu machen.
Lassen Sie mich zurückkommen auf die wirtschaftliche Entwicklung. Es ist natürlich richtig - das habe ich auch schon gesagt -, dass es ein wesentliches Element der Politik in diesem Lande sein muss, wie man Wirtschaft ankurbelt. Allerdings vermisse ich dazu die entsprechenden Konzepte und klare Aussagen. Ich habe mir die mittelfristige Finanzplanung angeschaut. Dort finden wir eigentlich nur sehr dürftige Aussagen. Ein wesentlicher Punkt ist das Thema der Existenzgründungen. Ich habe gar nichts dagegen, dass hier mehr passiert. Über Existenzgründungen alleine werden wir aber die Probleme der Wirtschaft nicht in den Griff bekommen. Was notwendig ist - das zeigt die gegenwärtige Entwicklung, die Probleme sind vom Kollegen Maas eindrucksvoll aufgezählt worden -, ist eine Bestandssicherung bestehender Betriebe und bestehender Strukturen. Dazu findet sich so gut wie nichts. Aber das ist der entscheidende Punkt.
Die Arbeitsplätze, die einmal weg sind, Herr Kollege Schmitt, kommen nicht wieder. Das heißt, wir müssen alles tun, um die Arbeitsplätze zu retten und die Betriebe zu erhalten, die gefährdet sind, insbesondere infolge der Finanzmarkt- und der Wirtschaftskrise. Wir haben auch positive Beispiele wie ZF und andere. Aber wir haben auch eine Menge negativer Beispiele. Halberg Guss spricht in dem Zusammenhang für sich. Das ist ein Eckstein saarländischer Industrie und ist bis heute nicht gerettet. Ich begrüße es übrigens, dass die saarländische Regierung auch bereit ist - soweit ich informiert bin -, sich als Land stärker zu beteiligen. Das ist etwas, was wir unterstützen, wo wir aber der Meinung sind, dass das noch weitergehen muss. Deshalb haben wir - weil es nicht nur Halberg Guss gibt, sondern auch andere Betriebe - den Saarlandfonds gefordert, um eben den Betrieben, die gefährdet sind, eine Soforthilfe über die bestehenden Instrumente hinaus - zum Beispiel SIKB - angedeihen zu lassen.
Wir haben auch darauf hingewiesen, dass bei diesem Saarlandfonds bestimmte Kriterien zu berücksichtigen sind, dass nämlich ein Konzept nachhaltiger Entwicklung vorgelegt wird, dass dabei auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet wird. Wir haben auch gefordert, dass die Belegschaftsvertretungen und auch die Belegschaften selbst beteiligt werden. Wie notwendig diese Forderung ist, macht ein aktuelles Beispiel deutlich, nämlich die Vorgänge bei Schaeffler in Homburg. Hier haben wir eine Situati
on, wo mit Hilfe aller - insbesondere der Belegschaften - und auch mit Steuergeldern ein Unternehmen am Leben gehalten worden ist, das eigentlich schon fast insolvent war. Wir haben immer gesagt, dieses Vermögen, das die Firma Schaeffler darstellt, ist ja nicht von Frau Schaeffler, ihren Verwandten und ihrem Sohn erarbeitet worden, sondern dieses Vermögen ist von den Belegschaften erarbeitet worden.
Deswegen brauchen wir einen stärkeren Einfluss. Wenn wir heute eine solche Belegschaftsbeteiligung hätten, könnte man jetzt nicht in dieser Situation in Homburg einfach die Entscheidung treffen, den Standort teilweise zu verlassen. Das ist das, was wir verhindern wollen. Deswegen brauchen wir die Belegschaftsbeteiligung.
In der mittelfristigen Finanzplanung sprechen Sie davon, dass die Innovations- und Clusterpolitik zu überprüfen ist. Das ist richtig, in der Tat besteht hier erheblicher Bedarf. In der Innovationspolitik greift Ihr Ansatz zu kurz. Wir brauchen eine ganzheitliche Innovationspolitik. Spitzentechnologie ist wichtig, ist es aber nicht alleine. Das muss industrielle Anwendung finden. Insbesondere müssen auch die Belegschaften einbezogen werden. Denn Innovation gedeiht auf einer betrieblichen Innovationskultur. Und eine solche Kultur hängt von den Bedingungen im Betrieb ab, von den Einkommen und von den Arbeitsbedingungen. Das heißt, das gerade von den Gewerkschaften propagierte Konzept „Gute Arbeit“ ist eine gute Grundlage auch für eine betriebliche Innovationskultur, sie verträgt sich nicht mit schlechten Arbeitsbedingungen, mit prekärer Arbeit. Deswegen ist für uns ein wesentlicher Schwerpunkt auch unseres Antrages die Eindämmung der prekären Arbeit.
Dazu haben wir auch einen öffentlichen Beschäftigungssektor gefordert, weil wir diese Ein-Euro-Jobs nicht wollen. Vielmehr wollen wir Arbeitsverhältnisse, die sozialversicherungspflichtig sind, die zumindest einigermaßen eine Existenz ermöglichen im Gegensatz zu dem, was heute in vielen Bereichen der Fall ist. Prekäre Beschäftigung eindämmen ist ein wesentliches Element sowohl unter sozialen Gesichtspunkten als auch im Hinblick auf das, was wirtschaftspolitisch notwendig ist.
Ich komme zur Clusterbildung. Das ist ein bekannter regionalpolitischer Ansatz, Stichwort Wertschöpfungscluster. Im Falle von Halberg Guss habe ich von der praktischen Wirksamkeit Ihres Konzeptes nichts bemerkt. Hier hätte man etwas machen können. Es gibt mehrere Gießereien im Saarland. Hätte man die koordiniert, zusammengefasst, wäre man gar nicht in die Situation gekommen, in der wir uns heute befinden. Lassen Sie mich auf ein erfolgreiches Beispiel in Sachen Industriepolitik hinweisen,
auf die saarländische Stahlindustrie. Wir haben gegenwärtig eine Neuordnung der saarländischen Stahlindustrie, von der ich überzeugt bin, dass sie nachhaltig Bestand haben wird. Bei der haben wir im Vorfeld Grundlagen gelegt - die allerdings nicht Sie sich ans Revers heften dürfen -, damit insbesondere Saarstahl in einer schwierigen Situation wie im letzten Jahr überleben konnte, und zwar so, dass es ohne dramatische Entlassungen oder sonstige Einschnitte abging. Dort haben wir Eigentumsverhältnisse, die es erlaubt haben, dass die Gewinne, die in einer gewissen Zeit sehr hoch waren, nicht vorrangig aus dem Unternehmen genommen worden sind, sondern im Unternehmen verblieben und für die Zukunft investiert worden sind.
Vorher ist so platt von der Verstaatlichung gesprochen worden. Was wir meinen ist: Einfluss darauf nehmen, dass eine nachhaltige Unternehmenspolitik möglich ist. Das ist eben etwas ganz anderes als das sonst so vorrangige Shareholder-Value-Konzept. Das bedeutet, dass das, was im Unternehmen erarbeitet worden ist, im Unternehmen bleibt und für die Zukunftssicherung genutzt wird.
Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen: das Thema Bildung. Es ist zu Recht ein Schwerpunkt. Dass der Schwerpunkt allerdings nicht so großartig ausfällt, können Sie heute in der Saarbrücker Zeitung nachlesen, wenn Sie sich die Stellungnahme der Arbeitskammer anschauen.
(Sprechen bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Meiser (CDU) : Etwas Lächerlicheres gibt es wohl nicht.)
Sie können gerne dazu Stellung nehmen. Ich stelle immer wieder fest: Dort, wo es ein bisschen Kritik gibt - es braucht noch nicht einmal viel zu sein -, sind Sie wie von der Tarantel gestochen und wehren sich dagegen. Ich halte das nicht für einen ordentlichen Umgang mit Institutionen wie der Arbeitskammer. Herr Meiser, einen ähnlichen Umgang mit solcher Kritik hatten wir bei dem Rechnungshof erlebt.
Wir müssen feststellen, dass es bei aller Schwerpunktsetzung im Bildungsbereich nicht ausreichend ist. Deswegen fordern wir mehr. Wir fordern auch mehr Lehrerstellen, damit die Forderung nach kleineren Klassen und besserer Betreuung wirklich erfüllt werden kann. Wir fordern deswegen auch die Lernmittelfreiheit und ein Gesamtkonzept in diesem Bereich mit der echten Gemeinschaftsschule und nicht mit dem, was Sie anbieten. Bei aller Wertschätzung der Tatsache, dass hier Schwerpunkte gelegt worden sind, halten wir dies für unzureichend.
schaftspolitik, Arbeitsmarktpolitik und Bildungspolitik - mehr ausgegeben werden muss. Wir haben nie gesagt, dass wir da kürzen wollen. Da sind Mehrausgaben vertretbar. Wir müssen uns um die Einnahmeseite kümmern und die wirtschaftliche Entwicklung anreizen und verstärken. Das reicht nicht. Eine andere Steuerpolitik ist dringend notwendig. Deswegen möchte ich zum Schluss noch einmal unsere Forderung nach Einführung der Vermögensteuer wiederholen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute zum wiederholten Male den für mich so langsam verzweifelt klingenden Versuch der Opposition gesehen, der saarländischen Landesregierung bei der Wirtschaftspolitik Versagen vorzuwerfen. Ich will die Zahlen sprechen lassen. Im November hat es 37.000 Arbeitslose in diesem Land gegeben. Es war vor nicht allzu langer Zeit, als die Opposition an dieser Stelle erklärt hat, dass wir 50.000 Arbeitslose sehen werden. Es wurde also ein Anstieg der Zahl der Arbeitslosen um 13.000 prognostiziert. Wir haben seit diesem November einen Anstieg der Arbeitslosigkeit von 2.500, also um 80 Prozent niedriger als das, was Sie prognostiziert haben. 80 Prozent niedriger! Sie stellen sich hierhin und sagen, die saarländische Landesregierung versagt bei der Wirtschaftspolitik und bei der Arbeitsmarktpolitik, da sei kein Konzept vorhanden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da fällt mir wirklich nur noch das Attribut verzweifelt ein.
Wir reden über ein Umfeld, das das schwierigste ist, was es im Nachkriegsdeutschland und im Nachkriegssaarland gegeben hat. Bei 25 Prozent Umsatzrückgang in der verarbeitenden Industrie ist das, was im Moment auf dem Arbeitsmarkt passiert, zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt schon fast sensationell gut. Man soll bei Prognosen vorsichtig sein, insbesondere dann, wenn sie die Zukunft betreffen sagte schon Winston Churchill. Wenn sich diese Entwicklung weiter verstetigen sollte, dann werden wir nicht 50.000 und nicht 48.000 Arbeitslose sehen, sondern wir werden deutlich niedriger liegen. Ich kann nur sagen, wir freuen uns darüber, dass die Arbeitslosigkeit so niedrig ist. Andere versuchen, die Arbeitslosigkeit herbeizureden. Aber die Zahlen sprechen für sich, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist auf die Fragestellung Halberg Guss eingegangen worden. Natürlich ist das ein äußerst schwieriges Thema. Natürlich ist es so, dass wir in dauerndem Kontakt mit der Belegschaft und den Insolvenzverwaltern sind. In einer Aktion, bei der Sie einmal nachrecherchieren können, ob es das an anderer Stelle schon einmal gegeben hat, ist ein Vertreter der saarländischen Landesregierung zu den Kunden eines Unternehmens gegangen und sagte, wir werden dafür sorgen, dass es eine Fortführung des Unternehmens und des Standortes gibt, damit es weitere Aufträge für dieses Unternehmen gibt. Würde es diese Bestandsgarantie aber nicht geben, dann wäre jetzt der Dieselmotor von VW als Auftrag weggegangen, dann wäre er nicht nach Saarbrücken gekommen. Dass dieses nicht passiert ist, ist nicht nur der saarländischen Landesregierung, sondern insbesondere auch den Insolvenzverwaltern zu verdanken. Es ist ein Erfolg für den Standort Saarland, es ist ein Erfolg für Halberg Guss, über den wir uns freuen, aber Sie scheinbar nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es stimmt, dass das dauert. Das wird wahrscheinlich auch noch Wochen, um nicht zu sagen Monate dauern, weil es sein kann, dass sich jetzt noch ein Insolvenzplanverfahren anschließt. Dass es dort viele Gespräche und Verhandlungen gibt, gehört auch dazu. Ich kann Ihnen sagen, diese Gespräche und Verhandlungen kann man weder auf dem St. Johanner Markt führen noch kann man eine Live-Übertragung von Videokonferenzen in die SPD-Fraktion oder in die LINKE-Fraktion veranstalten. Das sind Dinge, die - insbesondere weil es um viel Geld geht - zunächst einmal mit einem gewissen Vertrauen und mit einer gewissen Zurückhaltung anzugehen sind. In dem Moment, wo Sie irgendwelche Untätigkeiten thematisieren, die es angeblich gibt, und wo Sie versuchen, eine Belegschaft gegen die angebliche Untätigkeit der Landesregierung und der Insolvenzverwalter aufzuhetzen, müssen Sie sich zum Schluss fragen, inwieweit Sie zur Standorterhaltung von Halberg Guss und bei den Arbeitsplätzen beigetragen haben. Wie ist Ihre Verantwortung an der Stelle zu sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren?
Zum Saarlandfonds und zu den Fragestellungen, die an dieser Stelle beihilferechtlich und europarechtlich zu debattieren sind, komme ich morgen noch. Ich freue mich auf diese Debatte, die hoch spannend ist. Ich will noch auf einen Punkt eingehen, den der Kollege Lafontaine eingebracht hat, nämlich die Kritik an den Dingen, die wir im Hotelbereich planen und durchführen. Herr Kollege Lafontaine, ich glaube, dass diese Aussagen, die Sie gemacht haben, zwei