Dazu muss man diesen hoch qualifizierten und dringend benötigten Nachwuchs auch würdigen, man muss ihn im Land halten und darf ihn nicht wegschicken und auf der Straße stehen lassen. Aber genau das passiert gerade, wenn - entgegen einer mehr als zehnjährigen gängigen Praxis - diese Landesregierung jetzt plötzlich, Ende November, den
jungen Referendarinnen und Referendaren an den beruflichen Schulen verkündet: Es tut uns leid, wir haben uns verkalkuliert, wir brauchen euch doch nicht alle im saarländischen Schuldienst. Kolleginnen und Kollegen, das ist eine unmögliche Art und Weise, wie man mit jungen Lehrern umgeht. Das ist nicht hinzunehmen. Die können doch nicht die Quittung übernehmen für das, was im Ministerium falsch gelaufen ist! So geht das hier nicht im Land!
Meine Damen und Herren, diese jungen Lehrkräfte, dieser Nachwuchs hat sich ja im Vertrauen auf eine Übernahme auf den Weg in den Schuldienst begeben. Sie sind im guten Glauben auf das Recht des Vertrauens angetreten. Sie durften sich da auf einiges verlassen, weil das eben über zehn Jahre hinweg so gemacht worden ist.
Ich sage es noch einmal: Der Schuldienst ist kein Spaziergang. Lassen sich junge Leute auf den Lehrerberuf ein, so nehmen sie damit eine echte Herausforderung an. Die Zeiten, in denen in den Schulen reines Wissen weitergegeben worden ist, sind längst vorbei. Unterricht ist heute viel mehr. Unterricht bedeutet die Vermittlung sozialer Kompetenzen, die Lehrer müssen dafür kreativ und zugleich belastbar sein. Das gilt gerade an den beruflichen Schulen, dort ist das nämlich etwas anders. Die Lehrer müssen beispielsweise viel stärker als früher im Team arbeiten und so weiter. Das alles wird den angehenden Lehrerinnen und Lehrern aber nicht schon im Studium beigebracht, das alles kommt erst im Referendariat, das damit sehr oft dem Sprung ins kalte Wasser gleicht.
Ist aber dieser Härtetest überstanden, ist das Referendariat absolviert, ist auch ein Potenzial für mehr Qualität an unseren Schulen vorhanden. Ich meine, dass man das würdigen muss. Junge Lehrerinnen und Lehrer tragen dazu bei, dass die Qualität an unseren Schulen besser wird. Will man diese Qualitätsverbesserung politisch sicherstellen, muss man die Referendare möglichst auch in den saarländischen Schuldienst übernehmen.
Kolleginnen und Kollegen, die Betroffenen haben sich mit mehr als 30 Briefen an uns gewandt und uns darin ihre Situation geschildert. Das waren nicht, wie an mancher Stelle despektierlich geäußert wurde, irgendwelche ausgetauschten Textbausteine. Das waren Einzeldarstellungen, wie es den Einzelnen ergangen ist, als sie von diesem Verfahren Kenntnis erlangt haben. Eines war aber tatsächlich in allen Briefen gleich: In allen war die Rede von festen Versprechen, die Rede von einer gesicherten Übernahme, die ihnen gebetsmühlenartig immer wieder in Aussicht gestellt worden sei, die den Referendaren so immer wieder kundgetan worden sei.
Ich möchte hier nun gar nicht streiten, wer hier zuerst und welcher Minister früher wann und wo und was gesagt. Tatsache ist aber doch, dass sich bislang ganze Semester darauf verlassen konnten, dass sie in den Schuldienst übernommen werden. Es gab durchgängig Zusagen von offizieller Stelle.
Ich will nun nicht alle Namen nennen, kann Ihnen nur empfehlen, alle Briefe der Referendarinnen und Referendare zu lesen. In diesen Briefen wird das nämlich alles dargestellt. Oder noch besser: Hören Sie ihnen mal intensiv zu! Es gab feste Zusagen, offenbar auch aus dem Ministerium. Es gab Zusagen, auf die vertraut werden durfte. Zusagen sind doch dafür da, eingehalten zu werden!
Und damit, Kolleginnen und Kollegen, komme ich zu einem weiteren Punkt: dem Vertrauen. Die Referendare haben diesem Land Vertrauen entgegengebracht, indem sie sich um Aufnahme in den Schuldienst beworben haben. Dieses Vertrauen wurde zusätzlich getragen von der jahrelang geübten Praxis, nahezu alle Referendare zu übernehmen. Hinzu kommt, auch das ist in diesen Briefen zu lesen, dass einige der Referendare zuvor in der freien Wirtschaft im Rahmen unbefristeter Jobs tätig waren. Diese Jobs haben sie aufgegeben, um Berufsschullehrer zu werden. Ja, meinen Sie denn, die hätten das gemacht, wenn nicht ganz klar gewesen wäre, dass die Übernahme sicher sein sollte? Es ist doch, Kolleginnen und Kollegen, unglaublich, dass man so mit jungen Leuten umgeht!
Man kann sich auch nicht einfach darauf zurückziehen, es seien ja nur die zum Termin 01. Februar betroffen. Diese Misere geht noch weiter. Es geht auch um diejenigen, die im Sommer wieder vor der Tür stehen werden. Deswegen, weil das so brisant ist und so viele betroffen sind, haben wir dieses Thema in den Bildungsausschuss gebracht, zwei Mal. Wir wollten dazu in der vergangenen Woche auch den Minister selbst hören, dazu kam es aber nicht. Nun gut, wir haben eben geklärt, wie wir das künftig anders machen. In der vergangenen Woche jedenfalls wurde das abgelehnt, der Minister war auch nicht anwesend. Das war aber gar nicht das Entscheidende.
Zu diesem Termin fanden sich, weil es ja auch um sie ging, 20 junge Referendare vor der Tür des Sitzungssaals, in dem der Bildungsausschuss getagt hat, ein. Wir haben gesagt: Okay, wir sollten als Bildungsausschuss Flagge zeigen, die jungen Leute in die Ausschusssitzung mitnehmen, damit mit ihnen vielleicht offen gesprochen werden kann, zumindest aber, damit sie die Sitzung verfolgen können. Sie aber haben das mit Ihrer unglaublich dicken Mehr
heit abgelehnt. Ich sage Ihnen: Es hätte dem Bildungsausschuss des Landtages gut zu Gesicht gestanden, gerade diesem Anliegen Rechnung zu tragen und die jungen Leute in der Sitzung direkt zu hören!
Stellen Sie eine Zwischenfrage, dann freue ich mich über eine Verlängerung meiner Redezeit und gebe Ihnen gerne Antwort.
(Abg. Schmitt (CDU) : Frau Spaniol, Sie haben die Leute doch dorthin eingeladen! Jetzt seien Sie doch ehrlich! - Sprechen und weitere Zurufe.)
Das halte ich nun doch für ein Gerücht! Es gibt Leute, die interessieren sich, wenn eine Tagesordnung verschickt wird, für die darin aufgeführten Themen. Das Thema stand auf der Tagesordnung des Bildungsausschusses, und es ist das gute Recht desjenigen, der selbst betroffen ist und sich vor Ort informieren möchte, dann auch zu kommen. Das kann ich Ihnen aber nur sagen!
Kolleginnen und Kollegen, machen wir uns doch nichts vor: Seit Jahren ist die schwierige Unterrichtssituation in den berufsbildenden Schulen im Saarland bekannt. Wir haben über dieses Thema hier schon zig Debatten geführt. Es mag sein, dass einiges besser geworden ist; wir wissen aber doch, dass Lehrermangel, verbunden mit massivem Unterrichtsausfall, noch immer zum Schulalltag gehört.
Verschärft wird diese Misere in den kommenden Jahren durch Ruhestandsversetzungen. Verschärft wird sie durch fehlende Beförderungschancen. Und verschärft wird sie eben auch durch Abwanderungstendenzen; auch da muss man nicht drumherum reden. Die haben wir immer schon gehabt, weil eben so verfahren worden ist, und wir werden sie auch weiterhin haben.
Ich wiederhole es: Der Bedarf hört doch nicht am 01. Februar auf! Der Bedarf wird weiterhin bestehen, wir werden auch weiterhin Lehrerinnen und Lehrer an den beruflichen Schulen benötigen.
Und nun komme ich auf die Referendare zu sprechen, die Sie wohl leider nicht zum 01. Februar einstellen werden. Stichwort: Zweites Fach Sozialkun
de, Stichwort: Notendurchschnitt 1,3. Kolleginnen und Kollegen, gerade beim Fach Sozialkunde folge ich gerne der Argumentation der GEW, die zu Recht darauf hinweist, dass in allen berufsbildenden Schulformen Sozial- und Wirtschaftskunde unterrichtet wird, in vielen Fällen aber leider fachfremd. Das ist, das werden Sie nicht negieren können, hochproblematisch, weil Sozialkunde Prüfungsfach ist. Es ist Prüfungsfach für die Facharbeiterprüfungen aller Berufe. Angesichts dessen sollte, so meinen wir, dieses Fach nun wirklich nicht fachfremd unterrichtet werden. Damit aber eröffnet sich doch gerade den jetzt abgelehnten Bewerbern eine Chance: Sie könnten dazu beitragen, den Unterrichtsausfall zu reduzieren. Sie könnten eingesetzt werden mit dem Ziel, die Lehrkräfte, die derzeit Sozialkunde fachfremd unterrichten müssen, endlich und ausschließlich den Unterricht in den Mangelfächern bestreiten zu lassen. Das wäre eine konstruktive Lösung. Das ist ein Vorschlag, über den Sie nachdenken sollten, und zwar ganz schön schnell, damit das bis zum 01. Februar geklärt ist.
Einen weiteren Aspekt möchte ich in dieser Diskussion aufgreifen: Die berufsbildenden Schulen sind die einzige Schulform, für die keine wie auch immer geartete Lehrerfeuerwehr besteht, die beispielsweise krankheitsbedingten Unterrichtsausfall ohne den Anfall von Mehrarbeit abdecken könnte. Die Krankheit eines Lehrers geht derzeit immer wieder zulasten der Kolleginnen und Kollegen, die dann noch mehr reinpowern müssen. Das ist ein ewig fortbestehendes Problem. Im allgemeinbildenden Bereich wird zwar auch immer darüber gestritten, aber wir kriegen das dort jetzt allmählich auf die Reihe. Aber man kann doch nicht einfach sagen: Ja, die beruflichen Schulen, bei denen sind wir noch nicht so weit, dort haben wir das noch nicht. - Als wir das im Ausschuss nachgefragt haben, wurde uns eben dies zur Antwort gegeben. Das kann doch nicht wahr sein! Es darf nicht sein, dass es an den berufsbildenden Schulen kein Konzept für eine Lehrerfeuerwehr gibt!
Da es ein solches Konzept noch nicht gibt, hat die GEW eines vorgelegt, ganz schnell und angemessen, und dieses Konzept auch dem Minister zugeschickt. Ich bitte Sie wirklich, dieses Konzept entsprechend zu würdigen, Herr Minister. Das ist ein konstruktiver Vorschlag der GEW. Sie schlägt vor, dass in einem ersten Schritt die sechs kaufmännischen BBZs mit je einem mobil einsetzbaren Lehrer versorgt werden. Die Bewerber sind vorhanden, sie können zum 01.02.2013 eingestellt werden. Diese Kollegen würden einer Schule zugewiesen, aber bei der Bedarfsberechnung der jeweiligen Schule nicht berücksichtigt. Bei Bedarf wären diese Kollegen auch für andere Schulen einsetzbar. Sie könnten die grundlegenden Fächer einer kaufmännischen Be
rufsschule vertreten. Das hielte ich für einen rundum gelungenen Lösungsansatz. Wir helfen Ihnen diesbezüglich gerne auf die Sprünge. Mich hat schon gewundert, dass im Ausschuss die Auskunft gekommen ist: Ja nun, wir stehen da und haben kein Konzept. - Und das, obwohl wir alle wissen, wie es um die Sache bestellt ist.
Ah, das ist ein hochinteressantes Stichwort! Danke schön! Ich wiederhole es noch einmal für alle; Herr Schmitt sagt, die Frau Spaniol sei nicht dagewesen.
Diese Redezeit habe ich noch, das ist es mit wert: Herr Kollege, Sie haben die Herstellung der Öffentlichkeit abgelehnt, die Referendare konnten nicht an der Sitzung teilnehmen. Nun bin ich ja in der LINKEFraktion höchst kompetent vertreten durch meine Kollegin Astrid Schramm.
Das ist Anstand, und das ist auch mein gutes Recht. Die Fraktion war ja auch vertreten. Komischerweise sind mir dann aus allen Fraktionen Kolleginnen und Kollegen nachgelaufen, mit vor die Tür gegangen.
So war das. Und als ich zurückkam, war die Empörung groß, der Bericht der Landesregierung wurde dann für alle wiederholt. So sieht das aus, das ist der Punkt. Es ist doch ein Witz, in diesem Zusammenhang nun mit einer solchen Nummer zu kommen!
Ich komme zum Schluss. Uns geht es darum, Kolleginnen und Kollegen: Wir wollen Lösungen zur Einstellung aller ausgebildeten Berufsschullehrer finden. Deswegen auch die Debatte. Wenn sich bis nächste Woche etwas ergibt, wäre das das Beste, was passieren könnte. Daher appelliere ich hier auch an Sie; darum geht es nämlich wirklich. Einige werden sehr hart betroffen sein. Sie haben so viel Zeit in diese Lehrerausbildung investiert, dass sie jetzt nicht von heute auf morgen etwas anderes machen können. Wir brauchen diese Nachwuchskräfte, wir brauchen diese Lehrer. Geben Sie diesen Kräften eine Chance. Gehen Sie in sich und schauen Sie, was Sie machen können! Das ist Ihre Verantwortung und auch Ihre Aufgabe.