Protokoll der Sitzung vom 16.01.2013

Ich komme zum Schluss. Uns geht es darum, Kolleginnen und Kollegen: Wir wollen Lösungen zur Einstellung aller ausgebildeten Berufsschullehrer finden. Deswegen auch die Debatte. Wenn sich bis nächste Woche etwas ergibt, wäre das das Beste, was passieren könnte. Daher appelliere ich hier auch an Sie; darum geht es nämlich wirklich. Einige werden sehr hart betroffen sein. Sie haben so viel Zeit in diese Lehrerausbildung investiert, dass sie jetzt nicht von heute auf morgen etwas anderes machen können. Wir brauchen diese Nachwuchskräfte, wir brauchen diese Lehrer. Geben Sie diesen Kräften eine Chance. Gehen Sie in sich und schauen Sie, was Sie machen können! Das ist Ihre Verantwortung und auch Ihre Aufgabe.

Noch etwas zum Bedarf, zu dieser lächerlichen Diskussion, wie man den Bedarf berechnet. Ich sage ganz klar: Der Bedarf lässt sich nicht nur auf den Check von Fächerkombinationen reduzieren. Es geht dabei um viel mehr. Es geht um eine nachhaltige Personalplanung für die beruflichen Schulen. Es geht um berufliche Schulen, die lange genug das Stiefkind der saarländischen Bildungspolitik waren das ist so. Und wenn man teuer im Land ausbildet, sollte man auch im Land einstellen. Die lange, schwierige Ausbildung von Referendaren sollte jedenfalls nicht mit Füßen getreten werden. Sie verdient Wertschätzung. Da haben Sie eine Fürsorgepflicht, das ist eine Verantwortung. Die jungen Pädagogen haben jedenfalls das Signal verdient, dass sie sich auf dieses Land verlassen können. - Vielen Dank.

(Beifall von LINKEN und PIRATEN.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Spaniol. - Zur Begründung des Antrages der Koalitionsfraktionen, Drucksache 15/307, erteile ich Frau Abgeordneter Christiane Blatt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im laufenden Schuljahr konnte der strukturelle Unterrichtsausfall an beruflichen Schulen in den prüfungsrelevanten Fächern nahezu auf Null zurückgefahren werden. Trotz rückläufiger Schülerzahlen werden auch in den kommenden Jahren mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt, als Pensionierungen im gleichen Zeitraum erfolgen, um den Unterrichtsausfall weiter abzubauen. Eine kontinuierliche Personalpolitik auch in den kommenden Jahren soll dazu beitragen, Unterrichtsausfall zu reduzieren und den Schülerinnen und Schülern ein pädagogisch sinnvolles Angebot in kleineren Klassen zur Verfügung zu stellen.

Daher müssen neben der quantitativen Ausstattung mit Lehrpersonal auch Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung fortgeführt werden. In diesem Zusammenhang begrüßt der saarländische Landtag die Umsetzung folgender Maßnahmen zur Qualitätssicherung an beruflichen Schulen. Junge Menschen ohne Ausbildung, mit oder ohne Hauptschulabschluss, brauchen eine Perspektive auf Einstieg in den Arbeitsmarkt. Warteschleifen müssen vermieden werden, Abbrecher- und Wiederholungsquoten reduziert werden. Hierzu soll ein entsprechendes Angebot in den beruflichen Vollzeitschulen weiter ausgebaut werden.

Um die Attraktivität der beruflichen Ausbildung zu steigern, erhalten Jugendliche in der dualen Ausbildung zukünftig die Möglichkeit, die Fachhochschul

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

reife zu erwerben. Ab dem kommenden Schuljahr wird das Angebot der Erzieher- und Erzieherinnenausbildung in Teilzeitform angeboten. Dies ist auch ein wichtiger Baustein zur Fachkräftesicherung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Durch die Zusammenlegung der Studienseminare im kaufmännischen sowie dem technisch-gewerblichen-sozialpflegerischen Bereich können Synergieeffekte erzielt und damit die Qualität der Referendarausbildung weiter verbessert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die kontinuierliche Erhöhung der Stellenzahlen an beruflichen Schulen trotz rückläufiger Schülerzahlen hat, wie im Antrag bereits formuliert, dazu geführt, dass sich die Unterrichtsversorgung im Schuljahr 2012/13 gegenüber dem Vorjahr in den Prüfungsfächern verbessert hat. Das Unterrichtsdefizit hat sich im laufenden Schuljahr nahezu halbiert, von 850 ausgefallenen Stunden im vergangenen Schuljahr auf jetzt 440 Stunden im vergleichbaren Zeitraum.

Wir schaffen günstige Rahmenbedingungen und sorgen somit für mehr Qualität im Bildungsbereich, indem wir auch in diesem Jahr mehr Lehrkräfte einstellen als Pensionierungen im gleichen Zeitraum erfolgen werden. Mit Ausblick auf höhere Pensionierungszahlen in den Jahren 2014 und 2015 werden wir eine kontinuierliche Personalisierung auf konstantem Niveau halten und kleinere Klassengrößen schaffen und somit gerade die Heterogenität an beruflichen Schulen ernst nehmen und uns diesen Herausforderungen stellen. Wir nutzen die demografische Rendite, um eine qualitative Verbesserung des saarländischen Bildungssystems zu erreichen. Das heißt, die finanziellen Spielräume, die wir durch Schülerrückgänge erhalten, bleiben zur Schaffung von zusätzlichen Stellen im System. Dies ist wichtig, um die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss zu reduzieren. Jugendliche erhalten bessere Chancen auf einen Schulabschluss. Nur so haben sie Aussicht auf Ausbildungs- und Berufserfolg. Denn gute Bildungspolitik ist moderne Sozialpolitik.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

In diesem Zusammenhang ist gerade an den berufsbildenden Schulen eine fachliche Qualifikation und, wie sich gerade zeigt, auch die Fächerkombination der neu einzustellenden Lehrkräfte ganz entscheidend. Da sich in den vergangenen Jahren die Bewerberzahlen der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik erheblich erhöht und im gleichen Zeitraum sich viele Studenten vermehrt dafür entschieden haben, Sozialkunde als zweites Fach zu belegen, das jedoch aktuell nur wenig nachgefragt wird, ist es nahezu unvermeidlich, dass sowohl bei der Zulassung auf den Vorbereitungsdienst als auch bei der Einstellung als Beamte auf Probe nicht alle Bewerberin

nen und Bewerber berücksichtigt werden können. Im Gegensatz dazu werden Bewerber mit einem zweiten allgemeinbildenden Fach noch gesucht. Hier sind noch Plätze im Lehrerseminar frei. Das resultiert daraus, dass wir Gott sei Dank in Deutschland freie Berufswahl haben. Aber deshalb ist auch eine Steuerung vonseiten der jeweiligen Landesregierungen nicht möglich. Man versucht im Saarland, dem entgegenzuwirken, indem man zurzeit keine Bewerberinnen und Bewerber berücksichtigt, die ihre Lehrbefähigung in einem anderen Bundesland erworben haben, weil sich aufgrund von Unterschieden in der Lehrerausbildung Abgrenzungsmöglichkeiten zugunsten unserer saarländischen Absolventen ergeben.

Auch wir hätten es uns gewünscht, dass zum Februar dieses Jahres alle Referendare für das Lehramt an beruflichen Schulen übernommen werden. Aber das Bildungsministerium kann nicht einfach so Lehrer einstellen und dann feststellen, dass wir keinen Bedarf für sie haben.

(Abg. Schramm (DIE LINKE) : Warum hat man sie ausgebildet?)

Die Fächer an beruflichen Schulen sind dafür zu differenziert. Man muss sich hier eingestehen, dass es nicht geht, dass ich eine Lehrkraft mit der Fächerkombination Steuerlehre und Maschinenschreiben für Auszubildende im Metzgerhandwerk einsetze und dort von ihr Metzgereifachkunde unterrichten lasse.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Darum geht es doch gar nicht. Es geht um den kaufmännischen Bereich.)

Nichtsdestotrotz sichert das Bildungsministerium den zunächst nicht berücksichtigten Bewerberinnen und Bewerbern bei der Rekrutierung von Vertretungskräften zu, dass ihnen bei befristeten Anstellungen Vorrang eingeräumt wird, sofern dies die fachliche Qualifikation gestattet. Hinzu kommt, dass sich gerade in Zeiten der Fachkräftesicherung für Lehrkräfte mit dem Zweiten Staatsexamen neben einer befristeten Einstellung als Vertretungskraft auch die Möglichkeit einer qualifizierten außerschulischen Beschäftigung in der freien Wirtschaft eröffnet.

Bedauerlicherweise sind die Lehrkräfte für berufsbildende Schulen dort angekommen, wo sich Lehrkräfte für allgemeinbildende Schulen schon seit Jahren befinden. Es wird immer wieder Zeiten geben, in denen auch Akademiker keine Jobgarantie erhalten können. Das ist im Übrigen in der freien Wirtschaft genauso.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das ist doch überhaupt nicht vergleichbar.)

Ich will das wirklich nicht schönreden, ganz im Gegenteil. Aber es passiert in jedem Jahr hundertfach, dass Unternehmen über Bedarf ausbilden und die

(Abg. Blatt (SPD) )

jungen Menschen nach der Ausbildung keine Zusage zur Übernahme erhalten. Es sollte uns auch ein echtes Anliegen sein, jedem Studenten und jedem Auszubildenden die Möglichkeit zu geben, in seinem erlernten Beruf direkt nach der Ausbildung eine Anstellung zu finden.

Es ist doch selbstverständlich - um noch mal auf die Referendare für berufsbildende Schulen im Saarland zurückzukommen -, dass diese sich Sorgen um ihre Existenz und ihre Zukunft machen. Aber wir können den betroffenen sieben Referendaren wegen ihrer gewählten Fächerkombinationen bei der Einstellung im Februar keine unbefristete Übernahme anbieten, weil es hierfür zurzeit keine Nachfrage gibt! Die Sprecherin des Bildungsministeriums teilte vergangene Woche den Ausschussmitgliedern mit, dass den Referendarinnen und Referendaren zu keiner Zeit von der Landesregierung eine Zusage zur Übernahme nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes gemacht worden sei. Wenn dies vonseiten der saarländischen Universität oder des Landesseminars getan wurde, was bis dato nicht bestätigt ist, wäre es bedauerlich. Aber beide werden nicht in die Entscheidung über die Einstellung von Lehrkräften eingebunden, sie bilden lediglich aus, stellen aber nicht ein.

Das heißt aber nicht, dass sich die Situation nicht bereits innerhalb des Jahres zum Positiven verändern kann und sich gegebenenfalls bei der nächsten Einstellungswelle im Sommer eine entsprechende Möglichkeit ergibt. Das Ministerium ist mit den betroffenen Referendaren zu jeder Zeit offen umgegangen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das sehen die Betroffenen aber anders! - Sprechen und Zurufe.)

Das Ministerium hat dem Lehrerseminar in Saarlouis im vergangenen Jahr ausführliche Auskünfte bezüglich der Einstellungssituation gegeben. Der anwesenden Delegation der Referendare wurde mitgeteilt, dass die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bildungsministerium für Beratungen im Einzelfall und Auskünfte zur Verfügung stünden. Sowohl vom Ministerium als auch von den Koalitionsfraktionen SPD und CDU wurde dieses Angebot schriftlich an die Referendare weitergegeben.

Persönlich finde ich es nicht in Ordnung, dass den betroffenen Referendaren vonseiten der Opposition falsche Hoffnungen gemacht werden.

(Zurufe und Sprechen bei den Oppositionsfraktio- nen. - Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es ist aus meiner Sicht nicht fair, den Betroffenen zu sagen, die Koalition würde eine Politik der Intransparenz machen, das Gegenteil ist der Fall.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Der Minister soll aufhören, unehrlich zu sein. - Sprechen und Unruhe.)

Ich habe es eben ausgeführt, zu jeder Zeit wurden die Referendare vom Ministerium zeitnah und verbindlich informiert.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Vorsicht, sie sind anwesend und hören zu. - Sprechen bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich weiß. - Sie wurden zu persönlichen Gesprächen eingeladen. Die Forderung, alle Referendare in den Schuldienst zwingend zu übernehmen, ist nicht realistisch und hilft nicht beim Lösen des Problems.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das war aber zehn Jahre lang so! - Unruhe und Sprechen.)

Es ist Fakt, dass das Bildungsministerium zurzeit keine Möglichkeit hat, sieben von 20 Referendaren mit ihren gewählten Fächerkombinationen eine unbefristete Einstellung zum Februar 2013 anzubieten. Wir können keine Maurer einstellen, wenn wir Bäcker brauchen.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Darum geht es doch gar nicht, es geht um die kaufmännische Ausbildung! - Unruhe und Sprechen bei den Oppositionsfraktionen.)

Es hat nichts mit Kurswechsel in der Einstellungspolitik des Ministers zu tun, sondern mit der - auch von der Opposition - geforderten Qualitätsverbesserung des Unterrichts gerade für unsere Schüler und Auszubildenden an den beruflichen Schulen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Sie haben nichts mit dem Problem zu tun! - Zuruf der Abgeordneten Kugler (DIE LINKE).)

Ich bitte Sie daher, dem Antrag der Koalitionsfraktionen bezüglich „Qualitative Schulentwicklung an beruflichen Schulen weiter vorantreiben“ zuzustimmen beziehungsweise um Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien. Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Blatt. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat die Abgeordnete Jasmin Maurer von der Fraktion DIE PIRATEN.

Frau Präsidentin, liebe Damen und Herren Abgeordneten! Unterrichtsausfall ist an allen Schulen gegenwärtig. Machen wir uns nichts vor, es kommt immer vor, sei es Ausfall durch eine Erkrankung, durch Schwangerschaft, leider auch durch den Tod einer Lehrperson oder durch strukturellen Unterrichtsaus

(Abg. Blatt (SPD) )

fall, weil zu wenig Lehrer vorhanden sind. In den allgemeinbildenden Schulen gibt es eine Lehrerfeuerwehr, die das bereits gut abfängt. Der Ausfall wird von einem anderen Lehrer kompensiert, den Schülern entsteht durch das Fehlen eines Lehrers so gut wie kein oder nur ein sehr geringer Nachteil.

Ein solches System fehlt an den berufsbildenden Schulen komplett. Die Folge davon sind vermehrte Unterrichtsausfälle. Einige Fächer, die auf dem Lehrplan stehen, werden gar nicht unterrichtet. Bei anderen Fächern übernehmen Personen den Unterricht, die nie pädagogisch ausgebildet wurden. Das ist an sich eine Blamage für das Bildungssystem und hat nichts mit einer guten Ausbildung junger Schülerinnen und Schüler zu tun.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Zahlen von 2010 belegen, dass rund 50.000 Schüler berufsbildende Schulen besuchen, allein über die Hälfte davon die Berufsschulen. Der Trend zeigt, dass es heute sogar noch mehr werden, weil sich immer mehr Abiturienten für eine duale Berufsausbildung entscheiden. Der derzeitige Unterrichtsausfall von mehreren 100 Unterrichtsstunden pro Woche ist einfach zu viel, egal ob sie prüfungsrelevant sind oder nicht.