Protokoll der Sitzung vom 16.01.2013

Der Élysée-Vertrag sieht eine Koordinierung der Zusammenarbeit auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs, der Außenminister und Botschaften, der Minister für Verteidigung - seit 1989 gibt es sogar eine Deutsch-Französische Brigade - sowie in den Bereichen Erziehung, Bildung, Kultur, Jugend und Sport vor. Darüber hinaus sieht er die Zusammenarbeit im Gemeinsamen Markt vor im Bereich der Wirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft, der Energiepolitik sowie des Verkehrs und des Transports. Der Vertrag sieht ferner die Abstimmung der Regierungen bei außenpolitischen Themen von gemeinsamem Interesse vor. Wörtlich heißt es: „(...) um so weit wie möglich zu einer gleichgerichteten Haltung zu gelangen."

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

Auf das Betreiben von Charles de Gaulle wurde der Austausch von deutschen und französischen Jugendlichen zu einem Schwerpunkt des Élysée-Vertrages. Zum einen, weil de Gaulle bewusst war, dass die Beherrschung der Sprache des Nachbarn unabdingbare Voraussetzung für den Zugang zu der anderen Kultur und damit für gegenseitiges Verständnis ist. Zum anderen war de Gaulle der Überzeugung, dass die Aussöhnung zwischen beiden Völkern am ehesten über die weniger von Kriegserlebnissen und Propaganda belasteten jungen Deutschen und Franzosen gelingen würde. Deshalb wandte er sich im Rahmen seiner Werbung für den Élysée-Vertrag in Deutschland ausdrücklich an die junge Bevölkerung. Seine Rede an die deutsche Jugend in Ludwigsburg am 09. September 1962 ist in diesem Zusammenhang legendär geworden. Auch das auf der Grundlage des Vertrages gegründete Deutsch-Französische Jugendwerk hat mit rund 8 Millionen Austauschen seit seiner Gründung tatsächlich einen ganz wesentlichen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis und zur deutsch-französischen Freundschaft geleistet. Das Jugendwerk sorgt noch heute für neue Freundschaften zwischen den nachwachsenden Generationen beider Länder.

Der Élysée-Vertrag sollte zunächst, zum Zweck der Aussöhnung der beiden europäischen Nachbarn, die sich im Laufe der Geschichte zu oft bekriegt und bekämpft hatten, eine vertiefte politische Zusammenarbeit regeln. Er ist mittlerweile selbst zu einem Dokument der deutsch-französischen Freundschaft geworden. Seit nunmehr über 60 Jahren hat es keinen Krieg mehr in diesem Teil Europas gegeben. Blickt man auf die Geschichte Europas davor, wird deutlich, dass der Friede und auch der Wohlstand Europas, der trotz Wirtschaftskrise nach wie vor herrscht, nicht zufällig sind. Sie sind vielmehr das Ergebnis einer weitsichtigen und klugen Politik, die seinerzeit die Weichen in die richtige Richtung gestellt hat. Diese Weitsicht und auch das unermüdliche Engagement - nicht alleine, aber doch im Wesentlichen der Politik benötigen wir auch für die Bewältigung der Herausforderungen, vor denen Europa heute steht.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Etwas von diesem Pioniergeist und Idealismus, von dem Glauben daran, die Dinge in Europa durch entschlossenes Handeln und gegenseitiges Vertrauen zum Positiven bewegen zu können, könnten die Staatenlenker Europas auch heute brauchen!

Ebenso wie 1963 stehen wir heute, 2013, vor der Aufgabe, die Zukunft Europas zu gestalten. Zögern und Misstrauen sind zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht die richtigen Zutaten. Europa ist mehr als Frankreich und Deutschland. Aber die Freundschaft dieser beiden Länder war und ist unverzichtbar für

die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt der Staatengemeinschaft.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zudem kann und sollte das, was sich im Laufe der letzten fünf Jahrzehnte aus dem Élysée-Vertrag entwickelt hat, als Inspiration für die Weiterentwicklung der europäischen Friedensidee gesehen werden, einer Friedensidee, die nicht nur für unsere Region von Bedeutung ist. Die Europäische Union ist heute weltweit als bedeutende Akteurin der Friedenswahrung anerkannt. Dies wurde jüngst durch die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union bestätigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Saarland hat zu Beginn dieses Aussöhnungsprozesses zwischen Deutschland und Frankreich eine ganz entscheidende Rolle gespielt. An der Schnittstelle zwischen germanischem und romanischem Kulturraum gelegen und mit reichen Bodenschätzen versehen, wurde das Saarland von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen beiden Ländern immer wieder hin- und hergerissen. Ein schönes Bild für diese wechselvolle Geschichte unseres Landes hat, wie ich finde, Klaus Brill in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 08.01.2013 gefunden. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Die Vorfahren heutiger Saarländer lebten ebenso unter dem Sonnenkönig und Napoleon wie unter Bismarck und Hitler. Ihre revolutionären Volksvertreter saßen 1848 in der Frankfurter Paulskirche, 1789 in den Pariser États généraux."

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Saarland wieder zum Zankapfel zwischen Frankreich und Deutschland, dieses Mal wegen seiner reichen Kohlevorräte und seiner Stahlproduktion. Ich habe das vor ein paar Wochen hier schon einmal angesprochen. Die damalige Saarproduktion umfasste 30 Prozent der Kohleproduktion von Frankreich und 20 Prozent seiner Stahlproduktion. Erst die Lösung dieser Streitfrage, der sogenannten Saarfrage, im Jahr 1955 im Verbund mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl - immerhin die Wiege unserer heutigen Europäischen Union - ebnete den Weg für die deutsch-französische Aussöhnung.

Das Saarland in seiner heutigen Ausprägung ist somit auf das Engste mit der deutsch-französischen Freundschaft und der Europäischen Union verbunden. Darüber hinaus hat die Grenzlanderfahrung mit wechselnder nationaler Zugehörigkeit - sogar zeitweise Unabhängigkeit - das historische Bewusstsein der Saarländerinnen und Saarländer entscheidend geprägt. Die Grenznähe, das halbe Französischsein, die vielbeschworene französische Lebensart, die auch in der saarländischen Lebensart ihren Niederschlag gefunden hat, die Entscheidung für die Zuge

(Abg. Zieder-Ripplinger (SPD) )

hörigkeit zu Deutschland unter Wahrung der Andersartigkeit sind identitätsstiftend für das Saarland. Das Saarland gilt daher nicht umsonst als das französischste aller deutschen Bundesländer.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Diese Tatsache spiegelt sich auch in der Präsenz zahlreicher deutsch-französischer Institutionen im Saarland wider, wie wir zum Teil schon gehört haben, beispielsweise die durch Frankreich gegründete Universität des Saarlandes, die Deutsch-Französische Hochschule, das Deutsch-Französische Sekretariat für den Austausch in der beruflichen Bildung, das Deutsch-Französische Gymnasium, das Französische Generalkonsulat in Saarbrücken, die Deutsch-Französische Handelskammer, die Wirtschaftsvereinigung Club des Affaires, der Eurodistrict SaarMoselle, der Europäische Kulturpark Bliesbruck-Reinheim, das deutsch-französische Theaterfestival Perspectives, Französische Filmwochen, der Robert-Schuman-Kunstpreis, die Straßentheatertage oder Kunstausstellungen mit französischer Beteiligung sowie die Schienenschnellverbindung zwischen Saarbrücken und Paris oder die Saarbahn zwischen Sarreguemines und Saarbrücken.

Neben der Vielzahl an institutionellen Einrichtungen sind die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen dem Saarland und seinem direkten Nachbarn Lothringen auch nach dem Anschluss an Deutschland und nach der Bewältigung des Strukturwandels intensiv. So ist das Saarland zum traditionellen Ausgangspunkt für deutsche Betriebe in den französischen Markt geworden. Umgekehrt basiert ein Drittel der lothringischen Wirtschaftskraft auf dem Austausch mit Deutschland.

Jede Form dieser Kooperation trägt auf ihre Art dazu bei, die deutsch-französische Freundschaft zu unterhalten, zu vertiefen und zu dynamisieren. Der Austausch über die Grenze hinweg ist in der Zwischenzeit zum Alltag geworden. Wohnen, Einkaufen und Arbeiten im Nachbarland sind ebenso selbstverständlich geworden wie die Wahrnehmung von Bildungs- und Kulturangeboten oder der Besuch von gastronomischen Betrieben.

Diesen Prozess der Annäherung hat sicherlich die Ausweitung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf weitere Partner in unserer europäischen Kernregion seit den Siebzigerjahren befördert. Aus dem Saarland heraus wurden in diesem Zusammenhang immer wieder Initiativen ergriffen, die die gemeinsame Zusammenarbeit auf der Ebene der Großregion SaarLorLux nachhaltig geprägt haben. Geleitet von der europäischen Idee und Integration hat sich die Großregion zu einer europäischen Modellregion entwickelt. Mit 220.000 Grenzpendlerinnen und Grenzpendlern hat sich hier der größte

grenzüberschreitende Arbeitsmarkt in der Europäischen Union entwickelt. Wie unter einem Brennglas werden in unserer Region die Chancen, aber auch die noch bestehenden Barrieren für die Zusammenarbeit in der EU erkennbar.

Sehr geehrte Damen und Herren, die deutsch-französische und interregionale Zusammenarbeit hat ein beeindruckendes Ausmaß angenommen. Das sollte uns jedoch nicht zum selbstzufriedenen Zurücklehnen animieren, sondern uns vielmehr ermutigen, die Zukunftsaufgaben der Kooperation gemeinsam anzugehen. So dürfen wir auch angesichts leerer Kassen bei der Förderung des Erwerbs der französischen Sprache nicht nachlassen, denn die Sprache ist und bleibt der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis und die Grundlage für eine fruchtbare Zusammenarbeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir brauchen nicht erst in diesem Jahr, sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, anzufangen, eine Generation zu entwickeln, die vom Kindergarten beziehungsweise der Kindertagesstätte an bis zur Universität Französisch lernt. Mein Sohn ist heute 16 Jahre alt. Er hat diesen Weg sozusagen schon hinter sich und er darf ihn auch noch weiter beschreiten. Das heißt, wir sind auf diesem Weg schon sehr weit gekommen. Wir müssen aber die Errungenschaften, die wir heute schon haben, ausbauen, verstetigen und weiter nach vorne treiben.

Wir müssen ferner den Austausch zwischen den Lehrern, Schülern und Lehrlingen vereinfachen und fördern. Wir müssen bei der gegenseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen schneller vorankommen. Wir müssen Infrastrukturen gemeinsam nutzen und, wo erforderlich, gemeinsam ausbauen. Dies betrifft den ÖPNV, die Nutzung von Wasser und Energie, von Krankenhäusern, Altenheimen, Schulen, Sport- und Kulturhallen, ebenso wie von Schwimmbädern, Kläranlagen, Bauhöfen oder Gewerbegebieten.

Der Eurodistrict SaarMoselle als Modell für grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit ist ein erster Schritt in diese Richtung. Raumordnung - das hat auch die Ministerpräsidentin gerade gesagt muss daher in Zukunft grenzüberschreitend gedacht werden. Das kann ich nur heftig unterstreichen.

Wir müssen die wirtschaftliche Zusammenarbeit stärken, den Nachbarn nicht als Konkurrenten sehen, sondern ergänzende Kompetenzen nutzen, um effektivere Angebote machen zu können. In diesem Zusammenhang müssen wir gemeinsame Technologieinitiativen in grenzüberschreitenden Clustern entwickeln. Beginnen wir mit dem Automobilsektor!

Wir müssen unsere kulturellen und touristischen Angebote gemeinsam vermarkten. Wir müssen den ge

(Abg. Zieder-Ripplinger (SPD) )

meinsamen Arbeitsmarkt fördern, indem wir beispielsweise die Arbeitsmarktprogramme grenzüberschreitend anlegen, indem wir die Arbeitsmarkthemmnisse mithilfe der „Task Force Grenzgänger“, EURES und der Arbeitsmarktbeobachtungsstelle angehen.

Wir müssen gemeinsame Programme für die Energiewende entwickeln. Wir dürfen uns nicht von den großen europäischen Verkehrsadern abkoppeln lassen und müssen die Chancen nutzen, die die Entwicklung einer polyzentrischen Metropolregion, das heißt einer Metropolregion mit mehreren Zentren, für das Saarland bieten.

Sie sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, es bleibt viel zu tun! Aber der Aufwand lohnt sich. Denn im Verbund mit Lothringen und den übrigen Partnern der Großregion ist das Saarland stark genug, um auch in Zukunft seine Eigenständigkeit und Identität in einer europäischen Großregion zu sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Saarländerinnen und Saarländer „können Europa“ und wir werden Europa im Geiste des Élysée-Vertrages auch weiterentwickeln. In diesem Sinne „Allez les Sarrois“ und Glück auf!

(Beifall von den Regierungsfraktionen und verein- zelt bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort in der Aussprache hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Professor Dr. Heinz Bierbaum.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE begrüßt ausdrücklich, dass wir heute anlässlich des 50. Jahrestages des Élysée-Vertrages sowohl eine Regierungserklärung als auch einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen dieses Hauses haben. Ich bin der Auffassung, dass dies dem Anlass angemessen ist, weil die deutsch-französische Aussöhnung, wie sie mit dem Élysée-Vertrag sanktioniert und dann weiterentwickelt wurde, in ihrer Bedeutung gar nicht überschätzt werden kann. Sie ist in der Tat ein Meilenstein auch für die Entwicklung in Europa.

Ich möchte ebenso wie die Kollegin Zieder-Ripplinger in ihrer Begründung des Antrages darauf hinweisen, dass innerhalb des deutsch-französischen Vertrages und der deutsch-französischen Beziehungen auch der Austausch zwischen der Jugend eine entscheidende Rolle gespielt hat. Ich kann dies auch persönlich sagen, weil insbesondere in den Sechziger- und Siebzigerjahren der deutsch-französische Jugendaustausch prägend war auch für die europäische Entwicklung. Er existiert auch heute noch, hat

aber nicht mehr die Bedeutung wie noch in den Sechziger- und Siebzigerjahren. Aber der deutschfranzösische Jugendaustausch ist sicherlich ein zentrales Element dessen, was auch im Élysée-Vertrag zum Ausdruck kommt.

Es besteht sicherlich kein Zweifel - das kommt auch in dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zum Ausdruck -, dass der deutsch-französische Freundschaftsvertrag die europäische Einigung wesentlich befördert hat, dass er ein zentrales Element in den Bemühungen um Integration in Europa darstellt. Auch wenn zu Recht die positive Entwicklung, die wir in Europa haben, hervorgehoben und darauf hingewiesen wird, dass es insbesondere eine friedliche Entwicklung war, so dürfen wir allerdings auch nicht vergessen, dass es eben auch Brüche in der europäischen Entwicklung gibt. So sehr ich unterstreiche, was die Ministerpräsidentin gesagt hat in Bezug auf Robert Schuman mit der Parole „Nie wieder Krieg“, so müssen wir auch feststellen, dass Europa von kriegerischen Auseinandersetzungen in der Nachkriegszeit nicht verschont blieb. Ich erinnere nur an die Auseinandersetzungen im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien, wo wir blutige, kriegerische Auseinandersetzungen auf europäischem Boden erlebt haben.

Zu Recht hat die Ministerpräsidentin auch darauf hingewiesen, dass Europa nicht alleine steht, sondern dass wir beispielsweise auch bezogen auf Afrika Verantwortung haben und dass Afrika uns näher ist, als wir glauben. Allerdings bin ich hinsichtlich der aktuellen Auseinandersetzung in Mali der Auffassung, dass Krieg kein Mittel der Politik sein kann.

(Beifall bei der LINKEN.)

Deswegen setzen wir uns für Lösungen ein, die Krieg als Mittel der Politik ausschließen. Denn wir sind der Auffassung, dass Frieden, Demokratie und kulturelle Entwicklung nicht herbeigebombt werden können, sondern auf anderem Wege erreicht werden müssen.

Die Europäische Union ist mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden in Anerkennung der Entwicklung, die Europa genommen hat. Allerdings müssen wir auch zur Kenntnis nehmen - das macht diese Auszeichnung ein Stück weit fragwürdig -, dass von der Europäischen Union ein Großteil der Waffen in die Welt exportiert wird. Mehr als ein Viertel aller Waffen wird von Europa aus in die Welt exportiert, und das steht natürlich im Kontrast zu den Zielen, die der Friedensnobelpreis verfolgt.

Die Auszeichnung Europas mit dem Friedensnobelpreis erfolgt auch in einer Zeit, in der Europa die größte Krise seiner Entwicklung durchläuft. Wenn wir es positiv sehen, sollte uns dies dazu ermutigen, dass diese Krise in der Tat auch angegangen, bekämpft und überwunden wird. Von einer Überwin

(Abg. Zieder-Ripplinger (SPD) )

dung dieser Krise sind wir trotz günstigerer wirtschaftlicher Entwicklung in Deutschland weit entfernt. Mittlerweile gibt es auch in Deutschland Abschwächungstendenzen. Auch die positiven Tendenzen für 2014, wie sie gegenwärtig dargestellt werden, würde ich persönlich mit einem Fragezeichen versehen.

Tatsache ist, dass Europa eine sehr tiefe Krise durchläuft. Dies ist meines Erachtens keine Staatsschuldenkrise, sondern es ist eine Krise der Finanzmärkte und der Banken. Erst über die Rettung der Banken durch entsprechenden Einsatz öffentlicher Mittel ist sie zu einer Staatsschuldenkrise geworden. Aber es ist nicht ursprünglich eine Staatsschuldenkrise.

(Beifall bei der LINKEN sowie vereinzelt bei der SPD und den PIRATEN.)

Ich verweise nur darauf, dass vor der Krise Spanien und Irland kaum eine nennenswerte Staatsverschuldung hatten, heute sieht das völlig anders aus.

Zur europäischen Politik gehört natürlich auch, dass wir uns über diese Politik auseinandersetzen. Hier gibt es sicherlich unterschiedliche Auffassungen, welche Politik angemessen ist. DIE LINKE beurteilt die gegenwärtige europäische Politik als kontraproduktiv bezogen auf die europäische Entwicklung. Wir sehen, dass durch die praktizierte Kürzungspolitik, die wesentlich zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und zulasten der Benachteiligten geht, diese Krise nicht gelöst, sondern verschärft wird. Sie führt nicht nur zu erheblichen sozialen Verwerfungen, in bestimmten europäischen Ländern ins soziale Elend, sie ist auch ökonomisch kontraproduktiv, weil sie die wirtschaftliche Entwicklung vieler europäischer Länder einschnürt und nicht nach vorne bringt.

(Beifall bei der LINKEN.)