Ich lade Sie, verehrter Herr Ulrich und liebe Mitglieder der Opposition, ein: Springen Sie noch auf die
Zwischenzeitlich ist eine weitere Besuchergruppe eingetroffen. Ich darf ganz herzlich die Teilnehmer des Länderprojekts Estland der Konrad-AdenauerStiftung unter Leitung von Herrn Thomas Schneider und Frau Kristiina Tammoja begrüßen. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Ich freue mich auch, dass die Kirche heute bei uns so stark vertreten ist. Herzlich willkommen, Prälat Dr. Prassel. Ein herzliches Willkommen einem alten Bekannten, herzlich willkommen, Herr Bartmann. Von der Evangelischen Kirche ist Herr Kirchenrat Hofmann bei uns. Herzlich willkommen, Danke für Ihre Teilnahme!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Regierungserklärung trägt den vielsagenden Untertitel „Gemeinsam Herausforderungen meistern und Zukunft gestalten“. Nach dem, was wir heute Morgen dazu gehört haben, habe ich allerdings erhebliche Zweifel daran, dass es dieser Regierung gelingen wird, die Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen unseres Landes zu gestalten. Das, was wir heute zu diesem Thema gehört haben, war eher die Verkündung des Prinzips Hoffnung. Klare und verbindliche Botschaften zu einer dauerhaften Finanzierung und Absicherung des Saarlandes? Fehlanzeige. Die gab es heute nicht.
Alle Ankündigungen von Ihnen, Frau Ministerpräsidentin, noch zu Beginn dieses Jahres geäußert, wonach es bis zum 18. Juni eine gute Lösung für das Saarland geben werde - so war die Formulierung -, können wir doch heute in das Reich der Mythen, Legenden und Spekulationen verweisen. Aus dem ursprünglichen „Dreiklang zur Rettung des Saarlandes“ und auch zur Einhaltung der Schuldenbremse, bestehend aus erstens der Begrenzung der Ausgaben, zweitens dem Durchsetzen einer Altschuldenregelung, drittens Einnahmeverbesserungen,
aus diesem vollmundig angekündigten Dreiklang ist nach drei Jahren Großer Koalition ein simpler Einklang geworden.
Die Ausgaben werden begrenzt, das kennen wir hinlänglich. Aber weder sind Einnahmeverbesserungen in Sicht noch ist mehr von einem Altschuldentilgungsfonds die Rede. Im Koalitionsvertrag steht noch, dass die Landesregierung im Bundesrat „Initiativen zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes ergreifen“ will. Und weiter steht da auch, dass sie eine Anhebung der Erbschaftssteuer prüfen will. Offensichtlich gibt es aber im Bundesrat keine einschlägigen Initiativen dieser Landesregierung, dieser Koalition - obwohl Sie doch dafür eine Mehrheit bekommen könnten!
Das fällt natürlich in peinlicher Weise in erster Linie der SPD auf die Füße, die ja in der Frage der Einnahmeverbesserungen, beim Einsatz für Einnahmeverbesserungen, mittlerweile ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem hat.
Hilfreich wäre natürlich ein Altschuldentilgungsfonds - den haben wir alle gefordert, auch die Landesregierung -, gespeist aus dem Soli. Aus den BundLänder-Finanzverhandlungen ist hierzu aber zu konstatieren: Fehlanzeige. Stattdessen wird über Zinsbeihilfen geredet. Diese sind aber doch eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Steigen die Zinsen, lässt dies den realen Wert dieser Hilfen wieder sinken. Damit ist der Weg der Zinsbeihilfen eigentlich eine Sackgasse, keinesfalls aber ein Weg, auf dem das Land dauerhaft von der Schuldenlast befreit werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat sich heute in ihrer Rede bei einem Zwischenruf, der aus einem Wort bestand - aus dem Wort Nein, dieses ironisierend gebraucht -, zu einer sprachlichen Entgleisung verleiten lassen. Sie sprach gegenüber dem Abgeordneten Ulrich von „Grenzdebilität“. Ich gestehe ihr zu, dass sie unter Druck steht, weil sie heute hier nichts abliefern kann. So weit, so gut. In diesem Parlament gehört es sich aber, sich für solche sprachlichen Entgleisungen, die eindeutig unter die Gürtellinie gehen, zu entschuldigen!
Es ist heute in der Regierungserklärung mit vielen Worten zum x-ten Mal das Kommunalpaket vorgestellt worden. Das ging auch schon durch die Presse, auch der Innenminister hat es schon mehrfach vorgestellt. Dieses Kommunalpaket wird ja „über
den grünen Klee“ gelobt. Wir GRÜNE stellen dazu fest: Eigentlich ist das eine Mogelpackung. Das darin Aufgeführte sind entweder Mittel, die ohnehin schon im Landeshaushalt eingeplant waren, beispielsweise die Mittel zum kommunalen Entlastungsfonds, oder es handelt sich um Mittel, die vom Bund zwar für die Kommunen vorgesehen sind, hier aber zum Teil auch vom Land einkassiert werden.
Diese Bundesmittel werden ja nicht eins zu eins an die Kommunen weitergereicht. In Zahlen: Bis 2024 sollen die Kommunen vom Bund insgesamt 474 Millionen Euro erhalten. Laut Kommunalpaket will das Land den Kommunen davon 269 Millionen Euro belassen. Den Rest, das sind 205 Millionen Euro, behält das Land für sich. Bei genauer Betrachtung fließen also von den Bundesmitteln zur Entlastung mehr als 40 Prozent dem Land zu, davon haben die Kommunen unmittelbar überhaupt nichts. Jetzt aber ist schon klar, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Bürgerinnen und Bürger mit Mehrbelastungen zu rechnen haben, etwa durch zusätzliche Gebühren und Beiträge für die Nutzung von Kitas, für die Nutzung von Hallenbädern, oder durch die Anhebung der Grundsteuer B. Solche Belastungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind doch eigentlich nur vermittelbar, wenn sämtliche Konsolidierungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene ausgeschöpft sind. Das sehen wir aber nicht.
Wir fordern zwecks Ausschöpfung sämtlicher Mittel zur Konsolidierung, sich auch einmal die Landkreise zu betrachten. Wir fordern seit Langem eine Reduzierung der Zahl der Landkreise von sechs auf drei, um so langfristige Einspareffekte zu erzielen. Diese Effekte wurden im Hesse-Gutachten auf 25 bis 30 Millionen Euro beziffert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat heute viel über die Zukunftsfähigkeit des Landes geredet. Diese hängt natürlich auch davon ab, wie man mit dem Zukunftsbereich Bildung umgeht. In der Schulpolitik haben Sie einen Paradigmenwechsel eingeleitet: Die demografische Rendite bleibt nicht mehr im Schulsystem. Bis 2020 sollen rund 600 Lehrerstellen gestrichen werden, allein im laufenden Jahr sind es 112 Stellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Zukunftsgestaltung müsste aus unserer Sicht doch anders aussehen! Sie werden den Aufgaben und den Herausforderungen, die auf die Schulen in steigendem Maße zukommen, nicht mehr gerecht. Es geht bei diesen Herausforderungen um die Umsetzung der Inklusion, es geht um die Zunahme der Zahl der Flüchtlingskinder in unseren Schulen, es geht um die Vermeidung von Unterrichtsausfall, es geht auch um zu große Klassen. In den Koalitionsvertrag wurde noch geschrieben, dass in einer Grundschulklasse höchstens 22 Kinder sein sollen, in weiterführenden
Schulen höchstens 25 Kinder. Von diesem Koalitionsziel, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind Sie meilenweit entfernt! Ebenso weit entfernt sind Sie vom Ziel, das Sie für die Einrichtung von gebundenen Ganztagsschulen gesetzt haben: 25 wollten Sie zusätzlich einrichten, gerade einmal acht haben Sie tatsächlich eingerichtet.
Und was die Rahmenbedingungen an den Grundschulen angeht, hat Ihnen ja der SLLV in der vergangenen Woche in einer Kundgebung vor der Staatskanzlei deutliche Worte gesagt. Die Vorsitzende sagte dazu: Bei den Lehrerinnen und Lehrern kippt mittlerweile die Stimmung! Die haben keine Akzeptanz mehr für die Sparmaßnahmen und Kürzungen im Schulbereich. Das ist die Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Ministerpräsidentin, die Sie sich einmal vor Augen führen müssen.
Im zweiten Bereich - Oskar Lafontaine hat es angesprochen - geht es um den Ausbau der Hochschulen in diesem Land. Die werden nicht mehr ausgebaut. Hier werden die falschen Akzente gesetzt. Hier geht es auch um die Wahrnehmung von massiven Protesten der Studierenden, die gemeinsam ja auch mal mit den Hochschullehrern vor der Staatskanzlei eine große Demonstration durchgeführt haben. Insgesamt wird es am Ende des Tages zu einer deutlichen Verkleinerung der Universität des Saarlandes kommen, verbunden mit einem Rückgang der Studierendenzahlen.
Dies wollen wir nicht! Wir wollen eine attraktive Hochschullandschaft mit exzellenten Forschungsangeboten und guten Studienbedingungen in diesem Land erhalten, damit mehr junge Menschen ihren Lebensmittelpunkt ins Saarland verlegen, anstatt das Saarland zu verlassen. Ihr Weg ist ein falscher Weg.
(Beifall von B 90/GRÜNE. - Abg. Thul (SPD) : Welcher Studiengang wird denn geschlossen, Herr Kollege?)
Durch das Sparkonzept an der Universität und an den Hochschulen werden hier einfach die falschen Weichen gestellt.
Stichwort „falsche Weichenstellung“ - das gilt übrigens auch für den öffentlichen Personennahverkehr. Trotz wiederholter Ankündigungen hat die Landesregierung bisher für eine Verbesserung des ÖPNV nichts getan. Die Struktur ist weiterhin zerklüftet, eine übergeordnete und vernetzte Planung gibt es nicht, Finanzmittel vom Bund werden vom Land nach Gutsherrenart verteilt. Obwohl die Landesregierung angekündigt hat, bis 2014 einen Gesetzentwurf für eine Neuregelung des ÖPNV einzubringen, ist bislang kein Vorschlag eingegangen.
Auch beim Thema Energiewende hinken Sie hinterher. Laut Koalitionsvertrag der Landesregierung sollen 20 Prozent des verbrauchten Stroms im Saarland bis zum Jahr 2020 aus erneuerbaren Energien stammen. Auch diesem Ziel hinken Sie meilenweit hinterher. Zurzeit liegt der Anteil des Ökostroms im Saarland bei gerade mal 10 Prozent. Im Grunde genommen vernachlässigt diese Landesregierung die Energiewende in sträflicher Weise. Das Deutsche Institut für Wirtschaft hat in einem Wochenbericht Ende 2014 festgestellt: Der saarländische Weg in die erneuerbaren Energien führt seit 2012 abwärts und endet auf dem vorletzten Platz in der Gesamtbewertung der Bundesländer. Meine Damen und Herren, Zukunftsgestaltung für dieses Land sieht anders aus.
Natürlich macht das Saarland auch bundesweit mediale Schlagzeilen mit „herausragenden“ politischen Leistungen. Herr Hans, zum Ansehen des Landes sei Folgendes gesagt. Die Schlagzeilen, die wir mittlerweile in der Republik machen, betreffen unter anderem den Vierten Pavillon. Das ist die unendliche Geschichte eines Skandalbaus. Es gibt einen Untersuchungsausschuss unter anderem zur Klärung der Finanzierung. Da ist das HTW-Hochhaus, das unvollendete Gebäude. Seit Oktober 2013 ist es fertig gebaut, aber nicht beziehbar. Da gibt es jetzt ganz neu die Pleite der Meeresfischzuchtanlage in Völklingen. Auch hierzu gibt es einen Untersuchungsausschuss, unter anderem zur Klärung der politischen Verantwortung.
So viel zum saarländischen Weg. Zu diesem saarländischen Weg gehört es auch, zur Kenntnis zu nehmen, dass bei all diesen Dingen unsere Ministerpräsidentin, wenn auch in früheren Ämtern, in irgendeiner Form Verantwortung trägt. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sage ich mit Blick auf die Regierungserklärung zum Schluss - die Überschrift lautet ja „Den saarländischen Weg fortsetzen“ -: Dieser saarländische Weg ist auch geprägt von Skandalen, falschen Weichenstellungen und unverantwortlichen Kürzungen in zukunftsträchtigen Bereichen. Einen solchen Weg können wir mit Ihnen nicht fortsetzen. Unserer Meinung nach muss Zukunftsgestaltung für dieses Land anders aussehen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Wandel gestalten - das ist der Wählerauftrag an diese Landesregierung. Wir sind uns bewusst, dass gerade in einer Zeit, in der die Zukunft des Finanzausgleichs der bündischen Gemeinschaft mit dem Bund verhandelt wird, in einer Zeit, in der haushalterisch die Bäume des Saarlandes alles andere als in den Himmel wachsen, es eine verdammt schwierige Aufgabe ist, diesen Wandel zu gestalten. Und dennoch stellt sich diese Landesregierung dieser Aufgabe, stellen sich die sie tragenden Fraktionen dieser Aufgabe. Und ich denke, bei allem Hü und Hott auch dieser Debatte, hat man diese Aufgabe erfolgreich angegangen - die letzten drei Jahre beweisen es.
Die Art und Weise, wie die Diskussion hier geführt wird, kann nicht verwundern. Handelt es sich doch um eine vollkommen normale politische Debatte, wenn die Opposition einerseits die aus ihrer Sicht zu kritisierenden Ergebnisse des Regierungshandelns hervorhebt, andererseits die Regierung und die sie tragenden Fraktionen die erreichten Erfolge positiv herausstellen. Bei all dieser normalen Debatte darf eines nicht vergessen werden, das sind die Menschen in diesem Land. Es geht auch um ihre Sicht jenseits der Innensicht des Parlamentes, die Sicht von außen, die Sicht der Menschen auf die Dinge in diesem Land, auf die Lage und auf das Regierungshandeln selbst.