Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

Zur Begründung des Antrages der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Barbara Spaniol das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Botanische Garten ist für viele unter Umständen ein exotisches Thema. Das stimmt im wahrsten Sinne des Wortes, denn wir reden hier ja auch von exotischen Pflanzen. Sicherlich stehen die Kürzungen beim Botanischen Garten nicht derart im Fokus wie die großen Streichzwänge an der Universität selbst, aber natürlich sind die Kürzungen beim Garten letztendlich auch die Folge der Kürzungsvorgaben des Landes bei der Universität. Das Thema sollte uns nicht kaltlassen. Dietmar Klostermann hat in der Saarbrücker Zeitung sehr deutlich einiges auf den Punkt gebracht. Ich erlaube mir - mit Erlaubnis der Präsidentin - zu zitieren: „Wenn die Landesregierung mit ihrer ebenso geschröpften Uni diesen einzigen Botanischen Garten des Landes verdorren lässt, ist dies nicht nur ein Kulturfrevel. Die Landesregierung sägt damit auch an dem, was sie eigentlich in erster Linie bewahren will: die Selbstständigkeit des Landes. Das Saarland wäre das erste Bundesland ohne eigenen Botanischen Garten, ein entwurzeltes Land.“ - So der Kollege Dietmar Klostermann von der Saarbrücker Zeitung. Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Zuruf: Ich muss gleich weinen! - Heiterkeit und Lachen bei den Regierungsfraktionen.)

Sie brauchen nicht zu weinen, Sie müssen etwas tun!

(Zuruf von der CDU: Da müssen Sie doch selbst lachen!)

Nein, ich muss darüber wirklich nicht lachen.

(Anhaltende Heiterkeit und Sprechen.)

Herr Meiser, Sie können dort noch etwas lernen, das werde ich Ihnen gleich darlegen. Wir sollten uns also doch einmal vor Augen führen, worum es hier überhaupt geht.

(Ministerin Rehlinger: Ja, genau!)

Frau Ministerin, Sie haben auch noch Aufklärungsbedarf? Vielleicht gehen Sie mal mit mir zu einem Termin und schauen sich den Botanischen Garten an. Dann haben Sie eine ganz andere Stimmung und ein anderes Feeling dafür, worum es hier wirklich geht.

(Erneuter Zuruf von Ministerin Rehlinger.)

Es geht nämlich, das haben wir direkt aus dem Botanischen Garten von Dr. Stein gehört, zunächst le

(Vizepräsidentin Ries)

diglich um rund 36.000 Euro, die durch die Nichtbesetzung einer Gärtnerstelle eingespart werden sollen. Ein solcher Betrag wurde genannt. Man kann sich darüber streiten. Das werden wir sicherlich gleich auch tun. Es wäre aber schade, denn es geht schon sehr stark um das, was an der Ausweisung einer solchen Stelle hängt. Sie ist nämlich essenziell für den Fortbestand des Botanischen Gartens, so marginal das vielleicht für einige von Ihnen klingen mag. Denn wenn die professionelle gärtnerische Pflege dort wegfällt, wenn sie nur zwei Tage nicht gewährleistet ist, gehen viele der Pflanzen ein und auch der Botanische Garten geht dann ein. Da brauchen wir nicht drum herumzureden.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich kann mir aber nicht vorstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der SPD, dass Sie ein solches schrittweises Auslaufen des Gartens, was dann zwangsläufig der Fall wäre, wollen. Im Gegenteil, wir sollten - dies würde ich mir wünschen - heute zu einer gemeinsamen Lösung darüber kommen, wie es weitergeht. Um nichts anderes geht es uns heute mit diesem Antrag.

Meine Damen und Herren, bei meinem letzten Besuch im Botanischen Garten habe ich zufällig eine Besucherin getroffen. Es war eine niederländische Touristin, die in Elsass-Lothringen Urlaub mit ihrer Familie gemacht hat. Sie war gekommen, um diesen besonderen Garten kennenzulernen.

(Sprechen.)

Das ist zwar nicht unbedingt repräsentativ, zeigt aber trotzdem, dass wir hier tatsächlich etwas zu bieten haben, das über die Grenzen hinweg anerkannt und geschätzt wird und das wir erhalten sollten. So ist zumindest unsere Meinung. Der Botanische Garten - noch ein kleiner Beitrag zur Lehrstunde - ist wichtiger Teil der Umweltbildung für unsere Schülerinnen und Schüler.

(Anhaltendes Sprechen.)

Ich bin ja schon froh, dass Sie mittlerweile wenigstens wieder munter werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr unruhig. Der Geräuschpegel hier oben ist sehr laut.

Frau Präsidentin, ich kann mich durchsetzen, trotzdem danke. - Schülerinnen und Schülern aller Schulformen wird in diesem botanischen Garten ein altersgerechter, ein lehrplanbezogener Unterricht geboten mit einer absolut tollen erlebnispädagogischen Note. Schauen Sie es sich an! Dieser Garten ist auch eine außerschulische Bildungsstätte, die sich einen Namen gemacht hat. Diese außerschuli

sche Bildungsstätte kann nicht einfach ersetzt werden. Das ist so. Die nächsten botanischen Gärten gibt es in Metz, Saverne, Frankfurt, Heidelberg und Mannheim, also weit weg.

Eine wichtige Aufgabe botanischer Gärten besteht in der Beteiligung an internationalen und nationalen Programmen zum Erhalt der vom Aussterben bedrohten Spezies. Auch wir sollten unseren Beitrag zum Artenschutz leisten, um den Fortbestand dieses Vorzeigeprojektes zu sichern. Das ist aus unserer Sicht ein wichtiges und ernstes Thema. Eines muss man in dieser Debatte auch deutlich machen: Der Botanische Garten hat in der Vergangenheit bereits mehr als genug Sparlasten geschultert. Die Zahl der Gärtner lag bei neun Stellen-Äquivalenten, jetzt sind es nur noch 4,3. In den Hochzeiten wurden über 5.000 Pflanzen kultiviert, jetzt sind es rund 2.000. Gleichzeitig hat man es geschafft, in die öffentliche Gewächshausanlage zu investieren. Trotz Spardruck war man also kreativ und hat etwas auf die Reihe bekommen.

Ein Besuch in diesem wunderbaren wissenschaftlichen Lehrschau- und Erlebnisgarten lohnt sich in jedem Fall, nicht nur weil er einfach schön ist, sondern weil jeder, egal wie alt er ist, hier eine Menge lernen kann. Wenn Sie dort zum Beispiel eine Wunderbeere probieren und anschließend eine Zitrone so süß wie Limonade schmeckt, dann bringt das selbst den Hartgesottensten zum Staunen. Jedenfalls ging es uns so.

(Erneutes Sprechen bei der CDU. - Zuruf des Ab- geordneten Theis (CDU).)

Ja, gehen Sie einmal hin, bevor Sie sich hier lustig machen! Ich kann es Ihnen nur empfehlen. Ich merke doch, wie sehr Sie das brauchen, um in irgendeiner Form hier argumentieren zu können. Die Vielfalt der Natur können Sie vor unserer Haustür erleben. Ich glaube, Herr Theis, das würde Ihnen guttun.

(Erneuter Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Rund 2.200 Pflanzenarten finden sich dort. Im gesamten restlichen Saarland sind es in der freien Natur nur 1.300.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fasse zusammen. Es geht zunächst um die Wiederbesetzung einer Gärtnerstelle. Das klingt wie gesagt marginal, ist aber essenziell. Bereits jetzt ist man bei der Personalisierung im Botanischen Garten am Limit. Wenn diese Stelle nicht wiederbesetzt wird, dann sind auch die Öffnungszeiten nicht mehr zu halten. Dann kann man auch nicht mehr von einer öffentlichen Einrichtung sprechen. Wie gesagt, dann verliert die Allgemeinheit diesen wunderbaren Garten. Also: Der Erhalt der Pflanzenvielfalt ist vom Stellenabbau mehr und mehr bedroht. Das zeigt sich jetzt schon ganz massiv und das muss gestoppt werden.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

Und noch etwas ist in dieser Debatte zu betonen. 2.200 verschiedene exotische Pflanzen kann auch kein noch so engagierter Laie gerade mal ehrenamtlich gießen und pflegen. Auch das haben wir dort gelernt. Das ist zwar gut gemeint, wird aber in der Realität scheitern, weil eben sensible Pflanzen, wenn sie nicht fachmännisch behandelt werden, eingehen, damit auch der Garten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam die einzige wissenschaftliche Garteneinrichtung, die wir in diesem Land in dieser Form haben, im Bestand sichern. Es geht darum, Lösungen zu finden. Lassen Sie uns wenigstens gemeinsam ich habe gemerkt, dass das notwendig ist - mit den Ausschüssen dorthin gehen. Bildungsausschuss, Wissenschaftsausschuss und Umweltausschuss sollten vor Ort einen Besuch machen. Sie werden staunen! Ich finde, das Thema eignet sich nicht für einen Streit im Hause oder irgendwelche parteitaktischen Geschichten. Es geht ganz arg um die Sache. 36.000 Euro im Landeshaushalt sollten darstellbar sein.

(Abg. Thul (SPD) : Es geht nicht um 36.000 Euro, es geht um eine halbe Million!)

Ich nenne einmal diese Zahl. Damit könnten wir anfangen. Es geht um das Projekt der Rettung. Lassen Sie uns darüber sprechen. Wir sind froh um alles, was an der Stelle geht. Das muss auch unser Haushaltsnotlageland auf die Reihe kriegen, das muss darstellbar sein. Lassen Sie uns gemeinsam einen Weg finden! Das ist für uns der Anlass dieses Antrages gewesen. Es lohnt sich wirklich. Vielen Dank.

(Beifall bei B 90/GRÜNE und bei der LINKEN.)

Zur Begründung des Antrages der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Michael Neyses das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Sparlast, die die Landesregierung der UdS auferlegt hat, gerät der Botanische Garten erneut in den Strudel der Spardiskussion. Das Präsidium der Universität beabsichtigt, die Personalstellen des Botanischen Gartens nach dem Auslaufen nicht mehr zu besetzen. Das bedeutet ein schrittweises Sterben des Botanischen Gartens. Das Land, so zumindest die Aussage im Ausschuss, will diesen auch nicht finanzieren. Daher stellen wir GRÜNE hier den Antrag „Zukunft des Botanischen Gartens sichern“, denn wir GRÜNE kämpfen für den Erhalt des Botanischen Gartens.

(Beifall bei B 90/GRÜNE und bei der LINKEN.)

Zu Beginn möchte ich kurz auf den Antrag der LINKEN eingehen. Frau Spaniol hat ja das Thema der Öffnungszeiten schon genannt. Die Öffnungszeiten sind ein großes Problem. Ein viel größeres Problem sind jedoch die Pflanzen, die versorgt werden müssen, mit derzeit 4,37 Stellen, ab März 2016 ist es eine Person weniger. Man kann sich leicht vorstellen, dass man mit 3,5 Personen einen Siebentagebetrieb des Botanischen Gartens nicht aufrechterhalten kann. Es handelt sich um sehr spezielle Pflanzen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Das kann auch nicht von ehrenamtlichen Menschen geleistet werden, auch nicht vom Förderverein, denn da ist spezielles Gärtner-Knowhow notwendig. Ich möchte daher an dieser Stelle auch davor warnen, das Thema Ehrenamt zur Rettung mit ins Spiel zu bringen, denn das ist nicht die Lösung, die wir wollen.

(Beifall bei B 90/GRÜNE und der LINKEN.)

Auch dem Einwerben von Spenden sind Grenzen gesetzt. Der Automatisierungsgrad ist ebenfalls bereits sehr hoch. Hier wurden übrigens in den letzten Jahren Investitionen im fünfstelligen Bereich getätigt, die dann verloren wären.

Kolleginnen und Kollegen, warum darf der Botanische Garten nicht geschlossen werden? Und darüber reden wir langfristig, wenn die Stellen nicht mehr besetzt werden. Es ist ein wundervoller Garten. Einige haben eben bei der Rede von Frau Spaniol gelacht. Schulklassen und Kindergärten können diesen Garten besuchen, sie können sich dort ansehen: Bananenstauden, die Wunderbeere hat die Kollegin schon genannt, Baumwollpflanzen, Kakao, wie Erdnüsse wachsen, dass Erdnüsse nicht auf dem Baum, sondern im Boden wachsen. Sie können eine Mimose anfassen und sehen, wie sie auf die Berührung reagiert. - Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich diesen Botanischen Garten einmal selbst anzusehen. Ich glaube, jeder, der den Botanischen Garten selbst sieht, will ihn auch erhalten.

Eine kurzfristige Lösung ist es natürlich, so wie die LINKE vorschlägt, 36.000 Euro zweckgebunden in den Doppelhaushalt zu stecken. Dem werden wir auch zustimmen. Damit wäre der Garten in dieser Legislatur auch gesichert. Wir brauchen aber auch eine langfristige Lösung für den Botanischen Garten. Daher fordern wir die Landesregierung auf, das Zeitfenster zu nutzen, um alternative Nutzungskonzepte zu finden. Ich möchte hier nur einige Ideen vorbringen, die zumindest geprüft werden sollten.

Zunächst einmal eine stärkere Einbindung in die Tourismusstrategie. Wenn dem Botanischen Garten mehr Besucher zugeführt werden, dann lohnen sich möglicherweise auch Eintrittsgelder. Momentan ist dies nicht der Fall. Daher möchte ich auch vor einer schnellen Lösung über Eintrittsgelder warnen; bei den bestehenden Besucherzahlen wäre die Erhe

(Vizepräsidentin Ries)

bung von Eintrittsgeldern so teuer, dass die Einnahmen die Kosten auffressen würden.

(Zuruf des Abgeordneten Thul (SPD).)

Herr Kollege Thul, es muss eine Stelle besetzt werden, um eine Kasse zu besetzen. Es müssen Eintrittskarten gedruckt werden und so weiter. Die Kosten sind in der Vergangenheit schon einmal kalkuliert worden, und die Kalkulation damals hat ergeben, dass es sich nicht lohnt.

Es wäre vielleicht auch möglich, einen weiteren Ausbau zu betreiben, beispielsweise nach dem Vorbild des Pflanzenschauhauses im Luisenpark in Mannheim. Da müsste natürlich zuerst etwas investiert werden. Es soll auch nur eine Anregung sein. Kooperation mit dem Klettergarten oder mit dem Zoo, mit dem Deutsch-Französischen Garten - hier kann die Landesregierung unterstützend eingreifen. Wir GRÜNE könnten uns auch eine Trägerschaft mit Landesbeteiligung vorstellen, denn der Garten braucht jegliche Unterstützung, die er bekommen kann.