Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

Auch versucht man ja mittlerweile verstärkt, FOSler und Studienabbrecher für die duale Ausbildung zu gewinnen. So gibt es „FOS plus“, weil man in den vergangenen Jahren festgestellt hat, dass viele die Fachoberschule nicht schaffen, viele in der Klassenstufe 11 schon wiederholen. Man versucht nun, diesen Schülern, indem man sie auch im Praktikum intensiver betreut, zu vermitteln, dass möglicherweise für sie die Ausbildung doch der bessere Weg wäre. Die Jugendlichen erhalten also zum einen konkrete Beratung und Hilfestellung, werden aber zum anderen auch durch zusätzlichen Förderunterricht in Mathe, Deutsch und einer Fremdsprache gefördert.

Neben dem üblichen Engagement, mit dem hauptamtliche Ausbilder - da kann ich aus eigener Erfahrung sprechen - sich im Allgemeinen ohnehin regelmäßig weiterbilden, gibt es seit dem vergangenen Jahr bei der Industrie- und Handelskammer eine Ausbilderakademie, bei der sich sowohl hauptamtliche als auch ehrenamtliche Ausbilder zu unterschiedlichen Themen weiterbilden und weiterentwickeln können. Ich denke, auch das ist eine gute Sache. Man sieht daran, dass in den zurückliegenden Jahren von vielen Seiten sehr viele gute Projekte auf den Weg gebracht wurden.

An dieser Stelle sind nun aber auch die Betriebe gefordert und zumindest teilweise in der Pflicht, ihre Einstellungspraxis ein wenig zu überdenken. Es gilt, nicht immer nur eine Bestenauslese zu betreiben, sondern auch den schwächeren Jugendlichen eine Chance zu geben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Denn an den eben genannten Vermittlungsquoten von „AnschlussDirekt“ erkennt man, dass auch solche Jugendliche eine Chance verdient haben und dass diese Jugendlichen solche Chancen auch nutzen und zu guten Facharbeitern werden können.

Nun möchte ich noch einmal kurz die beiden neuen Projekte ansprechen, die in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. Zum einen ist dies die „Lückenlose Betreuung von Jugendlichen im Landkreis Neunkirchen“. Bereits seit dem Sommer 2013

haben wir die Jugendberufsagentur in Neunkirchen, seit Februar 2014 gibt es sie auch in Saarbrücken. Dabei arbeiten Jobcenter, Agentur für Arbeit und Jugendhilfe unter einem Dach zusammen, um Synergien zu heben. Beim neuen Modellversuch in Neunkirchen werden nun sowohl die allgemeinbildenden als auch die weiterbildenden Schulen über eine Netzwerkstelle eingebunden. Das ist jedenfalls sinnvoll und sehr wichtig. Das ist eine sehr gute Geschichte, die sich ein wenig an das Hamburger Modell anlehnt. Damit der Übergang von der Schule in den Beruf wirklich gemeistert werden kann, sollen Jugendliche, die dabei eventuell Probleme haben, erfasst werden und es soll darauf geachtet werden, wie es mit diesen Jugendlichen weitergeht. Sobald der Modellversuch evaluiert ist, muss natürlich, ganz klar, schnellstmöglich geprüft und darüber entschieden werden, ob das Konzept auf das Land ausgeweitet wird. Hier sind ja im Rahmen des Zukunftsbündnisses Fachkräfte Saar alle Kammern - Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer und Arbeitskammer -, aber auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, mit an Bord. Von daher ist das ein sehr breites Bündnis, alle relevanten Kräfte sind hier vertreten. Ich denke, das ist ein gutes und wichtiges Signal.

Es wurde die Assistierte Ausbildung angesprochen. Darauf hat die Landesregierung allerdings zunächst einmal wenig Einfluss, weil das ein Projekt der Bundesagentur ist. Die Bundesagentur hat zugesagt, für das erste Jahr, also 2015, 56 Plätze im Saarland zur Verfügung zu stellen. Das Projekt ist geplant von 2015 bis 2018, dann muss man sehen, wie es gelaufen ist und ob es weitergeführt werden kann.

Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang, weil das auch eine wichtige Rolle spielt, die Verbundausbildung Untere Saar. Hier wurden in den vergangenen Jahren grenzüberschreitend zahlreiche Praktika vermittelt, was jetzt dazu geführt hat, dass relativ zügig die ersten grenzüberschreitenden Ausbildungsverträge geschlossen werden konnten.

Ich möchte an dieser Stelle noch auf den ein oder anderen Punkt im Antrag der GRÜNEN eingehen. Wie eben schon gesagt, was die Assistierte Ausbildung und die Jugendberufsagenturen angeht, kann die Landesregierung nichts alleine machen. Wir können das unterstützen, aber da ist die Bundesagentur zunächst einmal an erster Stelle gefordert. Was die Forderung betrifft, dass alle Jugendlichen einen Ausbildungsplatz erhalten sollen, das habe ich eben schon erwähnt, hat die Große Koalition auf Bundesebene die Wirtschaft verpflichtet, 20.000 zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Damit steigen die Chancen für die Jugendlichen, eine Ausbildungsstelle zu erhalten.

Die Frage des Aufenthaltsrechts befindet sich bereits im parlamentarischen Verfahren, das ist also

(Abg. Krutten (SPD) )

bereits auf den Weg gebracht worden. Von daher braucht man da weiter nichts zu unternehmen. Bei den Fehlstunden ist ein erfreulicher Rückgang zu verzeichnen. Im Jahr 2008/09 waren es im beruflichen Bereich noch 1.848, im Jahr 2010/11 noch 1.330, im Jahr 2014/15 sind es nur noch 386. Also auch hier sind wir auf einem sehr guten Weg. Zusätzlich soll die Stundentafel im beruflichen Bereich ja von 8 auf 12 Stunden erhöht werden. Das heißt also, auch dort wird etwas getan, um Ressourcen in das System hineinzugeben. Auf einer Veranstaltung am Wochenende hat der Hauptpersonalratsvorsitzende Klaus Graus gesagt, dass die Personalisierung an den beruflichen Schulen mittlerweile gut ist. Also, wir sind definitiv an vielen Stellen auf einem sehr guten Weg.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Daher gilt es, diesen guten Weg fortzusetzen und ihn weiterzuentwickeln. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Da es, wie gesagt, einige Ungereimtheiten im Antrag der GRÜNEN gibt, werden wir ihn leider ablehnen müssen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Glück auf.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Danke, Herr Abgeordneter. - Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der Koalitionsfraktionen Drucksache 15/1455. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen sowie die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dagegen gestimmt hat die Fraktion DIE LINKE, enthalten hat sich die Fraktion der PIRATEN.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion Drucksache 15/1473. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.

Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zu den Punkten 12, 13, 14 und 20 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: ELER

Förderperiode 2014 - 2020 (Drucksache 15/ 1463)

Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Digitaler Binnenmarkt für unsere Großregion - Gebühren für Daten-Roaming abschaffen (Drucksache 15/1462 - neu)

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Ausbau von Erneuerbaren Energien beschleunigen - CO 2 Emissionen senken! (Drucksache 15/1460)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Digitaler Binnenmarkt - Besseres Europa für Verbraucher und Unternehmen (Drucksache 15/1475)

Die Fraktionen sind übereingekommen, diese Punkte von der Tagesordnung der heutigen Sitzung abzusetzen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zu den Punkten 15 und 21 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Verbraucherschutz stärken - Kompetenzen bündeln statt zerstückeln! (Drucksache 15/1459)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Starken und funktionsfähigen Verbraucherschutz im Saarland erhalten - Fortführung der erfolgreichen Maßnahmen! (Drucksache 15/1468)

Zur Begründung des Antrags der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Hubert Ulrich das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verbraucherschutz ist ein hohes Gut. Es ist auch ein wichtiges Ziel, den Verbraucherschutz in die Lage zu versetzen, dass er ein Mehr für die Menschen bringt, die ja vom Verbraucherschutz eigentlich alle betroffen sind; wir alle sind betroffen.

(Sprechen.)

Konkret geht es bei unserer Debatte darum, dass das Umweltministerium, Umweltminister Jost, eine Restrukturierung im Bereich des Verbraucherschut

(Abg. Krutten (SPD) )

zes vorgenommen hat und weiterhin vornehmen wird. Diese Restrukturierung basiert auf zwei PwCGutachten. Unter anderem soll die sogenannte Rückstandsanalytik des Landesamtes für Verbraucherschutz ins LUA überführt werden. Andere Teile aus dem Bereich der lebensmitteltechnischen Untersuchungen sollen privatisiert werden oder gar an andere Bundesländer abgegeben werden. Hier geht es insbesondere um die sogenannten Bedarfsgegenstände, darunter fallen Dinge wie Getränke, Obst, Backwarenerzeugnisse und so weiter.

Experten kritisieren diese Pläne von Minister Jost massiv. Sie sehen keinerlei Effizienzgewinne in dieser Art der Vorgehensweise, sie sehen dagegen eine deutliche Schwächung des Verbraucherschutzes hier im Saarland.

(Lautes Sprechen.)

Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um mehr Ruhe. Herr Abgeordneter Ulrich hat das Wort.

Fachleute kritisieren aber auch massiv die beiden PwC-Gutachten, allen voran der unabhängige Sachverständige Prof. Dr. Nöhle, ein bundesweit anerkannter Experte, der von Minister Jost selbst schon zu Vorträgen zu diesen Themenstellungen geladen wurde. Er bemängelt, dass zum Beispiel Vergleichswerte nicht stimmen, dass fundierte Aussagen fehlen, dass Einspareffekte nur marginal beziffert werden.

Professor Nöhle hat seine Kritik aber auch sehr viel weiter gefasst. Er hat aus seiner doch schon besonderen Sicht und Kompetenz darauf hingewiesen, dass der globale Handel - das müssen wir uns klarmachen - noch in starkem Maße zunehmen wird. Wir werden in Zukunft auch in der Europäischen Union wieder von Problemen eingeholt werden, die es eigentlich bei uns schon nicht mehr gab, zum Beispiel Rückstände von Blei und Quecksilber. Die werden wiederkommen über andere Länder wie zum Beispiel China, aus dem heute schon gut 90 Prozent aller Spielzeuge kommen, die wir in der Europäischen Union importieren. Auch die Kunststoffpartikel-Diskussion mit Blick auf die Weltmeere wird uns erreichen durch immer massivere Rückstände in den Fischen, die wir essen werden. Dort stehen wir noch am Anfang der Problematik. Schauen Sie einmal in die Fachpresse, auch das wird uns massiv erreichen.

Es wird auch erhöhte Anforderungen der Europäischen Union mit Blick auf den Lebensmittelbetrug geben. All das sind Dinge, die erwarten lassen, dass die Kontrolle im Bereich Verbraucherschutz eher verstärkt wird als abgebaut. Professor. Dr. Nöhle hat

eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, die uns gar nichts kosten würden, im Gegensatz zu den beiden PwC-Gutachten, die eigentlich nichts wert sind, aber eine Menge gekostet haben, um das an dieser Stelle ganz klar zu sagen. Dr. Nöhle hat empfohlen, die amtliche Überwachung massiv zu stärken, auch vor dem Hintergrund des steigenden Mediendrucks. Wir alle haben in den letzten Jahren schon oft genug erlebt, wenn Lebensmittelskandale aufkommen, wie schnell die entsprechenden Ministerien, Minister und zuständigen Stellen reagieren müssen und wie schnell falsche Informationen an die Öffentlichkeit dringen, wenn nicht ordentlich kontrolliert wird, mit fatalen Folgen für betroffene Unternehmen und auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Deshalb hat Prof. Dr. Nöhle die Empfehlung ausgesprochen, einen großen Wurf zu machen, nicht dieses Klein-Klein, was im Moment im Saarland angedacht wird. Professor Nöhle will eigentlich zu dem zurück, was wir im Saarland schon einmal hatten, nämlich dem SIGU, dem Staatlichen Institut für Gesundheit und Umwelt. Er geht sogar einen Schritt weiter, er sagt, LUA, LAV, die entsprechenden Laborbereiche im EVS und in der Landwirtschaftskammer sollten man zu einer gemeinsamen Behörde zusammenlegen, praktisch zu einem SIGU Plus. Dann hätte man eine entsprechende Schlagkraft, mit der man auch nach außen auftreten kann. Es wurde in den Ausschüssen seitens des Ministeriums immer wieder deutlich gemacht, dass man mit anderen Ländern in Deutschland kooperieren will. Zwischen anderen Bundesländern gibt es bereits solche Kooperationen. Wenn man aber nachfragt, wo die Kernkompetenzen im Saarland liegen, die man anderen Bundesländern für eine Kooperation anbieten kann, dann kommt nichts, weil wir natürlich ein Problem haben. Unsere einzige Chance, dieses Problem zu überwinden, wäre im Prinzip dieses angesprochene SIGU Plus, um überhaupt einen Arbeitsbegriff zu erwähnen.

Ich habe es bereits angeführt, gerade von Prof. Dr. Nöhle war die Kritik an den PwC-Gutachten vernichtend. Er hat es auf den Punkt gebracht, indem er den Satz formulierte: Die einzige Einsparung, die konkret benannt ist, ist das Nichtanschaffen von zwei Geräten. - Und dafür geben wir 100.000 Euro oder mehr aus. Das kann nicht sein. Wirkliche Vorschläge wurden nicht gemacht, an dieser Stelle waren diese Expertisen Fehlanzeige. Der einzige konkrete Vorschlag, den wir daraus entnehmen konnten, der auch einigermaßen sinnvoll wäre, war LAV und LUA zusammenzulegen. Aber auch das machen Sie nicht, Herr Minister. Warum, bleibt Ihr Geheimnis; zu verstehen ist es eigentlich nicht. Anstatt Overhead abzubauen, anstatt vorgesetze Dienststellen wegfallen zu lassen, bei denen wirklich Geld zu

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

sparen wäre, lassen Sie am Ende Fachleute wegfallen,

Der Verband der Lebensmittelchemiker im Saarland hat ebenfalls massiv Kritik an den Plänen geäußert, die Sie hier vorbringen. - Frau Ries, Sie können ruhig die Backen dick machen und blasen.

(Zuruf der Abgeordneten Ries (SPD).)

Ich finde das schon beachtlich, Frau Ries, dass gerade Sie, die hier in diesem Land immer als oberste Lebensmittelüberwacherin auftritt, es lächerlich finden, was die Fachleute dazu sagen, wenn Fachleute ihre Fachkenntnisse einbringen sollen. Nein, wir nehmen gerade das ernst, was die Fachleute sagen. Wen sollen wir ansonsten fragen? Sie auch, welche Fachleute haben Sie denn gefragt? Alle Fachleute gehen auf die Barrikaden, Frau Ries, so sieht es doch einfach aus!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Der Verband der Lebensmittelchemiker im Saarland hat massiv kritisiert, dass Kompetenzen vom LAV ans LUA gehen, dass die Lebensmittelkontrolle massiv geschwächt wird und dass die Analytik schlichtweg zerrissen wird. Wie gesagt, nachvollziehbare Gründe gibt es einfach nicht. Es wird sogar noch teurer, weil es in Zukunft mehr Abstimmungsund Verwaltungsaufwand zwischen den beiden Behörden geben wird. Das heißt, anstatt Geld einzusparen, wird es noch teurer und ineffizienter. Eine Vorgehensweise, die man an dieser Stelle einfach nicht mehr verstehen kann.