Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

Wir weisen zweitens darauf hin, dass die entscheidenden Weichenstellungen für die Klimaschutzpolitik in Berlin vorgenommen werden, dass aber auch in der Wirtschaft, beim Verkehr und bei den privaten Haushalten einschlägige Weichenstellungen vorzunehmen sind. Das von Ihnen vorgelegte Gesetz ist völlig ungeeignet, die von Ihnen selbst angestrebten Wirkungen tatsächlich zu erzielen. Sie schaffen so in erster Linie mehr Bürokratie und höhere Kosten für das Land und die Kommunen. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Ich will aber auch darauf hinweisen, dass die Ablehnung Ihres Gesetzentwurfs keineswegs bedeutet, dass wir uns in der Klimaschutzpolitik nicht engagieren wollten. Das Gegenteil ist der Fall! Ich möchte die Grundzüge deshalb noch einmal beschreiben.

Im Saarland haben wir bei der Fotovoltaik derzeit eine installierte Leistung von 400 MWp, bei den Windkraftanlagen haben wir eine Gesamtleistung von 240 MW, die in den kommenden Jahren noch deutlich ausgeweitet werden wird. Wir haben eine engagierte Wirtschaftsministerin, die in Berlin dafür sorgt, dass auch in Zukunft die geeigneten Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der Windenergie im Saarland vorhanden sind. Wir haben mit EU-Mitteln das „Zukunftsenergieprogramm Kommunal“ betrieben, das vornehmlich der energetischen Sanierung kommunaler Gebäude dient. Wir haben aus Landes

(Abg. Dr. Jung (SPD) )

mitteln ein Programm zur Förderung von Energiespeichern im Zusammenhang mit kleinen dezentralen Erzeugungseinheiten aufgelegt. Die von der Landesregierung unterstützte Landesinitiative Energieinnovation Saar ist ein technik- und innovationsgetriebener Zusammenschluss von Experten aus der Forschung, der Energiewirtschaft und der Industrie mit dem Ziel, die Energiewende auf regionaler Ebene im Saarland dezentral und intelligent umzusetzen. Wir haben im Saarland eine vorbildliche Forstwirtschaft, die gerade erst von den Naturschutzverbänden ausgezeichnet wurde, auch mit Blick auf ihre CO2-Bedeutung. Wir haben ebenfalls einen Spitzenplatz bei der biologischen Landwirtschaft und werden diesen Spitzenplatz in den nächsten Jahren deutlich ausbauen. Beim Thema „EVS und Grünschnitt“ haben wir beschlossen, die energetische Verwertung von Grüngut und Biomüll im Saarland deutlich zu verbessern und und und. Sie sehen: Das Saarland ist klimaschutzpolitisch schon auf einem hervorragenden Weg, dafür braucht es Ihr Gesetz nicht. - Vielen Dank.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen. - Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Hervorragend!)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Prof. Dr. Bierbaum.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bringt heute erneut einen Gesetzentwurf zum Klimaschutz ein, der schon einmal in ähnlicher Form am 20. Juni 2013 eingebracht worden ist. Wir haben damals als Fraktion DIE LINKE erklärt, dass wir diesen Gesetzesentwurf unterstützen. Wir werden dies auch heute tun.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Es ist überhaupt keine Frage, insoweit sind wir, so denke ich, uns alle einig, dass der Klimaschutz eine zentrale Herausforderung darstellt und dass alle Anstrengungen notwendig sind, um zu vernünftigen Lösungen zu kommen, die tatsächlich auch Effekte haben. In der Tat haben die bisherigen Vereinbarungen nicht das erreicht, was eigentlich beabsichtigt war. Ich hoffe, dass die Klimaschutzkonferenz Ende dieses Monats in Paris einen stärkeren Fortschritt bringen wird.

Wir wissen auch, dass der Klimaschutz eine globale Herausforderung darstellt, dass die wesentlichen Weichenstellungen international vorgenommen werden, dass sie gewiss auch auf nationaler Ebene vorgenommen werden. Aber die Tatsache, dass die wesentlichen Weichenstellungen sozusagen übergeordnet erfolgen, darf uns nicht daran hindern, dort

etwas zu tun, wo wir etwas tun können. Das bedeutet, dass wir im Gesamtrahmen auch auf der saarländischen Ebene etwas tun müssen. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir versuchen müssen, auch hierzulande etwas zu tun.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Dr. Jung (SPD) : Machen wir ja!)

Ich halte es für ganz wichtig, dafür eine verlässliche Grundlage zu haben. Ich meine, dass ein Gesetz eine solche verlässliche Grundlage darstellt. Über ein solches Gesetz kann man ja diskutieren. Es ist der Sinn und Zweck des Einbringens eines solchen Gesetzentwurfs, dass wir im zuständigen Ausschuss Anhörungen vornehmen und Diskussionen führen, dass wir damit auch die gesellschaftliche Diskussion befördern. Es erscheint mir wichtig, dass wir auch insgesamt eine gesellschaftliche Diskussion über dieses Thema haben.

Dabei wird auch über Zielsetzungen zu diskutieren sein. Im Gesetzesentwurf ist formuliert, dass bis 2050 die CO2-Emissionen im Saarland um 80 Prozent vermindert werden sollen. Der Kollege Ulrich hat in seiner Begründung dargestellt, man sei durchaus offen, was die Zielsetzung angehe. Diese Zielsetzungen sind ja nicht in Stein gemeißelt, und das gilt umso mehr vor dem Hintergrund bisher gemachter Erfahrungen, denn diese Zielsetzungen haben sich oftmals als nicht realistisch erwiesen, konnten nicht erreicht werden - aus welchen Gründen auch immer. Es ist aber ja Sinn und Zweck der Behandlung in den Ausschüssen, auch über die Zielsetzung zu diskutieren.

Ich denke, wir sind uns auch einig, dass der Klimaschutz eine Querschnittsaufgabe darstellt, dass er alles umfasst, dass es um verschiedenste Maßnahmen geht, dass es auch darum geht, einen entsprechenden Plan aufzustellen. Ob dieser Plan realistisch ist oder nicht, ob er umsetzbar ist oder nicht, auch darüber kann man dann diskutieren.

Klar ist auch, dass das Thema der erneuerbaren Energien einen wesentlichen Raum einnehmen muss. Dazu möchte ich an dieser Stelle auch einmal sehr deutlich formulieren, dass die Frage der erneuerbaren Energien nicht auf die Windkraft reduziert werden kann, sondern umfassender Natur ist. Ich möchte für meine Fraktion auch sehr deutlich erklären, dass wir für den Ausbau der erneuerbaren Energien sind. Wir sind auch nicht grundsätzlich gegen Windkraft! Wir stehen vielmehr für einen ganz bestimmten Einsatz der Windkraft und dabei müssen wir auch die gesellschaftlichen Voraussetzungen beachten, die regionalen Voraussetzungen und dergleichen mehr.

Eine ernsthafte Diskussion über die Frage der Windkraft muss aber auch den Aspekt der Verfügbarkeit von Speichertechnologien einschließen.

(Abg. Dr. Jung (SPD) )

(Beifall von der LINKEN.)

Natürlich gibt es schon Konzeptionen, wie man das machen kann. Aber die Realisierung der Speichertechnologien hat noch nicht das Niveau, das notwendig ist, damit die beabsichtigten Effekte erzielt werden können. Wir haben immer auf die Gefahr hingewiesen, dass, solange dies nicht gewährleistet ist, unter Umständen kontraproduktive Effekte erzielt werden. Das ist das Problem, das von uns gesehen wird.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich bin aber dafür, dass wir diese Problemstellung ernsthaft diskutieren. Dafür bietet der Gesetzentwurf durchaus eine gute Grundlage.

Ich verstehe auch nicht, das muss ich ganz offen sagen, die Ausführungen des Kollegen Jung.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Die hat keiner verstanden!)

Es wird von ihm immer sehr weitschweifig darauf hingewiesen, wir würden ja schon einiges machen, der Gesetzentwurf würde aber nichts taugen, und dergleichen mehr. Warum eigentlich? Warum wird eine solche Initiative nicht aufgegriffen, um in den Ausschüssen und den Anhörungen eine ernsthafte Diskussion zu führen und das Anliegen zu befördern? Das halte ich für ganz entscheidend! Ich habe schon darauf hingewiesen, dass auch die Zielsetzung „80 Prozent“ der Diskussion bedarf. Ich sehe nicht, dass, wenn man diese Zielsetzung diskutiert, gleich die Deindustrialisierung des Saarlandes prophezeit werden muss. Das halte ich für absolut übertrieben.

(Beifall von der LINKEN.)

Natürlich müssen wir diese Punkte auch mit einbeziehen. Wir leben im Wesentlichen von der Industrie, darauf ist immer wieder hingewiesen worden, das stellt auch niemand infrage. Allerdings wissen wir auch, dass industrielle Produktion einem Wandel unterworfen ist, dass die Frage der Energiepolitik eine zentrale Herausforderung darstellt. Da sind wir noch nicht am Ende der Diskussion und auch nicht am Ende der Maßnahmen.

Deswegen verstehe ich nicht, warum eine sinnvolle Zielsetzung, auch wenn sie von der Opposition kommt, nicht einfach mal aufgegriffen wird, damit wir hier eine Grundlage haben, verbindlich über diese Dinge zu reden, und dass nicht immer wieder auf das hingewiesen wird, was wir schon alles gemacht haben. Wir wissen alle, dass das nicht ausreicht, dass mehr gemacht werden muss - da werden Sie mir, denke ich, auch zustimmen. Ich halte es von daher für sinnvoll, diesen Gesetzentwurf zu unterstützen. Deswegen bitte ich Sie, ihn anzunehmen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die CDU-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Günter Heinrich.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Ulrich hat den Gesetzentwurf im Kern damit begründet, der Landtag solle den Gesetzentwurf in den Ausschuss überweisen, damit überhaupt mal über Klimaschutz geredet werde. Ich sage Ihnen, lieber Kollege: Das klingt wenig ambitioniert. Wir haben den gleichen Gesetzentwurf hier im Parlament am 26.03.2013 diskutiert. Das, was Ihre Kollegin Peter dort vorgetragen hat, war wesentlich geistreicher und sachkundiger

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Super! Warum haben Sie das dann damals nicht angenommen?)

als die Argumente, die von Ihnen hier gekommen sind, und vor allem auch als die Zwischenrufe, die Sie bei der Rede des Kollegen Magnus Jung eben von sich gegeben haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Klimaschutz erforderlich ist, ist hier im Saarland keine neue Erkenntnis. Das Thema ist allgegenwärtig, alltäglich werden wir damit konfrontiert; wir sind zum Handeln aufgerufen. Wir handeln auch, wir tun was, und das nicht erst seit gestern. Wir können aber eines nicht vollbringen: Wir können die über ein Jahrhundert gewachsenen Klimaschäden und -folgen nicht per Ordre de Mufti beseitigen, das wird einfach nicht gelingen.

Klimaschutz ist nicht in erster Linie abhängig von abstrakten Normen, sondern Klimaschutz erfordert ein weltweites Handeln als Daueraufgabe. Bei diesem Handeln ist jedes Individuum gefordert, ebenso Unternehmen und öffentliche Einrichtungen. Bei dem, was hier im Land in Sachen klimaverbessernder Maßnahmen bisher erreicht wurde, haben wir durchaus eine positive Bilanz vorzulegen. Hier ist zunächst ein ganz wesentlicher Aspekt, dass der Gedanke, dass die fossilen Ressourcen endlich sind und dass damit ein sparsamer Umgang erforderlich ist, mittlerweile in den Köpfen der Masse der Bevölkerung angekommen ist.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Aber bei Ihnen noch nicht. Bei der Bevölkerung schon. Aber bei Ihnen noch nicht. Das ist das Problem.)

Herr Kollege! - Aber unbestritten bleibt doch, dass es sinnvoll ist, für den Klimaschutz einen normativen Rahmen festzulegen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Dann machen Sie das doch! Das steht im Gesetz drin.)

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Ja! Warten Sie doch mal, Herr Kollege. - Da bin ich vom Inhalt her - nicht von der Reihenfolge! durchaus bei den Aussagen Ihrer Kollegin Peter - so sie es denn noch ist -, die sich in der Sitzung am 26.03.2013 zu dem fast inhaltsgleichen Antrag wie folgt geäußert hat - ich zitiere -: „Es geht nicht darum, irgendwelche Energiezweige woanders hin zu verlagern, sondern es geht darum, ihnen einen Rahmen zu geben, der national, europaweit und international angelegt wird.“

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Ja, und was ist daran falsch?)

Der Rahmen muss international, europaweit und national aufgestellt werden.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Was ist daran falsch?)

Die Reihenfolge ist falsch.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Ach so!)

Das Kyoto-Protokoll war der richtige Ansatz, auch wenn die dort vereinbarten Ziele bis heute bei Weitem noch nicht erreicht sind.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Na sowas!)

Wichtig ist aber doch, dass die Erkenntnis vorhanden ist, dass weiteres Handeln notwendig ist. Deshalb trifft man sich ja jetzt Gott sei Dank wieder in Paris zu einer Klimakonferenz.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Bei der wieder nichts rauskommen wird.)