Protokoll der Sitzung vom 01.12.2015

Aber sprechen wir nicht nur von den Schulen - zur Bildung gehören auch die Hochschulen. Unsere Hochschulen sind aber nicht nur Bildungsträger, sondern auch Innovationsmotoren in unserer Region, sie sind beliebte Arbeitgeber, sie sind auch Kondensationskerne für wirtschaftliche Entwicklungen. Die schlagen dort erstmal auf und können sich von dort aus entwickeln.

Unsere Hochschulen müssen heute aber auch einen sehr starken Wandel bewältigen, einen starken und schnellen Wandel, der für unsere Zeit sehr charakteristisch ist. Das können sie aber nur mit einer angemessenen finanziellen Ausstattung. Aus diesem Grund treten wir dafür ein, die Hochschulen zumindest wieder auf das Finanzierungsniveau des Jahres 2014 zurückzusetzen und somit die desaströsen Kürzungen, die diese Landesregierung durchgeführt hat, zurückzunehmen, um den Hochschulen Entwicklungspotenzial überhaupt noch zu ermöglichen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Die umfassenden Studiermöglichkeiten und eine vielseitige Forschungslandschaft sind eben unverzichtbare Trümpfe, um die Menschen zu überreden, in unser Bundesland zu kommen und hier zu bleiben, um sie zu überzeugen, weil das gute Argumente sind.

Aber wir müssen uns auch mit anderen Themen auseinandersetzen, mit der Entwicklung der Arbeitswelt, wie sie sich in den nächsten Jahren abzeichnen wird. Wenn das Saarland überhaupt noch mitsprechen will, dann können wir das nur bei einer lebendigen Forschungslandschaft, die diese Themen aufgreift, weiterentwickelt und ihre Meinung dazu sagt, die neuen Fertigungsmethoden, selbst künstliche Intelligenz, das Internet of Things,

(Abg. Thul (SPD) : Industrie 4.0)

Industrie 4.0. Wir können uns gar nicht leisten, weniger auszugeben, aber genau das passiert im Moment.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das gilt natürlich genauso für das technologische Rückgrat der digitalen Revolution: schnelles und echtes Breitband-Internet. Es ist sehr gut, dass sich langsam etwas bewegt, es ist aber immer noch zu wenig. Glasfaser ist die kritische Infrastruktur der digitalen Welt. Diese Infrastruktur müssen wir eben bis weit in den ländlichen Raum hinein aufbauen. Kein Internet bedeutet heutzutage keine Weiterentwicklung, und das können wir uns in unserem ländlichen Raum nicht leisten. Bereits letztes Jahr haben wir einen Vorschlag gemacht, durch eine gezielte Investition des Landes schnelles Glasfaser-Internet auch in die schlecht erschlossenen ländlichen Gemeinden zu bringen, quasi den Knoten zu durchschlagen, damit private oder kommunale Anbieter die Versorgung in jedes einzelne Haus und in jedes Gewerbe wirtschaftlich leisten können. Mit Ablehnung unseres Planes aus dem letzten Jahr haben wir ein Jahr verloren. Wir sind aber überzeugt, dass wir es mit 25 Millionen Euro über die nächsten zwei Jahre trotzdem hinbekommen und endlich diesen notwendigen großen Schritt nach vorne machen können. Der Niedergang des ländlichen Raumes kann nur durch einen echten Breitbandausbau gestoppt werden. Ohne echtes Glasfaser-Internet sind die ländlichen Gemeinden ihres Entwicklungspotenzials beraubt. Das wird sich in den nächsten Jahren noch viel stärker herausbilden, als wir es heute schon sehen, durch fallende Immobilienpreise und Probleme, Wohnungen überhaupt loszukriegen und Gewerbe anzusiedeln, wenn keine entsprechende Internetleitung zur Verfügung gestellt werden kann.

Wir setzen aber auch besonders große Hoffnung in die Integration neu ankommender Saarländerinnen und Saarländer, die neu zu uns kommen und in unseren Gemeinden eine Heimat finden: Es können Leerstände wieder behoben werden, wir können geschlossene Schulen wieder öffnen, weil wir wieder mehr Kinder in den Gemeinden haben, Vereine können neu belebt werden. All dies kann aber nur gelingen, wenn sich vor Ort die Bindungen bilden, dass die Menschen nach der ersten Not auch bleiben. All dies wird nur Bestand haben, wenn es den Kommunen gelingt, andockfähige Strukturen zu schaffen. Um den Gemeinden einen Spielraum zu geben für Investitionen und auch für neue Stellen, die erstmal notwendig sind, müssen unserer Meinung nach die Kommunen über die kommenden zwei Jahre entlastet werden. Auch das fehlt aktuell im Haushaltsansatz oder ist zu kurz geführt. Integration kann nur vor Ort zum Erfolgsmodell werden. Das ist nichts, was man von oben verordnen kann, sondern es pas

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

siert vor Ort oder es geht schief. Diese Chance darf einfach nicht leichtfertig verspielt werden. Es ist die eine große Chance, die wir im Moment haben.

(Vereinzelt Beifall bei den PIRATEN und bei B 90/GRÜNE.)

Wenn das Saarland in den Wettbewerb um die Köpfe einsteigen will, wenn das Saarland dafür sorgen will, dass hier auch in Zukunft Menschen gut leben, dass auch in Zukunft Menschen gerne hierher ziehen, dann fehlen zwei wichtige Komponenten, die wir im Haushalt auch nicht ordentlich abgebildet sehen, nämlich die Komponenten Mobilität und Wohnraum.

Es ist heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß, junge Leute zu zwingen, sich einen eigenen PKW zuzulegen, damit sie mobil sind. Genau das ist aber die Realität im Saarland: Wer hier mobil sein will, ist nach wie vor auf eine eigene Motorisierung angewiesen. Jahrzehntelang aufgeschobene Reformen führen zu einem ineffektiven ÖPNV, der viel zu teuer ist für das, was er den Nutzern bietet. Preis-Leistung, multimodale Konzepte, gelungene überregionale Verbindung, alles Fehlanzeige in diesem Land. Damit muss endlich Schluss sein! Wir holen den öffentlichen Verkehr in die Zukunft durch ein Projekt, indem man über zwei Jahre 790.000 Euro zur Verfügung stellt für eine Neukonzeption des ÖPNV. Nach zwei Jahren steht dann auch wirklich ein Konzept, das einen zeitgemäßen ÖPNV vorschlägt und eins zu eins umgesetzt werden kann. Das ist mit diesen Mitteln machbar. Andere Regionen haben es bereits getan, auch das Saarland kann das schaffen. Dann ist die Zeit der Ausflüchte und ständig verschobenen Reformen hoffentlich auch vorbei.

Vorab gibt es allerdings zwei große Projekte, was den Schienenverkehr angeht, die ad hoc umgesetzt werden müssen. Das ist einmal der überfällige Lückenschluss Homburg-Zweibrücken, um die Hochschulstandorte in der Westpfalz an unser Verkehrssystem anzubinden. Und das ist die Reaktivierung der Bahnstrecke links der Saar, die Strecke von Saarbrücken nach Überherrn. Das wird nicht nur die Verkehrssituation in Saarbrücken entlasten, es ist vor allem auch der Brückenkopf, den wir brauchen, um langfristig in dieser Großregion eine Zugverbindung nach Luxemburg herzustellen. Das wäre eine echte Aufwertung für die Region und für Saarbrücken, das wäre auch ein echter Gewinn für Luxemburg.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Mit diesen grundlegenden Leitinvestitionen kann das Saarland im Wettbewerb um die Köpfe auch vorne mitspielen, davon bin ich überzeugt. Anstatt Saarländerinnen und Saarländer aus dem Land zu treiben, weil sie hier keine Perspektive mehr sehen, könnten wir sogar dauerhaft Einwohner hinzugewin

nen, wenn wir an den richtigen Stellen Schwerpunkte setzen.

Es bleibt noch die Frage: Wo sollen all diese Menschen wohnen? Bezahlbarer Wohnraum ist eben nicht nur für Flüchtende wichtig. Altersarmut, verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit, mehr Studierende, mehr junge, aber auch alte Menschen, die ein eigenständiges Leben führen wollen, alle sind auf einen bezahlbaren, guten Wohnraum angewiesen. Den versäumten Investitionen im sozialen Wohnungsbau der letzten Jahre muss eben jetzt durch eine Kraftanstrengung binnen kurzer Zeit massiv entgegengewirkt werden. Die Landesmittel sollten daher gegenüber der Planung der Landesregierung noch einmal um 8 Millionen Euro angehoben worden, weil es einfach einen extremen Nachholbedarf gibt. Dieses Land braucht guten, bezahlbaren Wohnraum.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, mit dem Jahr 2015 haben sich die Rahmenbedingungen drastisch geändert. Durch die vermehrte Aufnahme von Flüchtlingen haben sich neue Spielräume eröffnet; in Zukunft werden wieder mehr Schultern die Lasten tragen. Es entstehen aber auch sehr schnell neue Zwänge, zu investieren und Geld in die Hand zu nehmen. Die schwierige Aufgabe wird sein, eine Win-win-Situation herzustellen. Das ist das, was wir der Bevölkerung schulden, sowohl denjenigen, die schon hier sind, als auch denjenigen, die zu uns kommen. Wir müssen denen helfen, die Hilfe benötigen, müssen den Heimatlosen hier eine Heimat bieten, und dann auch selbst mit den Ankommenden wachsen. Das ist die große Aufgabe der nächsten Jahrzehnte.

Nach der Bewältigung der drängenden Fragen der Versorgung beginnt eben der Wettbewerb um die besten Köpfe, und dann können wir es uns nicht leisten, dass all diese Investitionen für nichts waren und die Leute wieder gehen. Dafür muss eben der vorhandene Spielraum bis zum Letzten ausgereizt werden. Wir haben versucht, diesen Weg in diesen Haushaltsverhandlungen aufzuzeigen.

Der vorliegende Doppelhaushalt der Landesregierung wird dem aber nicht gerecht. Er ist der aktuellen Situation nicht angemessen und lässt den Glauben an die Zukunft dieses Bundeslandes vermissen. Das ist das, was ich aus diesen Entwürfen eben nicht herauslesen kann. Es ist ein Haushalt der Vergangenheit und er ist deshalb für die junge Generation nicht akzeptabel. Wir möchten durchaus unseren Teil beitragen - das kann man jetzt ruhig etwas pathetisch sagen -, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wir möchten aber auch von den Entwicklungen auf dieser Welt profitieren. Dafür sind wir bereit, Geld in die Hand zu nehmen, Geld, das man später auch zurückbezahlen muss.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Diesen Mut vermisse ich in diesem Einwurf. Ich glaube, die Zeit hat Sie beim Entwerfen dieses Haushaltsplanes etwas überholt. Ich denke, das geht besser. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir Nachtragshaushalte haben werden, um dem besser gerecht zu werden. Trotzdem fehlt es an Prioritäten. Setzen Sie mehr Prioritäten, wir haben Ihnen Vorschläge gemacht. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat Herr Fraktionsvorsitzender Stefan Pauluhn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Normalerweise lebt eine Generaldebatte zum Haushalt vom Schlagabtausch zwischen Opposition und Regierung. Es ist sicherlich legitim für die Opposition, auch die Grundlinien des Regierungshandelns zu kritisieren, zu erörtern und sich nicht alleine auf den Haushalt zu beziehen. Es ist sicherlich auch legitim, wenn man glaubt, einen Skandal gefunden zu haben, diesen auch in einer Generaldebatte anzusprechen und zu reflektieren. Aber dass ein Oppositionsführer, dass die stärkste Oppositionspartei in ihren zwei Redebeiträgen kein einziges Wort zum Haushalt sagt, ist, Kollege Lafontaine - zumindest einmal bis jetzt, der Verlauf mag uns eines Besseren belehren - durchaus beachtlich.

Auf die Vorschläge meines Vorredners komme ich nachher noch zurück. Wenn ich es einmal zusammenfasse, sind das die Vorschläge der jungen Wilden von gestern, die immer noch meinen, sie könnten mit dem Geld einfach nur so um sich werfen und müssten sich um alles, was um uns herum passiert und zur Haushaltswahrheit gehört, nicht scheren.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) : Die Argumente von gestern überzeugen mich!)

Ich habe mir vorgenommen, einen anderen Ton in diese Haushaltsdebatte einfließen zu lassen, einen Ton, der die großen Linien, die uns leiten, beschreibt. Das will ich vor allem tun, zumal der vorgelegte Doppelhaushalt drei entscheidende Hinweise darauf gibt, was unser Land in dieser Legislatur bewegte, was unser Land im Moment bewegt und was aller Voraussicht nach in den kommenden beiden Jahren - den Rest dieser Legislatur - dieses Land bewegen wird.

Ich will dies auch in einem Ton tun, der der Zeit, in der diese Grundsatzdebatte stattfindet - ich meine damit nicht den Advent -, angemessen ist. Es geht mir darum, jenseits der üblichen Reflexe auch an dieser Stelle einmal nachdenklichere Töne als üblich anzuschlagen. Denn dies ist keine Haushaltsgrundsatzdebatte wie viele zuvor in einer sonst um sie

herum unaufgeregten Zeit. Nein, die Zeit und das Umfeld, in der sie stattfindet, ist diesmal gänzlich anders, nicht, weil erstmals ein Doppelhaushalt diesem Parlament zur Abstimmung vorliegt, und auch nicht, weil das die letzten Haushaltsberatungen sein werden, bevor die Saarländerinnen und Saarländer im Frühjahr 2017 dazu aufgerufen sind, nach fünf Jahren Regierungszeit von SPD und CDU ein neues Parlament zu wählen.

Nein, die Besonderheit dieser Debatte liegt in ihrem politisch-zeitlichen Kontext. Unser Land, unser Saarland, das Land, in dem die Saarländerinnen und Saarländer gut und gerne leben, steht in der Tat vor gleich mehreren herausragenden Herausforderungen, von denen uns einige seit vielen Monaten, manche seit Jahren, andere erst seit einigen Wochen beschäftigen.

Drei zentrale Punkte ziehen sich dieser Tage gleich einem Fluss, der sich sein Bett gräbt, durch alle politischen Debatten, auch denen zum Haushalt. Sie hinterlassen Spuren, sind unübersehbar, scheinen unüberwindbar und verändern den Lauf der Dinge unmittelbar. Sie beeinflussen das politische Handeln in einer Art, dass jedem klar werden muss: Was getan wird, wird getan, um Menschen Zukunft zu geben, Zukunft und neue Hoffnung. Damit meine ich nicht ausschließlich Flüchtlinge. Die SPD-Fraktion arbeitet gemeinsam mit den Kollegen aus der CDU in der Koalition für ein bestimmtes Ziel: diesem Land und seinen Menschen Zukunft zu geben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich finde, das ist uns - die Ausgangslage 2012, nach Jamaika, noch im Blick - auch mit der Vorlage dieses Doppelhaushalts für die kommenden beiden Jahre, also dem vierten und fünften Haushalt dieser Koalition, die Rahmenbedingungen in Rechnung gestellt, ausgesprochen gut gelungen.

Die Anstrengungen zahlen sich aus: Keine ernst zu nehmende Debatte mehr über eine Angliederung des Saarlandes nach sonst wo. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist doch schon einmal ein Wert an sich und eine Tatsache, hinter der sich alle in diesem Haus eigentlich versammeln müssten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich füge ein Zweites hinzu. Es gibt zur Notwendigkeit - und das mag nicht jedem gefallen -, den Landeshaushalt zu konsolidieren und damit nicht weitere Lasten in die Zukunft zu transferieren, leider keine wirklich prickelnde Alternative. Dies zu tun im Rahmen der Schranken der Schuldenbremse, ist wirklich nicht vergnügungssteuerpflichtig. Dieser Rahmen legt jedem Regierungshandeln Zügel an, insbesondere dem der beiden Haushaltsnotlageländer Bremen und Saarland.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Es stellt uns hier vor eine besondere Herausforderung: Wie viel an notwendigen Investitionen ist leistbar? Was müssen wir mit auf den Weg nehmen, um es später anzugehen? Die größte Herausforderung dieser Zeit ist allerdings keine finanzpolitische. Es geht dabei meines Erachtens um die größte Herausforderung seit der Wiedervereinigung vor 25 Jahren, eine Herausforderung für Deutschland insgesamt, für unser Bundesland und unsere Region hier im Herzen Europas. Es ist die Frage nach dem Zusammenhalt, nach dem Wertekanon, letztendlich nach der Definition Europas selbst. Diese Frage hat weitaus mehr Potenzial, das Leben der Menschen gerade auch in unserem Bundesland zu beeinflussen, als alle anderen Fragen rund um die Steuerfinanzkraft und Haushaltszukunft.

Ich blicke mit großer Sorge auf das anscheinende Auseinanderdriften Europas. Hier radikal hasserfüllte Parolen, dort neue Stacheldrahtzäune und Mauern. Die größtmögliche Solidarität, die eingefordert war zur Bewältigung der Finanzmarktkrise und zur Rettung der Zahlungsfähigkeit von Mitgliedsstaaten darf jetzt erst recht nicht enden, wenn es um das pure Überleben von Menschen geht. Das müsste der jetzige gemeinsame Ruf Europas sein.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die eigentliche europäische Idee, die Idee des grenzenlosen Zusammenwachsens, um das Gespenst des letzten Jahrhunderts, des Krieges, zu verbannen, um Wohlstand und Fortschritt zu gestalten, stand in den letzten Wochen schon einige Male an einem Scheideweg. Darum muss gerade die deutsche Politik auf der Hut sein, Mahner und Wächter sein für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit sowohl in unserem Land als auch in Europa und der Welt. Aber nicht nur Mahner und Wächter, sondern auch Beispielgeber. Zweifelsfrei hat Deutschland in außerordentlichem Maße von der Freiheit und dem Zusammenwachsen Europas profitiert, mehr profitiert als jedes andere Land auf diesem Kontinent.

Darum war es richtig, dass die deutsche Bundesregierung, dass die Bundeskanzlerin Kurs gehalten hat, Kurs gegen die Scharfmacher von außen und Kurs - das war sicher für Frau Merkel noch schwerer - gegen Scharfmacher von innen. Wir können kein Europa bauen, das sich abschottet, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir müssen gemeinsam andere Lösungen finden für jene Fragen, die die Menschen bei uns verunsichern, genau wie auf die Fragen, die die Menschen weit vor den Grenzen Europas dazu bewegen, sich mit Babys, mit Kleinkindern, mit Alten und fast ohne Hab und Gut auf einen Weg zu machen weg von Tod und Terror in der Heimat, ein Weg im Übrigen, der zu den mörderischen Ursachen ihrer Flucht allzu

oft tödlich verläuft, in jedem Fall lebensbedrohend, gefährlich und ungewiss ist und dies auch bleiben wird. Diese Menschen lassen sich nicht durch Stacheldrahtzäune aufhalten. Denn für alle, die aus Bürgerkriegen flüchten, ist nichts unsicherer, als mit ihrer Familie, mit Kindern, mit Alten in einer eh schon fast zerstörten Stadt in einem ausgebombten Viertel auf den nächsten Bombeneinschlag zu warten. Das muss auch allen in Europa klar sein.

Es bedarf zur Bewältigung dieser Krise europäischer Antworten, andernfalls ist das kaum zu schaffen. Viele haben in den Jahren der Finanzkrise, der Staatenschuldenkrise auf Deutschland gesetzt als ein Land mit wirtschaftlicher Stärke und finanziellen Möglichkeiten. Heute setzt Deutschland auch ein Stück weit auf Europa und auf die verbindenden Werte unserer Gemeinschaft, zumindest die verbindenden Werte, die bisher galten. Aber die Menschen, die zu uns kommen, auch die Masse der Flüchtlinge und die Schnelligkeit, in der sich dieser fast schon epochale Veränderungsprozess vollzieht, machen unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern Angst. Das müssen wir sehen und dieser Frage müssen wir uns stellen.