Es bedarf zur Bewältigung dieser Krise europäischer Antworten, andernfalls ist das kaum zu schaffen. Viele haben in den Jahren der Finanzkrise, der Staatenschuldenkrise auf Deutschland gesetzt als ein Land mit wirtschaftlicher Stärke und finanziellen Möglichkeiten. Heute setzt Deutschland auch ein Stück weit auf Europa und auf die verbindenden Werte unserer Gemeinschaft, zumindest die verbindenden Werte, die bisher galten. Aber die Menschen, die zu uns kommen, auch die Masse der Flüchtlinge und die Schnelligkeit, in der sich dieser fast schon epochale Veränderungsprozess vollzieht, machen unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern Angst. Das müssen wir sehen und dieser Frage müssen wir uns stellen.
Es ist die Angst und die Ungewissheit, die bei vielen Menschen nachvollziehbare Fragen auslöst. Wie geht es weiter und was sind die integrationspolitischen Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts? Wie ist das zu bewältigen und welche Schwerpunkte wird es dabei geben? Wird es dabei Verlierer geben und wer werden die Verlierer sein? Im kleinen Rahmen gibt dieser Haushalt auch darauf Antworten, ich komme später darauf zurück.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Welt ist in Aufruhr. Wir befinden uns jetzt in einer Phase, in der dieser Aufruhr - wie im Übrigen schon seit vielen, vielen Jahren Abend für Abend in den Nachrichtensendungen aus dem sogenannten Weit-Weg-Fernsehen zu sehen - nun auch in Deutschland und Europa ankommt. Niemand kann sich mehr verweigern, die besonderen Ansprüche dieser Tage wegschieben nach dem Motto „Eine Gedenkminute, das war‘s“ und dann einfach zum normalen Tagesablauf übergehen, das geht nicht mehr. Auch darum ist das heute eine andere Haushaltsdebatte als viele zuvor. Was diese Debatte aber vor allem fordert, ist eine klare Haltung zu den zentralen Fragen dieser Zeit:
Eben nicht so zu tun, als könnte man Grenzen einfach mal so dichtmachen, keine Stacheldrahtzäune herbeizureden, um damit den Menschen falsche Signale zu senden, wie in manchen Debatten dieser Tage geschehen. Ja, auch das ist eine Haltung. Dass wir uns zu Beginn der heutigen Plenarsitzung im Gedenken an die Terroranschläge von Paris erhoben haben, war ein wichtiges und richtiges Zei
chen. Ich will aber ausdrücklich dieses Gedenken durch die Worte von Martin Schulz ergänzen: „Was da in Paris passiert ist, ist halt auch der Alltag in Aleppo, in Beirut und in Mali.“ Ich sage dies, weil der eine oder andere Politiker dieser Tage meint, den Bombenterror in Paris in einen Zusammenhang stellen zu müssen mit der Flüchtlingsbewegung. Die Flüchtlingssituation und den Terror im gleichen Atemzug zu nennen, Zusammenhänge herbeizureden, gehört zu den dunkelsten politischen Momenten der letzten Wochen.
Vielmehr ist es doch so, dass der überwiegende Teil der Menschen, die im Moment an den Grenzen Deutschlands stehen oder schon bei uns sind, versucht, genau diesem Terror zu entkommen. Darum sind solche Verquickungen grundfalsch und müssen von uns klar und eindeutig zurückgewiesen werden. Es muss heute darum gehen, das Land zusammenzuhalten und niemanden gegeneinander auszuspielen. Das tun wir auch im Rahmen dieses Doppelhaushaltes in einer Situation, die für Deutschland insgesamt und das Saarland im Besonderen ökonomisch erfreulich ist, die uns kleine Spielräume gibt und damit Handeln möglich macht.
Wir tun dies - Kollege Tobias Hans ist schon umfassend darauf eingegangen - im Bereich der inneren Sicherheit. Ich will die Schlagpunkte noch einmal nennen. Zwei Mal 2,5 Millionen für den Bereich der inneren Sicherheit, das ist kein Pappenstiel. Jetzt mehr Polizisten einzustellen und auszubilden als geplant, im Angestelltenbereich der Polizei in erheblichem Umfang Neueinstellungen vorzunehmen und auf die direkten, momentanen Anforderungen des Sicherheitsbedürfnisses der Menschen mit einem polizeilichen Ordnungsdienst zu reagieren - das sind die richtigen Antworten auf die Herausforderungen dieser Zeit. Diese Regierung legt auch einen Schwerpunkt auf die innere Sicherheit. Ich finde, das ist richtig in diesen Tagen.
Ich könnte zu den Finanzierungsvorschlägen der Opposition, die durch die Medien bekannt sind, jetzt einiges sagen, beispielsweise zum Vorschlag der LINKEN, den Verfassungsschutz sozusagen als Gegenfinanzierungsmodell aufzulösen. Ich glaube, die übergroße Mehrheit dieses Hauses ist sich in der Einschätzung einig, dass gerade das in dieser Situation der grundlegend falsche Weg wäre.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Herausforderungen dieser Tage und Monate - ich komme erneut auf das eingangs Gesagte zurück - sind gerade auch die Herausforderungen im Bereich der Integration und hier vor allem im Bereich der
Sprachförderung und der Bildung insgesamt. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Grundlage für eine erfolgreiche Integration das Erlernen der Sprache ist. Hier stellt Bildungsminister Commerçon die richtigen Weichen, trotz Haushaltsnotlage. Bei der Fortbildung und Qualifikation für Lehrkräfte wurden deutliche Akzente gesetzt. Seit Schuljahresbeginn bis heute erhöhten sich die Wochenstunden der verpflichtenden Sprachfördermaßnahmen um sage und schreibe 75 Prozent auf beinahe 300 Stunden. Ich finde, diese Landesregierung gibt damit die richtige Antwort auf die drängendsten Fragen der Zeit.
Aber bei aller Notwendigkeit und Anstrengung zum Thema Integration ist mir und meiner Fraktion angesichts des Grundsatzes, dass niemand gegeneinander ausgespielt werden darf, genauso wie im Hinblick auf die Fragen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger nach möglichen Verlierern bei all diesen Anstrengungen eines besonders wichtig. Unser Bildungssystem muss auch weiterhin gerade jetzt in diesen Tagen jedem Kind, ob nun in Deutschland geboren oder gerade erst zu uns gekommen, die gleichen guten Ausgangsvoraussetzungen mit auf seinen Lebensweg geben. Hier darf es keine Verlierer geben.
Das bedeutet, dass wir weiter Kurs halten, starke Anstrengungen unternehmen und dafür sorgen, dass die Qualität im Bildungsbereich weiter steigt. Wir sind gut beraten, über Investitionen in Bildung nicht zu streiten. Es geht immer ein „Noch mehr“. Wir können diskutieren, aber wir sollten über mehr Investitionen in Bildung nicht streiten, sondern sie in notwendigem und machbarem Maß einsetzen. Das tun wir, damit wir den Eltern sagen können, dass, wenn die Schulklassen genau wie unsere Gesellschaft bunter werden, dies nicht bedeutet, dass ihre Kinder an Unterstützung verlieren, sondern dass im Gegenteil die Kinder von neuer zusätzlicher Förderung profitieren und gerade nicht verlieren.
Darum war es auch richtig und notwendig, dem Vorschlag von UIrich Commerçon zu folgen und als Regierung gemeinsam umzusetzen: mehr Klassen zu bilden, zusätzliche Sprachförderklassen einzurichten und als erste Konsequenz 130 zusätzliche Lehrer zu verpflichten, um genau dieses Signal zu geben, das die Menschen von uns erwarten. Wir müssen auch in Zukunft dafür sorgen, dass die Bildungschancen unserer Kinder weiter steigen. Das ist unser Anspruch; ihm wollen wir uns weiter verpflichten.
Ich komme zum Arbeitsmarkt. Heute Morgen erreicht uns eine gute Zahl, eine gute Botschaft: die geringste Arbeitslosenzahl in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten. Auch im Saarland ist
die Zahl der Erwerbslosen gesunken. Nachher wird Eugen Roth noch etwas dazu sagen, deshalb kann ich mich an der Stelle kurz fassen. Nur so viel: Hier hat sich der Einsatz und die Konzeption der Landesregierung und insbesondere die des Hauses der Wirtschaftsministerin wirklich ausgezahlt. Obwohl ich in den letzten Wochen durch das Tagesblatt - die große Zeitung, die uns jeden Tag erreicht - mehrfach aufgefordert war, zu „bubeln“, kam ich immer zum gleichen Ergebnis. Unser Wirtschaftswachstum ist besser als das eh schon vergleichbar gute im Bund.
Unser Arbeitsmarkt entwickelt sich ausgesprochen gut. Die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen - auch bei den Langzeitarbeitslosen - geht in die richtige Richtung. Hier könnten wir uns noch eine stärkere Tendenz vorstellen. Die Einführung des Mindestlohnes führte entgegen anderslautender Prognosen nicht zur schlagartigen Umkehr jeglichen wirtschaftlichen Wachstums. Das Gegenteil ist richtig. Weiterhin ist es so, dass die Wirtschaftsministerin die Chancen und Risiken für die saarländische Wirtschaft so fest im Blick hat wie jene ihrer Beschäftigten. Lieber Herr Bubel, ich füge hinzu, das ist auch gut und richtig so.
(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Spre- chen. - Abg. Huonker (DIE LINKE) : Wo ist er denn? Wo sitzt er denn?)
Wenn Herr Bubel heute Mittag googelt, dann kann er diese Debatte auch im Worldwide Web nachlesen; die Zahlen, die meinen Feststellungen zugrunde liegen, im Übrigen auch. Das kann er nachlesen. Ich will nur jenseits der inhaltlichen Auseinandersetzung an dem einen oder anderen Punkt sagen: Ich empfinde Sie, Herr Bubel, ansonsten als einen ganz ordentlichen Kerl.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich setzt man sich mindestens genauso kritisch - wie es die Opposition mit dem Haushalt der Regierung tut auch mit den Änderungsvorschlägen der Opposition auseinander. Ich will das jetzt nicht im Einzelnen tun, das würde mein zeitliches Budget sprengen.
Aber leider sind wir bei der finanziellen Lage dieses Landes und der sich daraus ergebenden Haushaltsaufstellung und Schwerpunktsetzung - das muss man mit Blick auf die Opposition schon sagen - nicht bei der Sendung „Wünsch Dir was“, sondern eher bei der Frage, was machbar und notwendig ist. Die bunte Sendung - ob sie die bessere ist, sei dahin gestellt - „Wünsch Dir was“ wird immer von der Opposition gedreht. Das bedeutet nicht immer, dass sich automatisch Wählerquoten davon ableiten lassen,
Deshalb habe ich die Vorschläge der Oppositionsfraktionen zusammenfassen lassen und auf ihre Haushaltstauglichkeit geprüft. Das Ergebnis hat mich nicht erstaunt beziehungsweise nicht überrascht. Die GRÜNEN beschränken sich - so muss man es sagen - für diesen Haushalt auf gerade mal 45 Millionen Euro Mehrausgaben. Das ist bescheiden, Kollege Ulrich. Das ist vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass Sie schon einmal in der Regierung waren. So etwas wirkt ja immer nach. Insofern herrscht an dieser Stelle Bescheidenheit.
Die LINKE ist da schon etwas kräftiger dabei. Sie macht Einsparvorschläge von 440.000 Euro, schlägt aber 67 Millionen Euro Mehrausgaben vor. Den Vogel schießen die PIRATEN ab. Die Freibeuter machen ihrem Namen alle Ehre. Im Saldo geben sie 120 Millionen mehr aus. Kollege Hilberer, ich habe mir nicht mehr die Mühe gemacht herauszufinden, ob da das freie ÖPNV-Ticket für jeden schon eingerechnet ist. Das spielt auch keine Rolle mehr. Ich finde, wer in einer Debatte ernst genommen werden will, in der es um die Zukunft dieses Landes geht sowie darum, die Maßgaben des Stabilitätsrates einzuhalten, der macht sich wirklich keinen guten Namen als Opposition.
Meine Damen und Herren, dem entgegen legen Ihnen die Landesregierung und die Regierungsfraktionen heute diesen Doppelhaushalt vor, der den Weg dieses Landes in die Zeit der nächsten Legislaturperiode und die der neu zu wählenden Landesregierung beschreibt und vorgibt. Zusammenfassend kann man sagen, die Große Koalition hat Wort gehalten. Wir haben einen schwierigen und steinigen Weg der Konsolidierung beschritten. Wir legen auch für das vierte und fünfte Jahr unserer gemeinsamen Regierungszeit einen Haushalt vor, der entgegen mancher Prognose aus diesem Haus auch in diesem Jahr - ich erinnere mich an die Einwände der Opposition in den letzten Jahren; damals hieß es, im nächsten Jahr schafft ihr die Schuldenbremse nicht mehr - die Rahmenbedingungen und die Maßgaben des Stabilitätsrates erfüllt und der nebenbei Akzente setzt. Ich finde, er setzt die richtigen Akzente auf die innere Sicherheit, die Bildung, auch die Universität. Es gibt eine Finanzierungssicherheit für die Universität, die sogar über den Zeitraum dieser Legislaturperiode hinausgeht. Das ist ein Wert an sich, über den man auch mal ein Wort verlieren kann.
Wir eröffnen mit dieser Vorlage erst die Möglichkeit für die Zukunft unseres Landes. Die Entscheidungen stehen bevor. Mich treibt aber noch ein anderer Punkt um. Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Besonderheit dieser Zeit liegt in diesem Jahr, in einem Jahr, in dem die Saarländerinnen und Saarländer in eindrucksvoller Weise gleich mehrfach bewiesen haben, dass es sich lohnt, zusammenzustehen und Haltung zu zeigen. Eine der bundesweit größten Kundgebungen gegen die Parolen von Saargida und rechts außen, die am 12. Januar - wenige Tage nach dem ersten schrecklichen Attentat in Paris in den Redaktionsräumen von Charlie Hebdo stattfand, war ein beeindruckendes Zeichen unseres Bundeslandes und seiner Menschen für ein weltoffenes und buntes Saarland. Fast 10.000 Menschen bewiesen Haltung und sagten: Nein, nicht mit uns!
Auch vor wenigen Wochen, als die AfD - diesmal vor dem Landtag - ihre Parolen loswerden wollte, stellten sich unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger eindrucksvoll dagegen. Nicht einmal 72 Stunden nach dem Aufruf von „Bunt statt Braun“ zur Gegendemonstration gegen die AfD kamen beinahe 2.000 Saarländerinnen und Saarländer zusammen, um erneut in beeindruckender Art und Weise ein Zeichen zu setzen und zu sagen, wir stehen für eine weltoffene Gesellschaft, wir wenden uns gegen dumpfe Ressentiments gegen Flüchtlinge, das Saarland ist bunt und nicht braun. Die Saarländerinnen und Saarländer bewiesen in diesem Jahr mehrfach Haltung. Das war beeindruckend. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das darf durchaus auch uns in diesem Hause ein wenig stolz machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor wenigen Tagen verabschiedete sich Deutschland von einem seiner größten, aufrichtigsten und geradlinigsten politischen Köpfen, unserem ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Warum komme ich zum Schluss auf ihn? Es war auch seine Gradlinigkeit, die ihn auszeichnete und die ihn bei den Menschen so beliebt machte. Ich denke, Geradlinigkeit ist auch in unserem Handeln mehr gefragt denn je. In meinem Büro hängt ein Bild, das mir anlässlich des Endes meiner Ortsvorsteherzeit im letzten Jahr von Kollegen überreicht wurde. Das Bild trägt ein Zitat von Helmut Schmidt, ein Zitat, von dem wohl zumindest meine Kollegen glaubten, dass es auch zu mir passen würde. Ich finde, es passt auch ausgesprochen gut zu der Aufgabe, der sich diese Landesregierung in den letzten Jahren mit Erfolg gestellt hat und der sie sich auch in Zukunft zu stellen hat. Das Zitat von Helmut Schmidt lautet: „Keine Begeisterung sollte größer sein als die nüchterne Leidenschaft zur praktischen Vernunft.“ Ich werbe in diesem Geiste für die Zustimmung zu diesem Doppelhaushalt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Parlament verabschiedet heute zum ersten Mal einen Doppelhaushalt. Der Grund für diesen Doppelhaushalt liegt eigentlich klar auf der Hand, es ist das Wahljahr 2017. Die Große Koalition, die Landesregierung scheut sich einfach davor, im Vorwahljahr 2016 zu 2017 einen Haushalt vorzulegen.
Sie scheuen sich einfach deshalb davor, weil Sie befürchten, dass im Vorwahljahr zu 2017 die Schuldenbremse vielleicht von Ihnen nicht mehr einzuhalten ist. Darum geht es doch in Wahrheit und das muss man auch hier einmal offen aussprechen dürfen, auch wenn Sie dabei etwas nervös werden.