Protokoll der Sitzung vom 26.10.2016

Herr Kollege Lafontaine, ich kann es Ihnen ebenfalls nicht ersparen, Folgendes zu erwähnen. Sie haben bei den Haushaltsberatungen 2014 in Bezug auf die Altlastenanerkennung des Saarlandes und die damit einhergehenden solidarischen Hilfen der anderen Bundesländer von diesem Rednerpult aus sinngemäß gesagt - ich könnte es auch zitieren, das erspare ich uns aber jetzt -, dass Sie nicht daran glauben, dass es gelingt, die Bündnispartner auf unsere Seite zu bringen. Sie haben zugleich angekündigt, Sie wären anderenfalls der Erste, der an diesem Pult Danke sagt und der sagt, es ist eine tolle Leistung, die erreicht worden ist.

(Zuruf der Abgeordneten Spaniol (DIE LINKE).)

Kollege Lafontaine, Sie haben eben an diesem Pult gestanden. Ich muss sagen, wenn das dieses Dankeschön war, dann bin ich tatsächlich froh, dass es gelungen ist, 500 Millionen ins Land zu holen und nicht vielleicht nur 350 Million, denn dann hätte ich mich vor Ihrem Dankeschön etwas gefürchtet. Aber Sie haben in der Tat heute auch gesagt, dass es anerkannt werden muss. Das ehrt Sie. Von daher wollen wir das einfach einmal als Einlösung dieses Versprechens verstehen.

(Zuruf von der LINKEN.)

Meine Damen und Herren, wir haben mit den vergangenen Haushalten einige Akzente gesetzt. Wenn Sie eben gesagt haben, diese Landesregierung habe keine Investitionen getätigt und keine Akzente

gesetzt, dann kann ich Ihnen nur sagen, wir haben es auf der einen Seite geschafft, das strukturelle Defizit um mehr als die Hälfte zurückzufahren. Bis 2017 werden wir die Nettokreditaufnahme auf rund 168 Millionen Euro zurückgeführt und damit halbiert haben. Wir haben es zugleich geschafft, und das muss man hier auch noch einmal erwähnen, im Bereich der inneren Sicherheit zu investieren, die Ministerpräsidentin hat es dargestellt. Wir investieren große Summen und tätigen Investitionen in den Schulen, den Hochschulen, bei der Mittelstandsförderung, im Infrastrukturbereich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau das ist die Zukunftsgestaltung, über die wir reden müssen. Die Tatsache, dass wir jetzt 500 Millionen zur Verfügung haben, wird es möglich machen, diese Investitionen weiterzuführen. Wenn wir diese Lösung nicht erreicht hätten, könnten wir diese Investitionen ab dem Jahr 2020 nicht weiterführen. Allein deshalb ist diese Lösung ein großer Erfolg für alle Saarländerinnen und Saarländer.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dass diese Lösung unkonditioniert ist, dass diese Lösung strukturell wirkt und dass es nicht reine Konsolidierungshilfen sind, sondern dass diese 500 Millionen tatsächlich auch unbefristet ins Saarland fließen, sind Beweis dafür, dass diese Einigung eben eine völlig andere Wertigkeit hat als frühere Zugeständnisse, die der Bund dem Saarland gemacht hat.

Die Kollegin Spaniol hat in der Debatte zum Haushalt 2015 nicht ganz ohne Stolz aus der Geschichte vom einzigen saarländischen Ministerpräsidenten erzählt, dem es gelungen wäre, Schulden abzubauen. Dazu kann ich nur sagen: Es ist in der Tat Geschichte, aber vielleicht nicht unbedingt etwas für die Geschichtsbücher. Denn Fakt ist, dass die Lösungen zur Teilentschuldung, die damals erzielt worden sind, zwar tatsächlich eine gute Sache waren und von uns auch begrüßt wurden, Fakt ist aber auch, dass am Ende dieser Teilentschuldung das Saarland immer noch stärker verschuldet war als zuvor. Es soll also nicht geschmälert werden, aber man muss einfach feststellen: Dass die Lösung, die wir jetzt erreicht haben, unbefristet ist, ist der eigentliche Wert an dieser Sache. Das muss herausgestellt werden.

(Zurufe von der LINKEN.)

Herr Kollege Lafontaine, ich muss noch einmal darauf zurückkommen. Natürlich haben Sie damals nach den Teilentschuldungen auch über Einmalleistungen an die Kommunen das ein oder andere getan. Sie haben das Staatstheater und Ähnliches erwähnt. Das soll überhaupt nicht geschmälert werden. Fakt ist aber auch, dass einige Bürgermeister aus dem Saarland, darunter der damalige Bürger

(Abg. Hans (CDU) )

meister der Gemeinde Quierschied, der hinter mir als Präsident des Landtages sitzt, darunter der St. Wendeler Bürgermeister, einen Antrag an Sie gestellt haben, die Kommunen an der Teilentschuldung zu beteiligen. Herr Kollege Lafontaine, das meinte Kollege Theis eben: Sie haben darauf geantwortet, es sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, die Kommunen zu beteiligen. Das unterscheidet Sie qualitativ von der Ministerpräsidentin des Saarlandes, die gesagt hat: Wir wollen, wir müssen die Kommunen an den Erfolgen beteiligen, die wir in Berlin erreicht haben. - Herr Kollege Lafontaine, das ist der Unterschied. Das muss dargestellt werden!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, ich habe eben bereits dem öffentlichen Dienst im Saarland gedankt. Ich will es aber vertiefen. Schauen wir uns an, was insbesondere den saarländischen Beamtinnen und Beamten zugemutet wurde. Wir haben ihnen Nullrunden zugemutet in Zeiten allgemeiner Lohnsteigerung. Man muss sagen, dass tatsächlich viele schmerzliche Einschnitte gemacht wurden. Man muss auch sagen, dass man Verständnis dafür haben kann, wenn hier und da mal gesagt worden ist, dass das eine oder andere auf dem Rücken der Beamten saniert und ausgetragen worden ist. Ich sage aber hier: Ohne die Stärke unseres öffentlichen Dienstes, ohne die Stärke unserer Beamtinnen und Beamten wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Das will ich dem öffentlichen Dienst in aller Deutlichkeit noch einmal sagen. Dieses Signal soll bitte gehört werden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, ich will gegen Ende meiner Ausführungen nochmals einen Dank aussprechen an alle Verbündeten, die wir bei diesen Verhandlungen hatten. Ich will einen Dank aussprechen an die Vertreter des Bundes, allen voran - das sei mir als CDU-Fraktionsvorsitzendem gestattet - an den Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder, der die Verhandlungen ganz intensiv mit begleitet hat. Immer wenn ich ihm face to face, wie man neudeutsch sagt, gegenübergestanden habe, hat er nicht einfach nur „Hallo“, „guten Morgen“ oder „Tach“ gesagt, sondern er hat immer die 500 Millionen erwähnt. Das verdanken wir auch dem Einsatz meines Amtsvorgängers Klaus Meiser. Das haben alle Ebenen auch beim Koalitionspartner genauso gehandhabt. Jeder wusste, wenn er in Berlin auf uns trifft, dann werden die 500 Millionen genannt. Umso mehr ist es heute ein Erfolg, dass genau diese 500 Millionen ins Saarland fließen werden. Ich glaube, das ist auch ein Erfolg der guten Kooperation zwischen den Regierungsfraktionen hier im Parlament und den Fraktionen im Deutschen Bundestag.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, wir haben im Saarland den Beweis angetreten, dass es sich gelohnt hat, die Konsolidierungsanstrengungen voranzutreiben, dass es sich gelohnt hat, einen harten Kurs zu fahren, dass es funktioniert hat, dennoch zu investieren. Das wird uns nach dieser Einigung die Möglichkeit geben, noch selbstbewusster und stärker aufzutreten. Die 500 Millionen, die wir jetzt erhalten - das will ich ganz deutlich sagen -, sind auch kein Almosen. Diese 500 Millionen sind ein Ausgleich für Belastungen, die uns unverschuldet entstehen. Es ist ein Ausgleich für Dinge, die bei uns angefallen sind, die so in anderen Bundesländern nicht vorhanden sind. Deshalb ruft dieses Ergebnis mehr hervor als pure Freude über eine Einigung, denn das ist es nicht, weshalb wir heute hier stehen. Es ist vielmehr die Gewissheit, dass wir und diese Landesregierung diese Einigung erst auf den Weg gebracht haben, dass wir sie erst in trockene Tücher gebracht haben und dies letztendlich zum Wohle aller Bundesländer und des föderalen Gefüges.

Den Erfolg als solchen auch zu bezeichnen, diesen Erfolg auch zu feiern, das sollten wir uns als Land und als saarländischer Landtag nicht nehmen lassen. Ich lade deshalb auch Sie als Opposition ein, ich lade alle Oppositionsfraktionen ein, das Saarland und seine Zukunft auch an dieser Stelle einmal zu feiern. Sie können sich aber auch - Herr Kollege Ulrich, Sie haben es noch in der Hand - wie bisher von jeglicher Zukunftsgestaltung ausschließen. Wir werden sehen, welchen Weg Sie wählen.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Wir haben den Weg der Zukunftsgestaltung gewählt. Wir haben Zukunft geschaffen für dieses Land. Das ist der Erfolg dieser Landesregierung. - Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von den Regierungsfraktio- nen.)

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Klaus Kessler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern, so beschlossen am 14. Oktober in Berlin, wonach der alte Länderfinanzausgleich abgeschafft und in ein neues System überführt wird, in dem - das muss man auch sehen - der Bund die Hauptlast trägt mit 9,6 Milliarden und alle Länder Profiteure sind und einen Zugewinn haben. Ich räume ein: Wohl nur unter dieser Voraussetzung war eine Einigung möglich. Dann muss man natürlich noch den Wermutstropfen se

(Abg. Hans (CDU) )

hen, dass auch sehr wohlhabende Länder - da nenne ich Baden-Württemberg, aber auch Bayern - insgesamt an diesem Kompromiss mit 2,9 Milliarden partizipieren. So viel geht in diese Länder.

Die grundlegende Neuordnung dieser Finanzbeziehungen, die ab dem Jahr 2020 gelten soll, kann man vielleicht sogar als historisch bezeichnen, wenn man sie im Hinblick darauf bewertet, dass es nicht alle Tage eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern gibt. Mit Blick auf das Saarland warne ich allerdings davor, den erzielten Kompromiss zu überhöhen. Einige neigen ja dazu, ihn regelrecht zu glorifizieren und mit dem Attribut „historisch“ zu versehen, in der Presse ist es ja teilweise auch so geschehen. Das wird meines Erachtens der Sache nicht gerecht, da aus unserer Sicht durch dieses Ergebnis weder die Eigenständigkeit des Landes gesichert ist noch ein Beitrag zu einer nachhaltigen Lösung der Finanzprobleme dieses Landes gegeben ist. Das leistet dieses Ergebnis nicht.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Saarland selbst bekommt jetzt - ich möchte das Ergebnis noch einmal etwas genauer beleuchten 400 Millionen Euro Sanierungshilfen jährlich, dazu noch 100 Millionen aus einer Veränderung des Ausgleichssystems, auch durch eine andere Berechnung der Umsatzsteuerverteilung. Das macht zusammen also 500 Millionen. Vergleiche ich aber einmal die reinen Sanierungshilfen, die 400 Millionen, die wir bekommen, mit den bisherigen Konsolidierungshilfen von 260 Millionen, dann ist das nach Adam Riese eine Verbesserung im Finanzkompromiss um immerhin 140 Millionen, nicht mehr und nicht weniger.

(Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Ich lasse mir auch nicht den Vorwurf anlasten - die Ministerpräsidentin hat das Wort erwähnt -, dass wir das Ergebnis kleinreden wollen. Das mache ich nicht.

(Weitere Zurufe aus der CDU.)

Das Saarland bekommt mehr Geld als bisher. Das räumen wir ein. Ich sage auch: Das ist ein Fortschritt, das ist eine Verbesserung. Das möchte ich noch einmal klarstellen. Ich danke auch all denjenigen, die diesen Kompromiss erreicht haben, Frau Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, Herrn Finanzminister Stefan Toscani und ebenso den kompetenten Mitarbeitern im Finanzministerium, führend Herrn Braun und Herrn Förster. Das ist doch überhaupt keine Frage. Das heißt aber nicht, dass wir an dieser Stelle auf eine Kritik verzichten können.

(Abgeordneter Pauluhn (SPD) tritt ans Saalmikrofon.)

Das Saarland ist nämlich weit davon entfernt, dieses Ergebnis als die Rettung der Eigenständigkeit betrachten zu können. Es ist auch ein Mythos, dass die Große Koalition hier angetreten ist und gesagt hat, nur mit uns als Großer Koalition kann ein solches Ergebnis erreicht werden.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des -

Ich wollte jetzt die Zwischenfrage zulassen, ich wollte nur den Satz zu Ende führen, Kollege Pauluhn.

(Abgeordneter Pauluhn nimmt wieder Platz.)

Es hat sich erledigt, danke.

Es ist ein Mythos, dass wir das nur mithilfe einer Großen Koalition erreicht haben. Sie haben immer dargelegt, was Sie alles erreicht haben. Ich möchte einmal anführen, was Sie nicht geschafft haben. Sie haben es nicht geschafft, die Altschuldenfrage zu lösen. Das sind zurzeit rund 14 Milliarden Euro. Es kommen noch 3,8 Milliarden kommunale Schulden dazu. Das macht zusammen mehr als 17 Milliarden. Was Sie eigentlich wollten - das steht auch im Koalitionsvertrag und entsprechend sind Sie bei den Verhandlungen angetreten -, war, einen Altschuldentilgungsfonds zu erreichen, und das haben Sie nicht geschafft. Leider, sage ich dazu. Man muss aber zur Kenntnis nehmen, dass Sie zumindest in dieser Hinsicht Ihrem eigenen Anspruch gar nicht so gerecht werden konnten.

Wenn die Landesregierung jetzt noch ankündigt, dass ab 2020 155 Millionen Euro von den zu erwartenden 500 Millionen Euro jährlich in die Schuldentilgung gehen, dann müssen wir uns doch darüber im Klaren sein - ich mache einmal ein Rechenexempel auf -, dass wir damit nicht die 14 Milliarden Altschulden tilgen können. Die können nicht im Entferntesten abgetragen werden, es sei denn, Sie berechnen eine solche Tilgung auf einen Zeitraum von 80 bis 100 Jahren. Ich gehe aber nicht davon aus, dass Sie dann noch als Große Koalition in diesem Land regieren werden.

(Abg. Schmitt (CDU) : Weiß man nicht. - Weitere Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Noch einmal: Zur dauerhaften Sanierung unserer Finanzen brauchen wir einen Altschuldentilgungsfonds, daran führt kein Weg vorbei, und das haben Sie in Berlin nicht erreicht.

Ich möchte aber noch einen Aspekt in der Gesamtproblematik der Finanzen ansprechen, der heute in

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

diesem Hohen Hause noch gar nicht erwähnt worden ist: die Versorgungsausgaben dieses Landes. Die Versorgungsausgaben, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden exorbitant steigen; der Finanzkompromiss, der erzielt worden ist, trägt nicht zur Lösung dieses Problems bei. Der Beleg dafür ist nachzulesen im Sonderbericht des Rechnungshofs aus dem Jahre 2012. Dort steht, dass die Versorgungsausgaben - es gibt Modellberechnungen; das lässt sich gut kalkulieren, das unterliegt nicht den Konjunkturschwankungen - bis zum Jahr 2050 auf sage und schreibe 960 Millionen jährlich steigen werden. Dabei muss man wissen, dass Sie ab dem Haushaltsjahr 2017 beginnen wollen, die Versorgungsrücklage aufzubrauchen, mit 35 bis 40 Millionen jährlich. Bis zum Ende 2020 wird die Versorgungsrücklage komplett verfrühstückt sein. Wie lösen Sie das Problem der Versorgungsausgaben? Darauf gibt auch dieser Finanzkompromiss keine Antwort.

(Abg. Schmitt (CDU) : Das stimmt einfach nicht. Das ist nicht wahr!)

Aber liebe Kolleginnen und Kollegen, das Hauptrisiko - darauf hat Oskar Lafontaine hingewiesen - ist und bleibt die Gefahr von Zinssteigerungen und Konjunkturschwankungen. Irgendwann, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Niedrigzinsphase vorbei oder es kommt zu Konjunktureinbrüchen. Es gibt ja jetzt schon ein Signal aus der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes, gestern veröffentlicht, dass mit einem Konjunkturrückgang von 2,3 Punkten zu rechnen ist. Das unterliegt also alles Konjunkturschwankungen, insofern besteht ein großes Risiko.

Ich möchte noch auf ein weiteres Problem hinweisen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Bis 2019 - die Ministerpräsidentin hat es gesagt - bleibt im Grunde alles beim Alten. Das heißt, wir bekommen nur die 260 Millionen Euro Konsolidierungshilfe. Schaut man einmal in die mittelfristige Finanzplanung des Finanzministers, so ist dort zu lesen, dass ab dem Jahre 2019 in diesem Land immer noch 90 Millionen Euro eingespart werden müssen.