Protocol of the Session on January 18, 2017

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Wir GRÜNE wollen, wie die LINKEN, dass die Sozialbeiräte erhalten bleiben und dass die beratende Begleitung sozial erfahrener Dritter bei Widerspruchsverfahren grundsätzlich erhalten bleibt und deren Beteiligung nicht erst durch die Sozialhilfeträger entschieden wird, wie es im Gesetzentwurf vorgesehen ist. De facto führt die Änderung dazu, dass die Beteiligung unabhängiger Dritter in sozialbehördlichen Verfahren nicht mehr stattfinden wird und auf eine zwingende Anhörung sozial erfahrener Dritter verzichtet wird. Das kann kein Weg sein, den wir mittragen können. Wir wollen das nicht, weil durch die Beteiligung von diesen sozial erfahrenen Dritten oftmals sozial gerechtere Lösungen gefunden werden können und diese ebenso zur Klärung strittiger Sachverhalte beitragen können. Außerdem kann die Beteiligung Dritter auch dem Interessenschutz der Leistungsberechtigten dienen.

Mit dieser Auffassung, Kollegin Kugler hat darauf hingewiesen, stehen wir nicht alleine da. Die anzuhörenden Verbände haben allesamt den Gesetzentwurf nicht akzeptiert und in dieser Form abgelehnt. Der Sozialverband VdK, die Diakonie, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege und der Aktionskreis Kindergeld und Sozialhilfe haben gegen diesen Gesetzentwurf argumentiert. Leider hat die Große Koalition auch nach der Anhörung den Gesetzentwurf unverändert gelassen, was für uns eigentlich unverständlich ist. Man sollte doch die Anzuhörenden an dieser Stelle in ihrer Argumentation auch ernst nehmen.

Auch die Begründung für die Abschaffung der Beiräte, wonach diese die Widerspruchsverfahren bei Ablehnung der Sozialhilfe eigentlich unnötig in die Län

ge ziehen würden, ist nicht stichhaltig. Die sozial erfahrenen Dritten werden lediglich zu den Beratungsterminen dazugeladen, besitzen keinerlei Entscheidungsrecht, sondern lediglich ein Mitspracherecht. Das Verfahren muss ohnehin durchgezogen werden und durchgeführt werden, ob mit Beteiligung sozial erfahrener Dritter oder auch ohne. Insofern ist vielleicht, wenn eine Beteiligung erfolgt, eine längere Verhandlung über den Gegenstand möglich. Aber das ist doch kein Grund, auf die Mitwirkung sozial erfahrener Dritter gänzlich zu verzichten. Das ist für uns nicht nachvollziehbar, im Gegenteil, ein solcher Verzicht ist unseres Erachtens auch ein Verzicht auf eine gewisse Fachexpertise dieser Menschen, die auch eine bestimmte Hintergrundinformation und einen zusätzlichen Sachverstand in sozialen Angelegenheiten einbringen können. Deshalb lehnen wir das ab.

Wir sträuben uns natürlich nicht gegen so etwas wie Entbürokratisierung oder Deregulierung oder eine Vereinfachung des Verwaltungsapparates. Aber das sollte doch dann zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger geschehen und in ihrem Interesse. In dieser Hinsicht wird an diesem Gesetzentwurf an der falschen Stelle gekürzt, da die Mitwirkungsrechte unabhängiger sachkundiger Akteure im behördlichen Verfahren hier ganz einfach beschnitten werden. Unter dem Strich ist dies keine echte Entbürokratisierung, sondern unter dem Strich ist es eigentlich eine weitere Entfernung der Bürgerinnen und Bürger in ihren Beteiligungsmöglichkeiten auch im Rahmen der Sozialgesetzgebung. Deshalb lehnen wir das ab. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Herrmann Scharf von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier wird ein Popanz aufgebaut, der überhaupt nicht nachvollziehbar ist.

(Ministerin Bachmann: Ja, so ist es! - Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Gut, dass das einmal gesagt wird.)

Wir sind das 12. Bundesland, das diese Dinge so umsetzt, wie es Ihnen heute in der Drucksache vorliegt. Baden-Württemberg und Thüringen haben es genauso gemacht, wie wir es heute vorschlagen. Insofern, sage ich jetzt einmal, hat man sich dort die Gedanken gemacht. Wir wollen Menschen nicht in irgendeiner Art und Weise benachteiligen, sondern wer sich das alles genau angehört hat und sich auch genau noch einmal das, was vorhin in der Berichterstattung vorgetragen wurde, vor Augen führt, der

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

weiß, die Menschen sind nicht alleine. Deswegen sind wir klug beraten, heute als das 12. Bundesland im Reigen das genauso zu beschließen, wie es Ihnen vorliegt. Daher bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Volker Schmitt von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es wie meine Vorrednerin und meine Vorredner in der Tat sehr kurz machen. In dem Artikelgesetz geht es ja nicht nur um die mögliche Abschaffung von Sozialhilfebeiräten und die Abschaffung der Berufung von sozial erfahrenen Dritten, sondern noch um weitere sozialrechtliche Vorschriften. Der Vorsitzende hat darauf hingewiesen. Ich erwähne das nur deshalb, weil ich der guten Ordnung halber feststellen möchte, dass gegen diese Änderung offensichtlich niemand etwas einzuwenden hat.

An der Anhörung - der Kollege Kessler hat das eben schon gesagt - haben sich nicht allzu viele Verbände beteiligt, insgesamt fünf inklusive des Landkreistages. Der hat sich allerdings auch nicht wirklich beteiligt, sondern hat lediglich mitgeteilt, dass er von einer Stellungnahme absieht.

In der Konsequenz bedeutet das - alle, die im Landkreistag dem Vorstand angehören, wissen das -, dass die Landkreise und der Regionalverband keine Einwände gegen das Gesetz haben und somit auch nicht gegen die Möglichkeit auf die Einberufung von Sozialhilfebeiräten beziehungsweise die Berufung von sozial erfahrenen Dritten zu verzichten, wohlgemerkt die Möglichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der Verzicht darauf, sozial erfahrene Dritte zu beteiligen, ist ja nicht verpflichtend.

Die vier übrigen Verbände, die Stellung genommen haben - Herr Kessler hat es eben gesagt, der VdK, die Liga, die Diakonie und der Aktionskreis Kindergeld und Sozialhilfe Saar -, haben sich in der Tat alle mehr oder weniger eindeutig für die Beibehaltung der Sozialhilfebeiräte und die Berufung sozial erfahrener Dritter ausgesprochen.

Der Diakonieverband Rheinland-Westfalen-Lippe zum Beispiel - Herr Kessler, Sie haben es eben gesagt - hat unter anderem ausgeführt, dass der Sozialhilfebeirat des Regionalverbandes jährlich tagen würde. Ich selbst gehöre diesem Sozialhilfebeirat seit 1989 an. Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, dass wir jährlich getagt hätten. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass dieser Beirat irgendwann einmal irgendwelche Entscheidungen getrof

fen hätte, die von den Verwaltungsvorlagen abgewichen wären.

(Zuruf des Abgeordneten Kessler (B 90/GRÜ- NE).)

Wie gesagt, ich bin seit 1989 da drin. Es kann durchaus sein, dass ich im Alter - ich werde demnächst auch 60 - schon das eine oder andere vergesse, aber dass ich massenweise Sitzungen vergessen würde, das wage ich jetzt einmal von mir zu weisen. Ehrlich gesagt kann ich mich auch nicht erinnern, dass dort überhaupt jemals irgendwelche Entscheidungen getroffen wurden.

Insofern haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, solche Beiräte doch eigentlich nur eine Alibifunktion. Zugegeben - das will ich schon zugeben -, es ist nicht wirklich ein riesiger Verwaltungsaufwand, Beiräte einzuladen, aber, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, warum sollte man das tun, wenn es nichts zu entscheiden gibt? Das ist doch nun wirklich Quatsch.

Das haben - auch darauf ist der Kollege Scharf eben eingegangen - außer fünf Bundesländern inklusive dem Saarland alle übrigen Bundesländer schon lange erkannt und entsprechend gehandelt. Dort ist die Welt deshalb zwischenzeitlich auch nicht untergegangen. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass an mich als SPD-Fraktionsvorsitzenden des Regionalverbands jemals irgendein Verband oder sonst ein Mitglied des Sozialhilfebeirats mit dem Hinweis herangetreten wäre, der Sozialhilfebeirat solle doch einmal öfter tagen oder die sozial erfahrenen Dritten sollen da einmal öfter beteiligt werden und ich solle mich dafür einsetzen. Das war nie der Fall. Jetzt, wo die gesetzliche Möglichkeit eingeräumt werden soll, sie abzuschaffen, wird Zeter und Mordio geschrien. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist in der Tat wenig glaubwürdig.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Im Übrigen - auch darauf sind alle Rednerinnen und Redner schon eingegangen - muss das ja nicht alles abgeschafft werden. Insofern könnten die Verbände ja über die Frage der Berufung sozial erfahrener Dritter mit den Landkreisen und dem Regionalverband reden, wenn sie das für so wichtig erachten. Ich bin der festen Überzeugung, wenn die Argumente zutreffen, dann wird man dort auch entsprechend handeln. Sie stellen die Frage, wo man jetzt die sozial erfahrenen Dritten herbekommt. Bei aller Liebe, wenn man jetzt nicht weiß, bei welchen Verbänden man da nachfragen kann, da weiß ich nicht mehr, in welcher Welt ich lebe.

Abschließend, die SPD-Fraktion hält das Gesetz für richtig, weil es sich an den realen Gegebenheiten orientiert. Wir werden deshalb logischerweise die

(Abg. Scharf (CDU) )

sem Gesetz auch zustimmen. Abschließend danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 15/1915 in Zweiter und letzter Lesung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/ 1915 in Zweiter und letzter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen wurde. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthalten hat sich die Fraktion der PIRATEN.

Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung:

Zweite Lesung des Gesetzes zur Schaffung von Bündnissen für Investition und Dienstleistung (Drucksache 15/1955) (Abänderungs- antrag: Drucksache 15/2063)

Zur Berichterstattung über die Beratungen des Gesetzentwurfs im Ausschuss erteile ich dem Abgeordneten Bernd Wegner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag des Saarlandes hat den von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Schaffung von Bündnissen für Investition und Dienstleistung, der Ihnen als Drucksache 15/1955 vorliegt, in seiner 52. Sitzung am 05. Oktober letzten Jahres in Erster Lesung angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr überwiesen.

Bündnisse für Investition und Dienstleistung sind Stadtentwicklungsinitiativen mit dem Ziel, die Standortqualität und die Attraktivität von Innenstädten und Stadtteilen für die ansässigen Grundstückseigentümer und andere Betroffene zu verbessern, und zwar indem die Grundstückseigentümer eine Sonderabgabe für umfeldverbessernde Maßnahmen leisten. Der vorliegende Gesetzentwurf novelliert das seit 2007 geltende saarländische Gesetz zur Schaffung von Bündnissen für Investitionen und Dienstleistungen und passt es an die Erfahrungen der Praxis, an die erfolgte Rechtsprechung, an das Datenschutzrecht sowie an das geltende EU-Recht an. Zudem wird das Verfahren für alle Beteiligten transparenter, effizienter und einfacher gestaltet.

Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr hat sich am 11. Januar 2017 mit dem Gesetzentwurf befasst. Im Rahmen der Beratungen wurde der Saarländische Städte- und Gemeindetag angehört. Dieser hat den Gesetzentwurf grundsätzlich begrüßt und nur geringfügige Änderungsanregungen gemacht.

Die Regierungsfraktionen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der vom Ausschuss einstimmig angenommen wurde. Der Ausschuss empfiehlt dem Plenum daher einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/1955 unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Drucksache 15/2063 in Zweiter und letzter Lesung. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Ich eröffne die Aussprache. Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf, Drucksache 15/2063. Wer für die Annahme dieses Abänderungsantrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/2063 einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, angenommen ist.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/1955 in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages in Zweiter und letzter Lesung einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, angenommen ist.

Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

Zweite Lesung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (AGPsych- PbG) (Drucksache15/1920) (Abänderungsan- träge: Drucksachen 15/2059 und 15/2075)

Zur Berichterstattung über die Beratungen des Gesetzentwurfes im Ausschuss erteile ich der Ausschussvorsitzenden, Frau Abgeordneter Christiane Blatt, das Wort.

(Abg. Schmidt (SPD) )

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von der Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf wurde vom Plenum in seiner 51. Sitzung am 14. September 2016 in Erster Lesung einstimmig, bei Zustimmung aller Fraktionen, angenommen und zur weiteren Beratung an den zuständigen Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung überwiesen.

Der Bundesgesetzgeber hat die psychosoziale Prozessbegleitung mit dem Gesetz zur Stärkung von Opferrechten im Strafverfahren gesetzlich verankert. Die psychosoziale Prozessbegleitung ist eine intensive Form der Begleitung im Strafverfahren für besonders schutzbedürftige Verletzte. Sie umfasst die Informationsvermittlung sowie die qualifizierte Betreuung und Unterstützung im Strafverfahren, um die individuelle Belastung der verletzten Person zu reduzieren.

Das Bundesgesetz weist den Ländern die Aufgabe zu, die Voraussetzungen für die Anerkennung von psychosozialen Prozessbegleitern und -begleiterinnen sowie die Anerkennung von Aus- und Weiterbildungen wie auch das Anerkennungsverfahren zu regeln. Dies ist Gegenstand des vorliegenden Gesetzentwurfes.