Protokoll der Sitzung vom 16.10.2012

Ich habe mich gewundert, dass der Verkauf der VSE-Anteile noch einmal problematisiert worden ist. Dieser Verkauf, Herr Ulrich, schafft im Übrigen keine Liquidität bei der VSE, sondern allenfalls bei der RWE. Aber ich will noch einmal auf Folgendes hinweisen: Die Initiative ging von den saarländischen Kommunen beziehungsweise ihren Stadtwerken aus.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wer ist daran beteiligt?)

Diese haben die Landesregierung darum gebeten, den Prozess mit zu koordinieren, und das hat die Ministerpräsidentin getan. Aber weil Sie das Thema jetzt so problematisieren, will ich nur darauf hinweisen, dass die damalige Energieministerin Simone Peter am 20. Oktober 2011 um 11.15 Uhr vor einem Gezerre um die VSE-Zukunft gewarnt hat. Sie sagte, es gehe jetzt kurzfristig um die Ausweitung der Minderheitenbeteiligung - anscheinend ging es wirklich darum - und langfristig um die Möglichkeit weiterer Anteilsübernahme.

(Lachen bei den Regierungsfraktionen. - Zurufe.)

Das ist ja auch richtig, aber dann kann man heute nicht sagen, dass das alles falsch sei oder dass man das einmal untereinander klären müsse.

(Weitere Zurufe.)

Die damalige Ministerin und heutige Abgeordnete Simone Peter sagte am 20. Oktober 2011: „Die Ge

(Minister Maas)

spräche zeigen hohes Interesse auf beiden Seiten an regionalen Allianzen und Beteiligungen. Es geht darum, Wertschöpfung im Land zu sichern. Dies gilt es auch für die VSE zu nutzen.“ Also so falsch kann das alles nicht gewesen sein.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Peter (B 90/GRÜ- NE).)

Es war eine Initiative der Kommunen, und wenn sich kommunale Stadtwerke an einem regionalen Energieversorger beteiligen, dann können doch die GRÜNEN so etwas eigentlich nicht problematisieren, sondern das muss uns doch recht sein. Es geht um mehr Mitbestimmung und darum, die regionalen Interessen in Zukunft besser zu berücksichtigen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zurufe der Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) und Dr. Peter (B 90/GRÜNE).)

Sie haben den Flughafen Saarbrücken angesprochen und gesagt, dass wir in den letzten fünf Monaten überhaupt noch nichts unternommen hätten, um die skandalöse Situation zu beenden.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Stimmt.)

Im Jahr 2011 hatte der Flughafen Saarbrücken ein Defizit von 10 Millionen Euro. In den Jahren davor war die Größenordnung ähnlich. Deshalb hat man einen Partner gesucht, der in diesen Flughafen einsteigt. Das war die Fraport. Sie hat sich zwar irgendwann wieder verdrückt, aber dennoch ist ihr Engagement richtig und wichtig gewesen. Richtig ist es auch, dass wir mit den Kolleginnen und Kollegen in Rheinland-Pfalz darüber sprechen, wie man die Flughafenstandorte Saarbrücken und Zweibrücken zueinanderführen kann - möglicherweise in einer Gesellschaft.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Dann müssen Sie es auch tun.)

Mein Gott, hören Sie doch ein Mal zu! Wenn Sie öfter zuhören würden, öfter lesen würden und öfter verstehen würden, dann hätten Sie wahrscheinlich auch mitbekommen, dass man ab Ensheim - dem Flughafen, bei dem wir in den letzten fünf Monaten angeblich nichts gemacht haben - mittlerweile nach Hamburg, München, Wien und zeitweise auch nach London fliegen kann. Wir haben diese Verbindungen eingerichtet, damit wir als Saarländer und Betreiber dieses Flughafens mit den Rheinland-Pfälzern aus einer Position der Stärke heraus verhandeln können. Wir wollen nämlich für unseren Flughafen eine Perspektive, und wir werden mit den Rheinland-Pfälzern ernsthaft darüber zu sprechen haben, wie eine Kooperation mit Zweibrücken aussehen kann und welchen Sinn sie macht. Sie muss Synergieeffekte bringen, die ich auch sehen will. Und eines kann ich klipp und klar sagen: Eine Flughafenkooperation zwischen Saarbrücken und Zweibrücken wird nie

der Einstieg in die Aufgabe unseres Standortes sein. Wir brauchen unseren Flughafen. Deshalb wollen wir mit Rheinland-Pfalz aus einer Position der Stärke heraus verhandeln.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will das Thema Energie ansprechen, das ebenfalls aufgeworfen worden ist. Ich will Ihnen sagen, dass es Veränderungen gibt. Wir diskutieren aktuell darüber, dass die Landesregierung die Entwicklung der Energiepreise für ein Thema hält, das die Politik im Auge haben muss.

(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) : Und wie werden die Preise langfristig stabilisiert?)

Wir wissen, dass der heutige Strompreis zu zwei Dritteln von gesetzlich gewollten und im Wesentlichen vernünftigen Regelungen abhängig ist. Wenn wir aber feststellen, dass solche Verteuerungen, wie wir sie für das nächste Jahr haben, die in Zukunft noch nicht absehbar sein werden, dazu führen, dass immer mehr private Haushalte und ein immer größerer Teil unserer Gesellschaft Probleme bekommen werden, weil die Stromrechnungen einen immer größeren Teil des verfügbaren Einkommens auffressen, und dass in Zukunft möglicherweise Rentnerinnen und Rentner mit geringen Renten Probleme haben, die Stromrechnungen zu bezahlen, wenn die Preise sich so weiter entwickeln wie bisher, dann ist es nicht mehr als gerechtfertigt, dass eine Regierung ihrer Verantwortung nachkommt und sagt, wir müssen die Preisentwicklung beim Strom im Blick haben. Es geht auch nicht darum, dass irgendeiner die Energiewende zurückdrehen will.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Peter (B 90/GRÜ- NE).)

Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie. Deshalb muss man auch darüber reden und sollte das Thema nicht ideologisieren. Wenn es so weitergeht, dass wir jedes Jahr solche Debatten haben, in denen es um die Strompreisspirale und anderes geht, dann wird auch die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende weiter sinken. Wir brauchen diese gesellschaftliche Akzeptanz aber für den Netzbau und vieles andere, was wir vor der Brust haben und was heute noch nicht erledigt ist. Deshalb müssen wir die gesellschaftliche Akzeptanz erhalten und dürfen die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Unternehmen in diesem Land nicht überfordern, wenn es um die Entwicklung der Strompreise geht. Das gilt jetzt und auch für die Zukunft. Das ist die Position dieser Landesregierung.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es gibt sicherlich noch viel zu tun, aber es sind auch noch keine fünf Jahre vorbei, sondern erst fünf Monate. Wir haben wesentliche Weichen gestellt. Eine ist der saarländische Haushalt, den Finanzminister

(Minister Maas)

Stephan Toscani eingebracht hat. Er setzt nicht nur um, was uns von außen über die Schuldenbremse oder den Sanierungsrat abverlangt wird, sondern er setzt auch um, was sich die Koalitionsfraktionen zur Aufgabe gemacht haben, nämlich im Rahmen unserer Möglichkeiten auf der Einnahmenseite genauso wie auf der Ausgabenseite, für die wir natürlich selbst in der Verantwortung sind, einen Weg aufzuzeigen, wie wir es bis 2020 erreichen können, in diesem Land Haushalte aufzustellen, bei denen es ohne neue Schulden gehen wird. Das halten wir für möglich. Dieses Ziel verfolgen wir. Das ist die beste Gewähr dafür, dass dieses Land auch nach 2020 noch selbstständiges Bundesland ist. - Schönen Dank.

(Anhaltender Beifall von den Regierungsfraktio- nen.)

Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt. Ich schließe die Aussprache. Wir haben eine Wortmeldung für eine persönliche Erklärung. Nach § 41 unserer Geschäftsordnung gibt es die Möglichkeit einer persönlichen Bemerkung. Diese muss am Ende, nach Schluss der Aussprache vor der Abstimmung abgegeben werden. Ich lese den zweiten Satz aus unserer Geschäftsordnung vor: „Der Redner darf nicht zur Sache sprechen, sondern nur Äußerungen in Bezug auf seine Person zurückweisen oder eigene Ausführungen richtigstellen.“ - Das Wort hat die Kollegin Peter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte in der persönliche Erklärung die Äußerungen des Kollegen Jost wie auch die auch von Minister Maas zu meiner Rolle oder zu unserer Rolle bei den VSE-Verhandlungen zurückweisen und klarstellen, dass wir von Anfang an darauf hingewiesen haben, dass die Anteilseigner einen unternehmerischen Mehrwert erzielen sollten und dass die regionale Wertschöpfung durch die erneuerbaren Energien im Sinne des Masterplans Energie gestärkt werden sollte. Dies war in mehreren Erklärungen, angefangen im September, endend im März oder April, als die Verhandlungen unterzeichnet wurden, zum Ausdruck gebracht worden. Außerdem haben wir eine langfristige Reinvestitionsstrategie in Verbindung mit einer nachhaltigen Kraftwerksstrategie gefordert. Das ist alles protokollarisch festgehalten, auch dass ich das persönlich gefordert habe. Ebenso hat es Herr Ulrich in den Gesprächen in der Staatskanzlei persönlich gefordert. Es ist auch protokollarisch festgehalten, dass wir zu Beginn der Verhandlungen nachgefragt haben -

Frau Kollegin Peter, bitte nicht zur Sache sprechen!

Ich möchte es klarstellen!

(Sprechen und Unruhe bei den Regierungsfrak- tionen.)

Die persönliche Bemerkung ist ein schwieriges Mittel der parlamentarischen Debatte. Sie erlaubt aber nicht, zur Sache zu sprechen.

Ich möchte etwas zurückweisen. Es wurde mir unterstellt, wir hätten nicht für den regionalen Mehrwert gekämpft und auch nicht für die Reinvestitionsstrategie. Das Ergebnis war, dass diese Reinvestitionsstrategie so nicht aufging. Wir sind damit konfrontiert worden. Wir hätten diesem Vertrag in dieser Form nicht zugestimmt. Deswegen ist es falsch, was hier behauptet wurde. - Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Wir kommen dann zur Abstimmung über die vier Gesetze in Erster Lesung, zunächst über das Nachtragshaushaltsgesetz 2012, Drucksache 15/130. Wer für die Annahme der Drucksache 15/130 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/130 in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, abgelehnt die Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über das Gesetz über die Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2012, Drucksache 15/131. Wer für die Annahme der Drucksache 15/131 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den zuständigen Ausschuss ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen ist, bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und Ablehnung der Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 2013, Drucksache 15/132. Wer für die Annahme dieses Haushaltsgesetzes 2013 unter gleichzeitiger Überweisung an den zuständigen Ausschuss ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Haushaltsgesetz 2013 in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit an

(Minister Maas)

genommen ist, bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und Ablehnung der Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über das Haushaltsbegleitgesetz 2013, Drucksache 15/133. Wer für die Annahme des Haushaltsbegleitgesetzes 2013 unter gleichzeitiger Überweisung an den zuständigen Ausschuss ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/133 in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, abgelehnt die Oppositionsfraktionen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche unsere Sitzung bis 13.15 Uhr und wünsche allen einen guten Appetit.

(Die Sitzung wird von 12.16 Uhr bis 13.16 Uhr unterbrochen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort und kommen zu der von der Landtagsfraktion DIE LINKE beantragten Aktuellen Aussprache zum Thema

„Rentenentwicklung und Senkung des Rentenversicherungsbeitrages“

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diese Aussprache beantragt zum einen wegen der Entscheidung des Bundesrates und zum Zweiten wegen der Meldung der Saarbrücker Zeitung oder allgemein der deutschen Presse, wonach die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner um 20 Prozent gesunken sei. Ich glaube, niemand wird es als vordergründige Rede abtun, wenn ich sage, dass das ein Sachverhalt ist, der jeden besorgt machen muss. 20 Prozent Kaufkraftverlust über einen Zeitraum von zehn Jahren ist eine erhebliche Einbuße an materiellem Wohlstand. Die Frage ist, was können die politischen Parteien dazu tun, was kann die Politik dazu tun, um dieses Absinken der Kaufkraft der Renten zu verhindern.

In diesem Zusammenhang hat die Bundesratsentscheidung insoweit eine Bedeutung, als sie einen Fehler reflektiert, der nach unserer Auffassung in den letzten Jahren bei der Rentengesetzgebung gemacht worden ist. Der Fehler, quer durch die meisten Parteien, war der, dass die Rentengesetzgebung fixiert wurde auf den Rentenbeitragssatz. Dabei kann man selbst bei oberflächlicher Betrachtung erkennen, dass der Rentenbeitragssatz für jeman

den, der 1.000, 2.000, 3.000, 4.000 oder mehr Euro brutto hat, im Hinblick auf seinen Lebensstandard eine ganz andere Bedeutung hat. Wenn man die Deckelung nimmt für die ganz hohen Einkommen, so ist er für diese Einkommen praktisch ohne Bedeutung.