Auch der Landesdenkmalrat, in dem wirklich Experten sitzen, müsste deutlich stärker werden, als es bisher im Entwurf ersichtlich wird. Es ist ein Fortschritt, dass er künftig vor Umnutzungen oder Abbrüchen angehört werden soll. Aber anhören, zuhören und auf jemanden hören ist bekanntlich nicht immer dasselbe. Ein echtes Mitspracherecht sieht anders aus. Auf Augenhöhe ist der Denkmalrat immer noch nicht.
Der große Wurf ist der vorliegende Entwurf aus unserer Sicht auch nicht. Warum man acht Jahre warten musste, leuchtet mir nicht ein. Die Novelle markiert nicht das Ende der Halbherzigkeiten, hat Christoph Schreiner in der Saarbrücker Zeitung geschrieben, leider zu Recht. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind gespannt auf die Kritik der Experten im Rahmen einer Anhörung. Deshalb werden wir uns heute enthalten. - Ich danke Ihnen.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete. - Für die SPDLandtagsfraktion rufe ich den Abgeordneten Jürgen Renner auf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss immer aufpassen, wenn Isolde Ries einem im Nacken sitzt. Deswegen musste ich mich vergewissern, wer gerade präsidiert.
Ich bin ganz locker. - Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle zur Neuordnung des saarländischen Denkmalschutzes und der saarländischen Denkmalpflege greift die Regierung ein wichtiges Thema auf. Mit der Novellierung werden die Institutionen Kultus
ministerium, Landesdenkmalamt, Landesdenkmalrat und die Kommunen in ein neues Verhältnis zueinander gesetzt. Auf der Entscheidungsebene über den Umgang mit bedeutsamen Denkmälern wird - so wurde eben gesagt - das Vier-Augen-Prinzip wieder eingeführt. Der Landesdenkmalrat wird gestärkt und die Beteiligung der betroffenen Kommunen ebenso. Das wirklich Erfreuliche an diesem Gesetz ist, dass Denkmalschutz und Denkmalpflege in ihrer herausgehobenen Aufgabe neu herauspoliert werden, nämlich beim bewussten Umgang mit dem kulturellen Erbe und dessen Bewahrung.
Dies dient der Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der Geschichte ihrer Heimat und gleichzeitig auch der Weiterentwicklung von Kreativität und Schaffenskraft unseres Gemeinwesens. Damit berühre ich einen wichtigen, wenn nicht sogar den wichtigsten Punkt der Novelle. Der Denkmalschutz wird im Gegensatz zur bislang geltenden Rechtslage in seiner Bedeutung als öffentliche Angelegenheit gestärkt. In diesem Zusammenhang und im Zusammenhang mit der Unterschutzstellung des Finanzministeriums im April 2010 zitiere ich einen Kommentar aus der Saarbrücker Zeitung von Cathrin Elss-Seringhaus. „Ein Kernproblem wird der Politik auf dem goldenen Tablett präsentiert: Das Auseinanderdriften von Bürger und Bürokratie. Denkmalschutz ist eine kulturelle Tätigkeit und ein öffentliches Anliegen, keine Wissenschaft. Deshalb wurde einst auch ein demokratisches Beratergremium installiert - freilich als Palaver-Club, ohne irgendwelche Rechte. Das ist absurd und muss geändert werden. Sonst verewigt sich der unverantwortliche Denkmalschutzkrieg. Dessen traurigstes Opfer: Das Bürgervertrauen in die Solidität und Kompetenz einer Behörde, die selbst Bausünden für historisch wertvoll erachtet und in Masse statt in Klasse macht. Ein fachlich korrekter, aber nicht vermittelbarer Weg.“
Das ist der Kern. Die Gesellschaft muss sich im öffentlichen Diskurs darüber verständigen dürfen und können, was tatsächlich unter Schutz gestellt, umgenutzt oder abgebrochen werden soll, und zwar bevor Entscheidungen der entsprechenden Behörde erfolgen, auch wenn diese demokratisch legitimiert ist. Diese drei Punkte - Vertrauen der Bürger in Institutionen und staatliches Handeln, das Stärken des öffentlichen Diskurses und Transparenz in staatlichen Entscheidungsvorgängen - werden mit dieser Novellierung deutlich herausgehoben.
Zum Verfahren. Der Minister hat bei der Einbringung gesagt, das Landesdenkmalamt wird als nachgeordnete Behörde eingerichtet. Das Ministerium ist in Zukunft Oberste Denkmalbehörde. Das Landesdenkmalamt entscheidet als Fach- und Vollzugsbehörde über die Eintragung von Baudenkmälern und beweglichen Bodendenkmälern in die Denkmalliste und über Anträge auf Zerstörung oder Beseitigung.
Zuvor ist der Landesdenkmalrat anzuhören. Bei Erhaltungs- und Umnutzungsmaßnahmen an überregional bedeutenden Denkmälern entscheidet das Landesdenkmalamt in Abstimmung mit der obersten Denkmalbehörde. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die oberste Denkmalbehörde nach erneuter Anhörung des Landesdenkmalrates, die Kommunen sind zu beteiligen. Es gibt also eine Vielzahl von Beteiligungsmöglichkeiten und Möglichkeiten, diese Angelegenheiten in den öffentlichen Diskurs einzubringen.
Lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zum Denkmalschutz machen. Im Saarland engagieren sich viele Menschen für den Denkmalschutz und die Denkmalpflege. Es sind ehrenamtliche private Initiativen ebenso wie Unternehmen, Vereine, Stiftungen und Kommunen. Davon können sich die Bürgerinnen und Bürger jedes Jahr ein beeindruckendes Bild beim Tag des offenen Denkmals machen, bei einer Vielzahl von Veranstaltungen, Führungen, Wanderungen, Ausstellungen und Vorträgen. Gewürdigt wird dieses Engagement natürlich durch die hohe Anzahl von Besuchern. Gewürdigt wird dies unter anderem durch die Verleihung des saarländischen Denkmalpflegepreises. Dieses vielfältige Engagement zeigt, auf welch breiter Basis Denkmalpflege als gesellschaftliche Aufgabe im Saarland verstanden wird. Ich glaube, dafür haben alle Beteiligten den Dank dieses Hauses verdient.
2018 steht im Zeichen des europäischen Kulturerbejahres. Beispielhaft für das verbindende europäische Erbe stehen im Saarland die französischen Architekturen der Nachkriegszeit. Hier werden der Sender Europe 1 in Berus und natürlich das Pingusson-Gebäude in Saarbrücken in den Fokus gerückt. Gerade letzteres Gebäude, das lange Zeit auch in der Öffentlichkeit als ungeliebtes Denkmal begriffen wurde, hat in der letzten Zeit einen Bedeutungswandel erfahren. Kaum ein anderes Gebäude steht so für die deutsch-französische Geschichte, das Zusammenwachsen beider Nationen und die europäische Einigung.
Dass dies wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wurde, ist natürlich auch dem Kultusminister zu verdanken, der 2013 im Rahmen des Elysée-Jahres das Haus mit einer Vielzahl von Veranstaltungen, Vorträgen, Workshops und so weiter geöffnet hat. 3.000 Besucher haben sich ein Bild von diesem Haus und seinem Stellenwert machen können. Deshalb richte ich einen Dank an die Landesregierung angesichts dieser Einbringung der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes. Damit setzt sie sich zum wiederholten Mal für den Bestand und die Sanierung dieses Gebäudes ein.
Ich glaube, dass die Gesetzesnovellierung eine gute Grundlage dafür ist, die Aufgabe des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege unter öffentlicher Teilha
be und Teilnahme wahrnehmen zu können. Wir werden dem Gesetzentwurf heute in Erster Lesung zustimmen. Wir freuen uns natürlich auf die weitere Beratung und die Anhörung im zuständigen Bildungs- und Kulturausschuss. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Herr Kollege Renner, und rufe für die AfD-Landtagsfraktion Herrn Fraktionsvorsitzenden Josef Dörr auf.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute Morgen schon so viel gedankt worden, da schließe ich mich dem Dank so weit an, wie er verdient ist, und im Voraus danke ich schon all denen, die bisher vergessen wurden.
Das Denkmalschutzgesetz. Der Denkmalschutz im Saarland wurde über viele Jahre stiefmütterlich behandelt. 2004 wurden Strukturen zerschlagen und die Denkmalpflege einfach als Anhängsel in unterschiedliche Ministerien eingegliedert, mal im Umweltministerium, mal im Ministerium für Bildung und Kultur. Die 2011 geplanten Gesetzesänderungen der Jamaika-Koalition scheiterten mit der Koalition.
Nun liegt ein neuer Gesetzentwurf zur Neuregelung des saarländischen Denkmalschutzes vor. Dabei ist grundsätzlich zu begrüßen, dass es endlich nach langer Zeit wieder eine Fachbehörde mit dem Namen Landesdenkmalamt im Saarland geben soll, zwar immer noch unter der Aufsicht des Kultusministeriums, aber immerhin eine eigene Behörde, was zunächst das Landesdenkmalamt im Ansehen ein wenig aufwertet. Diese Art der Aufwertung ist nahezu kostenfrei für das Saarland. Aber sobald es an die Kosten geht, können wir nicht erkennen, wie das Gesetz in vorliegender Form der Denkmallandschaft förderlich sein kann.
Durch den Wegfall der Unteren Denkmalschutzbehörden ging viel von dem kommunalen und regionalen Bezug verloren. Einführen kann man die Unteren Denkmalschutzbehörden nun nicht mehr - besser gesagt, man will nicht mehr -, weil das Land dafür sämtliche Kosten zu tragen hätte. Dafür erscheinen neue Begriffe im vorliegenden Gesetzentwurf, wie „Umnutzung“ und - man höre und staune - „Abbruchanträge“. Worte, die in der noch gültigen Fassung des Denkmalschutzgesetzes nicht vorkommen. Ich habe da ein Zitat, aber das erspare ich Ihnen.
Natürlich gab es schon immer aus verschiedenen Gründen das Erfordernis, Denkmäler sozusagen zu opfern, sei es aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten oder aus Gesichtspunkten der Kommunal- und Regionalentwicklung. Dies ist eine Aufgabe, die sich die saarländischen Denkmalschützer auch nie leicht
machten und die hier auch nicht zur Debatte stehen soll. Aber es erscheint wenig zielführend, diese schwerwiegende Entscheidung, wie im Gesetzentwurf nun vorliegend, der Person des Ministers zur letzten Entscheidungshoheit zu übertragen. Da steht: „Das Landesdenkmalamt entscheidet bei Erhaltungs- und Umnutzungsmaßnahmen an überregional bedeutenden Baudenkmälern und Abbruchanträgen in Abstimmung mit der Obersten Denkmalbehörde. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Oberste Denkmalbehörde nach erneuter Anhörung des Landesdenkmalrates.“
Abgesehen davon, dass man diesen Paragrafen als Lex Pingusson-Bau bezeichnen könnte und man sich aus der Kombination von überregional bedeutenden Baudenkmälern und Abbruchanträgen ohne viel Fantasie vorstellen kann, in welche Richtung die schleppende, teure Sanierung des Pingusson-Baus schlußendlich wohl laufen soll, sagt der Text des Paragrafenentwurfs auch allgemein nicht mehr und nicht weniger, als dass die tatsächliche Entscheidung über ein Denkmal bis hin zum Rückbau in der Hand einer Einzelperson liegt. Es wird zwar eine Einigung zwischen Landesdenkmalamt, der Obersten Denkmalbehörde und dem Landesdenkmalrat angemahnt, aber es wird sich im Streitfall stets der Minister als Oberste Denkmalbehörde durchsetzen. Das entspricht unserer Ansicht nach nicht dem Vier-Augen-Prinzip. Natürlich ist es nach dem Vier-AugenPrinzip, weil alle das sehen, aber es ist kein Entscheidungsprinzip mit mehreren Personen, es läuft auf eine Person raus. So soll es von der Landesregierung mit dem Gesetzentwurf nach eigenem Bekunden angestrebt werden. Leider ist so vorprogrammiert, dass Denkmalschutz und Denkmalerhaltung nicht zwangsläufig Vorrang vor wirtschaftlichen Überlegungen im denkmalpflegerischen Entscheidungsprozess haben.
Dies betrifft aber nicht nur Baudenkmäler. In § 16 Abs. 2 heißt es: „Der Fund und die Fundstelle sind bis zum Ablauf von sechs Arbeitstagen nach Eingang der Anzeige beim Landesdenkmalamt unverändert zu lassen und vor Gefahren zu schützen, wenn nicht das Landesdenkmalamt vorher die Fortsetzung der Arbeiten gestattet. Die Fortsetzung der Arbeiten ist zu gestatten, wenn ihre Unterbrechung unzumutbare Kosten verursachen würde und das Landesdenkmalamt hierfür keinen Ersatz leisten will.“
Es ist etwas klein geschrieben, aber Sie können ja hierherkommen und mir beim Vorlesen helfen, Herr Jung. - Dies steht zwar so bereits im gültigen Gesetz, aber man kann daran ablesen, wie weit Denkmalschutz in Bezug auf Bodendenkmäler geht. Alles, was nichts kostet, ist in Ordnung. Aber sobald
höhere Kosten entstehen könnten, werden Fundstellen geopfert, weil das Landesdenkmalamt hierfür keinen Ersatz leisten will.
Das ist nicht die Vorstellung der AfD zum Schutz und zur Bewahrung von Bau- und Bodendenkmälern. Im Denkmalschutz sollte es keine oder eine sehr hoch gesteckte finanzielle Obergrenze für Abbruch von Baudenkmälern oder die Zerstörung von Bodendenkmälern geben. Denn, ob Boden- oder Baudenkmal, es gilt: Weg ist weg, ohne jegliche Möglichkeit, in irgendeiner Weise einen wie auch immer gearteten Ausgleich zu schaffen, wenn man sich bewusst wurde, dass die Entscheidung möglicherweise keine gute Idee war.
Wir möchten nicht um jeden Preis die Entwicklung des Landes durch übertriebenen Denkmalschutz unnötig erschweren. Aber wie erläutert versucht die Landesregierung, es sich günstig zu machen. Zumindest möchte sich die Landesregierung die Möglichkeit eröffnen, über Denkmäler letztendlich bis hin zum Abbruch durch den zuständigen Minister selbst zu entscheiden.
Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt erneut, dass auch unser kulturelles Erbe unter den Sparzwängen unseres Saarlandes leidet und dass die Abschaffung der Unteren Denkmalschutzbehörden und somit des unmittelbaren kommunalen Bezugs falsch war. Wir können dem vorliegenden Gesetzentwurf in Erster Lesung nicht zustimmen.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter. - Ich rufe für die CDU-Landtagsfraktion Herrn Abgeordneten Sascha Zehner auf.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.“ Diesen Vers aus einem Werk, das sicherlich zu den geistigen Denkmälern gehört wie wenige andere, möchte ich meinen Ausführungen voranstellen. Sie werden dieses Zitat sicherlich alle erkannt haben, es ist ein Vers aus Goethes Faust. Bitte stellen Sie sich, wenn wir über Denkmäler reden, für eine Sekunde vor, dass eben dieser Faust uns verloren ginge. Und stellen Sie sich vor, er würde nur konserviert werden und nicht gleichzeitig in jeder Epoche neu gedacht und neu gedeutet werden. Und genau damit befasst sich dieser Gesetzentwurf, nämlich mit der Frage des Denkmalschutzes und der Denkmaldeutung.
Am heutigen Tage legt die Landesregierung das Gesetz zur Neuordnung des saarländischen Denkmalschutzes und der saarländischen Denkmalpflege vor. Damit wird einerseits umgesetzt, worauf sich
CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag verständigt haben. Wir haben im Koalitionsvertrag schon Schwerpunkte gesetzt, insbesondere auf das VierAugen-Prinzip, die Frage, wie wir den Denkmalrat stärken können und wie wir in Zukunft die lokalen Betroffenen, sprich die Kommunen, beteiligen können.
Was dieser Ableitung aus dem Koalitionsvertrag eine besondere Bedeutung verleiht, ist schon daran ablesbar, dass es in Form eines komplett neuen Gesetzes geschieht: Mit dem formalen Akt, dass nicht etwa ein bestehendes Gesetz rein überarbeitet wird und gleichsam eine Aktualisierung erfährt, hat es sich die Koalition ganz bewusst zur Aufgabe gemacht, ein Signal zu setzen, und zwar mit einem komplett neu gefassten Gesetz, das zwar einerseits deklaratorisch ist, aber andererseits sicherlich sehr bewusst auch inhaltlich neue Akzente setzt, ohne jedoch die wichtigen und richtigen Punkte abzulösen, die im bisherigen Denkmalschutzgesetz vorhanden waren. Wir schreiben fort, was erfolgreich war, und novellieren, was es zu novellieren gilt. Wir werden hiermit sowohl zukunftsfähige und zeitgemäße Änderungen anpacken, die wir auch in den Rechtsgrundlagen für die Denkmalpflege benötigen, aber auch aus dem vorangegangenen Text „mutatis mutandis“ - wie ich eben schon ausgeführt habe - inhaltlich weite Teile übernehmen, die sich in der Praxis bewährt haben.
Somit wird gezielt auch vieles aus dem bereits existierenden Recht fortgeschrieben und dokumentiert, was Inhalt dieses Gesetzes sein soll: Auf der einen Seite geht es um die Bewahrung von etwas sehr Wichtigem, nämlich unserem kulturellen Erbe, das sich sicherlich nur an ganz wenigen Punkten so intensiv zeigt wie im Denkmalschutz, in den Denkmälern und wohl verstanden in den Kulturgütern, die es zu schützen und zu bewahren gilt, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf der anderen Seite steht, dass wir natürlich die Fortentwicklung der saarländischen Städte und Gemeinden, der Kulturlandschaften, des Wohnens und der Industrie weiterhin gestatten wollen. Hätten wir vor 100 Jahren alles konserviert, hätte es nie eine Entwicklung gegeben, wie wir sie heute vorfinden. Mithin gilt es also beim Denkmalschutz immer, beide Aspekte zu berücksichtigen. Genau das wird hier abgebildet. Es ist ein Werk, auf das die Regierung stolz sein kann und die Koalitionsfraktionen mit Respekt blicken dürfen.
Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Würde das Ensemble des St. Johanner Marktes in Saarbrücken noch exakt mit jener Nutzung bestehen, zu der es errichtet wurde, nämlich größtenteils mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, so wäre daraus nie jener quirlige Kern der Landeshauptstadt Saarbrücken und das pulsierende Herz des größten Oberzentrums
zwischen Metz und Mainz geworden, eben jener St. Johanner Markt in seiner heutigen Gestalt mit Baudenkmälern, Einkaufsmöglichkeiten für Schmuck, Mode und Kunst oder zum Flanieren beim ersten Sonnenstrahl. Sicherlich hätten wir heute Mittag auch gerne die Gelegenheit gehabt, den St. Johanner Markt zu nutzen. Das wäre für uns angenehm gewesen, aber wir sind hier damit beschäftigt, die Rechtsgrundlagen zu schaffen, damit so etwas möglich ist, meine Damen und Herren. Genau darum geht es.
Mithin ist es Aufgabe des Gesetzgebers, nicht nur zu regeln, wie Gebäudlichkeiten, Ensembles oder Kulturgüter im besten Sinne für uns und die nachfolgenden Generationen zu konservieren sind, sondern er hat auch dafür Sorge zu tragen, dass die Denkmäler - unter Berücksichtigung der Erhaltung ihres Charakters - zeitgemäß genutzt werden und in Zukunft perspektivisch weiterentwickelt werden können.
Mit dem Ihnen heute vorliegenden Gesetz wird dazu ein entscheidender Schritt getan. Aber genauso möchte ich denjenigen, die sich mit dem Entwurf noch nicht identifizieren können, von dieser Stelle aus zurufen: Bringen Sie sich im Rahmen der Anhörungen und des Gesetzgebungsverfahrens ein, sei es durch Gespräche oder durch Briefe, die wir auch schon erhalten haben. Denkmalpflege lebt, wie es auch das Recht definiert, nicht etwa davon, dass im Wege eines reinen Verwaltungsaktes etwas zum Denkmal erklärt wird, sondern genau umgekehrt: Wir haben Denkmäler aus der Vorzeit, der Bronzezeit. Diese Denkmäler, die uns hinterlassen sind, werden per definitionem aus der Erkenntnis ihres Wertes und dem Charakter für unsere Kultur zum Denkmal. Die Eintragung in die Denkmalliste ist nur der bloße verwaltungsrechtliche Vorgang, wie der Minister ihn dargestellt hat, um Denkmal zu werden, aber er setzt den Wert und Charakter für unsere Kultur voraus, um den Charakter des Denkmals zu erlangen. Ein Objekt - bleiben wir der Einfachheit halber bei einem Gebäude oder einer Ausgrabungsstätte - muss also als schützens- und bewahrenswert im allgemeinen Gedächtnis und der allgemeinen Wahrnehmung vorhanden sein, damit es Denkmalcharakter erlangt und nicht einfach nur als Denkmal festgeschrieben wird.
Das erspart uns gewiss keine Kontroversen. Ich darf nur daran erinnern, welche Auseinandersetzungen der Rekonstruktion des Saarbrücker Schlosses vorausgingen, ehe man sich entschied, Tradition und damalige Gegenwart in Form des Erhalts der noch bestehenden Bausubstanz des Barockschlosses um die Errichtung des postmodernen Mittelrisaliten zu ergänzen und wieder zu vervollständigen. Noch heute wogt ein Streit, ob die Ludwigskirche - jenes Sym