Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Landtagsfraktion Drucksache 16/507. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/507 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion, dagegen gestimmt haben alle anderen Fraktionen des Hauses.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir treten in die Mittagspause ein und treffen uns wieder um 14.00 Uhr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir fahren mit der Sitzung und der heutigen Tagesordnung fort. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:
Zur Begründung des Antrages der AfD-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Josef Dörr das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesen Antrag stellen wir unter den Arbeitstitel „Schluss mit der ideologisch begründeten Inklusion“. Wir fordern den Bildungsminister auf, sofort in allen Problem- und Brennpunktschulen - oder wie auch immer man die bedauernswerten Schulen nennen will - Förderklassen für „erziehungsschwierige“ Kinder einzurichten, wie man sie früher genannt hat, um zu verhindern, dass diese Kinder den Unterricht beeinträchtigen oder sogar zum Teil andere Kinder gefährden.
Stichwort: Bruchwiesenschule. Sie steht nur für viele andere Schulen im Land. Die ideologisch begründete Inklusion geht von der irrigen Annahme aus, dass alle Menschen gleich seien. Das habe ich hier schon einige Male gehört. Deshalb gehe ich noch einmal kurz darauf ein. Das ist so krass falsch, wie etwas falscher nicht sein kann. Es gibt - Eugen, das weißt du doch auch - Männer und Frauen, Alte und Junge, Dicke und Dünne.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Abgeordnete Josef Dörr hat das Wort. Ich bitte um etwas mehr Ruhe.
Im Sport trägt man dem auch Rechnung durch Männer- und Frauensport. Es gibt Alters- und Gewichtsklassen. Wenn alle Menschen gleich wären, könnte man sie gar nicht auseinanderhalten, denn sie würden sich nicht unterscheiden. Das Gegenteil ist richtig. Alle Menschen sind verschieden. Sie sind nicht nur in ihrem Äußeren verschieden, sondern sie haben auch verschiedene Charaktere, verschiedene Neigungen, Geschmäcker und so weiter. In der Schule haben wir auch Altersklassen. Wieso werden eigentlich senkrecht - im Alter - Unterschiede ge
Ich habe hier schon wiederholt gesagt: Behinderte Kinder sind am besten in Förderschulen aufgehoben, in denen sich besonders ausgebildete Lehrkräfte in kleinen Klassen ausschließlich um sie kümmern können. Im Integrationsausschuss seinerzeit unter Bildungsminister Breitenbach und in einem Gutachten für eine psychiatrische Anstalt wurde festgestellt, wann eine integrative Unterrichtung heute sagt man ja Inklusion, es ist kein großer Unterschied - sinnvoll ist. Sie ist sinnvoll, wenn die Behinderung vergleichsweise gering ist und durch die integrative Unterrichtung einer Umschulung in eine Schule für Behinderte vorgebeugt werden kann. Sie ist auch sinnvoll, wenn der Schulweg des behinderten Kindes zur nächsten Schule für Behinderte unzumutbar lang ist.
Inklusion, das heißt die gemeinsame Unterrichtung aller Kinder, ist ohne fachliche, sonder- und heilpädagogische Hilfe ein Rückschritt. Es ist ein verkapptes Sparmodell. Auch hier gilt unser Grundsatz: Die beste Schule ist für unsere Kinder gerade gut genug. Dem behinderten Kind fehlt in der Regelschule vor allem die positive Bestätigung, die es unter Gleichen hat, aber für den Aufbau seiner Persönlichkeit dringend braucht. Die ideologisch motivierte Inklusion ist daher abzulehnen. Sie wird zusätzlich erschwert durch Kinder, die aus fremden Kulturen zu uns kommen und fremde Sprachen sprechen. Allerdings wird sie unmöglich gemacht durch Kinder, die, wie man heute sagt, emotional-sozial zurückgeblieben sind.
Erziehungsschwierige Kinder - das wird oft vergessen - haben ein Recht auf fachgerechte Erziehung, und die anderen Kinder haben ein Recht auf ungestörte Erziehung. Es ist meiner Ansicht nach ein Vergehen, diesen Kindern, die selbst Schwierigkeiten haben, eine fachgerechte Erziehung zu entziehen. Es ist schon fast ein Verbrechen, die anderen Kinder unter diesen Kindern leiden zu lassen. Unter diesen Kindern sind - das habe ich hier schon einmal als Beispiel gebracht und ich sage das jetzt noch einmal - wirklich auch kranke Kinder und, das muss auch gesagt werden, zum Teil kriminelle Kinder. Diesen Kindern muss natürlich auch geholfen werden, aber die anderen Kinder müssen vor diesen Kindern geschützt werden.
Es wäre übrigens interessant zu wissen - und von dieser Frage nehme ich mich keineswegs aus, ich sage auch freiweg, meine Söhne haben Gymnasien besucht, ich habe sie aber gelegentlich in die Förderschule mitgenommen, damit sie die Wirklichkeit ein bisschen erleben können -, welche Schulen Ihre
Kinder oder Ihre Enkelkinder besuchen. Wir haben ja schon einmal eine SPD-Ministerin an der Saar gehabt, die vehement für die Gesamtschule gekämpft, aber ihre eigenen Kinder auf das Gymnasium geschickt hat. Das gibt es dann ja auch. Insofern muss man da auch ein bisschen - wie soll ich sagen? seine Anschauungen leben.
In der letzten Plenarsitzung haben wir die sofortige Errichtung von drei Förderschulen für erziehungsschwierige Kinder und Jugendliche gefordert. Da sehen wir wenig Bewegung. Zugegebenermaßen ist es auch nicht ganz einfach, eine Schule zu errichten. Gewöhnlich denkt man da an einen Neubau, was nicht unbedingt sein muss, aber es ist schon eine größere Sache, eine Schule zu errichten. Weil wir, wie gesagt, wenig Bewegung sehen, haben wir jetzt den Antrag gestellt, dass man vorweg in jeder Brennpunktschule - oder wie auch immer man das verschleiernd nennen mag -, in der es Probleme gibt, je nach Bedarf eine oder zwei Klassen für diese Kinder errichtet, damit diese Kinder anlagengerecht unterrichtet, ausgebildet und erzogen werden können und die anderen ungestört ihren Unterricht genießen können.
Ja. Das ist meiner Ansicht nach nur eine organisatorische Frage - ich war 38 Jahre lang Schulleiter und kenne mich da aus -, wenn das Schwierigkeiten machen sollte, bin ich dem Minister gerne behilflich, das kostenlos mit zu organisieren.
Ich danke Ihnen. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Jürgen Renner.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Irgendwie kommt es mir vor, als wiederholten wir gerade eine Plenardebatte aus dem Frühjahr dieses Jahres, als es um dasselbe Thema ging. Ich bin aber gerne bereit, noch einmal zu versuchen zu erklären, worum es hier geht, wenn Sie sagen, die Menschen sind nicht gleich.
„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Darum geht es. Das ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
Daraus resultierend Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Zu der gehören Sie als Parlamentarier auch. Von daher sollten Sie sich diese Dinge noch einmal zu Gemüte führen. Aber wir wissen ja, dass es bei Ihnen manchmal etwas schwierig ist.
Ihr Antrag ist anspruchslos, nicht durchdacht, schlecht gemacht. Und die Rede eben war ehrlich gesagt auch intellektuell erbärmlich. Wir hatten das Thema schon im Plenum, auch in den Ausschüssen. Es werden vom Ministerium regelmäßig Daten, Zahlen, Fakten geliefert, die Sie entweder ignorieren oder aber aus uns allen hinlänglich bekannten Gründen gar nicht zur Kenntnis nehmen können. So ist es auch kein Wunder, dass am Ende Ihrer Überlegungen zu einem komplexen Thema ein Antrag herauskommt, der sich mit einem Satz begnügt. Und bei der Verfassung Ihres Antrags hat sich Ihr System offenbar abgeschaltet, Herr Dörr.
Sie schreiben: An Brennpunktschulen sind durch das Kultusministerium sonderpädagogische Klassen für Schüler mit diagnostizierten sozial-emotionalen Entwicklungsstörungen einzurichten - Ich nehme an, das gilt auch für die Schülerinnen. Darin erschöpft sich dann Ihr Antrag. Sie definieren nicht, was Brennpunktschulen sind, welche sozialen Lagen vorhanden sein müssen. Was heißt das für Personalisierung, für die Räumlichkeiten, für die Organisation? Vor allem: Was heißt es für die betroffenen Kinder? Was soll da geschehen? Die Kinder, die eine diagnostizierte sozial-emotionale Störung haben, erhalten ja bereits eine sonderpädagogische Unterstützung in einem speziell auf sie abgestimmten Förderplan.
Mit Ihrem Antrag geben Sie keine einzige Antwort auf diese Fragen. Sie geben keine Antwort darauf, wie Problemlagen umfassend und zielgerichtet zu begegnen ist, außer dass Ihre Antwortet lautet: Stigmatisierung und Separierung. Sie haben ja selbst noch einmal auf Ihre Rede im Frühjahr verwiesen, als Sie fabuliert haben von Kindern mit schwer ansteckenden Krankheiten etc. pp. Aber ich glaube, mit dem Denken von gestern kann man Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft nicht begegnen. Das durchzieht diesen kleinen, einsatzigen Antrag. Deshalb werden wir ihn auch ablehnen.
In der Debatte um besondere Problemlagen an Schulen haben wir im Ausschuss wie auch im Plenum schon darüber gesprochen: Was machen wir, wenn so etwas beim Ministerium angezeigt wird? Das Ministerium handelt dann ad hoc. Es werden bei besonderen Belastungen zusätzliche Stunden zur Verfügung gestellt, zum Teil für Doppelbesetzun
gen, für Fördermaßnahmen. Es gibt zusätzliche Mittel für Fortbildung, für die Beratung von Schulleitungen, für die Beratung von Lehrkräften, für die Unterrichtsentwicklung, für die individuelle Lernbegleitung. Wir investieren sehr viel in die Integration, mit 257 Sprachförderlehrkräften, mit zusätzlichen Sprachfördermaßnahmen. Es gibt zusätzliches Personal, 289 Lehrkräfte sind eingestellt worden. Wir haben eine im bundesweiten Vergleich hervorragende SchülerLehrer-Relation.
Das alles hilft, Problemlagen zu beseitigen. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir mehr brauchen. Wir brauchen Strukturen, in denen Schulen zusammenarbeiten, sich gegenseitig beraten und voneinander lernen können. Wir brauchen ein umfassendes, passgenaues, auf den Standort bezogenes Beratungs- und Unterstützungsangebot für eine nachhaltige Unterrichtsentwicklung, die den Anforderungen der heterogenen Schülerschaft auch begegnen kann. Wir brauchen mehr Gestaltungsfreiräume und Spielräume für die Zuteilung des Ressourceneinsatzes, denn der Standort, den Sie eben angeführt haben, hat eine hervorragende SchülerLehrer-Relation. Aber offenbar braucht es auch Hilfe bei der Frage, wie ich die Ressourcen einsetze und was ich darüber hinaus brauche.
Wir müssen auch Eltern in die Verantwortung nehmen, und zwar nicht nur Eltern von Kindern aus sozial benachteiligten Verhältnissen, sondern auch aus Familien, in denen Kinder überbehütet sind. Auch das ist eine Problemlage. Und wir brauchen eine Einbindung der Schulen in Netzwerke, in Vereine, in die Gemeinschaft vor Ort. Kurz: Wir müssen Schulen stark machen. Das ist unsere Philosophie, so gehen wir heran, und ich glaube, dass wir damit den Schulen auch eine nachhaltige Hilfe bieten können, vor allen Dingen den Kindern und Jugendlichen.
Deshalb hat das Ministerium ein Projekt mit der Deutschen Schulakademie gestartet, „Schulen stark machen“, in dem Experten und Coaches, die entsprechende Erfahrung aus der Praxis haben, saarländische Schulen beraten, sie im Schulentwicklungsprozess begleiten und Lösungsansätze aufzeigen. Im ersten Schritt waren es zwölf Schulen, sechs Gemeinschaftsschulen, sechs Grundschulen. In diesem Schuljahr sind auch noch berufliche Schulen dazugekommen, in der Anzahl sechs. Diese Schulen werden ihre Erkenntnisse bezüglich Teamstruktur, Schulkultur, Organisation des Schulalltages und andere Themenbereiche anderen Schulen auch zur Verfügung stellen und sich mit ihnen gemeinsam auf den Weg begeben, eine neue Schul- und Unterrichtsentwicklung in diesem Land zu implementieren. Vielerorts ist das ja mit den Projekten, die ich vorhin genannt habe, mit dem Projekt für individuelles Lernen, mit dem Projekt Werkstatt
Und für dieses Projekt nehmen wir auch Geld in die Hand. 446.000 Euro im ersten Aufschlag und jährlich folgend jeweils aufbauend 100.000 Euro. Für 300.000 Euro werden wir das auch wissenschaftlich begleiten lassen, damit man eine ordentliche Prozessbegleitung und eine ordentliche Auswertung hat, von denen andere Standorte profitieren können.
Ein anderes Thema in diesem Zusammenhang - das betone ich heute auch noch einmal gerne - ist die Frage, wie wir die Schulsozialarbeit aufstellen, wie wir die multiprofessionellen Teams aufbauen, wie wir vor Ort auch eine Entlastung für den Lehrer- und Lehrerinnenberuf bewirken können, denn Lehrer sind keine Sozialarbeiter, sie sind keine Therapeuten, sie sollen sich auf das konzentrieren können, was sie gelernt haben, was sie können, den Unterricht. Auch mit diesem Vorhaben - bei der Debatte im Frühjahr waren wir noch nicht ganz so weit - werden wir jetzt starten, und zwar werden wir in einem ersten Aufschlag 2 Millionen Euro in das System hineingeben mit einem nachfolgenden jährlichen Aufwuchs um jeweils 100.000 Euro. Ich bin auch zuversichtlich, dass wir es in dieser Koalition hinbekommen werden, die Zuständigkeiten der Schulsozialarbeit zu bündeln.