Protokoll der Sitzung vom 19.09.2018

Das Wort hat nun die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Monika Bachmann.

(Abg. Müller (AfD) )

Liebe Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder zehnte Saarländer über 65 Jahre leidet an Demenz, jeder zehnte. Wir haben festgestellt, dass wir circa 21.000 Menschen im Saarland haben, die unter dieser Krankheit leiden. Nicht nur sie leiden, sondern vor allen Dingen leiden ihre Familien, ihre Angehörigen, ihr Umfeld, die Nachbarn. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass wir uns diesem Thema widmen.

Ich habe mir die Zahlen auf Landkreis- und Regionalverbandsebene angeschaut. Wenn Sie erlauben, würde ich Ihnen gerne die höchste Zahl des Regionalverbandes Saarbrücken und die niedrigste Zahl aus dem Landkreis St. Wendel mitteilen. Im Regionalverband Saarbrücken sind es 6.760 akute Fälle; davon sind 1.722 neu gemeldete Fälle. Im Landkreis St. Wendel, der nach meiner Information weniger als 100.000 Einwohner hat, sind es 1.898 Fälle; davon sind 484 neu gemeldete Fälle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind Zahlen, die wir kennen. Da ist keine einzige Dunkelziffer dabei. Aus diesem Grund ist es richtig, wenn die Abgeordnete Dagmar Heib sagt, wir sollten die Sensibilisierungskampagne fortführen, die wir schon immer machen. Nicht das Wort, Herr Müller, ist falsch. Jeder Mensch kann in diesem Land machen, was er will. Wir wollen nur den Menschen Mut machen und sagen, dass sie nicht alleine sind. Wir wollen diese Krankheit aus der Anonymität herausholen und deutlich machen, dass man sich nicht schämen muss. Jeder von uns kennt jemanden, der unter dieser Krankheit leidet. Insoweit ist es selbstverständlich, Frau Abgeordnete Schramm, dass wir auf der Gesundheitsministerkonferenz und natürlich auch anderen Konferenzen darüber reden, wie wir damit umgehen. Das Saarland war ja Vorreiter. Wir sind seit Jahren sensibilisiert. Wir haben diese Aufgabe gemeinsam aufgenommen und gesagt: Immer mehr Menschen in diesem Land sind dement. Wir müssen einen Demenzplan machen. Lass uns diesen Weg gehen. - Wir waren die Ersten. Und jetzt ziehen auch die anderen Länder nach. Zwei Bundesländer sind es ja schon.

Wir haben wie gesagt circa 21.000 demenzkranke Menschen. Wir wollen wissen, was in diesem Land los ist. Aus dem Grund ist das Wort Sensibilisierungskampagne gut, denn wir sagen den Menschen: Kommt zu uns. Wir machen ein Angebot bis in die Ortschaften hinein, wie Dagmar Heib es vorhin dargestellt hat.

Aus diesem Grund ist es auch gut, dass wir Schulungen durchführen. Wir haben in unserem Ministerium auch geschult, ebenso beim Kollegen Commerçon. Wir haben aber auch gefragt, wen wir schulen müssen. Wir haben auch 500 Polizeibeamte

geschult, die auf Streife gehen. Warum? Wir haben sie geschult - und sie haben sich freiwillig schulen lassen -, weil sie gesagt haben: Wir können bei Unfällen in eine Situation kommen, die wir nicht einschätzen können. Ist der Mann, die Frau in einem frühen Demenzstadium, liegt es an einem Betäubungsmittel oder was ist da? Das würden wir gerne wissen. - Ich glaube deshalb, dass die 90 Minuten Schulung, die von Herrn Sauder, einem Fachmann in diesem Bereich, angeboten werden, wirklich gut sind.

Und da geht es nicht nur um Polizeibeamte. Ministerien, Bürgermeister bitten ihre Mitarbeiter, diese Schulung zu machen. Es gibt Sparkassen, Volksbanken, Krankenhäuser, Altenheime, Beratungsstellen, die das machen. Deshalb kommen wir nicht umhin, die Landesfachstelle für Demenz zu stärken, weil die Nachfrage wirklich sehr groß ist.

Wo ich hinkomme, werbe ich dafür, sensibilisiere ich dafür - ich benutze bewusst das Wort, Herr Müller -, ich sage: Leute, kümmert euch drum! Das richtet sich nicht nur an die Pfleger und Krankenschwestern in den Heimen, das richtet sich auch an die Ärzte. Auch die Ärzte müssen sich immer mehr mit der Thematik befassen. Aus dem Grunde ist es gut, dass Dagmar Heib mit ihren Leuten zu uns kommt und sagt, wir brauchen einen Arzt, einen Mediziner, der mit diesem Thema umgehen kann. Wir wissen ja, wie viele Hausärzte in einem Alter sind, dass sie in zwei, drei Jahren aufhören könnten, wenn sie wollten. Die hatten damals im Studium nicht Demenz als Hauptfach, sondern andere Dinge. Deshalb müssen wir uns darauf einstellen, dass wir auch bei den Ärzten diese Schulungsveranstaltungen machen und verstärkt dieses Interesse wecken.

Wir müssen aber auch weiter in hohem Maße die Bevölkerung ansprechen, den Leuten Mut machen und ihnen sagen, wo Hilfe angeboten wird. Wir sind ja mit der Landesfachstelle, die bundesweit einmalig ist und vernetzt ist bis in kleine Ortschaften hinein, dabei zu sagen, geht doch mal mittags zwei Stunden dorthin, um diesen demenzkranken Mann oder diese demenzkranke Frau entlasten zu können. Diese Demenzkranken sind nicht nur alt! Es gibt auch Jüngere, die an dieser Krankheit leiden, massiv leiden, und das ist oft noch schlimmer, als wenn es ein schleichender Prozess ist, der erst im Alter auftritt.

Deshalb sagen wir, die Landesfachstelle Demenz und alle, die mitarbeiten, die Ärzteschaft, die Kassenärztliche Vereinigung, dass wir das gemeinsam machen müssen. Ich benutze ganz bewusst das Wort „gemeinsam“. Wir schaffen es nämlich nur gemeinsam, indem wir dort, wo wir arbeiten, schauen, ob es irgendetwas gibt, was auffällig ist, denn dann muss man es ansprechen. Wir wollen niemandem an irgendeiner Stelle eine Krankheit zuschieben, aber aufmerksam sein und Hilfestellung geben. Des

halb machen wir auch am 13. Dezember 2018 - das ist also gar nicht mehr so lange hin - Allianz für Demenz, ein Netzwerk. Dort wird traditionell Bilanz gezogen, aber auch ein Ausblick auf weitere Schwerpunktthemen gegeben - Dagmar Heib hat sie eben angesprochen -, Demenz mit Behinderung sowie Demenz und Schmerz. Gehen Sie mal in ein Hospiz zu jemandem, der dement ist und Schmerzen hat; der kann das nicht mehr sagen. Ich habe einen Krankenpfleger gefragt: „Wie spüren Sie denn, wenn ein Patient Schmerzen hat?“ Er hat gesagt: „Frau Bachmann, das sehe ich, wenn ich morgens dort reinkomme.“ Also braucht man dazu keine besonderen medizinischen Kenntnisse als Krankenpfleger oder Krankenschwester, sondern man muss Herz haben. Man muss für diese Menschen da sein. Aus dem Grunde machen wir diese Sensibilisierung.

Wir werden auch nach dem 13. Dezember 2018 im nächsten Jahr - mit besonderem Schwerpunkt im September - das Jahr der Demenz gestalten. Dies natürlich gemeinsam mit vielen Akteuren im Lande, insbesondere mit sechs lokalen Allianzen für Demenz. Sie alle wissen, dass wir ein großes Netzwerk haben, vom Ministerium bis hin zum Museumsverein, der uns immer wieder den Koffer füllt, um mit Demenzkranken auch Vergangenheit besprechen zu können. Ich bin deshalb den Abgeordneten sehr dankbar, dass sie uns den Haushaltstitel, wenn er so verabschiedet würde, etwas erhöhen, damit wir -

(Abg. Funk (CDU) : Schaun wir mal!)

Schaun wir mal. Ich bitte sogar darum, damit wir unsere Veranstaltungen dann in einen noch größeren Rahmen stellen können.

Ich stelle fest, dass wir einerseits mit Hilfe dieses Parlamentes viel zur Verbesserung der demenzkranken Menschen und ihrer Angehörigen auf den Weg gebracht haben. Aber wir haben immer noch einen großen und weiter wachsenden Bedarf. Wir haben das eben von den Abgeordneten schon gehört. Das ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass wir alle immer älter werden und dass auch immer mehr junge Leute daran erkranken können.

Allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren, nehme ich den Wunsch der Angehörigen von Demenzkranken, mehr Priorität auf die Stärkung der Kompetenz professioneller Träger zu legen, auch sehr ernst. Da achten wir auch drauf. Frau Schramm, es ist einfach nicht in Ordnung, wenn man geparkt wird. Das wäre nicht in Ordnung, wenn es so gewesen wäre. Ich kann das nicht nachvollziehen, aber da sollte man durchaus einmal nachhaken. Wir können das nachher gerne bilateral tun. Ich werde das Ganze dann auch in dem Krankenhaus ansprechen.

Wir brauchen also Fortbildungsangebote im Land. Wir haben einen Frühjahrskongress sowie einen Internationalen Demenzkongress im Herbst jeden Jahres schon seit vielen, vielen Jahren im Landkreis Saarlouis.

Einen weiteren wichtigen Punkt möchte ich noch ansprechen: Angehörige brauchen Entlastung. Das ist ganz wichtig. Deshalb werbe ich auch für immer mehr Tagesangebote, wo wir diese Menschen hinbringen können. Das ist nämlich nicht nur entlastend für die Familie, sondern auch für den Kranken. Wenn Sie sich einmal ein paar Stunden in einer solchen Tageseinrichtung egal welcher Art aufhalten, werden Sie spüren, dass der oder die Demenzkranke aufblüht, weil sie plötzlich nicht nur bemuttert wird uns ständig gesagt bekommt, mach dies, mach das, trink was. Nein, sie kann dort singen, sie kann kochen, sie kann mithelfen, alles so, wie Dagmar Heib es beschrieben hat. Ich erinnere in dem Zusammenhang auch an die Veranstaltung mit dem Ministerpräsidenten a.D. Peter Müller, der gesagt hat: Die Würde des Menschen zählt, ob er krank ist oder nicht, bis zu seiner letzten Stunde. - Deshalb meine ich, dass wir uns alle entsprechend verhalten sollten.

Neue Betreuungsangebote als Alternative zu den klassischen Alten- und Pflegeheimen gilt es zu entwickeln. Ein Einstieg in die Diskussion Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz bietet am 14. November dieses Jahres die Landesfachstelle Demenz in Zusammenarbeit mit der Saarländischen Pflegegesellschaft. Im Rahmen dieser Veranstaltung sollen selbst organisierte sowie anbieterverantwortete Formen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden. Natürlich wird der Ministerpräsident - wie auch die ehemalige Ministerpräsidentin auf Bundesebene - in dieser Legislaturperiode die Entwicklung einer nationalen Demenzstrategie nicht verhindern, im Gegenteil. Er wird sie unterstützen, wie es der Koalitionsvertrag auf Bundesebene auch vorsieht. Das steht dort drin! Aus dem Grund würde unser Ministerpräsident, so glaube ich, wenn es notwendig sein sollte oder wenn es etwas substanziell Neues gibt, dies jederzeit auch im Bundesrat vortragen.

Durch ein vergleichbares Qualitätsniveau der Unterstützungsangebote und eine verbindliche Angebotsstruktur müssen wir nachhaltige Strukturen zur gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihren pflegenden Bezugspersonen sicherstellen. Hier werden wir natürlich unterstützt von Jens Spahn, dem Bundesgesundheitsminister. Wir werden aber auch unterstützt von unserer Familienministerin Dr. Franziska Giffey.

Abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen, bedanke ich mich bei Ihnen, dass wir heute im Saarland ein Zeichen gesetzt haben, dass wir uns Zeit

(Ministerin Bachmann)

gelassen haben und über dieses Thema geredet haben. Wir haben heute viel Einigkeit erzielen können darüber, dass wir gemeinsam für ein demenzfreundliches Saarland eintreten müssen. Ich darf daran erinnern, dass wir auch vom 17. bis 23. September vergangenen Jahres genau dieses Zeichen gesetzt haben. Herzlichen Dank für die Unterstützung, und ich bitte die Abgeordneten des saarländischen Landtages auch weiterhin um Unterstützung für diese Menschen und ihre Angehörigen. - Danke.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 16/563. Wer für die Annahme der Drucksache 16/563 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/563 einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen dieses Hauses, angenommen wurde.

Wir kommen nun zu dem vorgezogenen Punkt 11 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Ideologisch begründete Inklusionsversuche stoppen (Drucksache 16/561)

Zur Begründung des Antrages der AfD-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Josef Dörr das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern Abend hat vor der Staatskanzlei eine Demonstration stattgefunden, an der Lehrerinnen und Lehrer von Förderschulen, von Grundschulen und von Gemeinschaftsschulen teilgenommen haben. Von den Gymnasien nicht, da gibt es anscheinend nicht viel zu klagen. Aber bei den Lehrern, die ich eben genannt habe, war nicht nur Unzufriedenheit vorhanden, in der Saarbrücker Zeitung ist auch von „wütenden Lehrern“ die Rede. Sie haben gesagt: „Das Maß ist voll!“

(Vizepräsident Heinrich übernimmt die Sitzungs- leitung.)

Wenn ich hier so in die Runde schaue, denke ich mir, dass viele unserer Kinder oder Enkelkinder Gymnasien besuchen. Wir müssen hier aufpassen, nicht in den Verdacht zu kommen, dass uns die anderen Schulen vielleicht nicht so wichtig seien. Ich meine, die Grundschule ist eine Ausnahme, da ge

hen die Kinder vier Jahre hin - und dann haben die Eltern ja schon die Hoffnung, dass die Kinder später das Gymnasium besuchen.

Die Vorsitzende des Saarländischen Lehrerinnenund Lehrerverbandes, Frau Lisa Brausch, hat davon gesprochen, es seien bei der Inklusion massive Probleme vorhanden. Sie seien eine Folge von verschiedenen Dingen. Und sie ruft dann: Erkennen Sie endlich an, dass es Schülerinnen und Schüler gibt, für die die Beschulung in einer Förderschule der bessere Weg ist! - Das ist das, was wir hier auch immer schon gesagt haben. Das haben jetzt auch einmal die Lehrer ganz deutlich ausgedrückt. Der Ministerpräsident hat dann auch anerkannt, „(…) ‚dass viele Lehrerinnen und Lehrer physisch und psychisch an ihre Grenzen und darüber hinaus gehen müssen‘.“ Also, an die Grenzen zu gehen, das ist eigentlich schon stark. Aber darüber hinauszugehen, das ist ja schon fast unzulässig. Das hat aber der Ministerpräsident anerkannt. Und vielleicht hat er sich im Inneren ja auch schon vorgenommen, da auch etwas zu tun.

Als er das Mikrofon - ich berichte immer noch aus der Saarbrücker Zeitung, ich war selbst nicht dabei an den Herrn Kultusminister weitergegeben hat, kam ein großes Buhen und Pfeifen und so weiter. Und als dann der Minister gesagt hat, er wäre dabei, multiprofessionelle Teams zu schaffen, und als er bilanziert hat, ich habe in den vergangenen Monaten einiges erreicht, kamen Buh-Rufe und Pfiffe. Und sichtlich angegriffen hätte der Minister dann gerufen, das sei eine laute Minderheit. Das hätte ich an seiner Stelle lieber mal nicht gemacht, denn es kamen noch mehr Buh-Rufe und Pfiffe und es ist gesagt worden: Es ist nichts passiert! - Das sagen die Leute, die vor Ort sind, und die müssen es ja wissen. So ganz aus der Luft gegriffen kann es dann schon mal nicht sein.

Dieses Thema ist nun nicht zum ersten Mal Thema hier im Hause. Deshalb möchte ich mich einigermaßen kurz fassen. Ich kann aber nochmal sagen: Von der Inklusion, so, wie sie heute betrieben wird, nämlich ohne fachliche Assistenz, kommen wir ja her. In der Dorfschule früher waren Kinder aller Begabungsrichtungen, oft Kinder allen Alters, Kinder jeden Geschlechts und jeder Religion, in einer einzigen Klasse. Mehr Inklusion geht nicht. Funktioniert hat das aber nicht so richtig, und man hat daher versucht, das Ganze zu verbessern. Zunächst hat man etwas größere Klassen gebildet, Weiteres ist gefolgt. Ich muss das jetzt nicht weiter ausführen. Man ist jedenfalls hingegangen und hat das ausdifferenziert, so könnte man es fachlich formulieren.

In den Sechzigerjahren hat das angefangen, da gab es einen richtigen Boom, zunächst einmal auf die weiterführenden Schulen. Das waren die Realschulen - die Namen spielen jetzt keine Rolle, die

(Ministerin Bachmann)

haben dauernd gewechselt -, das Gymnasium, die Gesamtschulen. Das war „weiterführend“ in dem Sinne auch, dass das weitergeführt hat. Dann gab es bei der einstigen Hilfsschule, wie das früher hieß, auch eine Differenzierung nach Behinderungsarten, und bei jeder Behinderungsart schließlich auch noch nach schwerer oder leichter Art, also etwa nach Blinden und leichter Sehbehinderten, nach Gehörlosen und Schwerhörigen. Da sind wir zu einem Punkt gekommen, an dem man sagen muss: Das Saarland war hier - und ich denke: ist auch noch - im ganzen Bundesgebiet vorbildlich. Ich habe selbst in diesem System gearbeitet und hatte mit vielen dieser Schulen, die ich gerade aufgezählt habe oder impliziert habe, zu tun. Ich kann wirklich sagen: Das ist ein vorbildliches System.

Hinzu kommt noch, dass nicht nur die Kinder so gefördert werden, wie es für sie in Ordnung ist, auch die Lehrkräfte waren und sind eigens dafür ausgebildet. Diese Lehrkräfte haben sich ja nicht deshalb dafür ausbilden lassen, weil ihnen das alles egal war. Es handelt sich vielmehr um Lehrkräfte, die eine besondere Neigung dazu haben, diesen Kindern zu helfen. Dementsprechend ist auch ihr Einsatz. Es handelt sich also um eine optimale Situation.

Für die Kinder in der Förderschule wird gesorgt, sie sind nicht das fünfte Rad am Wagen, sie stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Das ist wichtig. Man kann also zusammenfassen: Das Saarland hat viel für seine Schwachen getan. Das Förderschulwesen ist gut. Es ist natürlich teuer, das ist klar. Betrachten wir einmal den Durchschnitt einer Klasse einer Schule für behinderte Kinder: Ist diese Klasse nur halb so groß wie eine normale Klasse, habe ich natürlich, weil ich rechnerisch zwei Lehrer für die gleiche Anzahl von Kindern brauche, einen doppelten Preis zu bezahlen. Bilde ich diese Lehrer nun auch noch besonders aus, wird es noch einmal teurer. Und bezahle ich sie auch noch höher, wird es wieder teurer. Man kann also schon sagen: Unseren behinderten Kindern im Saarland geht es richtig gut. Deshalb sollte man das Förderschulwesen unbedingt so lassen, wie es ist.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist zu bedenken: Es gibt ja Gesetze. Ich kann Ihnen aber versichern, ich habe in meiner gesamten Zeit, allein in der Sonderschule mehr als 40 Jahre, nie ein Kind zwangsweise in die Sonderschule eingewiesen. Ich habe vielmehr immer darauf vertraut, dass die Eltern das Beste für ihr Kind wollen und auch Ja sagen, wenn sie überzeugt werden. Etwas anderes habe ich nie gemacht, und deshalb bin ich auch jetzt noch dafür, dass das Elternrecht als wichtiges Gut beachtet werden muss. Das heißt also: Wenn Eltern wollen, dass ihr Kind inklusiv unterrichtet wird, wie man jetzt sagt, so soll ihnen das ermöglicht werden. Es müssen dann allerdings auch die Eltern der anderen Schüler der Klas

se beziehungsweise der Schule gefragt werden, denn die haben schließlich dasselbe Recht.

(Zuruf von der SPD: Oh Mann!)

Ich komme nun zum hier immer wieder angeführten Begriff der UN-Resolution „inclusion“. Man übersetzt das etwas eigenwillig, wonach das bedeuten soll, dass alle Kinder in der gleichen Schule beziehungsweise in der gleichen Klasse unterrichtet werden. Das ist aber absolut überhaupt nicht so. Es geht vielmehr darum - wer heute die Nachrichten gehört hat, hat es vielleicht schon mitbekommen -, dass es auf der Welt mehr als 100 Millionen Kinder gibt, die nicht beschult werden. Das ist natürlich ein großes Verbrechen. Das gab es früher bei uns auch: Man hat Kinder ausgeschult, weil man gesagt hat, sie seien nicht „bildbar“. So etwas kann nicht sein.

Die UN-Resolution meint deshalb, alle Kinder müssen eine Ausbildung haben, sie können nicht von der Ausbildung ausgeschlossen werden. Das ist das Wesentliche! Die meint also nicht, die Kinder haben das Recht, auf eine bestimmte Schule zu gehen, sondern sie haben das Recht, ausgebildet zu werden. Das bestreitet auch niemand. Wenn man also hingeht und sich das so auslegt, dass alle gemeinsam unterrichtet werden müssen, dann kann man das entweder nicht richtig übersetzen, oder man macht es böswillig, weil es in die eigene Ideologie gut passt. Aber beides ist nicht in Ordnung, denn wenn man das wirklich so machen wollte, dann kann man ja auch nicht hingehen und nur nach waagerecht inkludieren, indem man in einer Klasse behinderte Kinder von allen Richtungen hat, nichtbehinderte und so weiter, sondern man muss es dann auch senkrecht machen. Dann kann man ja auch ganz locker Kinder von einem Jahr und Kinder von 18 Jahren zusammen in eine Klasse setzen. Dann kann man es nach allen Seiten treiben, aber das ist wahrscheinlich nicht gemeint.

Dann noch etwas zu dieser UN-Konvention. Sie werden ja auch die Nachrichten hören, wie ich auch, und dann werden Sie auch hören, dass es bestimmte UN-Resolutionen gibt, die von einem Land angenommen werden, von einem anderen nicht, andere werden generell angenommen, nicht durchgeführt und so weiter. Warum müssen ausgerechnet wir alle diese Dinge durchführen, selbst wenn wir sie falsch verstehen, wo wir doch auch der Ansicht sind, dass wir nicht alles unbedingt hinnehmen müssen, was aus Berlin oder aus Brüssel kommt? Warum müssen wir es hinnehmen, wenn es aus New York kommt?

Ich persönlich sehe das so: Bei mir stehen auf jeden Fall die zehn Gebote noch vor der UN-Resolution. Und wenn das mit meinen zehn Geboten nicht übereinstimmt, dann ist die UN-Resolution für mich im Augenblick im Hintergrund.

(Abg. Dörr (AfD) )