Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

Herr Präsident! Sehr verehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt zwei engagierte Regierungserklärungen und eine ebenso engagierte Erklärung des Fraktionsvorsitzenden der stärksten Regierungsfraktion gehört. Ich will den beteiligten Personen auch nicht den guten Willen absprechen, ich denke, das ist auch bei den Zuhörern so angekommen. Ich glaube, dass wir alle gemeinsam das Beste für das Saarland wollen. Sie werden mir aber auch nachsehen, dass ich in der Beurteilung einzelner Punkte anderer Meinung bin.

Erst einmal finde ich es sehr gut, dass ein Abkommen geschlossen, eine Übereinkunft erzielt worden ist in einer Sache, die man gar nicht für wichtig genug halten kann, nämlich die Gesundung der Finanzen unserer Städte und Gemeinden auf Dauer. Es ist das erste Mal, dass dieses Problem in dieser Deutlichkeit erkannt und angesprochen wird. Das ist schon ein Fortschritt, vor ein paar Jahren konnte man noch Sätze hören wie: Ach, das mit den Gemeinden ist alles halb so wild. Ich habe noch nie erlebt, dass eine Gemeinde bankrottgegangen ist. Von diesen Gesprächen hört man inzwischen nichts mehr.

Es ist an der Zeit, dass zumindest der Versuch unternommen wird, das Geld, das man den Gemeinden zum Teil über Jahre entweder vorenthalten oder wieder abgeholt hat - Stichwort Konnexitätsprinzip -, zumindest zum Teil an die Gemeinden zurückzugeben, damit diese ihre Aufgaben erfüllen können. Es ist auch die Pflicht des Landes sicherzustellen, dass die Städte und Gemeinden dies tun können. Das

(Abg. Funk (CDU) )

können Sie natürlich nicht, wenn sie kein Geld haben.

Wir von der AfD-Fraktion haben vor Kurzem einen Vorschlag hier im Landtag eingebracht, der allerdings von der Regierungskoalition abgelehnt wurde. Wir sind der Ansicht, so wie man sich das jetzt vorstellt, wird es nicht klappen. Was schon klappen wird - das ist ehrlichkeitshalber schon angesprochen worden - ist, dass es für die Kommunalwahlen nicht schlecht sein wird, wenn man so etwas vorstellen kann und den Leuten eine Perspektive gibt.

(Sprechen bei der CDU.)

Man wird mir nicht übel nehmen, dass ich schon annehme, dass auch die bevorstehenden Kommunalwahlen dabei eine wichtige Rolle gespielt haben.

Was kritisieren wir? Das Erste ist, dass es doch ein sehr langer Zeitraum ist, der ins Auge gefasst wird, bis zum Jahr 2065. Gut, wenn es lange dauern muss, muss man umso früher anfangen, insoweit ist das kein direkter Fehler. Man wird mir aber zugestehen, dass auf diesem sehr langen Weg auch sehr viele Unwägbarkeiten auf uns warten, angefangen beim Zinsniveau, der wirtschaftlichen Lage und so weiter. Das ist alles schon tausendmal gesagt worden, aber es ist nun mal so. Das ist eine Schwierigkeit, die man nicht vorhersehen kann.

Das Zweite ist: Das Land übernimmt 1 Milliarde Euro an Kassenkrediten. Ich finde auch, dass das eine gute Sache ist. Ich frage mich aber nur, wie die Städte und Gemeinden diese anderen 1,1 Milliarden, die da noch fehlten, aufbringen sollen. Da sehe ich große Schwierigkeiten und ich glaube, da wird man im Einzelnen noch einiges tun müssen.

Es stellt sich natürlich auch die Frage der Gerechtigkeit. Das wird dann auch im Einzelnen zu Schwierigkeiten führen. Es gibt ja Gemeinden - das ist hier auch angesprochen worden -, die haben immer sehr sparsam gehaushaltet. Deshalb stehen die jetzt besser da, bekommen dann aber weniger. Andere haben vielleicht, da sie nicht die Schwierigkeiten hatten, ein bisschen leichtsinniger gewirtschaftet. Die werden jetzt belohnt dafür. Das ist schon eine Schwierigkeit.

Eine Schwierigkeit ist auch, selbst wenn das gleichmäßig gemacht wurde, dass Investitionsstau ja auch Schulden bedeutet. Wie wird das berücksichtigt? Es ist hier gesagt worden, dass solche Gemeinden, die keine Kassenkredite haben, einen Bonus bekommen. Alles gut und schön, aber schwierig wird das schon werden. Die 20 Millionen Euro Investitionsmittel für die Gemeinden hören sich immer gut an, Millionen überhaupt, obwohl die Leute sich inzwischen schon an Milliarden gewöhnt haben. Aber 20 Millionen, wenn man da mal 10 rechnet, dann sind das 200 Millionen. Man kann aber auch so rechnen: Wie

viel sind denn 20 Millionen pro Kopf der saarländischen Bevölkerung? Das ist ganz einfach zu rechnen: 1 Million Leute, 20 Millionen Euro, pro Person ergibt das 20 Euro. Da sieht man schon: So sehr viel ist das nicht. Es ist ein Anfang, aber es ist nichts Berauschendes. Es ist nicht viel.

Meine größte Befürchtung ist - man hat in den vorangegangenen Beiträgen auch schon versucht, das aufzugreifen -, dass man jetzt glauben macht, wir haben hier ein Problem gehabt, ein großes Problem, aber wir haben nun einen Pakt abgeschlossen, damit ist dieses Problem erledigt, und wir haben den Bund damit auch aus seiner Verantwortung entlassen.

(Abg. Renner (SPD) : Sie müssen zuhören!)

Ich habe gut zugehört, Herr Renner. Von der Zukunft kann man nicht in der Vergangenheit reden. Ich denke, wir können den Bund aus seiner Verpflichtung, dem Saarland zu helfen, nicht entlassen. Es ist von dieser Kommission gesprochen worden. Das ist ein Weg, der auch vorgegeben ist. Das ist eine Möglichkeit, da müssen wir entscheidend mitmachen, aber das darf es allein nicht sein. Ich komme noch einmal zurück auf das, was ich eben angesprochen habe, die saarländischen Gemeinden sollen zu diesem Pakt 1,1 Milliarden D-Mark zusteuern.

(Abg. Thul (SPD) : D-Mark? - Reichsmark? - Lachen und Sprechen bei der SPD.)

Das wäre doch jetzt eine prima Sache, wenn der Bund im Vorhinein schon zu allen anderen Verhandlungen sagt: Gut, diese 1,1 Milliarden, die machen wir auch für die saarländischen Gemeinden locker.

Was kostet das denn? Nach dem, was hier in der Regierungserklärung gesagt worden ist, genügen doch 30 Millionen Euro im Jahr für Zinsen und Tilgung. Bringt das der Bund für das Saarland nicht auf? Ich denke, das sollte der Bund für das Saarland schon aufbringen. Da erinnere ich daran, dass wir ja nicht als Bittsteller kommen. Wir sind keine Bittsteller, das steht uns zu. Der Bund hat dafür zu sorgen, dass in ganz Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse herrschen.

Wir im Saarland haben unseren Beitrag in der Vergangenheit geleistet. Wir haben mit unserer Montanindustrie zum Aufbau Deutschlands beigetragen, wir haben Bayern unterstützt. Was ist denn mit unseren Leuten passiert? Was ist mit den vielen Zehntausenden von Bergleuten passiert, die 20 Jahre vor dem Ende der normalen Lebenserwartung an Silikose gestorben sind? Was ist mit den Leuten, die sich in den Hütten ruiniert haben? Was ist mit unserer Landschaft? Wir brauchen uns hier nicht zu loben, das machen wir in der Touristikförderung. Was ist denn mit unseren Flächen, die ruiniert sind? Das sind Schulden, die haben wir für ganz Deutschland

(Abg. Dörr (AfD) )

übernommen. Deshalb muss Deutschland uns jetzt helfen. Wir erwarten von unseren Politikern in Deutschland, die im Bund, in Berlin, wirken und hohes Ansehen genießen, dass sie dieses Ansehen auch rechtfertigen, indem sie nicht nur anderen gegenüber freundlich sind, sondern auch für uns kämpfen. Ich könnte da drei ganz prominente Personen nennen. Da ist Herr Meyer in dem Moment eine kleine Figur.

(Zuruf aus den Koalitionsfraktionen: Ulli Meyer?)

Er macht eine gute Arbeit, hoffe ich doch, aber wir haben drei politische Schwergewichte in Berlin. Von denen müssen wir verlangen, dass sie für uns eintreten. Nur so kann auch dieser Pakt, der hier geschlossen worden ist, auf Dauer Erfolg haben. Danke schön.

(Beifall von der AfD-Fraktion.)

Nächster Redner ist der Fraktionsvorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Stefan Pauluhn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Ergebnis des Koalitionsausschusses am vergangenen Samstag - ich komme nicht umhin, es noch einmal zu wiederholen - können die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen nun auch in ihrer zweiten Amtszeit, in der zweiten Legislatur der Großen Koalition hier im Saarland, nach dem Erreichen der Haushaltskonsolidierung und der damit verbundenen Neuordnung der Bund-LänderFinanzbeziehungen einen weiteren Meilenstein ihrer Arbeit vorlegen.

Es gibt vier zentrale Botschaften. Auch ich will sie noch einmal nennen. Erstens. Wir entschulden die Kommunen mit rund 1 Milliarde echte Teilentschuldung. Wenn ich mir die Debatte um die von Oskar Lafontaine und der damaligen SPD-Landesregierung erstrittene Teilentschuldung des Landes noch einmal vor Augen führe - ich erinnere mich noch an Sätze aus den Reihen meiner Partei nach dem Motto, wir verstehen gar nicht, dass das politisch nicht noch mehr gehypt wurde, eigentlich hätte die Saarbrücker Zeitung eine Sonderausgabe zu dieser erstrittenen Teilentschuldung drucken müssen -, dann gilt dies natürlich auch für die jetzt erreichte Teilentschuldung von 50 Prozent kommunaler Schulden in gleichem Umfang wie damals, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Lafontaine (DIE LINKE).)

Zweite Botschaft. Wir geben jährlich 20 Millionen Euro - ich will das noch einmal unterstreichen - an

zusätzlicher Investitionskraft in die Städte und Gemeinden. Zusammengenommen ist das das größte Paket, das eine Landesregierung für die saarländischen Städte und Gemeinden geschnürt hat, seit es dieses Land gibt, nur um die Dimension einmal klarzumachen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dritte Botschaft. Es bleiben bereits zugesicherte Mittel aus dem Kommunalpakt I in der Kasse der Kommunen. Das sind auch noch einmal 45 Millionen Euro. Das ist die Summe - für diejenigen, die es nicht verstanden haben, ich blicke vor allem nach rechts -, die dann nach dem Lückenschlussmodell von Junkernheinrich dazu führt, dass die Kommunen den Rest ihrer Schulden, ihrer Kassenkredite, abbauen können und die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben in vertretbarer Zeit schließen können; ein großes, weiteres Projekt, das wir unterstützen mit diesen Mitteln für die saarländischen Städte und Gemeinden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Nicht zuletzt die Botschaft Nummer 4. Verbunden mit diesem Tag, einem guten Tag für unsere Kommunen, ist ein weiterer Kraftakt der Politik dieser Koalition. Wir geben heute den Startschuss zur Beitragsfreiheit in der Bildung von Kindesbeinen an, und das - jetzt neu - über die Festlegungen des Koalitionsvertrages hinaus. Am Ende dieser Legislatur steht die Halbierung der Elternbeiträge bei den Kitas. Das ist nun neu definiertes Ziel in dieser Legislatur. Darauf darf man, denke ich, auch ein wenig stolz sein. Das ist echtes, gutes Regierungshandeln, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Für meine Fraktion kann ich hinzufügen, wir wollen und werden diesen Weg bis zur völligen Beitragsfreiheit ab dem Jahr 2023 in aller Konsequenz weiter forcieren und einschlagen. Der nun beginnende Zwischenschritt eines auch in Zukunft wohl finanziell nicht gerade auf Rosen gebetteten Landes bringt uns aber bei unserem Ziel der beitragsfreien Bildung von Anfang an, wie ich finde, einen entscheidenden Schritt weiter. Wir beginnen im kommenden Schuljahr mit der Absenkung der Elternbeiträge und wollen am Ende der Legislaturperiode wie erwähnt die Halbierung erreichen. Ich gebe gerne zu, das war neben den Festlegungen zum kommunalen Teil des Saarland-Paktes meiner Fraktion besonders wichtig. Deshalb bin ich froh, dass wir zu einer gemeinsamen Entscheidung gekommen sind. Es ist ein gemeinsam beschriebenes Ziel, eine gemeinsame Lösung dieser Koalition aus CDU und SPD.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die Bundesmittel aus dem Gute-Kita-Gesetz fließen in Qualität, vor allem aber auch in Beitragssenkun

(Abg. Dörr (AfD) )

gen für Eltern. Sie ergänzen unsere Festlegungen im Koalitionsvertrag, und das zum großen Teil zum Wohle der Geldbeutel der Eltern. Darum empfinden wir diesen Tag als einen besonderen in der Regierungsverantwortung. Denn es ist ein Tag, an dem Familien mit kleinen Kindern echt gewinnen. Es ist ein spürbarer Wert, gerade auch für Alleinerziehende, und darüber hinaus auch ein sanfter, aber nicht zu unterschätzender Standortfaktor für Familien. Wenn Eltern nämlich überlegen, wo sie ihr Häuschen bauen, wo sie sich niederlassen, und wenn sie gerade in der Grenznähe das Nachbarland Rheinland-Pfalz in ihre Überlegungen mit einbeziehen, weil dort, wenige Kilometer weiter die Kita-Gebühren nicht nur halbiert sind, sondern schon gänzlich auf null stehen und das schon seit dem Jahr 2010, dann ist es auch ein Standortfaktor für das Saarland, wenn wir hier dem Standard in Rheinland-Pfalz einen erheblichen Schritt näher kommen.

Ich will an drei Beispielen deutlich machen, was das bedeutet. Hätten wir die Halbierung heute schon, dann würden Eltern beispielsweise in Saarbrücken statt 368 Euro noch 184 zahlen, in Wadern statt 363 noch 182 Euro und in meiner Heimatgemeinde Gersheim statt 343 Euro noch 172. Das ist der Wert, das werden die Eltern vor Ort am Ende der Legislaturperiode tatsächlich spüren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann man gar nicht kleinreden, das werden die Eltern selbst beantworten, und zwar positiv.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will in diesem Zusammenhang neben diesen vier zentralen Botschaften einen weiteren Punkt ins Licht rücken. Es ist ein Punkt, der mich immer wieder umtreibt und tief bewegt und der bei mir immer wieder Motor ist, mein politisches Handeln am Ergebnis für Land und Menschen einerseits, aber auch am Ergebnis für unser demokratisches Gemeinwesen zu werten und zu messen. Ich will vor dem Hintergrund der heute in Rede stehenden großen Blöcke - Kommunen und Kitas - den Bogen über den Rand der Tagespolitik hinaus spannen. Nie werden politische Entscheidungen direkter und unmittelbarer wahrgenommen, als wenn sie die eigene Kommune betreffen oder wenn es um das Wohl des eigenen Kindes geht. Lassen Sie mich dafür etwas weiter ausholen.

Es waren die Berichte meiner Großeltern, Jahrgänge 1901 und 1902, und meiner Eltern, 1930 und 1932 geboren, die mich als Jugendlichen so aufwühlten, dass ich erstes Interesse für Politik entwickelte. Sie haben einen Grundstein gelegt, mich politisch zu engagieren und mich dabei vor allem immer wieder mit Engagement und Leidenschaft für unsere Demokratie einzusetzen, mich einzusetzen für einen Staat mit seiner Meinungsfreiheit, für die

sen Staat mit seiner Freiheit des Denkens und auch des Anderssein-Könnens, mich einzusetzen für die mittlerweile selbstverständlich gewordene Reisefreiheit auch für Jüngere, mich einzusetzen für die Freiheit unterschiedlicher Lebensentwürfe, für die Freiheit der Bildung, mich für diesen Staat mit seinen Traditionen, aber auch mit seiner Vielfalt und einfach für die Demokratie stark zu machen. Das war und blieb mein Zugang zu Politik. So kam ich in die Politik. Diesem Anspruch fühle ich mich weiter verpflichtet.

Es waren jene Berichte der Jahrgänge 1901 bis 1932, die von ihrer Kindeszeit handelten. Sowohl meine Großeltern wie meine Eltern waren damals jeweils so alt wie meine Tochter heute. Sie waren genauso alt, als sie mit dem Ergebnis lähmender politischer Prozesse ohne Einigung, dann mit dem politischen und später dem tatsächlichen Abwenden von der Menschlichkeit gepaart mit beginnendem Fremdenhass, mit Flucht und Vertreibung konfrontiert wurden. Letztlich wurden sie selbst zum Flüchtling und mit dem Krieg konfrontiert. All das - heute fast unvorstellbar - im Alter meiner Tochter von zwölf Jahren. Hier und da erkennt man heute - Gott sei Dank ganz sicher nicht in diesem Ausmaß wie damals, aber immerhin - ganz seichte Parallelen: Die scheinbare Ohnmacht von Politik, das Abwenden der Politik von den wirklichen Problemen der Menschen, das Abwenden der Menschen von der Politik, das Sich-Entfernen und das hasserfüllte Skandieren von menschenfeindlichen Parolen. Es sind nur Anfänge, ein paar wenige hier, ein paar andere dort, aber das treibt mich um. Politik muss heute wieder wachsamer sein denn je, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Unser Land, diese Republik wird im nächsten Jahr 70. Sie darf sicher noch zu den eher jüngeren Demokratien unter den westlichen Wirtschaftsmächten gezählt werden. In unserem Land hatte das Klagen gegen Regierende immer schon Tradition. Ob Stammtisch oder dumpfe Parolen, das Laute bestimmt allzu oft über das Leise, auch oder gerade auch in der Politik. Dennoch ist ein gesundes Beklagen von Ungerechtigkeiten, natürlich auch die politische Debatte, aber auch das damit so mancherorts verbundene Schimpfen auf den Staat und seine Repräsentanten, ganz gleich ob fundiert vorgetragen oder polemisiert hinausgehauen, ob es uns nun gefällt oder nicht, auch demokratiefördernd. Es ist demokratiefördernd, weil es politische Veränderungen beflügelt und Humus ist in einer Demokratie, sie dadurch am Leben erhält und das Wesen der Demokratie, den demokratischen Wandel im Wechsel von Regierungen, letztlich begründet und beflügelt. Von daher ist es nichts Neues.

Im Moment scheint mir aber - im Medien-Deutschland auch gehypt - eine Entwicklung um sich zu grei

(Abg. Pauluhn (SPD) )

fen, die weit über diese Erkenntnis hinausgeht. Das hat zunächst einmal nichts mit den Berichterstattern zu tun, sondern eher mit den Akteuren auf der politischen Bühne. Auf Bundesebene beschäftigen sich CDU/CSU und SPD ebenso wie die LINKE allzu oft mit sich selbst, so zumindest die äußere Wahrnehmung. Politik-Bashing hat Konjunktur. Bei all dem Streit in den Parteien oder in den politischen Verbindungen wie der Koalition in Berlin geht dabei durchaus gutes und positives Tagesgeschäft in einem schlagzeilenträchtigen Medienmeldungsdschungel von Bad News stetig unter.