Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Wir haben auch mit dem Kollegen Klaus Bouillon geredet. Der macht sich Gedanken darüber, wie wir mehr Wohnungen fördern können, wie wir mehr Wohnungen für Menschen mit Behinderungen bauen können.

Aber oft - der Kollege Georgi hat es angesprochen wird auch falsch gebaut. Dann werden die Gesetze, die es gibt, nicht eingehalten. In der Anhörung haben uns viele gesagt, dass da besser kontrolliert werden muss. Die Regierung in Hessen hatte dazu eine Idee. Da wird nach dem Bauen noch einmal kontrolliert, ob alles barrierefrei ist. Das findet bisher bei uns nicht statt. Ich will an dieser Stelle auch sagen, durch die Änderungsvorschläge der Linkspartei würde das ebenfalls nicht stattfinden. Die Menschen sollen dann zwar ein Bußgeld, also eine Strafe bezahlen, aber es würde nicht verhindert werden, dass nicht-barrierefrei gebaut wird.

Das Formular aus Hessen - auch das war ein Vorschlag von uns - wird jetzt hier eingeführt, das heißt, jeder, der zukünftig baut, muss schon, wenn er den Antrag auf dem Amt stellt, erklären, dass er barrierefrei baut. Dann ist das auch kontrollierbar von den Ämtern vor Ort, und das ist ein Riesenfortschritt. Damit wurde einem der wichtigsten Wünsche der Verbände Rechnung getragen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben bei dem Thema Wohnen gemerkt, dass alles auch sehr kompliziert ist. Wir wissen zwar, was wir wollen, dass wir beispielsweise mehr rollstuhlgerechten Wohnraum wollen, aber wir wissen nicht immer, wie man das am besten hinbekommt. Damit es besser wird, haben wir drei Sachen geplant.

Erstens gibt es zukünftig eine Stelle, die uns auch da Tipps gibt. Es wurde eben schon angesprochen. Die Menschenrechtsstelle in Berlin wird zukünftig eine Stelle haben, die uns berät, wie wir besser werden in Sachen Barrierefreiheit. Ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin dieser Stelle wird zukünftig hier im Saarland vor Ort sein und uns beraten.

Zweitens brauchen wir aber auch einen Ansprechpartner, der die Menschen mit Behinderungen vertritt. Zurzeit ist das noch Frau Christa Rupp, der auch ich an dieser Stelle ein herzliches Wort des Dankes sagen möchte. Liebe Frau Rupp, Sie haben viel erreicht für Menschen mit Behinderungen. Wir sind Ihnen zu Dank verpflichtet.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir wissen noch nicht, wer nach ihr kommt. Der Kollege Hermann Scharf hat eben erwähnt, dass wir das beraten werden. Wir sind zuversichtlich, dass wir wie bei Herrn Bender, dem Pflegebeauftragten, eine Persönlichkeit finden werden, die über die Fraktionsgrenzen hinaus und vor allen Dingen - was uns ganz besonders wichtig ist - bei den Verbänden angesehen ist. Wir beginnen jetzt mit der Suche.

Drittens wissen oft viele gar nicht, was in den Gesetzen steht. Deshalb gibt es viele Barrieren. Wenn Gesetze nicht eingehalten werden, gibt es häufig Streit. Dafür gibt es zukünftig eine Schlichtungsstelle. Auch das ist ein Erfolg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen ehrlich sein: Das Gesetz macht nicht alles gut, aber das Gesetz macht vieles besser.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt will ich noch auf zwei Punkte des Herrn Georgi eingehen. Sie haben von Schlupflöchern gesprochen, die wir neu schaffen. Ich spreche davon, dass wir Schlupflöcher schließen werden. Allein das hessische Formular, das wir einführen, ermöglicht erstmals die Kontrolle durch die Unteren Bauaufsichtsbehörden, gegen Wohnungsbauer vorzugehen, die diese Barrierefreiheit, die im Gesetz steht, nicht umsetzen. Das ist definitiv die Schließung eines Schlupflochs und keine Öffnung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Georgi (DIE LINKE) : Wie gehen wir da vor?)

Kollege Georgi, Sie haben den sozialen Wohnungsbau angesprochen. Hierzu habe ich eben erklärt, dass wir mit den Wohnungsbauunternehmen eine Vereinbarung haben. Wir werden die LBO ändern und zukünftig mehr bezahlbaren sozialen Wohnungsraum für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer schaffen. Das ist ein Erfolg dieser Koalition.

(Abg. Thul (SPD) )

Das lassen wir uns nicht zerreden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ein Schlupfloch, wie Sie es bezeichnet haben, existiert gar nicht. Wir wollen unsere Ortskerne sanieren. Hierfür gibt es ein Förderprogramm, in dem wir Ausnahmen geschaffen haben. Wir sind uns fraktionsübergreifend einig, dass wir die Ortskernsanierung vorantreiben wollen. Das gelingt uns aber nicht, wenn wir strikt die Förderung von Landesmitteln an den rollstuhlgerechten Ausbau der Ortskerne setzen. Deswegen ist das ein „Schlupfloch“, das durchaus Sinn macht.

Alles in allem: Wir wollen besser werden. Wir wollen, dass im Saarland alle mitmachen können. Deshalb bitte ich um Unterstützung dieses Gesetzes. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun Rudolf Müller von der AfD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetz wird die schon weitgehend verwirklichte Teilhabe und Teilnahme von Behinderten am öffentlichen Leben weiter verbessert. Vorgaben werden präzisiert, zum Beispiel im Baubereich. Insbesondere bei neu zu errichtenden Gebäuden wird Barrierefreiheit noch besser geachtet. Wenn bei Neubauten von Wohnungen bei größeren Bauten jede sechste Wohnung rollstuhlgerecht hergerichtet werden soll, dann ist das sicher ohne allzu große Verteuerung machbar. Gleichzeitig wird im Gesetz auch auf wirtschaftliche Machbarkeit geachtet.

Bauliche Barrieren in öffentlichen Gebäuden sollen möglichst abgebaut werden. Im § 8 Abs. 2 SBGG heißt es wörtlich: „ (…) sofern der Abbau nicht eine unangemessene wirtschaftliche Belastung darstellt.“ Herr Georgi hat eben auch schon angesprochen, dass man eine solche Formulierung etwas abschätzig als Gummiparagrafen bezeichnen könnte. Aber eine gewisse Flexibilität ist in der Praxis, im täglichen Leben sicher angebracht und ein Gebot der Vernunft.

Wir hatten zum Beispiel die Schornsteinfeger-Innung zu Besuch. Die hatten nach dem ersten Entwurf dieses Gesetzes befürchtet, dass sie den Zugang zu ihrem Büro behindertengerecht ausbauen müssen. Aber ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wer

ob behindert oder nicht - besucht schon seinen Schornsteinfeger? Ich habe das noch nie gemacht. Aber das ist dann beachtet worden.

Auch im Bereich der angestrebten Barrierefreiheit in der Informationstechnik wird auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit geachtet. Was ein wenig in der Formulierung und Begründung des Gesetzes stört, ist die häufige Bezugnahme auf die UN-Behindertenrechtskonvention. Denn im Grunde genommen können wir das selbst und brauchen dafür keine Versammlung, die zum großen Teil aus rückständigen, undemokratischen oder antidemokratischen und korrupten Staaten zusammengesetzt ist und ziemlich oft verschwurbelte Formulierungen herausgibt. Aber vielleicht liegt das ja nur an der Übersetzung.

Was außerdem in diesen Texten auffällt, auch schon bei der Ersten Lesung, ist die hohe Anzahl Behinderter und Schwerbehinderter im Saarland. Ich weiß nicht, ob Ihnen das schon einmal aufgefallen ist. Demnach wäre jeder vierte Saarländer ein dermaßen Betroffener. Möglicherweise ist da die Begrifflichkeit nicht mehr in Ordnung und zu sehr auf die Wünsche der Sozialindustrie ausgerichtet. Wir stimmen dem Gesetz insgesamt zu. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von der AfD-Fraktion.)

Die nächste Rednerin ist die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Monika Bachmann.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Betroffene! Über wen reden wir eigentlich? Wir reden über eine Gesetzesnovelle. Dahinter stecken Menschen, die ein Handicap haben.

Wer von uns hat kein Handicap? Die Frage müssen wir uns jeden Tag stellen, dann brauchen wir auch nicht mehr so sehr über Inklusion, Wertschätzung und Teilhabe zu reden. Es sind unsere Nachbarn, Freunde und Familienmitglieder. Es sind zum Beispiel Umweltaktivisten oder Menschen mit Handicap, die im Bildungs- oder Kulturbereich kämpfen, oder Spitzensportler, die an den Paralympics teilnehmen. Wir können uns alle anschauen: Das sind Menschen, die mit ihrer Behinderung oder ihrem Handicap jeden Tag ihren Mann und ihre Frau stehen, ob gehörlos, ob Rollstuhlfahrer oder durch andere Krankheiten belastet. Insoweit sollten wir alle etwas innehalten.

(Abg. Thul (SPD) )

Teilhabe und Inklusion, meine sehr geehrten Damen und Herren, das geschieht nicht von alleine. Da muss man schon etwas tun, das ist ein permanenter Prozess. Deshalb bin ich der Großen Koalition auch unheimlich dankbar, dass sie diesen Weg gemeinsam mit meinem Haus und mir persönlich als Fachministerin geht und diese Belange vorantreibt. Dass noch einiges zu tun ist in der Wertschätzung, in dem, wie wir normalerweise miteinander umgehen, will ich überhaupt nicht bestreiten. Deshalb ist es mir auch wichtig, mit der Novelle des Behindertengleichstellungsgesetzes aus dem Jahr 2003 - das ist ja doch eine gute Weile her - die weiteren Schritte für eine gelungene Inklusion und eine zukunftsorientierte Politik für Menschen mit Handicap in unserem Land gehen zu können.

Wir haben innerhalb der Landesregierung sehr lange und sehr intensiv über den Gesetzentwurf diskutiert. Wir haben sowohl die betroffenen Verbände und Organisationen als auch die Bürgerinnen und Bürger in einer breit angelegten Anhörung beteiligt, und zwar nicht nur, indem wir sie zu uns eingeladen haben, vielmehr hat auch eine Online-Anhörung stattgefunden. Viele Verbände begrüßen den Gesetzentwurf und die damit verbundenen Anliegen ausdrücklich - zumindest habe ich als Fachministerin das so festgestellt -, was darauf schließen lässt, dass das Gesetz in seinem Kern unbestritten ist. Bei der Gelegenheit möchte ich auch all jenen danken, die uns als Betroffene eingehend beraten haben. Einige sind ja hier, ich greife Sie, Frau Pauli, einmal heraus.

Ich möchte kurz einige Schwerpunkte des Gesetzentwurfes benennen. Das Kernstück des Gesetzes mit seinen speziellen Regelungen gegen Benachteiligung von Menschen mit Handicap durch Träger öffentlicher Gewalt ist und bleibt die Herstellung barrierefreier Lebensbereiche. Ich füge hinzu: Da machen wir seit Jahren etwas, auch ohne ein Gesetz. Wir haben zuerst die Vermieter gebeten, zwei Wohnungen, wenn sie renoviert werden - ich sehe Zustimmung bei den Zuschauern -, behindertengerecht beziehungsweise altersgerecht zu gestalten; auch Alter kann eine Behinderung darstellen. Dafür haben wir vonseiten dieser Landesregierung viel Geld in die Hand genommen. Wir haben dann aber gesagt, auch wenn jemand ein Eigenheim hat, darf er die Gelder beantragen, damit er nicht irgendwo im Ballungsbereich im dritten Stock sitzt und mit seinem Rollstuhl nicht mehr rauskommt. Das trifft also nicht nur Vermieter. Auch dort haben wir alle Gelder ausgeschüttet.

Wir haben jetzt ein Programm, das 6 Millionen beinhaltet. Jeden Tag unterschreibe ich Anträge, damit

Menschen, die ein Handicap haben, die älter werden, die über 60 sind, ohne große Nachweise ihren Sanitärbereich neu ausrichten können - zum Beispiel die Toiletten etwas höher setzen können, damit man sie als Mensch mit Handicap leichter nutzen kann. Diese Gelder werden angenommen! Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht einen Förderantrag, der höchstens 7.500 Euro beinhaltet, unterschreibe. Daran sieht man, dass es nicht nur darum geht, Reden zu halten, Herr Georgi, die man vorgeschrieben bekommt und mit denen man sich inhaltlich nicht befasst hat,

(Zurufe von der LINKEN: Jetzt aber! - Abg. Geor- gi (DIE LINKE) : Unverschämt!)

nein, wir tun etwas in dieser Landesregierung, um unsere Nachbarn, um unsere Freunde, unsere Weggefährten, auch die Menschen, die in den Ministerien mit einer Behinderung arbeiten, einzubinden. Normalität - keine großen Sprüche! Normalität!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Sprechen bei der LINKEN.)

Um diesen Aufbau, um diese Kompetenzen zu fördern, wurden alle Landkreise und die Landesverwaltung durch die Teilhabe der Inklusionsbeauftragten, die heute hier sitzt, Kerstin Schikora, die wir seit einem Jahr in unserem Hause haben, nicht nur eingeladen, nein, sie wurden in diesen Dingen auch geschult - zuletzt, Kerstin, am vergangenen Freitag. Dadurch hat jeder, vom Land bis in die kleinsten Ortschaften, den gleichen Wissensstand.

Wir setzen die EU-Richtlinie 2016/21 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen um. Auch das ist schon geschehen. Die Stellung der oder des Landesbeauftragten für die Belange der Menschen mit Behinderungen wird durch das Gesetz deutlich gestärkt. Das ist der Wunsch der Verbände, und den haben wir, wie meine Vorredner Herr Scharf und Herr Thul es gesagt haben, in der Novelle auch drin. Das Amt wird in Zukunft hauptamtlich ausgeführt, und ich kann gar nicht abwarten, wer es ausüben wird - eine Frau, ein Mann? Eines ist ganz sicher: Es wird nicht jemand sein, der an irgendeiner Stelle untergebracht werden muss, er muss vielmehr parteiunabhängig für die Belange der Menschen mit Handicap kämpfen. Er muss wissen, wovon er redet. Und damit man weiß, wovon man redet, muss man sich mit diesen Menschen unterhalten. Da muss man auch Kritik aushalten. An der Stelle habe ich überhaupt keinen Nachholbedarf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verankerung einer unabhängigen Monitoringstelle wird von uns aus

(Ministerin Bachmann)

mit unterstützt. Nicht zuletzt stellt das Gesetz durch eine Änderung der Landesbauordnung, die mein Kollege auf den Weg bringt, einen Rahmen auf, um den Zuwachs an barrierefreiem Wohnraum zu fördern.

Es ist noch nicht alles gut, aber da sind wir dran. Man kann nicht alles an einem Tag machen. Aber ich bin als zuständige Fachministerin sehr glücklich, mit dem neuen SBGG einen wichtigen Schritt in Richtung Inklusion zu machen.

Wir haben einmal im Jahr ein Inklusionsfest. Viele von Ihnen, die heute da sind, nehmen dort teil. Das Inklusionsfest bedeutet, dass wir knapp unter 1.000 Menschen mit Handicap haben, die dieses Fest ausrichten und die von uns als Ministerium und vielen anderen Stellen des Landes mit begleitet werden. Das ist doch was! Das heißt doch was! Da muss man doch feststellen, dass wir mittlerweile auch miteinander arbeiten, und deshalb danke ich allen in diesem Hause, die mich und meine Mitarbeiter auf diesem Wege begleiten, von ganzem Herzen.

Entscheidend trägt dazu bei, wie wir eingestellt sind, ob wir das wollen oder ob wir nur hier vorne stehen und reden. Ich bin der Meinung, wir müssen Menschen mit Handicap, wir müssen Behindertenpolitik, wie man so schön sagt, leben. Dazu rufe ich Sie alle auf. Ich bitte darum, diesen Gesetzentwurf positiv zu begleiten. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen Ich schließe die Aussprache. - Wir kommen zu den Abstimmungen.

Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat mit der Drucksache 16/873 einen Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag des Ausschusses. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 16/873 mit Stimmenmehrheit angenommen wurde. Zugestimmt haben CDU- und SPD-Fraktion, dagegen gestimmt hat die AfD-Fraktion. Enthalten hat sich die Fraktion DIE LINKE, ebenso die fraktionslose Abgeordnete Ensch-Engel.

Die DIE LINKE-Landtagsfraktion hat mit der Drucksache 16/879 ebenfalls einen Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf eingebracht. Wir kommen