Die Grundlage dafür war die solide Finanzstruktur, die Saarstahl seit vielen Jahren hat. Die Eigenkapitalquote war im letzten Jahr noch bei 76 Prozent. Das gibt es sonst europaweit mit Sicherheit nicht ich weiß nicht, wie es weltweit in der Stahlindustrie ist -, sie ist jedenfalls gigantisch groß und ist natürlich die Basis für alles, was man investiv machen will. Die saarländische Lösung, also die Hüttenlösung mit Montanstiftung, ist gerade vor wenigen Wochen in der Wirtschaftspresse besonders gelobt worden, auch unter diesem Aspekt. Die sind in der Lage, aus dem Investiven auch Innovationen zu machen, weil sie eben liquide sind. Man könnte auch sagen, dass das Land über diese vielen Jahren, in denen diese Lösung existiert, auch sehr viel Geld quasi selbst investiert hat. Die Hüttenlösung als solche ist eine Investition des Landes in den Neunzigerjahren in die Stahlindustrie gewesen und zahlt sich an dieser Stelle aus.
Aktuell haben wir das Kurzarbeiterproblem. Wir müssen über alle politischen Ebenen zusammenarbeiten. Die zentrale Botschaft muss sein, dass die Beschäftigten der Stahlindustrie unsere Solidarität haben. Das sage ich auch ausdrücklich für meine Fraktion. Das gilt übrigens auch für die Zulieferunternehmen, von denen wir auch reichlich stahlverarbeitende haben, und das gilt bis hinein ins Handwerk. Wir werden auch versuchen, was wir auf Landesebene tun können, um den Standort und die Arbeitsplätze zu sichern. Deshalb werden wir dem Antrag der Koalition zustimmen, weil er diesen Komplex, der besonders wichtig ist, auch als Signal in sich
trägt. Dem Antrag der AfD werden wir leider nicht zustimmen, weil er uns an vielen Stellen nicht konsequent genug und auch zu technokratisch ist. - Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Der Abgeordnete Müller hat eine Kurzintervention angezeigt. - Ich lasse Sie zu, ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Flackus, Sie haben am Anfang Ihrer Rede gesagt, es sei mir gleichgültig, man könnte die ja absaufen lassen. Das habe ich mit keinem Wort gesagt. Wenn zum Beispiel in Mikronesien, wie hier jemand erwähnt hat, der Meeresspiegel um 10 oder 20 cm steigt, dann werden die nicht absaufen. Vielleicht wird der Meeresspiegel dort auch fallen, das könnte gerade in diesem Fall auch an der Plattentektonik liegen, die dort wirkt. Ich hoffe, davon haben Sie auch etwas gehört. Die ganze Diskussion krankt daran, dass die grundsätzlichen Überlegungen, die zu diesen Diskussionen führen, ganz einfach schwankend und vollkommen unsicher sind.
Abgeordneter Flackus, wünschen Sie eine Erwiderung? Nein? Gut. - Dann erteile ich als Nächstem dem Kollegen Bernd Wegner für die CDU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine spannende Diskussion gewesen, auch und gerade wenn man sich die Tagesordnung angesehen hat und heute Morgen auf der ersten Seite der Zeitung die Schlagzeile „Saarstahlindustrie steht vor großem Umbruch“ gelesen hat. Wir sind mit der heutigen Debatte ein Stück weit sehr aktuell. Ich glaube, dass wir mit dem Antrag, den die Koalitionsfraktionen vorgelegt haben, wie es auch der Kollege Hans Peter Kurtz eben vorgestellt hat, eine sehr umfassende Antwort darauf gegeben haben.
Eines muss man natürlich sagen: Es ist eine Antwort auf die Herausforderung, die die Stahlindustrie und Tim Hartmann heute Morgen in der Zeitung und auch vorige Woche in der Süddeutschen formuliert und deutlich gemacht haben. Tim Hartmann hat ganz klar die Frage gestellt: Die sauberste Stahlin
dustrie der Welt ist in Deutschland, wird sie überleben können, können wir sie retten, hat sie eine Zukunft hier im Saarland, in Deutschland und auch europaweit? - Es sind ja schon einige Sachen dazu gesagt worden. Ich will gar nicht mehr in die technischen Details hineingehen, weil ich denke, dass wir uns zu diesem späten Zeitpunkt nicht in Wiederholungen üben sollten.
Die Krise, die wir zurzeit haben - das ist auch klar geworden -, ist eine Automobilkrise, ist eine Dieselkrise, eine von der Automobilindustrie teilweise selbst verursachte Situation. Man kann das nicht der Politik anlasten, sondern muss auch sagen, dass gerade die Automobilindustrie zu großen Teilen zu spät reagiert hat.
Ich glaube, dass wir mit unserem Antrag deutlich machen, dass wir den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber solidarisch sind, die jetzt ab dem 01. September in Kurzarbeit gehen, 4.300. Es ist auch richtig, dass der saarländische Landtag sich mit diesem Thema auseinandersetzt und deutlich sagt: Wir sind nicht nur solidarisch, sondern wir werden alles daran setzen, um aus dieser Übergangszeit, die wir im Moment mit drei Monaten ansetzen, das Beste zu machen. Ich finde es auch richtig, dass die Geschäftsführung gesagt hat, wir legen noch Geld drauf, damit 90 Prozent der Lohnkosten abgedeckt sind.
Wir müssen deutlich machen, dass wir in Saarbrücken, Berlin und Brüssel alles daran setzen, die Dinge voranzubringen. Es ist eben gesagt worden: Der Zertifikatehandel ist mit Sicherheit etwas, was in die richtige Richtung geht. Ich verweise bei dem Thema CO2 und den Anträgen, die wir heute beraten, auch auf die Äußerungen von Tim Hartmann. Er hat, nachzulesen in den Artikeln in der Süddeutschen Zeitung und in der Saarbrücker Zeitung, gesagt, dass er es auch richtig findet, dass wir diese CO2Debatte haben. Tim Hartmann ist ein Mensch, der hier im Saarland lebt, der Kinder hat und der selbst auch die Klimaeffekte auszuhalten hat; auch der Vorstandsvorsitzende eines Stahlwerkes bleibt von solchen Dingen nicht verschont. Deshalb fordert er von der Politik zu Recht ein, dass wir die Rahmenbedingungen so setzen, dass die Stahlindustrie im Saarland zu retten ist. Aber - und das ist von dieser Stelle aus nicht gesagt worden, ich finde es aber dennoch wichtig - die Stahlindustrie im Saarland wartet nicht. Vielmehr ist es so - wenn Sie den Artikel heute Morgen richtig gelesen haben -, dass eigene Vorstellungen kommen, eigene Überlegungen: Wie können wir Doppelstrukturen im Saarland bei der Dillinger Hütte und bei Saarstahl in Zukunft ver
Sie, Herr Flackus, haben eben richtigerweise gesagt, dass man in diesem Bereich forschen muss, und ein solches Institut wäre natürlich eine wichtige Sache. Man muss aber sagen, der Stahl im Saarland wie in Deutschland insgesamt ist schon sehr innovativ. Weltweit kommt ein Drittel aller Patente, die mit Stahl in Verbindung stehen, aus Deutschland. In diesem Bereich wird also schon sehr viel geforscht. Ich weiß nicht, ob ein Institut auch noch einen Beitrag leisten könnte. Ich will aber gar nicht abstreiten, dass das vielleicht eine Maßnahme sein könnte.
Wir stehen vor der großen Herausforderung, CO2neutralen Stahl zu produzieren. Aber eines ist wichtig - und das ist der vielleicht wichtigste Satz in unserem Antrag -, wir dürfen nicht aus klimapolitischen Gründen die Stahlproduktion im Saarland und in Deutschland insgesamt aufgeben. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Nur dort, wo weltweit der sauberste und beste Stahl gegossen wird, dort soll die Produktion aufrechterhalten werden. Daran müssen wir arbeiten, das müssen wir vorantreiben.
Gerade die Subventionspolitik von den USA, von China hat zu diesen Verwerfungen geführt. Eben ist gesagt worden, dass in Deutschland etwa 40 Millionen Tonnen an Stahl, an Hochleistungsstählen produziert werden. Wir haben zurzeit eine Importquote von 46 Millionen Tonnen. Es kommt also mehr von außen rein, als wir selbst produzieren. Das heißt, hier haben wir durch den Dumpingstahl eine deutliche Schieflage. Wir dürfen den Stahl nicht irgendwo produzieren lassen, wo die sozialen Verhältnisse anders sind, wo die ökologischen Standards ganz andere sind. Wir leben in der gleichen Welt, wir atmen die gleiche Luft. Deshalb ist es nicht egal, wo der Stahl produziert wird, und deshalb ist auch ganz klar: Es muss an der Saar in dieser Qualität weitergehen, es muss vor allen Dingen auch in Deutschland insgesamt so weitergehen.
Ich glaube, dass wir mit unserem Antrag klargemacht haben, dass wir Forschungsgelder brauchen. Es kommt ein Weiteres hinzu, was ich auch noch einmal erwähnen möchte: Der Stahlgipfel im vergangenen Jahr war genau der richtige Weg, die Länder in Deutschland zusammenzufassen, die mit Stahl zu tun haben, die Stahl produzieren, um hier eine gemeinsame Kraft zu haben. Das ist das, was in Berlin und in Brüssel letztlich wirken wird. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Kollege Wegner. - Es gab vorhin eine Irritation bei der Anzeige der Kurzintervention seitens der Fraktion der AfD. Der Kollege Hecker hatte sich zuerst gemeldet. Sie müssten sich in Zukunft ein bisschen besser absprechen, wer die Kurzintervention macht. Vor diesem Hintergrund lasse ich ausnahmsweise noch einmal eine Kurzintervention zu. Bitte, Herr Kollege.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie diese Ausnahme zulassen. Es ist mir doch wichtig, dass ich noch zwei Sätze zum Kollegen Flackus sagen kann. Und natürlich sehe ich mich in der Pflicht, einen Satz zum Antrag von CDU und SPD zu sagen.
Kollege Flackus, ich lasse mir nicht nachsagen, dass ich hier irgendetwas anderes gesagt hätte, als ich in der Vergangenheit gesagt habe zur CO2-Thematik, oder auch Herr Müller. Unser Antrag ist völlig klar formuliert. Dieser Antrag basiert auf den derzeit vorhandenen politischen Rahmenbedingungen. Und alles, was da zu CO2 gesagt ist, heißt ja nicht, dass wir mit diesen Rahmenbedingungen glücklich sind. Das steht ja auf einem völlig anderen Blatt.
Aber ich muss noch sagen, wie wir zu dem Antrag von CDU und SPD stehen, da ich vorhin leider keine Zeit mehr dazu hatte. Es ist natürlich für uns als AfD-Fraktion der Jackpot, wenn wir einmal in die Situation geraten, dass zu einem Antrag von uns tatsächlich auch ein Antrag von CDU und SPD kommt, der von der Thematik her relativ nah an unserem Antrag dran ist. Das liegt natürlich daran, dass die Analyse der Probleme durchaus zu denselben Ergebnissen führt. Allerdings gibt es einige unterschiedliche Einschätzungen, was die Behebung der Probleme betrifft. Der Kollege Kurtz hat gesagt, die Stahlindustrie im Saarland kann langfristig nicht überleben ohne die Unterstützung der Politik. Diesen Satz würde ich so nicht unterschreiben, sondern ihn etwas anders formulieren: Möglicherweise kann die saarländische Stahlindustrie langfristig nicht überleben aufgrund von Interventionen der Politik.
Ich bin auch nicht der Meinung, dass Ihr Antrag weiter geht, ich sehe das genau anders herum. Ich denke, unser Antrag ist wesentlich detaillierter und geht weiter. Insofern lehnen wir Ihren Antrag ab und stimmen nur unserem Antrag zu. - Vielen Dank.
Wünscht einer der Vorredner, der Kollege Wegner oder der Kollege Flackus, noch das Wort zur Erwiderung? - Das ist nicht der Fall.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An vielen Stellen hier bei uns im Saarland und deutlich darüber hinaus, in Deutschland, in Europa und weltweit, aber eben auch im Kleinen bezogen auf unsere saarländischen Stahlunternehmen - sehen wir, dass wir gerade Teil eines tiefgreifenden Umbaus unserer Industriegesellschaft sind. Wir im Saarländischen Landtag sind nicht nur ein Teil, der zuschaut, sondern wir sind ein Teil, der in der Verantwortung steht, das als Gestaltungsaufgabe und Gestaltungsverpflichtung - erst recht, wenn man die Bedeutung für die saarländische Wirtschaft in Betracht zieht - zu verstehen.
Ich glaube, das darf man nicht unterschätzen, denn die Rahmenbedingungen für diese Aufgabe, vor der wir in Deutschland auch insgesamt stehen, sind nicht die günstigsten. Es ist nicht nur der sozial-ökologische Umbau unserer Industriegesellschaft, den wir jetzt unter nicht gerade idealtypischen Bedingungen zu organisieren haben, sondern es gibt natürlich auch weitere störende Faktoren. Das Überlegen, was die richtige Lösung ist, aber auch das Umsetzen wird dadurch nicht erleichtert.
Wir haben es eben schon gehört, deswegen will ich es nicht im Detail ausführen, aber ich will es zumindest noch einmal auflisten, damit man sieht, wie schwierig die Rahmenbedingungen bezogen auf den Stahl im Besonderen sind. Es gibt globale Überkapazitäten, die dadurch bedingt sind, dass China im Grunde genommen die Strukturprobleme des eigenen Landes exportiert. Man hat mit einem größeren Wachstum und mit größeren Abnahmemengen aus den eigenen Stahlwerken gerechnet. Das ist in dem Maße nicht der Fall. Deshalb wirft man - das ist sozusagen die zweite Rahmenbedingung - durch eine mit einer Marktwirtschaft nicht vergleichbaren Subventions- und Dumpingpraxis entsprechende Stahlmengen auf den Weltmarkt und europäischen Markt.
Wenn ich den Weltmarkt anspreche, komme ich auch gleich zur dritten Rahmenbedingung: Auch der Weltmarkt funktioniert nicht mehr als Markt im klassischen Sinne, sondern der Weltmarkt erfährt durch
die aggressive Handelspolitik, die vonseiten der USA, von Trump praktiziert wird, zusätzliche Verschärfungen. Die vorhandenen Überkapazitäten, die vielleicht auf dem amerikanischen Markt ihren Platz gefunden hätten, werden durch Umlenkeffekte zusätzlich auf dem europäischen Markt landen.
Man kann sicherlich auch noch das Thema Brexit hinzuziehen, wenn man das auch noch auf die Abnehmerseite projezieren möchte. Aus saarländischer Sicht, aber auch darüber hinausgehend für die gesamte Automobilindustrie ist das sicherlich keine Vereinfachung der Situation, sondern ein Punkt, der das ganze Unterfangen weiterhin verkomplizieren wird.
Vor diesem Hintergrund der Rahmenbedingungen das muss ich ehrlich sagen - ist das, was in diesen Tagen beim G7-Gipfel diskutiert wird und als sehr schmallippiges Zwei-Seiten-Papier verfasst wurde, eigentlich nichts, was der aktuellen Leitwirtschaftslage, den bestehenden Handelskonflikten und vor allem auch den wirklich spürbaren Auswirkungen für die Wirtschaft und für jeden Einzelnen vor Ort gerecht wird. Ich bin ehrlich gesagt enttäuscht. Man hat über viel geredet: Ob Trump den Fuß auf den Tisch gesetzt hat, wer wen wohin eingeladen hat, ob das in dem Verfahren oder parallel stattgefunden hat. Nichts von dem hat wirklich dazu beigetragen, dass wir irgendetwas dafür tun konnten, dass die bestehenden Handelskonflikte, die mittlerweile zumindest in Ansätzen zu einer andeutenden Rezession wachsen werden, wirklich aktiv angegangen werden.
Ich finde, dieser G7-Gipfel war insofern nicht hilfreich. Er hat an keiner Stelle geholfen. Ich hoffe, dass man sich trotzdem noch an anderen Stellen, im Übrigen auch auf europäischer Ebene, der eigenen Verantwortung bewusst werden wird, denn nur weil ein Prozess schleichend kommt, heißt das nicht, dass die Akteure sich nicht zusammenschließen müssen. Damals in der Finanz- und anschließenden Wirtschaftskrise hat man das im Krisenmodus gemacht, weil es schnell kam und weil man auf das Schnelleintretende offensichtlich besser reagiert, als wenn etwas schleichend kommt. Am Ende werden die Folgen aber die gleichen sein, wenn man nichts tut. Deshalb finde ich, es muss auf europäischer Ebene gehandelt werden, besser als das G7 abgebildet hat, sehr verehrte Damen und Herren.
Ich möchte aber noch mal zurück zu dem großen Bild, das es dort zu zeichnen gibt. Wir mit der Stahlindustrie im Saarland sind eben auch ein nicht unwesentlicher Bestandteil, wenn es tatsächlich darum
geht, den sozial-ökologischen Umbau so zu gestalten, dass er den Menschen dient und am Ende vielleicht sogar durch weitere Innovationen, durch neue Geschäftsmodelle auch die Wirtschaft stärkt. Das ist sozusagen das hehre Ziel.
Das zu erreichen ist allerdings nicht ganz einfach. Ich glaube, die Antwort darauf kann nur sein, dass man eine aktive Strukturpolitik betreibt. In diesem Zusammenhang bin ich immer sehr dafür, dem Wort Strukturpolitik noch ein weiteres voranzustellen, nämlich eine „präventive“ Strukturpolitik. Noch sind wir in einer Phase, in der wir vielleicht von präventiv reden können. Wenn die Zeit weiter voranschreitet, ohne dass aktiv gehandelt wird, müssen wir den Zusatz präventiv streichen. Dann sind wir nur noch in der Strukturpolitik. Wenn das wiederum nicht anständig gemacht wird, dann sind wir in der Krisenbewältigung. Das sollten wir alle miteinander verhindern.
Was heißt es aber, Strukturpolitik zu begleiten? Das heißt nach meiner Auffassung, dass sich Wirtschaftspolitik nicht nur darauf beschränkt, einen Ordnungsrahmen für den freien Markt zur Verfügung zu stellen, sondern dass die jetzt völlig klar auf dem Tisch liegenden Transformationsprozesse mit einem modernen Ordnungsrecht, finanziellen Anreizen und öffentlichen Investitionen in die erforderliche Richtung geleitet werden. Dazu muss man beachten, dass man sich bezüglich des Ziels abstimmen muss, und man darf nicht bei einer gemeinsamen Zielbestimmung stehen bleiben, sondern es müssen Maßnahmen folgen, die letztendlich auch finanziert sind.
Ich will mich bei dem folgenden Thema nicht lange aufhalten, aber ich möchte es trotzdem erwähnt haben, weil der Antrag hier zur Abstimmung geht. Was natürlich in diesem Prozess nicht geht, ist, dass man schlicht und ergreifend eine Argumentation wählt, die darauf aufbaut, dass man den Klimawandel als menschengemacht einfach leugnet. Ganz nach dem Motto: Wenn wir die Augen alle gemeinsam miteinander zugemacht haben, dann ist auch der Klimawandel weg und wir können so weitermachen wie bisher. Das ist keine Strategie, die zum Erfolg führen kann. Es ist auch keine Strategie zu sagen, wir müssen uns für das eine oder das andere entscheiden. Das heißt also, wollen wir Stahlproduktion oder wollen wir Klimaschutz? Ich sage, für uns im Saarland ist eines völlig klar: Wir wollen Klimaschutz auch durch eine starke Stahlindustrie mit auf den Weg bringen. Ich glaube, man kann es nicht gegeneinander ausspielen. Die Beispiele dafür wurden schon zigfach genannt, wie die Windkraftenergie, der Leichtbau. Das sind alles Maßnahmen, die dazu beitragen, dass CO2 eingespart werden kann.
Meine Herren von der AfD, an der Stelle sind sogar die, die momentan von dem Verlust ihrer Arbeitsplätze bedroht sind, schon viel, viel weiter in ihrem Denken. Sie sind mit vorne an der Spitze der Bewegung. Auch sie haben Kinder, die teilweise mit auf den Demos unterwegs gewesen sind. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Stahlbranche, in der Automobilbranche und ihre Kinder, alle sind viel weiter als Sie. Mit ihnen wollen wir gemeinsam die Politik und die Zukunft in diesem Land gestalten.
Was heißt es dann, Strukturpolitik zu machen? Das heißt, Innovationspolitik und Investitionspolitik zu begreifen. Ich glaube, wenn man in Unternehmen anfängt, braucht man die Grundvoraussetzung, dass man offen dafür ist, neue Prozesse in Gang zu setzen, damit Innovationen möglich sind. Man muss sich neuen Technologien öffnen, man muss in den Haushalten beziehungsweise in den Budgets dafür Gelder vorsehen. In Bezug auf die Innovationsfähigkeit der Unternehmen sehe ich die saarländische Stahlindustrie gut aufgestellt. Sie wird in Zukunft auch vor grundsätzlichen Entscheidungen stehen, die einfach anstehen, weil Abschreibungszeiträume an ihr Ende gelangen. Dann muss man entscheiden, in welche Technologie man in Zukunft investieren will. Ist es ein Elektrohochofen? Ist es eine andere Form? Wie sehr setzt man auf das Thema Wasserstoff? Das sind alles konkrete Entscheidungen, die in Unternehmen anstehen und die - das wissen wir ja - gerade Gegenstand eines Strategieprozesses der Unternehmen sind, damit man nicht nur für morgen denkt, sondern eben auch für übermorgen.
Bei aller Umstrittenheit, die insbesondere auch im AfD-Antrag zum Ausdruck kommt, kann sicherlich eines nicht infrage gestellt werden: Wir haben die Proteste alle noch vor Augen, bei denen die Stahlmitarbeiter, aber auch die Gewerbetreibenden, Nachbarn und Freunde plötzlich mitgegangen sind. Aber nicht nur die Zivilgesellschaft, sondern die gesamte Politik dieses Hauses und die saarländische Landesregierung ist völlig klar aufgestellt in ihrer positiven Haltung zum Stahlstandort Saarland. Ich glaube, wir haben - und das dürfen wir an der Stelle schon einmal sagen - in der Vergangenheit nichts unversucht gelassen, um dieses Thema überall dort, wo Rahmenbedingungen für die Stahlindustrie geschaffen werden, so zu platzieren, dass es für die Stahlindustrie förderlich ist. Es ist dabei völlig egal, in welchen Gremien wir unterwegs sind - auf Bundesebene oder auf europäischer Ebene -, um deutlich zu machen, dass wir fest davon überzeugt sind: Wenn man als Industrienation weiterhin weltweit führend sein will, wenn wir als Saarland weiterhin In
dustrieland bleiben wollen, brauchen wir auch die Stahlindustrie als Grundstoffindustrie. Ohne Berücksichtigung dieser Rolle wird es nicht funktionieren!
Deshalb, so finde ich, kann man auch in den Debatten, die wohl innerhalb der Industriebranchen geführt werden, an der Stelle nicht nur vom Ende her denken. Bei der Frage, wie viel der Stahl für das Auto kostet, mag es bei taggenauer Betrachtung so sein, dass man heute lieber zu billigem Stahl aus China greift. Ich bin aber der festen Überzeugung: Für den Fall, dass man die Entscheidungen falsch getroffen hat und die Stahlindustrie in Deutschland und in Europa erst einmal ihren Niedergang gefunden hat, sollte man nicht darauf vertrauen, dass die Chinesen oder andere Produzenten weltweit künftig aus lauter Gutmütigkeit weiterhin die Preise niedrig halten. Vielmehr werden sie ihre neue Marktmacht ausnutzen. Am Ende werden die Produkte nicht dauerhaft günstiger bleiben, und diejenigen, die für die Herstellung ihrer Produkte Stahl brauchen, werden am Ende einen richtig teuren Preis dafür zahlen. Und wir werden dann keine Chance, keine Möglichkeit mehr haben, dem entgegenzuwirken. Deshalb sage ich: Nicht vom Ende des Produktes her denken, sondern vor allem vom Ende der Zeitschiene her denken.
Ich meine, insofern müsste auch innerhalb der verschiedenen Industriebranchen klar sein, wie man diese Frage zu beantworten hat: Sowohl wegen der Innovationen als auch wegen der Preissicherung in der Zukunft brauchen wir eine eigene, eine heimische Stahlindustrie. Ich finde, die saarländische Stahlindustrie könnte hierzu einen guten Beitrag leisten.