Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

nem Strang ziehen, um die Fehler und Versäumnisse, die in diesem schwerwiegenden Fall begangen wurden, lückenlos aufzuarbeiten. Der Untersuchungsausschuss wird die Abläufe und Strukturen sachlich und bis ins Detail auf den Prüfstand stellen. Oberstes Gebot ist es dabei, bereits bekannte und mögliche weitere Opfer zu schützen und Verantwortlichkeiten festzustellen. Das sind wir den betroffenen Familien schuldig.

Wir müssen im nächsten Schritt alle Erkenntnisse nutzen und Verfahren und Strukturen anpassen, um den Kinderschutz zu verbessern, damit sich so etwas in der Zukunft nicht wiederholen kann. Denn ich habe es eingangs erwähnt, hier geht es vor allem auch um Vertrauen, um verloren gegangenes Vertrauen in eine der wichtigsten Institutionen im Land, das UKS. Deshalb muss es auch im Interesse der Klinikleitung sein, die Vorfälle und Versäumnisse an der Uniklinik bis ins Detail aufzuklären.

Das UKS hat sich hier auf den Weg gemacht. Die Taskforce Kinderschutz hat dort jetzt ein neues Kinderschutzkonzept vorgelegt, daran muss weiter gearbeitet werden. Ich denke dabei auch an all die Ärztinnen und Ärzte, die Krankenschwestern und Pfleger, an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UKS, die jeden Tag großartige Arbeit für unsere Kinder und für die Menschen in unserem Land leisten, und die genau wie wir fassungslos sind angesichts der Ereignisse und der Details, die bekannt geworden sind. Auch sie wünschen sich Klarheit über die Fehler und Versäumnisse, auch sie wünschen sich transparente Leitlinien für die Zukunft. Auch für sie ist Vertrauen die Grundlage ihrer Arbeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir geben uns heute einen gemeinsamen Auftrag. Der heißt: sachliche und lückenlose Aufklärung im Sinne der Kinder und ihrer Familien. Dazu fordert Sie unser gemeinsamer Antrag auf. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete und eröffne die Aussprache. Ich rufe auf für die SPD‑Landtagsfraktion Frau Abgeordnete Martina Holzner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Unverständnis, Wut, Betroffenheit, die Frage nach dem Warum, wir haben es eben schon gehört, es wurde in den letzten Wochen viel über die Notwendigkeit dieses Un

tersuchungsausschusses diskutiert. Bereits in den Sitzungen der Fachausschüsse wurde durch die dort abgegebenen Erklärungen klar, dass wir, um Antworten auf all die vielen offenen Fragen zu bekommen, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als unumgänglich ansehen. Wir brauchen eine größtmögliche Transparenz, denn was hier passiert ist, macht uns alle fassungslos.

Die Ausscheidungsambulanz am Uniklinikum in Homburg ist ein Ort, an dem Kinder mit entsprechenden Problemen Hilfe erfahren sollen. Ein sensibler Bereich. Ein Bereich, in dem Eltern und ihre Kinder besonders achtsam betreut werden sollen. Und dann eine solche Nachricht! Das hat uns alle ein Stück weit sprachlos gemacht, und deshalb ist es gut, dass hier im Landtag nach Bekanntwerden der Vorfälle sofort Sondersitzungen durchgeführt wurden. Die Antworten dort konnten unsere offenen Fragen aber nicht klären und damit zwangsläufig nicht zur Aufklärung der Betroffenen und ihrer Eltern beitragen. Auch ein von der Staatskanzlei beauftragter Sonderermittler und ein zuletzt abgeordneter Richter reichten nicht, um der Öffentlichkeit, aber vor allem den Betroffenen selbst die Informationen und Erklärungen zukommen zu lassen, die sie längst verdient haben. Sie haben weder durch die eigene Teilnahme noch durch die mediale Berichterstattung die Möglichkeit, Kenntnis über Inhalt und Ablauf von Befragungen Verantwortlicher oder Recherchen zu nehmen.

Nur ein Untersuchungsausschuss als besonderes Instrument der parlamentarischen Arbeit kann mit seinen Beweiserhebungsrechten und seinem Recht auf Selbstinformationen diesem Auftrag noch gerecht werden. Nicht zuletzt, weil das Aussageverhalten Verantwortlicher in diesem Fall nicht immer hinreichend kooperativ war. Vor einem Untersuchungsausschuss besteht jedoch eine Aussagepflicht, die notfalls auch mit Zwangsmitteln erreicht werden kann. Betroffene und Eltern müssen erfahren, wer die Verantwortung für Fehlentscheidungen und für fehlerhaftes Handeln trägt. Ein Handeln, welches dem Beschuldigten viel zu lange keinen Einhalt geboten hat.

Es liegt jetzt in unserer Verantwortung, für größtmögliche Transparenz zu sorgen. Darauf werden wir als SPD in diesem Untersuchungsausschuss auch hinwirken.

(Beifall von der SPD und bei der CDU.)

Ich möchte, kann und darf das Untersuchungsergebnis natürlich nicht vorwegnehmen, aber in den Sitzungen der Fachausschüsse wurde bereits deutlich, es gab Vorfälle, und es wurde viel Schaden ange

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

richtet, schließlich auch durch die fehlenden Informationen an die Familien. Die genannten Entscheidungsgründe, warum keine Informationen an die Betroffenen erfolgt sind, sind milde formuliert absolut nicht nachvollziehbar und unzureichend. Wir waren nach den Erklärungen sprach- und fassungslos. Hier wurden den Eltern Informationen vorenthalten, auf die sie als Erziehungsberechtigte ein Recht haben und damit, das ist die traurige Konsequenz, wurde den betroffenen Kindern die wichtige notwendige Unterstützung und Hilfe verwehrt. Wir haben die zahlreichen Untersuchungsfelder auf die Umstände des Umgangs mit dem Beschuldigten und den Hinweisen auf die Vorwürfe gegen den Beschuldigten gelegt, aber auch auf die Gründe und die Verantwortung für die Entscheidung, die betroffenen Kinder und deren Eltern nicht zu informieren.

Warum haben Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch nicht gegriffen? Wurden die Verfahren überhaupt eingehalten und wenn nicht, von wem? Auf diese Fragen müssen wir Antworten finden. In diesem Untersuchungsausschuss, ich denke, auch da sind wir uns parteiübergreifend einig, wird es also nicht darum gehen, betroffene Kinder und deren Eltern vorzuführen. Diese mögliche Sorge möchte ich ihnen an dieser Stelle ausdrücklich nehmen. Die Rechte der Betroffenen wurden viel zu lange missachtet, wir werden uns dort nicht einreihen. Das Ziel der SPD ist es, die Verantwortung für die Missachtung dieser Rechte aufzuklären.

(Beifall von der SPD und bei der CDU.)

Das Vertrauen in die Klinik, insbesondere in die Kinder- und Jugendpsychiatrie, ist schwer beschädigt. Hier muss reagiert werden. Wir müssen Strukturen und Verfahren überprüfen und diese auch verändern. Es wird aber auch unsere Aufgabe sein, im Untersuchungsausschuss aufzuzeigen, dass man das Universitätsklinikum und generell alle Ärzte, das hat Jutta Schmitt-Lang eben auch gesagt, nicht unter Generalverdacht stellen soll oder sogar darauf verzichtet, sein Kind bei den Ärzten vorzustellen. Denn das würde den Kindern, aber auch den Ärzten, die täglich ihre Arbeit gewissenhaft verrichten, nicht gerecht werden. Deshalb müssen wir die Missstände, Fehlabläufe und fehlerhaften Verhalten präzise ausfindig machen, und nachdem diese festgestellt wurden, als Gesetzgeber umgehend beseitigen. Nur so kann das Vertrauen in die Klinik wieder zurückgewonnen werden.

Ich sehe uns als Landtag, als Gesetzgeber in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um Kindern den Schutz, die Unterstützung und die Fürsorge zukommen zu lassen, die sie auch erwarten

dürfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir sind uns alle einig, so etwas darf sich nie mehr wiederholen. Daher müssen wir die gewonnenen Erkenntnisse auch dazu nutzen, den Kindesschutz insgesamt zu verbessern. Wir wollen, dass es in den Einrichtungen klare Verfahrensanweisungen und Schutzkonzepte gibt und hoffen auch, dass mit der neu eingerichteten Kinderschutzkommission neue Impulse und Vernetzungsmöglichkeiten geschaffen werden. Deshalb werden wir der Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und bei der CDU.)

Danke, Frau Abgeordnete. - Für die DIE LINKELandtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Oskar Lafontaine das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme meinen beiden Vorrednerinnen zu, es handelt sich hier um eine sehr ernste Angelegenheit. Alles, was sie vorgetragen haben, kann ich unterschreiben. Ich möchte von meiner Seite einen Aspekt hinzufügen, der doch sehr wichtig ist. Wir müssen uns damit abfinden, dass es immer wieder Kindesmissbrauch gibt. Selbstverständlich gibt es immer wieder Kindesmissbrauch auch in Einrichtungen, in denen die öffentliche Hand die Verantwortung trägt. Aber Sie haben recht, wir müssen alles tun, dass sich das bei uns nicht wiederholt oder wenn es sich wiederholt, dass schnell Abhilfe geschaffen wird.

Deshalb ist für mich ein entscheidender Punkt, der noch nicht angesprochen wurde, dass es unendlich lang gedauert hat, bis überhaupt irgendetwas geschehen ist. Nach dem, was wir wissen, sind die ersten Hinweise bereits ab dem Jahr 2005 eingegangen. Das ist neuerdings berichtet worden. Es gab Hinweise, die bei den Jugendämtern eingegangen sind, darauf hat das Sozialministerium aufmerksam gemacht. Ich spreche das an, damit nicht der vordergründige Eindruck entsteht, man wolle hier irgendjemandem unbedingt Fehler nachweisen. Als jemand, der kommunale Verantwortung getragen hat, ist es für mich erstaunlich, dass die Jugendämter eben nicht in irgendeiner Form tätig geworden sind, soweit man das bis heute weiß, um diesen Missbrauch abzustellen. Ich stelle mir vor, wäre früher ein solcher Hinweis gekommen, etwa im Verantwortungsbereich der Stadt, hätte ich sicher davon ausgehen können, dass der Jugendamtsleiter mir

(Abg. Holzner (SPD) )

sofort Bescheid gesagt hätte: Es gibt Vorfälle dieser Art, das müssen Sie unbedingt wissen. Deshalb ist das für mich nicht nachvollziehbar. Ich sage das so, woran das liegt, werden wir vielleicht erfahren, aber es ist insgesamt einfach nicht nachvollziehbar.

Dass in der Uniklinik eine ganze Reihe von Fehlentscheidungen im Laufe der vielen Jahre getroffen worden sind, steht völlig außer Zweifel. Dass vieles eben nicht funktioniert innerhalb der Uniklinik, ist ganz offenkundig, deshalb müssen wir das hier ansprechen. Das bezieht sich nicht nur auf den Leiter der Klinik, der offensichtlich gravierende Fehlentscheidungen getroffen hat. Es ist nicht so, dass immer nur der Leiter der Klinik befasst ist; es gibt Oberärzte, es gibt Krankenschwestern, es gibt Pfleger. Alle sind in irgendeiner Form potenziell informiert über das, was geschieht. Es gibt eben auch die falsch verstandene Loyalität innerhalb des medizinischen Personals. Das kennen wir alles.

Ich habe in der Kommunalverwaltung einen Fall in Erinnerung, bei dem im Klinikum Winterberg ein Chirurg falsch operiert hat und ein Assistenzarzt den Hinweis gegeben hat, dass falsch operiert wird. Die Befragung der Klinikdirektoren, der zuständigen Anästhesisten, des zuständigen Ärztlichen Direktors hat jedoch zunächst überhaupt nichts ergeben, weil die Loyalität untereinander so stark war, dass nichts geäußert wurde. Erst als die Stadtverwaltung damit drohte, so möchte ich es formulieren, die Klinik zu schließen, waren die Ärzte bereit, überhaupt zu reden. Dann kam die Sache in Gang, die Angelegenheit wurde innerhalb kürzester Frist dadurch gelöst, dass der zuständige Chefarzt freiwillig den Vertrag aufgelöst hat. Ich erwähne das, weil die entscheidende Frage für mich ist, warum das alles so lange gedauert hat, bis irgendetwas geschehen ist. Auch der Personalrat war ja informiert, das ist alles öffentlich berichtet worden. Die Frage für mich war jetzt wiederum angesichts der vielen Leute, die irgendetwas gewusst haben: Warum ist das so spät oben angekommen?

Fest steht mittlerweile, dass die Justizstaatssekretärin informiert worden ist, die dies auch öffentlich eingeräumt hat. Ich kann Ihrem Urteil nur zustimmen, wenn Sie sagen, es ist einfach nicht verständlich, wie sie entschieden hat. Nun geht es ja um eine Person, die jetzt andernorts tätig ist, es geht auch nicht um die Parteizugehörigkeit. Ich muss nur sagen, ich verstehe das einfach nicht. Ich verstehe auch nicht, warum nicht unverzüglich der Minister informiert worden ist. Ich verstehe auch nicht, warum nicht unverzüglich die Regierungschefin informiert worden ist. Das ist für mich nicht nachvollziehbar, denn aufgrund meiner Erfahrung hätte ich ein sol

ches Verhalten niemals dulden können. Da kann man auch nicht sagen - ich deute das nur an -, das war eine Angelegenheit, die routinemäßig erledigt worden ist. Das ist kein Routinefall. Das ist ein Fall, der alle angeht. Natürlich hat der Ministerpräsident oder die Ministerpräsidentin einen Anspruch darauf, unverzüglich informiert zu werden, um die notwendigen Maßnahmen in Gang zu setzen.

Deshalb müssen wir zwei Dinge untersuchen, zunächst einmal, was innerhalb der Klinik falsch gelaufen ist. Da ist so viel falsch gelaufen, dass meine Zeit jetzt nicht ausreicht, das alles anzusprechen. Ich habe Ihnen nur ein Beispiel genannt, wie das geht. Ich mache noch nicht einmal jemandem einen Vorwurf, der aus falsch verstandener Loyalität vielleicht einmal eine Fehlentscheidung trifft. Aber im vorliegenden Fall ist das eine solche Dichte von Fehlentscheidungen, dass man sich nur wundern kann. Das Zweite ist dann die politische Verantwortung. Deshalb habe ich noch einmal die Jugendämter angesprochen, damit es nicht nur heißt, es geht da gegen die Landesregierung; das bereitet ja dann Vergnügen. Deshalb habe ich die Justizstaatssekretärin angesprochen, die ja mittlerweile in anderer Verantwortung ist.

Gleichwohl muss ich innerhalb der Staatskanzlei dem Chef der Staatskanzlei zumindest Vorhaltungen machen. Es ist mir nicht klar, warum es so lange gedauert hat, bis er als Aufsichtsratsvorsitzender irgendetwas erfahren hat und es dann auch nicht an die Ministerpräsidentin weitergegeben hat. Ich sagte ja, der Personalrat hat seit Jahren etwas davon gewusst. Es gibt doch immer wieder Gespräche mit dem Personalrat! Dieser oder jener spricht doch mit dem Personalrat, und dann wäre es nach meiner Erfahrung völlig selbstverständlich gewesen, wenn einer gesagt hätte: Hören Sie einmal, Herr Sowieso oder Frau Sowieso, ich muss Ihnen etwas sagen, wenn auch im Vertrauen, da gibt es erhebliche Vorkommnisse in der einen Klinik und Sie müssen sich darum kümmern. - Es ist nicht bekannt, dass irgendetwas dergleichen geschehen wäre.

Selbst unsere Information als Opposition erfolgte reichlich spät. Das möchte ich einmal anmerken. Denn wir waren bereits informiert, dass das Magazin Monitor recherchiert hat. Das Magazin Monitor hat sich ja vielleicht auch an Sie gewandt, auf jeden Fall hat das Magazin recherchiert. Erst dann erfolgte zumindest im Zeitablauf - die Information der Öffentlichkeit. Das ist kein beeindruckender Sachverhalt. Sie haben, Frau Berg, einmal gesagt, da ist vertuscht worden, da hat man den Kinderschutz mit Füßen getreten. Genauso sehen wir das. Ich will das ohne jede Einschränkung hier wiederholen. Herr

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Funk hat darauf hingewiesen: Das Argument der Klinik, Eltern seien nicht informiert worden, um Kinder zu schützen, das gilt nicht. Wie kann man denn beispielsweise zivilrechtliche Ansprüche in Anspruch nehmen, wenn man überhaupt nichts weiß? Ihre engagierte Rede hat mich beeindruckt. Die Eltern wollen doch wissen, wenn mit ihrem Kind irgendetwas passiert! Wenn ich so etwas gehört hätte, wäre bei mir die erste Frage gewesen: Was ist mit den Kindern, was ist mit den Eltern? Deswegen verstehe ich das Ganze nicht, was dort abgelaufen ist.

Das gilt im Übrigen auch für die Staatsanwaltschaft, um das einmal in aller Klarheit zu sagen. Da gibt es ja jetzt zwei Positionen, die vertreten werden. Die Staatsanwaltschaft rechtfertigt ihre Position. Ein Verfassungsrichter aus München sagt, die Staatsanwaltschaft hat gegen das Gesetz gehandelt. Sie hätte unverzüglich informieren müssen. Sie war verpflichtet, auch auf zivilrechtliche Ansprüche hinzuweisen. Nun muss man nicht die eine Meinung übernehmen, die andere Meinung kann ja auch Rechtsgründe haben. Aber nach meiner Auffassung spricht vieles dafür, dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet gewesen wäre, die Eltern zu informieren.

Hinzu kommt eine weitere Frage: Warum wurde das Verfahren eingestellt? Es hat sich doch nicht nur der Täter schuldig gemacht, nach meinem Verständnis haben sich auch diejenigen schuldig gemacht, die jahrelang nichts unternommen haben, um das abzustellen. Die haben doch auch ihre Verantwortung! Es ist bisher nichts bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft sich in irgendeiner Form damit befasst hätte. Aber nach meiner Auffassung gehört das mit dazu, wenn man zu einer rechtlichen Würdigung der ganzen Angelegenheit kommen will.

Dasselbe gilt für die Frage, inwieweit die Ärztekammer informiert war, die ja auch schon in der öffentlichen Diskussion war. Wir können das abschließend gar nicht wissen. Es gibt da widersprüchliche Aussagen. Die werden dann im Ausschuss geklärt werden.

Auf jeden Fall haben wir zwei Stränge, die wir sehen müssen, einmal wie die Universitätsklinik organisiert ist und ob zum anderen sichergestellt ist, dass in Zukunft das Ganze anders ablaufen wird. Da muss ich sagen - ohne Einzelnen zu nahe treten zu wollen, bis hin in den Aufsichtsrat -, da ist so viel falsch gelaufen, dass ich manchmal sprachlos bin. Ich sage noch einmal: Entscheidend ist, dass man zu keinem Zeitpunkt daran gedacht hat, die Eltern zu informieren. Das hätte spätestens unverzüglich im April geschehen müssen, nachdem damals offiziell der Chef der Staatskanzlei als Aufsichtsratsvorsitzender informiert war und dann auch andere informiert hat.

Da hat man zuerst noch ein Gutachten bestellt meine Damen und Herren, ich sage das jetzt nicht, um irgendjemandem am Zeug zu flicken -, um die Frage zu beantworten, ob man die Eltern informieren muss. Das hat mich sprachlos gemacht. „Fragt doch einen normalen Menschen auf der Straße, ob man die Eltern informieren muss“, hätte ich dann gesagt. „Fragt jede Mutter, die wird euch sofort die Antwort geben. Da braucht Ihr doch kein Gutachten.“

(Zurufe der Abgeordneten Thielen (CDU) und Funk (CDU).)

Nachher ist es ja dann geschehen. Aber es entsteht eben der Eindruck, dass die Information vonseiten des Chefs der Staatskanzlei erst erfolgte - an uns beispielsweise ‑, nachdem Monitor recherchiert hatte und es sowieso klar war, dass jetzt die Dinge ans Tageslicht kommen würden. Das ist kein Ablauf, mit dem wir zufrieden sein können.

Wir müssen nun wirklich große Anstrengungen unternehmen, damit in Zukunft diese Dinge möglichst schnell abgestellt werden. Das heißt, wenn in Zukunft so etwas passiert - was man ja nie ausschließen kann -, muss möglichst schnell reagiert werden. Das ist ja das, was wir tun können. Wir können Kindesmissbrauch nicht verhindern, aber wir können zumindest sicherstellen, dass unmittelbar nach irgendeiner Information schnellstmöglich Abhilfe geschaffen wird. Das ist hier der entscheidende Fehler über viele Jahre, und nicht nur an einer Stelle. Das hat mich am meisten empört, als ich das alles gelesen habe und versucht habe, mich in die Situation der Kinder und der Eltern hineinzuversetzen, und einfach nicht verstanden habe, wie gehandelt worden ist.

Deshalb ist es gut, dass wir hier gemeinsam einen Ausschuss einsetzen. Es ist auch gut, dass es, soweit ich das beurteilen kann, keine große Kontroverse in der Beurteilung der Sachverhalte gibt. Wir sind hier verdammt dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass in Zukunft die Abläufe so vor sich gehen, dass sich so etwas in dieser Form nicht mehr wiederholt.

(Beifall von der LINKEN und aus den Regie- rungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Ich rufe für die AfD-Landtagsfraktion Herrn Abgeordneten Rudolf Müller auf.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die Kolleginnen Frau Schmitt-Lang und Frau Holzner hier gesagt haben, verdient natürlich volle Unterstützung. Wir werden selbstverständlich diesen Untersuchungsausschuss unterstützen und mit dafür eintreten.

Was gerade Herr Lafontaine gesagt hatte, war absolut nötig und vorher eben nicht zu hören. Es gibt zwei Stränge, die untersucht werden müssen. Herr Lafontaine, ich muss jetzt nicht lange wiederholen, was Sie sehr ausführlich und treffend gesagt haben. Es ist über 18 Monate hinweg untersucht worden, von Ende 2014 bis Mitte 2016, mit Hunderten Betroffenen, mit Hausdurchsuchungen, mit der Beschäftigung von einer Menge Kriminalisten mit einem sehr sensiblen Thema, wie wir alle wissen, Kindesmissbrauch. In diesen 18 Monaten ist nichts davon zu dem Kabinett Kramp-Karrenbauer vorgedrungen. Das ist etwas, was auch nicht sein kann und was untersucht werden muss in diesem Untersuchungsausschuss, dem wir selbstverständlich zustimmen.

(Beifall von der AfD.)