Manchmal hilft wohl leider auch die größte Anstrengung nichts, wenn die vermeintlichen Partner nicht mitspielen wollen. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wer hier falsch gespielt hat. Mein Eindruck ist: Bei allen Unternehmensleitungen war die Strategie immer nur der eigene Vorteil, nicht das Gemeinwohl oder der Erhalt von Arbeitsplätzen. Nichtsdestotrotz muss jetzt versucht werden, eine Lösung zu finden. Ich bin froh, dass sich mit der Neunkircher Ferraro zumindest ein potenzieller Investor gefunden hat, der mehr als nur Hoffnung auf eine nachhaltige und zukunftsfähige Perspektive für das Unternehmen macht. Sicherlich müssen noch viele Gespräche mit allen Beteiligten und auch den Kunden geführt werden, aber zumindest besteht eine Chance für Beschäftigung am Standort. Und wir sollten jede Chance dafür nutzen.
Auch hier moderiert und begleitet das Wirtschaftsministerium. Ich bin sicher, dass die Unterstützung wie in der Vergangenheit auch weiterhin und in allen anderen Bereichen, bei denen es nötig ist, erfolgen wird. Wichtig ist für uns jetzt aber auch, dass wir uns um diejenigen kümmern, die bedauerlicherweise nicht im Unternehmen gehalten werden können.
Auch sie haben die Aussicht auf eine gesicherte Existenz mehr als nur verdient. Dabei muss in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit ein Weg gefunden werden, der den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt so einfach wie möglich macht, sei es durch Qualifizierungsangebote oder durch das Angebot von Weiterbildungen. Zudem muss auch geprüft werden, welche Mittel eingesetzt werden, ob EU-Mittel beansprucht werden können. Auch der Europäische Globalisierungsfonds könnte an dieser Stelle ein adäquates Mittel zur Unterstützung der Beschäftigten bei Massenentlassungen sein. Ich glaube, an dieser Stelle sind auch der Bund und die Bundesregierung gefordert, sich neue Instrumente für diese katastrophalen Marktlagen auszudenken. Ich habe keine Zweifel daran, dass die saarländische Landesregierung, Anke Rehlinger und Jürgen Barke auch da nichts unversucht lassen werden. Die Beschäftigten in der Mitbestimmung wollen, dass sie sich darauf verlassen können, dass wir alles unternehmen werden und dass niemand alleinegelassen wird.
Ich habe den Halberg noch nicht aufgegeben. Lassen Sie uns dies und die Solidarität mit den Beschäftigten zum Ausdruck bringen. Ich bitte deswegen um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsfraktionen. - Herzlichen Dank und Glück auf!
Zur Begründung des Antrages der LINKEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich die Kolleginnen und Kollegen der Belegschaft grüßen. Ich bitte Sie, die Belegschaft insgesamt von uns zu grüßen und ihnen zu versichern, dass wir das Unsere tun werden, um zu helfen, damit vielleicht doch noch eine Lösung gefunden wird.
Den meisten Feststellungen meines Vorredners kann ich zustimmen. Wir werden dem Antrag der Koalitionsfraktionen natürlich zustimmen, denn die Forderungen, die dort erhoben werden, sind selbstverständlich und unstrittig. Es gibt allerdings einen wesentlichen Dissens, den ich hier nachdrücklich begründen werde.
Wenn man einen solchen Betrieb sanieren will, dann hat man drei Größen zu beachten. Die eine ist, wer
Anteilseigner ist. Die zweite: Wer sind die Kunden? Die dritte lautet: Wie sind die Preise? Wenn man diesen drei Größen nicht die richtige Beachtung schenkt und nicht die richtigen Entscheidungen trifft, trägt man dazu bei, dass der Betrieb vor die Hunde geht, um das einmal in aller Klarheit zu sagen.
Zunächst wende ich mich der entscheidenden Frage der Anteilseigner zu. Sie haben von der hässlichen Fratze des Kapitalismus gesprochen. Aber daraus muss doch irgendetwas folgen! Es geht nicht nur um die hässliche Fratze des Kapitalismus, es geht um eine fundamentale Veränderung.
Diese fundamentale Änderung nennen wir Finanzkapitalismus. Diese Belegschaft ist das Opfer des Finanzkapitalismus geworden.
Der Finanzkapitalismus besteht darin, dass Finanzhaie Betriebe übernehmen, nach Möglichkeit mit Krediten, die das Betriebsvermögen belasten, den Betrieb ausplündern und weiterziehen. Das ist mehrfach geschehen. Man hätte längst eingreifen müssen. Jetzt setzt man immer wieder auf Investoren, Investoren, Investoren. Die ziehen nur das Geld heraus und verschwinden wieder! Das kann doch so nicht weitergehen!
Auf der einen Seite wird gesagt, wir haben die Hoffnung auf den nächsten. Andererseits heißt es, was soll das hier, welche abenteuerlichen Vorstellungen haben die LINKEN im Hause. Wo leben Sie eigentlich? Wo wären wir denn, wenn ich bei Saarstahl so gehandelt hätte?
Wenn ich bei Saarstahl so gehandelt hätte, dann gäbe es diesen Betrieb nicht mehr. Ist Ihnen nicht klar das empört mich wirklich -, dass hier zwei Betriebe nur gerettet werden, weil der chinesische Staat sie über Staatsbetriebe rettet? Das sind Büschfeld und Beckingen. Sie stellen sich hier hin und sprechen von Phantasien. Wenn wir die Realität nicht hätten, dann wären diese Betriebe auch längst vor die Hunde gegangen! Wann werden Sie endlich wach, um in irgendeiner Form etwas zu begreifen?
Wir leben in einer völlig anderen Zeit. Es gibt den Eigentümer-Unternehmer in dieser Form eben nicht mehr, von dem Sie vielleicht noch ausgehen. Der Eigentümer-Unternehmer, der 1951 ein konkurrenzfähiges Werk gegründet hat, hat jetzt die Aufträge,
weil er über viele Jahre hinweg versucht hat, den Betrieb zu halten. Das wird von uns anerkannt und auch nicht infrage gestellt. Aber wenn kein Eigentümer-Unternehmer mehr da ist, wenn ein Finanzinvestor dem anderen die Klinke in die Hand gibt, dann muss der Staat nach unserer Überzeugung eingreifen.
Wenn er das nicht tut, dann ist er mitverantwortlich dafür, wenn der Betrieb vor die Hunde geht. Im Übrigen haben wir nicht nur die Staatsbeteiligung. Das war wirklich ein kleiner Fauxpas, dass Sie VW angesprochen haben.
(Abg. Commerçon (SPD) : Das war kein Fauxpas. Das war sehr gezielt. Das zeigt, dass das da auch nicht funktioniert.)
Die wissen in Niedersachsen wenigstens, warum sie eine Sperre haben. Sie haben sie übrigens nicht nur bei VW. Sie haben die auch bei Salzgitter. Auch da sind die viel weiter als Sie hier. Wenn wir in der Vergangenheit nicht richtig entschieden hätten, dann wäre die Entwicklung hier an der Saar völlig anders verlaufen. Da wäre es nicht nur um 1.000 Arbeitsplätze gegangen, dann wäre es um 20.000 Arbeitsplätze gegangen, wenn wir an der falschen Ideologie, die ich Ihnen jetzt vorwerfe, festgehalten hätten und nicht eingegriffen hätten.
Wer also die Frage der Anteilseigner nicht sieht, dem ist vorzuwerfen, dass er in Zukunft Unternehmen verspielen wird. Wir sind jetzt in einer Phase, in der viele Fälle ähnlicher Art auftreten werden. Wenn Sie da nicht dazulernen, dann wird es einen weiteren Arbeitsplatzverlust geben. Deshalb sagen wir noch einmal: Wir wollen einen Saarlandfonds mit einer Unternehmensfeuerwehr, die in der Lage ist, schnell reinzugehen, wenn die Dinge völlig aus dem Ruder laufen. Anders geht das nach unserer tiefen Überzeugung nicht mehr. Wie gesagt, es gibt hier im Land Beispiele, dass das die Lösung ist. Wenn man die noch nicht einmal sehen will, wie will man dann erfolgreich Landespolitik machen?
Nun komme ich zum zweiten Punkt. Das ist die Preisgestaltung. Die hat hier natürlich eine ganz entscheidende Rolle gespielt. Zum Beispiel hat Prevent mit völlig überhöhten Preisen richtige Wirtschaftsverbrechen begangen. Da wurden nämlich die Arbeitnehmer enteignet und das Wichtigste, was sie haben, nämlich ihre Arbeitsplätze, vernichtet. Diese Enteignung ist nicht gestoppt worden, weil man einen völlig falschen Eigentumsbegriff in unserer Gesellschaft hat.
Das mögen Sie als falsche Philosophie ansehen, aber diese Enteignung ist nicht gestoppt worden. Das ist für mich ein Wirtschaftsverbrechen. Ich sage, wenn ich noch auf dieser Bank säße, würde ich längst gegen die Geschäftsführung und gegen das Unternehmen vorgehen und würde versuchen, die Möglichkeiten des Strafrechts auszuschöpfen, um diese Verbrecher für das zu bestrafen, was sie angestellt haben.
Das können Sie doch selber sehen, wenn bei dem letzten Anteilseigner gesagt wird, dass überhöhte Preise gefordert worden sind. Wie soll das überhaupt noch aufgegangen sein? Wie soll irgendein Naivling glauben, dass große Konzerne weiter bei diesem Lieferanten bleiben? Ich war platt. Hier sehen Sie, welche Fehler Sie machen! Wenn nämlich einer vom Land als Anteilseigner dringesessen hätte, wenn es nur eine Sperrminorität gewesen wäre, hätte er darauf achten können, dass nicht über die Preisgestaltung die letzten Kunden verjagt und verärgert werden. Das ist die Schlüsselgröße - die Preise. Wenn man sie nicht beachtet, dann ist man nicht in der Lage, die Dinge überhaupt in Ordnung zu bringen.
Unser Antrag zielt zunächst auf das Hineingehen des Staates ab. Ich halte es für wirklich nicht vertretbar, diesen Fehler jetzt wieder zu machen und in einigen Monaten oder wann auch immer wieder vor der Belegschaft zu stehen und zu sagen: Wir haben so viele Hoffnungen in den neuen Investor gesetzt, aber leider ist es ganz anders gegangen. Investoren sagen zwar manchmal, ihr wichtigstes Ziel sei es, Arbeitsplätze zu schaffen. Aber Sie wissen doch, unsere Wirtschaftsordnung funktioniert anders. Das werfe ich niemandem vor. Das wichtigste Ziel solcher Investoren ist es, Geld zu verdienen. Das werfe ich ihnen nicht vor. Aber ich werfe dies einer Landesregierung vor, wenn sie so naiv ist zu glauben, das sei nicht so, und an irgendwelche gegebenen Versprechungen glaubt. Wir hatten das doch in Büschfeld über viele Jahre. Wir hatten das in Beckingen über viele Jahre. Wir hatten es hier über viele Jahre.
Der Betriebsratsvorsitzende Arno Dühr war wenigstens etwas vernünftiger. Er hat mich damals gefragt: Wir haben soundso viele Angebote, wen würdest du nehmen? Ich habe ihm gesagt, dann nehmt wenigstens die Chinesen, die können sich keine großen sozialen Sauereien leisten. Die verfolgen eine langfris
tige Perspektive. Natürlich bezahlt man dafür, dass Patente von denen genutzt werden. So ist es dann auch gelaufen. - Ich kann Ihr Lachen hier wirklich nicht akzeptieren. Im Interesse der Beschäftigten von Büschfeld und des Schraubenwerks bitte ich Sie, das ernst zu nehmen. Die sind dankbar, dass es einen Investor gibt, der nicht morgen wieder abhaut und das ganze Geld rauszieht!
Ich fasse zusammen, weil ich nachher noch auf die Argumente, die hier vorgetragen werden, eingehen will. Sie haben gesagt, Sie haben lange gekämpft. Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber wenn man die Anteilseignerfrage falsch beantwortet, wenn man die Preisfrage falsch beantwortet, dann hat man auch keine Kunden mehr, wie wir jetzt immer von Investor zu Investor gesehen haben. Deshalb bitte ich Sie, darüber nachzudenken. Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Das Mindeste wäre die Sperre, damit Sie mit drinsitzen und nicht wieder mit völlig leeren Händen dastehen. Unser Ziel ist es - das sage ich an die Kolleginnen und Kollegen der Belegschaft, weil hier wenig Verständnis für solche Überlegungen herrscht -, die Belegschaft zu beteiligen, ihr Mitsprache zu geben, damit sie weiß, was dort überhaupt passiert, damit sie sieht, wenn durch falsche Preisgestaltung ihre eigenen Arbeitsplätze gefährdet werden, damit sie sieht, wenn eben heimlich irgendwo Geld abgezogen wird und was da alles passiert. So muss sie eben nicht tatenlos zusehen, wie ihre Arbeitsplätze gefährdet werden. Wer über einen hässlichen Kapitalismus redet, der muss bitteschön auch die Konsequenzen ziehen!
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Alexander Funk.
Die Adventszeit beginnt im Herzen eines jeden Menschen. Licht ist etwas, das sich im Innern entfaltet und nach außen strahlt. - Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Vertreterinnen und Vertreter von Halberg Guss, liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele von uns starten die Adventszeit mit diesem Licht im Herzen. Viele von uns bereiten sich auf Weihnachten vor, überlegen sich, was sie ihren Liebsten schenken können, machen sich Gedanken über das Weihnachtsessen. Aber für 600
Beschäftigte bei Halberg Guss wird es dunkel im Herzen. Zu Beginn der Adventszeit haben sie erfahren, dass sie entlassen werden. 600 Familien, die davon betroffen sind, für die die Adventszeit dunkel ist, für die eine Unsicherheit anbricht, für die Zukunftsangst, ja Existenzangst entsteht.
Das gilt nicht nur für diese 600 Menschen, sondern es betrifft alle, die in diesem Jahr arbeitslos geworden sind, die schon länger arbeitslos sind, die von Armut betroffen sind. Aber hier ist das ein besonders schwerer Schlag, weil diese Beschäftigten über Jahre für ihren Arbeitsplatz gekämpft haben, im Prinzip seit 2017, als dieser verantwortungslose Unternehmer angefangen hat, das Unternehmen auszuschlachten, da sind wir uns auch einig, Herr Kollege Lafontaine. Wir haben gemeinsam mit der IG Metall Konzepte erarbeitet, überlegt, wie man Kosten senken kann. Man hat Lohnverzicht geübt, Mehrarbeit geleistet. Im Sommer haben sich noch 200 Beschäftigte bereit erklärt, einen Auflösungsvertrag zu unterschreiben, und am Ende bekommen sie nicht einmal die vereinbarte Abfindung.
Wir können nur erahnen, was in den Köpfen der 600 entlassenen Angestellten und ihrer Familien vorgeht. Die meisten davon haben ihr gesamtes Berufsleben bei Halberg Guss verbracht, ihr ganzes Herzblut in dieses Unternehmen gesteckt und auch viel für das Unternehmen zurückgesteckt. Dann das unverschuldete Ende vier Wochen vor Weihnachten, die Enttäuschung und die Ungewissheit.