Wir haben schon vieles auf den Weg gebracht, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber wir können noch mehr tun und wollen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Unser Ziel muss es sein, die deutschfranzösische Kooperation in der Bildung so zu gestalten, dass junge Menschen als Saarlandbotschafterinnen und Saarlandbotschafter nach Frankreich gehen und als Frankreichbotschafterinnen und Frankreichbotschafter voller Begeisterung zurückkehren. - Herzlichen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/1105. Wer für die Annahme der Drucksache 16/1105 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1105 einstimmig angenommen ist. Zugestimmt haben alle Mitglieder des Hauses.
Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: 10H‑Abstandsregelung für alle neuen Windkraftanlagen im Saarland (Drucksa- che 16/1099)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Das Thema der Energieversorgung des Saarlandes und der Bundesrepublik Deutschland wird nach meiner festen Überzeugung in den kommenden Jahren eines der wichtigsten Themen auf der politischen Agenda sein. Es wird eine Sprengkraft entfalten, die sich viele in diesem Hause noch nicht vorstellen können.
Warum ist das so? Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel oder sind eigentlich schon mittendrin: weg von einer Stromversorgung nach Bedarf hin zu einer Stromzuteilung von erzeugtem Strom, wenn dieser denn vorhanden ist. Das wird nicht ohne heftige Verwerfungen vonstattengehen.
Wenn ich darf, Herr Kollege Commerçon. - Wenngleich ich befürchte, dass auch dieses Mal der Herr Umweltminister sich von diesem meinem Lob in keiner Weise getroffen fühlen wird.
(Minister Jost: Da brauchen Sie gar nichts zu be- fürchten. - Abg. Commerçon (SPD) : Er wird sich davon erholen.)
Allerdings steht er doch im Mittelpunkt dieses Lobes, denn er trägt ja maßgeblich die Verantwortung dafür, dass das Saarland gemäß Presseverlautbarungen der vergangenen Tage beim Ausbau der sogenann
ten erneuerbaren Energien im Bundesvergleich den letzten Platz einnimmt. Und das ist zumindest für das Saarland keine schlechte Nachricht.
Eine wesentlich bessere Nachricht wäre es jedoch, wenn sich die Landesregierung dazu durchringen könnte ‑ ‑
Ich bitte doch darum, nicht zu stören. Wenn Ihnen das möglich wäre? - Eine wesentlich bessere Nachricht wäre es jedoch, wenn sich die Landesregierung dazu durchringen könnte, im Saarland komplett auf den Ausbau von Windkraftanlagen zu verzichten. Überall, wo neue Anlagen geplant werden, regt sich heftigster Widerstand in der Bevölkerung. Die Menschen möchten nicht, dass Naturraum und wertvolle Biotope zerstört werden, dass Vögel, Fledermäuse und Insekten geschreddert werden, dass Anwohner in ihrer Lebensqualität und Gesundheit beeinträchtigt werden.
Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit Fragen der Energiepolitik. So ist es auch wenig verwunderlich, dass dies für mich im Jahre 2013 ein ganz wesentlicher Beweggrund war, der AfD beizutreten. Ist doch die AfD die einzige Partei, die das sogenannte Erneuerbare-Energien-Gesetz einer kritischen Betrachtung unterzieht, die Vorrangeinspeisung der Erneuerbaren abschaffen möchte und die Energieversorgung des Industriestandortes Deutschland und im Besonderen auch des Saarlandes auch künftig versorgungssicher, kostengünstig und umweltfreundlich gestalten will.
Stichwort Versorgungssicherheit. Das Bundesinnenministerium hat im letzte Woche beschlossenen Haushalt 70 Millionen Euro eingestellt, um - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident - auf einen „großen Blackout“ reagieren zu können. In einer Studie des Fraunhofer-Institutes für Windenergie und Energiesystemtechnik in Kassel für Agora Energiewende finden wir für das Ziel der weitgehend CO2neutralen Wirtschaft im Jahre 2050 verschiedene Szenarien. Diese reichen für das Jahr 2050 von einer Einsparung um 15 Prozent bis zu einem Mehrbedarf von 45 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2014. Dabei wird von einem Windkraftausbau onshore auf bis zu 140 GW und von Fotovoltaik auf bis zu 200 GW ausgegangen; diese Zahlen dürften mittlerweile überholt sein. Im Rahmen der Sektorenkopplung sollen die Bereiche Verkehr, Heizung und Industrie, hier die notwendige Prozessenergie, ebenfalls CO2-neutral weitgehend auf Strom umgestellt werden. Dass hiermit ein unlösbarer Widerspruch vorliegt, möchte ich Ihnen im Folgenden erläutern.
Beginnen wir beim Verkehr. Bis 2030 sollen in Deutschland bis zu 10 Millionen Elektrofahrzeuge unterwegs sein. Wenn wir davon ausgehen, dass hin und wieder auch nur 10 Prozent gleichzeitig an einer halbwegs komfortablen Schnellladesäule mit 100 kW hängen, ergibt sich ein zusätzlicher Bedarf an Kraftwerksleistung von 100 Millionen kW, also 100 GW. Soll das auch noch alles grüner Windstrom sein, erhalten wir bei einer - geschönten - sicheren Verfügbarkeit von 6 Prozent einen Bedarf an zusätzlichen Windmühlen von 1.667 GW. Das ist Faktor 20 zur aktuell gesicherten Leistung. Aber 2030 soll ja nicht Schluss sein, im Jahr 2050 sollen praktisch alle Fahrzeuge elektrisch fahren - oder auch mit Wasserstoff, der aber auch mit Strom erzeugt wird. Das entspricht dann einem weiteren Faktor 4 bis 5.
In einer ähnlichen Größenordnung bewegt sich der Bedarf an zusätzlicher Leistung, um die Prozessenergie unserer Chemieindustrie mit elektrischer Energie abdecken zu können. Die Zementindustrie würde ebenfalls einen Mehrbedarf von mehreren TWh haben. Ohne nun alle Bedarfe sämtlicher Industriezweige aufführen zu können, sei als letztes Beispiel noch einmal unsere Stahlindustrie genannt: Tim Hartmann hat mehrfach die Zahlen genannt, die sich auch mit denen der Wirtschaftsvereinigung Stahl decken. Eine Umstellung der Stahlproduktion im Saarland auf Wasserstoffreduktion hätte einen Mehrbedarf von jährlich 16 TWh zur Folge, das entspricht ungefähr dem Doppelten des derzeitigen Stromverbrauchs im Saarland. Für Deutschland insgesamt werden 130 TWh angegeben. Legen wir das gleichmäßig auf das Jahr um, entspricht das 15 GW. Mit Windkraftanlagen und den schon erwähnten 6 Prozent sind wir wieder bei 250 GW Nennleistung.
Heute benötigt Deutschland eine gesicherte Kraftwerksleistung von gut 80 GW. Seriöse Berechnungen der Übertragungsnetzbetreiber gehen davon aus, dass maximal 30 bis 40 Prozent der künftig erforderlichen Energiemengen durch Erneuerbare bereitgestellt werden können. Für mehr gibt es einfach nicht genügend Platz in Deutschland.
Großtechnisch einsetzbare Speicher haben wir nicht, abgesehen von ein paar Pumpspeicherwerken, die über ein paar Stunden 6 bis 8 GW liefern können. Neue werden nicht gebaut, das Geschäftsmodell ist unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht rentabel. Ganz davon abgesehen, dass die Menschen sich auch hier dagegen wehren, wenn die Bergkuppen in ihrer Heimat zum Bau von Oberbecken abgetragen werden. Von finanziellen Aspekten wollen wir gar nicht reden.
Wer den Abschlussbericht der Kohlekommission gelesen hat, der hat auch gelesen, dass mit dem Kohleausstieg auch an anderen Stellen die Energiekosten weiter steigen und man deshalb vielleicht mit Milliarden Euro an Steuergeldern entgegenwirken sollte. So der Abschlussbericht der Kohlekommission.
Der Kollege Flackus hat kürzlich mal die Frage aufgeworfen, ob man die Stromerzeugung unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge betrachten könnte. Übrigens ein ganz böses Wort aus einer ganz dunklen Zeit. Wenn wir das aber einmal kurz betrachten möchten: Daraus ergibt sich für das Saarland ein jährlicher Verbrauch von circa 8 TWh, im Moment wahrscheinlich etwas weniger wegen Saarstahl. Multiplizieren wir das mit dem derzeitigen mittleren Strompreis für Endverbraucher von 38 Cent, ergeben sich hieraus Kosten in Höhe von knapp 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Selbst wenn wir einen erheblichen Anteil an deutlich günstigerem Industriestrom zugrunde legen, bewegen wir uns immer noch in der Größenordnung von 1,5 bis 2 Milliarden Euro. Das entspricht etwa der Hälfte der Ausgaben des saarländischen Landeshaushalts. Und zur Erinnerung: Allein die Umstellung der saarländischen Stahlindustrie auf Wasserstoffbasis würde den Verbrauch etwa verdreifachen.
Ich denke, alle diese Zahlen verdeutlichen eines, meine Damen und Herren: Diese Energiewende ist sowohl unbezahlbar als auch technisch undurchführbar. Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass die bis heute größte Einzelinvestition im Saarland, die neue Saarschmiede - circa 500 Millionen Euro ‑, die heute eingemottet ist, quasi auf dem Altar der Energiewende geopfert wurde. Und wenn ich in letzter Zeit bei unserem Ministerpräsidenten genauer hingehört und ihn richtig verstanden habe, so hat er durchaus schon mal das EEG als Problem für unsere Industrie dargestellt. Sie - die Energiewende wird letztlich zur Abwanderung jeglicher energieintensiven Industrie aus Deutschland und dem Saarland führen. Und sie wird letztlich dazu führen, dass Strom in unserem Land für immer mehr Bürger zu unbezahlbarem Luxusgut wird. Die Zerstörung unserer Landschaft, wertvoller Waldgebiete und Biotope wird dabei klaglos hingenommen. Dies, meine Damen und Herren, muss verhindert werden.
Was aber ist dagegen zu tun? Zunächst muss die Landesregierung zu der Einsicht kommen, dass der Weg der Energiewende eine Sackgasse ist. Sie führt zu einer forcierten Deindustrialisierung unseres Landes und stellt in letzter Konsequenz damit auch dessen Existenz infrage. Über eine 10H‑Abstandsregelung für die Genehmigung neuer Windkraftanlagen
wäre zunächst der unsinnige Ausbau der Windkraft im wenig windhöffigen und dicht besiedelten Saarland zu stoppen. Zweitens müssen die Energieversorgungsunternehmen in die Lage versetzt werden, mit Investitionen in ihre Anlagen auch wieder Geld verdienen zu können. Drittens sollten Sie dringend damit aufhören, Cattenom schlechtzureden.
Die Passage im Koalitionsvertrag, wonach sich die Landesregierung dafür einsetzt, Cattenom abzuschalten, ist die reinste Heuchelei. Genauso sehe ich auch die jüngsten Äußerungen des Ministerpräsidenten zum Thema Kernkraft. Jeder auf der Regierungsbank weiß ganz genau, dass die Anbindung an Cattenom eine enorme Chance für das Saarland ist und ohne Cattenom die Lage noch viel trister wäre, als sie es ohnehin schon ist. Wir brauchen keine Stromtrassen zu norddeutschen Windmühlen, nein, wir haben eine Höchstspannungstraße, die VichyLeitung, die in Uchtelfangen in unsere Netze einspeist. Dieses Potenzial aus französischem Atomstrom ist ein enormer Standortvorteil für das Saarland. Nicht umsonst wurde das Umspannwerk in Uchtelfangen in den letzten Jahren modernisiert. Die Vichy-Leitung hat eine Kapazität von 3.600 Megawatt. Das reicht rein statistisch für den dreifachen Bedarf des gesamten Saarlandes. Es gibt also keinen Bedarf für landschaftsverschandelnde Windmühlen.
Sorgen Sie außerdem dafür, dass unsere Versorger hier genügend Gas bekommen. Setzen Sie sich dafür ein, dass Nord Stream 2 zu Ende gebaut werden kann und dass in moderne Gasturbinen investiert werden kann, noch bevor die alten Kohlemeiler stillgelegt sind. Denn auch da klemmt es an allen Ecken und Enden. Und sorgen Sie dafür, dass die Endverbraucher wie auch unsere Wirtschaft sicher versorgt werden zu bezahlbaren Preisen. Ein weiterer Zubau von Windkraftanlagen in unserem schönen Land kann dazu nichts beitragen.
Ich eröffne die Aussprache und darf dem Redner der SPD-Landtagsfraktion Dr. Magnus Jung das Wort erteilen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich Herrn Hecker zugehört habe, habe ich eigentlich gedacht, der Mann tut mir leid. Wenn man sich hier
hinstellt und alle möglichen Zahlen vorrechnet, warum Veränderungen nicht möglich sind, warum dieses nicht möglich ist und warum jenes nicht möglich ist, dann denke ich, es ist doch schade, dass jemand überhaupt keine Fantasie und keine Bereitschaft hat, nach vorne zu denken, und sich nicht aufmachen will zu neuen Welten, sondern immer nur das Vergangene in die Zukunft projiziert und damit für unser Land überhaupt keinen Politikentwurf hat.
Die Zahlen, mit denen Sie sich aber wirklich hätten beschäftigen müssen - mit denen beschäftigen Sie sich leider nicht -, sind Zahlen, die gestern zum Beispiel ein Experte des Deutschen Wetterdienstes bei einer Veranstaltung der Landwirtschaftskammer des Saarlandes vor den saarländischen Landwirten vorgestellt hat, nämlich wie die Klimaentwicklung in Deutschland und im Saarland in den letzten 150 Jahren war, und welche unterschiedlichen Prognosemodelle es für dieses Jahrhundert noch gibt. Die Voraussagen liegen darin, dass die Temperatur bei uns in diesem Jahrhundert im besten Fall um 1,5 Prozent zunehmen wird und im schlechtesten Fall um 4,5 Prozent. Es ist auch sehr deutlich gemacht worden, was das für Folgen haben wird. Die Sommer werden immer länger, sie werden immer heißer, sie werden immer trockener, und die Winter werden feucht und nass. Wir werden erhebliche Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt haben. Es wird zum Teil katastrophale Auswirkungen in der Landwirtschaft und erhebliche Schäden in der öffentlichen Infrastruktur geben. Ja, man kann sagen, das Leben in Mitteleuropa wird an vielen Stellen sehr beschwerlich werden. Wir wissen, dass die Klimaprognosemodelle für andere Teile der Erde noch wesentlich größere Bedrohungen mit sich bringen. Der Anstieg des Meeresspiegels wird Millionen Menschen den Lebensraum nehmen und vieles andere mehr.
Sie können ja nachher etwas sagen, jetzt nicht, bitte schön. - Wenn man sich mit diesen Zahlen nicht beschäftigt, dann kann man auch nicht die Antworten geben. Ich will auf einen wesentlichen Punkt hinweisen. Die Wissenschaftler sagen uns gerade in diesen Tagen, dass es sogenannte Kipppunkte gibt. Wenn diese Punkte überschritten sind und Veränderungen stattgefunden haben, dann sind sie nicht mehr ohne Weiteres zurückzunehmen und dann beschleunigt sich die entsprechende Gefahr beim Klimawandel. Dass Sie diesen Antrag ausgerechnet in den Tagen einbringen, in denen sich der Weltklimagipfel in Madrid mit diesen drängenden Menschheitsfragen beschäftigt, zeigt wirklich, dass Sie eine wesentliche Herausforderung für die Menschheit überhaupt nicht verstanden haben.
Ihr Kampf gegen die Windenergie ist ein umweltpolitischer Amoklauf. Man muss den Bürgerinnen und Bürgern ganz klar sagen, dass Ihre Politik am Ende eine Gefahr für die ganze Menschheit darstellt.
Ich will den Antrag dennoch nutzen, um einige allgemeine Ausführungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien zu machen. Mir macht es zumindest ein Stück weit Sorge, dass dieser Ausbau derzeit etwas ins Stocken geraten ist. Wir hatten bis Ende September 2019 in Deutschland bundesweit einen Ausbau von nur 500 MW. Im Durchschnitt der letzten Jahre waren es 4.200 MW. Wir hatten dieses Jahr im Saarland leider gar keinen weiteren Ausbau der Windenergie. Die Übernahme der 10H-Regelung, wie sie in Bayern im Jahr 2014 bereits erfolgt ist, hat dazu geführt, dass es dort beim Ausbau der Windenergie einen Einbruch um 80 Prozent gegeben hat. Für uns wäre es das Ende des Ausbaus der Windenergie im Saarland, das ist Ihr offen erklärtes Ziel. Es wäre für die Zukunft auch der Verlust zahlreicher Standorte. Dort wo Repowering antsteht, könnten Windenergieanlagen nicht mehr neu genehmigt werden. Das würde zwangsläufig weniger erneuerbare Energie bedeuten anstatt mehr, und das würde unsere Abhängigkeit vom Atomstrom wieder verstärken. Was Sie also wollen, ist die Energiewende rückwärts, und damit beschreiben Sie, was Sie sind,