Protokoll der Sitzung vom 13.05.2020

(Vizepräsident Heinrich)

2019 den Staatsvertrag beschlossen. Der Landtag des Saarlandes wurde, wie dies bei uns gute Übung ist, mit entsprechendem Schreiben an die Fraktionen über die beabsichtigte Unterzeichnung vorab umfangreich unterrichtet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, welch hohe publizistische Bedeutung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukommt, können wir in der aktuellen Corona-Krise, glaube ich, sehr deutlich sehen. Solch eine Menschheitsherausforderung - nichts anderes ist das - wie die Corona-Pandemie geht auch mit einem gesteigerten Informationsbedürfnis der Bevölkerung einher. Hier ist es für unsere Demokratie und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt von elementarer Bedeutung, dass sie mit ARD, ZDF und Deutschlandradio sauber recherchierte qualitativ hochwertige und sachlich eingeordnete journalistische Angebote haben. Neben Presse und Privatfunk ist dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk substanziell zur Medienvielfalt und zur öffentlichen Debatte wichtig. Ein hochwertiger, staatsferner und unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk schafft Vertrauen in die Verlässlichkeit von Informationen und die Objektivität der Berichterstattung.

Wir leben in Zeiten, in denen sich Institutionen, ob staatlich oder staatsfern, einem gesteigerten Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sehen. Ich bin kein Freund davon, Personen, die solchen Institutionen grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen, per se als fehlgeleitet abzutun. Das ist nicht mein Stil, deswegen will ich dieser Debatte nicht aus dem Weg gehen. Es ist vielmehr Aufgabe und Verpflichtung aller Institutionen, ihre Existenzberechtigung immer wieder aufs Neue unter Beweis zu stellen. Dabei gilt für die Politik das Gleiche wie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch: Gute Arbeit liefert die besten Argumente.

Vor diesem Hintergrund liefern ARD, ZDF und Deutschlandradio mit ihren Angeboten immer wieder aufs Neue den Beweis dafür, dass sie auch in der neuen, digitalen und konvergenten Medienwelt ihrer Rolle als ein Anker der Verlässlichkeit gerecht werden. Wenn wir beispielsweise eine Plenarsitzung haben, sehen wir nicht erst abends im Aktuellen Bericht, was darüber berichtet wird, sondern es kommen schon kleine Teile der Bild- und Tonberichterstattung über soziale Medien. Man sieht, dass man sich den neuen Herausforderungen stellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen gerne die Eckpunkte des vorliegenden Staatsvertrags skizzieren. Ein Staatsvertrag ist ausgesprochen wichtig, deswegen sollte man nicht einfach darüber hinweggehen. Zentrale Elemente sind die Befreiung von der Beitragspflicht für Zweitwohnungen, der vollständig automatisierte Erlass von Bescheiden sowie die Einführung eines regelmäßigen Meldedatenabgleichs.

Ausgangspunkt dieses neuen Staatsvertrags war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Es erklärte mit Urteil vom 18. Juli 2018 die Vorschriften zur Erhebung des Rundfunkbeitrags für die Erstwohnung und im nicht privaten Bereich für verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht unterstrich, dass für die Regelungen zur Erhebung des Rundfunkbeitrags die Länder die Gesetzgebungskompetenz haben, da es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um einen Beitrag handelt, der für die potenzielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung, die Möglichkeit der Rundfunknutzung, erhoben wird. Die Kompetenz für die Erhebung solcher nicht steuerlicher Abgaben wird von derjenigen für die jeweilige Sachmaterie - hier der Länderkompetenz für den Rundfunk - umfasst.

Ich begrüße ganz ausdrücklich, dass das Verfassungsgericht mit seinen deutlichen Aussagen klargemacht hat, dass der Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß ist. Das stabilisiert unser duales Rundfunksystem und die Medienvielfalt in unserem Land.

Das Bundesverfassungsgericht wies jedoch darauf hin - das sei nicht verschwiegen -, dass die Bemessung des Beitrags bei Zweitwohnungen gegen den aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit verstößt. Zweitwohnungsinhaber würden für den gleichen Vorteil mehrfach herangezogen, da sie schon für die Erstwohnung den Rundfunkbeitrag zahlen. Vor diesem Hintergrund sind die Länder übereingekommen, die Beitragspflicht für Zweitwohnungen ersatzlos zu streichen. Der vorliegende Staatsvertrag setzt dies um und enthält in § 4a eine entsprechende Neuregelung.

Eine weitere Neuregelung betrifft den vollständig automatisierten Erlass von Bescheiden. Durch die Aufnahme eines neuen § 10a in den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nutzen die Länder, die durch den neuen § 35a Verwaltungsverfahrensgesetz eröffnete Möglichkeit des automatisierten Erlasses von Verwaltungsakten.

Zuletzt wird mit dem neuen § 11 Abs. 5 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ein regelmäßiger Meldedatenabgleich eingeführt, der in einem vierjährigen Rhythmus stattfinden soll.

Meine Damen und Herren, dieser 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll zum 01. Juni 2020 in Kraft treten, also sehr bald. Ursprünglich war die Erste Lesung daher für das April-Plenum vorgesehen, das musste jedoch coronabedingt ausfallen. Ich bin froh, dass es im Vorfeld des Plenums im Erweiterten Präsidium und in der Landtagsverwaltung ein gemeinsames Verständnis darüber gegeben hat, dass wir mit Blick auf diese Zeitvorgabe ausnahmsweise die Erste und Zweite Lesung zusammenführen. Ich möchte mich ausdrücklich bedanken, dass das möglich ist.

(Ministerpräsident Hans)

Meine Damen und Herren, wer die medienpolitischen Debatten im Landtag in den letzten Jahren mitverfolgt hat, der weiß, dass nach der Verabschiedung eines Rundfunkstaatsvertrags die Zeit nicht lang wird, bis wieder ein Staatsvertrag hier zur Beratung vorliegt. Daran wird sich - das ist absolut sicher - nichts ändern. Der nächste Staatsvertrag, den wir beraten werden, wird der sogenannte Medienstaatsvertrag sein - er liegt schon in der Pipeline -, mit dem die Länder in wichtigen Punkten eine grundlegende Revision des Medienrechts vornehmen. Dabei bleibt das Ziel unseres gemeinsamen Handelns gleich, auch in den veränderten Zeiten: Wir wollen starke Medien, die den Bürgerinnen und Bürgern Vielfalt bieten. - Das bleibt unsere Aufgabe. Mit Blick darauf bitte ich um Unterstützung für den vorliegenden Entwurf. Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich danke erneut dem Ministerpräsidenten und eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Kultur und Medien, Herr Abgeordneter Frank Wagner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien hat sich mit dem von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Zustimmung zum Dreiundzwanzigsten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, der uns als Drucksache 16/1274 vorliegt, befasst. Der Gesetzentwurf dient dazu, die Zustimmung des Landtags zu den Änderungen, die die Regierungen der Bundesländer in Form des 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrags am Rundfunkstaatsvertrag vorgenommen haben, herbeizuführen.

Mit der Änderung der Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags erfolgt die notwendige Anpassung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 zur Befreiung von Nebenwohnungen von der Rundfunkbeitragspflicht. Darin führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass Inhaber mehrerer selbst genutzter Wohnungen für die Möglichkeit der privaten Rundfunknutzung nicht mehrfach belastet werden dürfen. Die bisherige Geltendmachung eines weiteren Rundfunkbeitrags für Nebenwohnungen verstößt laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen den aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit.

Neben den Anpassungen der Rundfunkbeitragspflicht wird mit dem 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrags ein regelmäßiger Meldedatenabgleich gesetzlich verankert, um die größtmögliche Aktualität des Datenbestands unter Beachtung datenschutz

rechtlicher Vorgaben zu gewährleisten und dadurch Vollzugdefizite zu vermeiden und somit auch die Beitragsgerechtigkeit zu steigern. Der 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält zudem mehrere Vorgaben zur Datenverarbeitung und zu Auskunftsansprüchen der Beitragszahler gegenüber der zuständigen Landesrundfunkanstalt.

Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien hat den vorliegenden Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 09. April 2020 beraten. Auf die Durchführung einer Anhörung wurde dabei verzichtet. Einstimmig, unter Zustimmung aller Fraktionen, empfiehlt der Ausschuss dem Landtag die Annahme des Gesetzentwurfs in Erster und Zweiter Lesung. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich danke dem Ausschussvorsitzenden. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 16/1274. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 16/1274 in Erster Lesung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 16/1274 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE und die fraktionslose Abgeordnete, abgelehnt haben die Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion.

In der heutigen Sitzung soll auch die Zweite Lesung des Gesetzentwurfs zur Zustimmung zum Dreiundzwanzigsten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge Drucksache 16/1274 durchgeführt werden. Nach § 33 Abs. 3 der Geschäftsordnung dürfen die zur Verabschiedung einer Gesetzesvorlage erforderlichen Lesungen nicht in einer Lesung und nicht am selben Tag stattfinden. Abweichungen von dieser Vorschrift kann der Landtag gemäß § 57 Abs. 1 Landtagsgesetz mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten im Einzelfall beschließen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dafür ist, dass in der heutigen Sitzung die Zweite Lesung des Gesetzentwurfs durchgeführt wird, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht ist und der Gesetzentwurf in der heutigen Sitzung in Zweiter Lesung beraten wird. Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 16/1274 in Zweiter und letzter Lesung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs in Zweiter und letzter Lesung ist, den bitte ich, eine

(Ministerpräsident Hans)

Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 16/1274 in Zweiter und letzter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen worden ist. Zugestimmt haben die Mitglieder der Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE und die fraktionslose Abgeordnete, abgelehnt haben die Mitglieder der AfDLandtagsfraktion.

Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der CDU-Landtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Saarländischen Wohnungsaufsichtsgesetzes (SWAG) (Drucksache 16/1306)

Zur Begründung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Magnus Jung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht kennen Sie es auch, wenn Sie häufiger in Sitzungen sind: Nicht alle hören wirklich zu, manche spielen auf ihren Handys oder nutzen ihre Tablets, um anderen Tätigkeiten nachzugehen. - Ich gebe zu, dass es so auch manchmal in Ausschusssitzungen im saarländischen Landtag ist. Ich erinnere mich aber an eine Sitzung, als es plötzlich anders war. Dies ist passiert, als eine Kollegin der Arbeiterwohlfahrt bei uns im Sozialausschuss war und von den Lebens- und Wohnsituationen von Menschen berichtet hat, die bei uns im Saarland leben. Alle Abgeordneten wurden immer aufmerksamer. Man hätte eine Nadel fallen hören können, als berichtet worden ist, wie viele Menschen in Wohnungen leben, die voll Schimmel sind und in den Kakerlaken und anderes Ungeziefer herumläuft. Sie hat uns Bilder von Wohnungen gezeigt, in denen es keinen Strom gibt, das Wasser und Abwasser abgestellt ist. Sie hat uns Bilder von Wohnungen mit offenen Stromleitungen gezeigt und von Wohnungen und Häusern, wo der Müll nicht abtransportiert wird, sondern im Treppenhaus oder Hof herumliegt. Sie hat uns Bilder von Wohnungen in Saarbrücken und Neunkirchen gezeigt, in denen die Menschen in einer absoluten Überbelegung auf Matratzen hausen. Ein wahrlich menschenunwürdiges Wohnen!

Das sind wachsende Probleme, mit denen wir uns befassen mussten. Diese Probleme konzentrieren sich in der Landeshauptstadt Saarbrücken, sie sind auch in Neunkirchen vorzufinden, aber auch in anderen Orten bis hin zu kleineren Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern. Auch aus diesen kleineren Orten wird teilweise von derartigen katastrophalen Wohnsituationen berichtet. Wir haben erfahren, dass es überwiegend Zugewanderte aus Mittelund Osteuropa, aus Rumänien und aus Bulgarien sind, die in solchen Wohnungen hausen müssen,

dass es aber auch Deutsche gibt, die in solchen Verhältnissen leben - oder besser gesagt - vegetieren müssen. Allzu oft ist diese katastrophale Wohnsituation sozusagen als ausbeuterische Wohnsituation auch verbunden mit Ausbeutung der Betroffenen an ihrem Arbeitsplatz; häufig ist der Vermieter zugleich der Arbeitgeber. Er hat dann die Menschen sowohl über die Wohnung als auch über die Arbeit fest in der Hand.

Es wurde uns berichtet, dass den Kommunen im Saarland leider in vielen Fällen die erforderlichen Instrumente fehlen, um gegen diese Missstände vorgehen zu können. So hat schon im Jahr 2018 der Saarländische Städte- und Gemeindetag einen Hilferuf an die Landespolitik gerichtet mit der Bitte, den Kommunen im Saarland ein geeignetes Instrumentarium an die Hand zu geben.

Dass wir es hinsichtlich der katastrophalen Wohnverhältnisse mit einem aktuellen Problem zu tun haben, das zeigen nicht zuletzt auch die Berichte über die Unterbringung der Arbeiter in Fleischfabriken, die, meist aus Rumänien stammend, in Massenunterkünften unter katastrophalen Verhältnissen leben und sich deshalb nun auch zu Dutzenden oder gar zu Hunderten mit dem Coronavirus infiziert haben. Daran erkennt man, dass diese Ausbeutung von Menschen durch die Nutzung von in katastrophalem Zustand befindlichem Wohnraum in Schrottimmobilien ein großes Problem darstellt.

Wie begegnen wir nun mit diesem Gesetz diesem Problem? Wir definieren mit dem Saarländischen Wohnungsaufsichtsgesetz zunächst einmal, dass die Wohnungsaufsicht eine dem Staat obliegende Aufgabe ist. Wir nehmen uns dieses Problems an, wir definieren mit diesem Gesetz verschiedene Mindeststandards, die Wohnungen erfüllen müssen. Und wir regeln, was Städte und Gemeinden tun können, wenn sich Vermieter nicht an diese Standards halten und dafür verantwortlich sind, dass Menschen in menschenunwürdigen Wohnungen leben müssen.

Künftig können wir diesen Vermietern beziehungsweise den Eigentümern zunächst einmal eine Frist setzen, diese Mängel selbst zu beseitigen. Kommen Sie dieser Aufforderung nicht fristgemäß nach, können wir in einem zweiten Schritt diese Wohnungen für unbewohnbar erklären. Drittens können die Menschen, die bislang in solchen unbewohnbaren Wohnungen untergebracht waren, von den Kommunen in anderen Wohnungen untergebracht werden, wobei der für die Missstände verantwortliche Vermieter für die Kosten aufkommen muss. Viertens haben wir auch eine Regelung vorgesehen, um zu definieren, was eine „Überbelegung“ ist: Mindestens müssen und das ist wirklich nur ein Minimum - für jede erwachsene Person 9 Quadratmeter und für jedes Kind 6 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Das ist gewiss alles andere als Luxus, aber zumindest ein

(Vizepräsident Heinrich)

mal eine Untergrenze. Ich bin froh, dass wir nun auch diese Grenze für das Saarland definieren.

Wir klären mit diesem Gesetz die Zuständigkeiten. Die Zuständigkeit für die Umsetzung des Gesetzes liegt bei den Kreisstädten, und zwar für ihr eigenes Gebiet ebenso wie für die Städte und Gemeinden im Kreisgebiet. Damit muss nicht allen 52 Kommunen im Saarland diese Aufgabe neu übertragen werden. Wir bündeln somit Kompetenzen bei den Kreisstädten, bei den Mittelstädten und bei der Landeshauptstadt.

Wir wissen, dass wir mit der Neuübertragung von Aufgaben auch den Grundsatz der Konnexität berühren. Das, was den Kommunen nun als neue Aufgabe von uns zugewiesen wird, soll den Kommunen auch erstattet werden. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes miteinander evaluieren werden, was an zusätzlichem Personal und an zusätzlichen Kosten bei den Kommunen entstanden ist. Diese Kosten werden wir sowohl rückwirkend erstatten als auch für die Zukunft über Finanzierungslösungen regeln.

Wir haben dieses Gesetz erarbeitet unter Beteiligung des Saarländischen Städte- und Gemeindetages, haben mit den Koalitionsfraktionen eine entsprechende Anhörung durchgeführt. Zu allen wesentlichen Punkten konnte bereits im Vorfeld der heutigen Sitzung eine Einigung mit diesem kommunalen Spitzenverband erzielt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die Gelegenheit nutzen, dieses Gesetz mit einigen wenigen Sätzen politisch einzuordnen. Als saarländischer Landtag kümmern wir uns mit diesem Gesetz um einen Missstand, der in der Öffentlichkeit bislang kaum wahrgenommen wurde. Für mich, der sozialpolitisch doch recht interessiert und engagiert ist, war es überraschend zu sehen, dass von diesem Problem, in solch katastrophalen Wohnverhältnissen leben zu müssen, hunderte, wenn nicht gar an die tausend Menschen im Saarland betroffen sind. Dieses Problem schafft es selten in die Medien oder in andere Formen der Öffentlichkeitswahrnehmung. Dass wir als die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinnen und Bürger im Saarland dieses Problem nun aufgreifen, das ist, so denke ich, eine wichtige demokratische Leistung.

Wir verbessern damit konkret das Leben all dieser betroffenen Menschen und machen das Saarland ein gutes Stück sozialer. Darauf können wir stolz sein. Wir unterstützen mit diesem Gesetz aber nicht nur die Menschen, die in solchen Wohnungen leben, sondern leisten auch einen Beitrag zugunsten aller Menschen in den betroffenen Quartieren. Denn verkommen derartige Schrottimmobilien immer weiter, hat das auch eine negative Auswirkung auf das gesamte Quartier. Diese Entwicklung wird durch das Gesetz gestoppt. Wir stoppen die Verwahrlosung

nicht nur in einzelnen Gebäuden, sondern in ganzen Quartieren.

Wir setzen damit auch eine wesentliche Forderung der saarländischen Wohlfahrtsverbände und der Armutskonferenz um, die im Beirat zur Armutsbekämpfung geäußert wurde. Noch bevor wir also öffentlich das Gesamtpaket, auf das wir uns geeinigt haben das darf ich, glaube ich, so sagen -, beschließen, bringen wir eine wichtige Forderung heute bereits ins Gesetzgebungsverfahren ein. Dies erfährt auch von der genannten Seite große Unterstützung.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich sagen, dass ich auch persönlich sehr stolz auf diesen Gesetzentwurf bin, der in gewisser Weise auch eine Besonderheit in unserem parlamentarischen Wirken darstellt. Es handelt sich nicht nur einfach um einen Entwurf der Regierungsfraktionen und auch nicht der Regierung selbst. Die Initiative zu diesem Gesetzentwurf kam vielmehr aus dem Sozialausschuss, resultierend aus der Beratung eines Tagesordnungspunktes im Ausschuss, bei der wir uns entschlossen haben, zu diesem Thema eine Anhörung durchzuführen. Wir haben gesagt: Das hat uns bewegt, hier sehen wir ein Problem.

Auf Grundlage der Anhörung, die wir am 03. September des vergangenen Jahres durchgeführt haben und an der sich 29 Organisationen beteiligt haben, von denen 14 Organisationen auch direkt mit uns im Ausschuss diskutiert und uns dabei beeindruckt haben, haben wir als Koalitionsfraktionen uns entschlossen, diese Fragestellung in einem gemeinsamen Gesetzesentwurf aufzuarbeiten, dies übrigens auch ohne Formulierungshilfe aus dem Ministerium. Wir haben uns also eine ganze Menge Arbeit gemacht, und ich finde, dass dabei schon etwas sehr Ordentliches herausgekommen ist, das eine echte sozialpolitische Verbesserung für die Menschen in unserem Land bringt.

In diesem Sinne darf ich allen, die an der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfes mitgewirkt haben, insbesondere auch dem Kollegen Thielen, mit dem wir sozusagen die letzten Runden gedreht haben, herzlichen Dank sagen. Herzlichen Dank auch dafür, dass ich an dieser Stelle heute den Gesetzentwurf für die Regierungsfraktionen einbringen kann. Ich freue mich nun auf die weitere Beratung im Innenausschuss. Wir Sozialpolitiker geben nun also dieses wertvolle Gesetz für das weitere Verfahren in die Hände des Innenausschusses, wir helfen aber natürlich auch dort gerne mit, damit es nach der Anhörung schon bald, wie ich hoffe, in Zweiter Lesung verabschiedet werden kann. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Alles Gute!