anmahnen. Deshalb sind wir für dieses Gesetz, auch wenn es ein Ermächtigungsgesetz ist. Wir ermächtigen die Regierung, Verordnungen zu erlassen. Das ist ein Vertrauensvorschuss. Wir hoffen doch stark, dass die Regierung dieses Vertrauen und diese Erwartung erfüllt. Allerdings - deshalb haben wir gerne mitgemacht - hat das Parlament die letzte Kontrolle. Wenn die Regierung Verordnungen erlässt, muss sie zuerst einmal die Verhältnismäßigkeit im Auge haben. Die Verordnungen sind außerdem auf 14 Tage begrenzt und sie müssen dem Parlament unverzüglich zur Kenntnis gebracht werden. Das Parlament kann dann sofort per Gesetz diese Verordnung außer Kraft setzen. Das ist das Muster. Es ist hier schon richtig gesagt worden. Wir sind auch der Ansicht. Der Entwurf wird in den Fachausschuss gehen und vielleicht auch noch in anderen Ausschüssen oder Gremien beraten werden. Es werden Fachleute angehört werden und wir werden uns in der nächsten oder übernächsten Parlamentssitzung mit dem Gesetz noch einmal befassen. Wir stehen also voll dahinter, dass dieses Gesetz heute eingebracht, angenommen und in die Ausschüsse geschickt wird.
Wir haben noch den Antrag eingebracht, dass die Gaststätten und Kultureinrichtungen durchaus geöffnet werden sollten. Dazu wird mein Kollege Rudolf Müller noch einige Worte sagen. Ich möchte nur eines erwähnen: Der Ministerpräsident hat gesagt, es tue ihm furchtbar weh. Herr Commerçon hat auch gesagt, es tue ihm weh, aber im Moment könne man nichts anderes machen. Ich sage mal so, wenn es so weh tut und wenn die Schmerzen unerträglich werden - mir tut es auch weh, ich habe nur keine Macht, das zu ändern -, ändern Sie es doch. Ändern Sie diese Verordnung, sodass die Gaststätten und die kulturellen Einrichtungen öffnen können! - Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Volksmund sagt: Zahlen lügen nicht. - Deswegen schauen wir uns in meiner Rede die Zahlen zunächst einmal an: eine Verdreifachung der Infektionszahlen in den vergangenen 14 Tagen, eine Verfünffachung seit Mitte Oktober. - Nun wirft uns der Oppositionsführer Herr Lafontaine vor, dass wir nur auf diese Infektionszahlen starren. Wir würden der Bevölkerung mit diesen Infektionszonen Angst und sie dadurch krank machen. An der Stelle könnte ich Hannah Arendt zitieren: Angst ist für das Überleben
unverzichtbar. - Was mich eigentlich an Ihrer Aussage und an der Aussage vieler Wissenschaftler und Experten, die in den letzten Wochen immer wieder in den Raum geworfen haben, dass man nicht nur auf die Infektionszahlen starren dürfe, enttäuscht, ist die Verharmlosung, diese Beschwichtigung. Denn darum geht es Ihnen letztendlich. Sie wollen so tun, als sei diese Pandemie nicht so schlimm, wie sie ist. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, Herr Lafontaine!
Zumal es auch nicht stimmt, dass wir nur auf diese Zahlen starren, mal davon abgesehen, dass das RKI einen täglichen Lagebericht zusammenstellt, der im Übrigen jedem Abgeordneten des saarländischen Landtages jeden Tag zur Verfügung gestellt wird. Dort stehen dann auch das Verhältnis zur Bevölkerung, die Inzidenzen zu 100.000 Einwohnern, die Anzahl der Testungen, die Positivraten, die Zahl der Intensivbetten, die Zahl der Todesfälle und so weiter. Es gibt also noch viel mehr Kriterien, die für diese Maßnahmen herangezogen werden. Es ist das Entscheidende, dass alles aus den Infektionszahlen abgeleitet werden kann, und jeder intelligente Mensch sollte das auch tun können.
Mittlerweile gibt es 2.061 COVID-19-Patienten, Stand 01. November. Es ist eine Verdopplung in zehn Tagen. 47 Prozent dieser Patienten müssen beatmet werden - es ist heute schon vom Ministerpräsident angesprochen worden. Der Oberarzt am UKS Philipp Lippert hat dazu ausgeführt, dass 32 Prozent davon sterben.
In den vergangenen Wochen und Monaten sind die Infektionszahlen trotz aller Appelle und Mahnungen gestiegen. Vielleicht ist die Politik auch mitverantwortlich, beispielsweise wegen des Flickenteppichs, den es in Deutschland gab. Viele Menschen haben auch nicht mehr so richtig gewusst, was man wo überhaupt noch tun darf. Das muss man dann auch selbstkritisch sagen, Herr Lafontaine. Es ging Ihnen darum, dass man auch mal Selbstkritik übt. Deswegen ist es so wertvoll, deswegen ist es so wichtig, dass die Bundeskanzlerin mit allen Bundesländern einen gemeinsamen Weg für den Monat November aufgezeigt hat. Herr Dörr, deswegen wurden auch die Parteien genannt, die irgendwo in einer Landesregierung dabei sind. Dort ist die AfD Gott sei Dank nicht dabei.
Die Folgen dieser steigenden Infektionszahlen sind relativ einfach zu erklären, weil wir jetzt seit einem halben Jahr Erfahrung haben. Als Erstes sind die Gesundheitsämter überlastet. In vielen Städten in Deutschland können die Gesundheitsämter die Kontaktnachverfolgung gar nicht mehr gewährleisten.
Berlin hat quasi aufgegeben. Der nächste Schritt ist, dass die Testkapazitäten an ihre Grenzen kommen und überlastet sind. In Belgien wird nur noch getestet, wenn man in ein Krankenhaus kommt. Anschließend werden die Krankenhausbetten belegt und die Krankenhäuser überfüllt sein. Am Ende werden uns auch die Medikamente ausgehen. Dann brauchen wir uns nur in Europa umzuschauen und können es beobachten. Wir wissen, wie es vor einem halben Jahr in Italien war, als die Menschen in Behelfskrankenhäusern gestorben sind und die Ärzte nicht mehr ausreichend helfen konnten. Herr Lafontaine, wenn Sie dann sagen, Angela Merkel hätte für eine Kraftanstrengung in unserem Gesundheitswesen 15 Jahre lang Zeit gehabt, müssen wir heute doch feststellen, dass unser deutsches Gesundheitswesen eines der besten auf der Welt ist. Darauf können wir stolz sein!
Natürlich hat es auch Schwächen und natürlich ist eine solche Pandemie, die niemand vorhergesehen oder sich gewünscht hat, eine besondere Belastung für das Gesundheitswesen. Deswegen machen wir doch die Maßnahmen, um eben dieses Gesundheitswesen zu schützen. Die Situation in den Krankenhäusern ist heute doch eine ganz andere, im Übrigen auch eine andere als vor einem halben Jahr. Vor einem halben Jahr sind die Menschen ganz normal zur Arbeit gegangen. Heute stellen wir fest, dass Menschen zunehmend Angst haben und sich krankmelden, wenn eine Infektion im Krankenhausbetrieb aufgetreten ist. Auch das verstärkt den Personalmangel. Trotzdem haben wir in der Vergangenheit gegen diesen Fachkräftemangel angekämpft. Der Ministerpräsident hat das in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht: Wir haben schon vor vier Jahren den Pflegepakt initiiert, wir haben die Deutsche Fachkräfteagentur und die ersten Pflegerinnen und Pfleger aus dem Ausland sind schon da, die uns unterstützen. Das sind alles richtige und wichtige Maßnahmen. Sie zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Trotzdem ist es notwendig, dass jetzt wieder Operationen verschoben werden können, dass die Krankenhäuser Betten freihalten können, dass Operationen, die nicht dringend notwendig sind, ins Frühjahr verschoben werden. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir jetzt den Rettungsschirm für die Krankenhäuser verlängern, wie es bis zum 30. September der Fall war, um diese Kapazitäten freizuhalten. Natürlich können wir warten, bis die Krankenhäuser voll sind. Wir können wie der ungläubige Thomas sagen: „Ich glaube erst an die Auferstehung, wenn ich meinen Finger in die Wunde von Jesus stecken kann.“ Ich kann aber auch sagen: „Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben.“ Ich appelliere ganz stark, dass wir nicht warten, bis die Krankenhaus
betten voll sind und das Gesundheitswesen zusammenbricht, sondern dass wir vorher handeln. Deswegen haben die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundeskanzlerin diesen Lockdown veranlasst. Wir halten das für richtig und wichtig.
Jetzt haben Sie, Herr Lafontaine, gefragt, warum die Museen schließen müssen. Warum der Amateursport? Warum die Gastronomie? - Ich höre da ein bisschen die Frage heraus: Ist das denn gerecht? Die Profifußballer dürfen weiter Fußball spielen, die Amateurfußballer nicht. So sehr ich Ihnen zubillige, dass Sie die Partei der Gerechtigkeit sein wollen und die ein zentrales Element Ihrer politischen Tätigkeit ist, geht es in dieser Frage gar nicht um Gerechtigkeit. Es geht schlicht und ergreifend um Prioritäten. Der Ministerpräsident hat gesagt: Die erste Priorität ist, dass unsere Wirtschaft weiter am Laufen bleibt, die Schulen geöffnet bleiben und wir unser Freizeitverhalten an die pandemische Lage anpassen müssen. - Wenn wir die Gastronomie schließen, geht es nicht darum, dass wir irgendwen bestrafen wollen. Wir müssen die Weichen und Drehkreuze schließen, an denen sich die Wege des Virus kreuzen, um anschließend wieder in alle Himmelsrichtungen zu verschwinden. Es geht nicht um die Orte der Ansteckung, sondern um Wege der Verbreitung, deshalb müssen aus der Autobahn der Verbreitung wieder ganz schnell verkehrsberuhigte Zonen werden. Das geht nur, meine Damen und Herren, indem wir die Kontakte reduzieren und insbesondere das Freizeitverhalten überdenken und ändern. Ja, das geht einher mit Grundrechtseingriffen. Das ist jedem von uns bewusst. Gerade zu diesem Thema hat mein Kollege im Deutschen Bundestag Ralph Brinkhaus am vergangenen Donnerstag einen wichtigen Satz gesagt: Freiheit ist nicht immer nur die Freiheit der Jungen und Starken, Freiheit ist auch immer die Freiheit der Schwachen und der Anderen. Wer in dieser Pandemie Freiheit nur darauf reduziert, dass die Starken diese Freiheit ausüben können, degeneriert diesen Freiheitsbegriff zum Recht des Stärkeren. - Übrigens, die Fallzahlen bei der Altersgruppe der über Sechzigjährigen sind in kürzester Zeit um 80 Prozent angewachsen, so wird dieser Satz umso gehaltvoller.
Wir bringen deshalb heute auch das COVID-19Maßnahmengsetz ein. An dieser Stelle darf ich sehr herzlich unserem Landtagspräsidenten für die Initiative danken, alle Fraktionen einzuladen, an diesem Gesetzentwurf mitzuarbeiten. Und ich bedanke mich auch bei allen Fraktionen, dass sie das so konstruktiv getan haben und dass wir am heutigen Tag diesen Gesetzentwurf in Erster Lesung einbringen können. Uns allen ist bewusst, dass es noch Anhörungen geben wird, dass auch andere Kollegen der Fraktionen ihre Meinung dazu sagen sollen. Es kann
dann auch Änderungsanträge geben. Wir wissen auch, dass in den vergangenen Tagen die bundespolitische Debatte an Fahrt aufgenommen hat und vielleicht auch der Bundestag selbst tätig werden wird, um das Infektionsschutzgesetz des Bundes zu konkretisieren. Es könnte daher auch dazu kommen, dass dieses Gesetz überflüssig wird, weil Bundesrecht Landesbrecht bricht. Wir sind aber jedenfalls mit diesem Gesetz bundesweit Vorreiter. Ich glaube, darauf können wir Saarländerinnen und Saarländer auch ein wenig stolz sein. Deshalb noch einmal einen herzlichen Dank an alle, die daran mitgearbeitet haben. Ich bitte um Zustimmung in Erster Lesung.
Da ich, meine Damen und Herren, gerade am Danken bin, bedanke ich mich angesichts dieser für unser Land so schwierigen Situation auch bei allen, die jetzt ganz besonders Verantwortung tragen. Ich weiß, dass einer Aufzählung die Schwäche innewohnt, dass gerne einmal jemand vergessen wird. Aber ganz besonders sei in diesen Tagen ein Dank an die Lehrerinnen und Lehrer gerichtet, die einen sehr schwierigen Job machen und jeden Tag aufs Neue in den Schulen planen müssen.
Ein Dank geht selbstverständlich an die Pflegenden, an die Ärztinnen und Ärzte, aber auch an die Polizisten und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern, die diese wichtige Arbeit der Kontaktnachverfolgung leisten. Ein Dank auch an alle anderen, die ich jetzt vielleicht vergessen habe, an alle, die in dieser Pandemie ganz besonders betroffen sind. Unser Appell an die Gesamtbevölkerung: Es kommt auf jeden Einzelnen an! - Bleiben Sie gesund.
Vielen Dank. - Das Wort hat nun die Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Anke Rehlinger.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Vor nicht allzu langer Zeit hat die Bundeskanzlerin die Zahl von 19.000 Neuinfektionen pro Tag in den Raum gestellt. Nicht wenige im Land waren darüber erschrocken. Auch nicht wenige im Land haben gesagt: Na, jetzt übertreibt sie aber! - Sie hat gesagt, es sei durchaus möglich, dass diese Zahl, wenn wir jetzt nicht noch einmal zusätzliche Maßnahmen ergreifen und uns im Übrigen an das halten, was wir schon auf den Weg gebracht haben, zu Weihnachten erreicht würde. Nun, es hat nicht bis Weihnachten gedauert. Bereits vor wenigen Tagen haben wir die Zahl von 19.000 Neuinfektionen pro
Tag erreicht. Das ist nur eine der Zahlen, die uns verdeutlichen, dass wir in einer Lage sind, bei der wir nicht länger zuschauen dürfen, dass wir in einer Lage sind, angesichts der wir nicht sagen dürfen, das werde schon irgendwie gutgehen. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass wir uns ein bisschen auf dem ausruhen dürfen, was wir beschlossen haben, was aber vielleicht gar nicht umgesetzt wird.
Wir sind vielmehr, meine Damen und Herren, hinsichtlich des Infektionsgeschehens in einer besorgniserregenden Lage, sowohl in Deutschland insgesamt als auch bei uns im Saarland im Besonderen. Daraus darf nicht ein Abwarten resultieren, daraus muss konkretes und konsequentes Handeln derjenigen, die Verantwortung tragen, folgen, aber auch all derjenigen, die wir auf diesem Weg mitzunehmen versuchen, nämlich der Saarländerinnen und Saarländer. Das ist die Antwort auf die Herausforderung, die sich uns in diesen Stunden und Tagen stellt, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Allein zu sagen, was man unter einem solchen konkreten und konsequenten Handeln versteht, das reicht nicht aus. Es genügt auch nicht, das mit mehr oder weniger Überzeugung in eine Rechtsverordnung geschrieben zu haben. Voraussetzung ist vielmehr, dass das, was nun an Maßnahmen auf den Weg gebracht wurde, auf die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung stößt. Dafür müssen wir werben. Wir müssen das erklären. Vielleicht müssen wir dabei auch auf offenkundige oder auch weniger offenkundige Widersprüchlichkeiten eingehen und verdeutlichen, warum das in dieser Weise und nicht in anderer Weise entschieden wurde.
Und ja, wir müssen als Regierung auch in diesem Haus um Vertrauen bitten. Ich hoffe, dass das geschehen kann im Sinne einer gemeinsamen politischen Kraft all derjenigen, die in diesem Land Verantwortung tragen, an welcher Stelle auch immer. Das bezieht sich nicht nur auf die Regierung und die sie tragenden Fraktionen, sondern gilt für alle Parlamentarier, die ja mit einer Aufgabe ins Parlament gewählt worden sind, also auch für die Opposition. Wir müssen uns, ich will das noch einmal sagen, so positionieren, dass wir um Vertrauen bitten. Wir bitten um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger dafür, dass wir gerechte Sachwalter sind und mit einem Blick in die Zukunft - leider nicht immer mit einem so weit in die Zukunft reichenden Blick, wie wir das gerne hätten - das Erforderliche unternehmen, um vor allem auch sehr viele Menschen hinsichtlich ihrer Gesundheit zu schützen.
Wir müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren, um Vertrauen werben, aber eben auch um Gemeinsinn. In diesem Fall meint Gemeinsinn tatsächlich auch das Gegenteil von Eigensinn. Das meint, dass man, auch wenn man es gerade für sich als
Einschränkung empfindet, auch wenn man die Auffassung vielleicht gar nicht zu 100 Prozent teilt, doch die Überlegung hat: Nun gut, wenn es eine Chance gibt, damit zu helfen, das Infektionsgeschehen einzudämmen, wenn sich damit eine Chance bietet, dass andere nicht erkranken, weil ich mich an eine Regel halte, dann mache ich diese Regel zur Grundlage auch meines eigenen Verhaltens. Insofern kommt von uns die Bitte um Vertrauen und der Appell an den Gemeinsinn, das treibt uns in diesen Tagen um, jenseits aller von uns auf den Weg gebrachten Verordnungen.
Ja, wir haben im Frühjahr gedacht, wirklich radikale Maßnahmen auf den Weg gebracht zu haben. Die Maßnahmen waren ja auch radikal. Und wir hatten gehofft, dass das ausreichen würde. Immer wieder wurde davon gesprochen, dass im Herbst eine zweite Welle kommen könnte. Vielleicht hatten wir alle ja auch ein wenig das Gefühl: Möglicherweise haben wir ja Glück und die zweite Welle bleibt aus. Über den Sommer wähnten wir uns in Sicherheit, und allen, die das mit der zweiten Welle immer mal wieder fallenließen, haben wir zwar zugehört, aber doch gedacht, das Ganze ginge doch vielleicht an uns vorüber. Das tut es aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, augenscheinlich nicht! Wir lernen jetzt auch, dass der Umgang mit dieser Pandemie kein Sprint ist, sondern ein Marathon, bei dem es darauf ankommt, Kampfelswillen zu zeigen, auch Verzicht zu üben und das einzubringen, wodurch man mehr als üblich gefordert wird.
Jetzt ist die Zeit zu handeln, auch wenn das wehtut. Es ist die Zeit, an den Stellen, bei denen wir das am ehesten verantworten können, den Verzicht einzufordern. Im Lichte dessen haben die Länderchefs und die Kanzlerin am vergangenen Mittwoch zusammengesessen und miteinander die Leitlinien besprochen. Anders als bei vorangegangenen Treffen ist man aus dieser Zusammenkunft mit einem sehr geschlossenen Bild an die Öffentlichkeit gegangen. Das ist, so glaube ich, auch für Zweifler in der Republik ein Signal, das von diesem Treffen ausgeht, ein Signal, dessen Wirkung man gar nicht hoch genug einschätzen kann: Wenn 16 Länderchefs und die von ihnen vertretenen Landesregierungen und die Kanzlerin diese Zeichen der Zeit so klar erkannt haben, dass sie sich alle selbst disziplinieren, auch angesichts ihrer teilweise differenzierenden Ansichten in diesen Fragen, ist das ein Signal auch an die Bevölkerung in unserem Land. Ein solches Signal der Geschlossenheit geht auch von dieser saarländischen Landesregierung an die Adresse der Saarländerinnen und Saarländer aus, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die Zahlen steigen, obwohl wir ja schon einige Maßnahmen auf den Weg gebracht haben und sicherlich auch schon die Debatte im Vorfeld dieses Treffens
dazu geführt hat, dass der eine oder andere seine Verhaltensweisen angepasst hat. Die Zahlen werden auch noch weiter ansteigen, denn wir wissen ja mittlerweile alle, dass die Zahlen, die wir heute sehen, die uns das RKI meldet, die uns allen das Gesundheitsministerium zur Verfügung stellt, nicht das Heute abbilden, sondern das Verhalten vor 10 bis 14 Tagen. Die Maßnahmen werden also auch noch nachwirken. Das ist wichtig zu bedenken, wenn es darum gehen wird, die Entscheidung zu treffen, wie es nach diesen für einen Zeitraum von vier Wochen in Aussicht gestellten Einschränkungen, mit denen wir zunächst einmal zu leben haben, weitergehen wird.
Ja, es wird dabei keineswegs nur auf das Infektionsgeschehen abgestellt, das ist eben schon deutlich geworden. Auch die dahinter folgenden Zahlen, die aber eben auch allesamt erst mit Wirkverzögerung in der Statistik abgebildet werden, werden eine Rolle spielen - und spielen heute schon eine Rolle. Sie haben auch am Freitag bei uns im Ministerrat eine Rolle gespielt. Wir haben ja nicht einfach nur einen Blick in irgendeine Statistik geworfen, sondern haben diejenigen befragt, die sich jeden Tag mit diesen Themenstellungen befassen: Pneumologen des Uniklinikums, die dortigen Mitarbeiter der Virologie, die dort auf der Intensivstation Tätigen. Die haben uns ohne eine dahinterstehende politische Idee berichtet, wie der Stand der Dinge ist. Sie haben uns berichtet, was zu erwarten wäre, wenn wir hier einen ungehinderten Fortgang der Entwicklung zuließen. Das, was sie uns berichtet haben, hat dazu geführt, dass wir gesagt haben: Ja, wir müssen jetzt handeln, ja, wir müssen auch harte Maßnahmen auf den Weg bringen, denn unternehmen wir nichts, wird es noch viel härter werden - für den Einzelnen, für viele in ihrer Gesundheit Betroffene. Und ich sage hier auch einmal ausdrücklich mit Blick auf die Wirtschaft: Ein ungehindertes pandemisches Geschehen bedeutet einen viel größeren Schaden für die Wirtschaft als das, was wir jetzt gemeinsam zu stemmen haben. Deshalb ist es richtig, jetzt konsequent zu handeln, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es bleibt aber auch dabei, dass es heute mehr Erklärungsbedarf als im Frühjahr gibt. Nun mag man überlegen, weshalb das im Frühjahr einfacher war. Vielleicht war der Schock größer. Vielleicht waren diejenigen, die es betrifft, noch nicht so vertraut mit der finanziellen Situation, in der sie sich befinden, und sehen sich jetzt am Ende und können kaum noch glauben, dass sie auch diesen Eingriff wirtschaftlich verkraften werden. Vielleicht hat man auch seit dem Frühjahr gelernt, was es wirklich heißt, auf bestimmte Rechte und bestimmte Freiheiten zu verzichten. Das alles trägt sicherlich dazu bei, auch die zunehmende öffentliche Debatte trägt dazu bei. Deshalb sind wir auch immer stärker in der Erklärungs
verpflichtung, müssen darlegen, warum wir das für notwendig halten. Und ja, wir sind auch insoweit in einer Erklärungsverpflichtung, als wir darlegen müssen, was sich bewährt hat, was wir aus dem im Frühjahr Veranlassten gelernt haben, was wir besser machen können. Und ja, man muss in diesem Zusammenhang auch Fehler benennen, auch Fehler in dem Sinne, dass man heute angesichts eines besseren Kenntnis- und Wissenstandes anders entscheiden würde, als man ehedem entschieden hat.
Ich will auch darauf hinweisen, dass ich es angesichts der Tragweite und der Dimension der Entscheidungen, die wir hier zu treffen haben, als notwendig erachte, hier miteinander zu diskutieren und auch miteinander zu ringen. Ich würde sogar umgekehrt formulieren: Was wären wir denn für eine Regierung, wenn wir in diesen Fragen nicht gemeinsam um die beste Lösung streiten würden? Welches Abbild der Gesellschaft würden wir denn dann bieten? Und was wären wir denn für Entscheidungsträger in den Ministerien, wenn wir nicht, unterschiedlich akzentuiert, unsere Sichtweisen zu diesem Thema einbringen würden, bevor wir am Ende zu einem Ergebnis kommen, das wir gemeinsam vertreten können? Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Grundlage unseres gemeinsamen Handelns!