Protokoll der Sitzung vom 20.09.2017

Deshalb ganz kurz: Der Hass kommt nicht von der AfD, der Hass trifft die AfD. Wir sehen, dass unsere Plakate systematisch abgerissen werden und wir zunehmend Schwierigkeiten haben, Lokalitäten für unsere Veranstaltungen zu finden. Hier war viel Pathos, aber auch viel Wind. Inhaltlich kann ich mit 19 Sekunden nicht viel bieten.

(Beifall bei der AfD.)

Es liegen noch zwei Wortmeldungen vor. - Zunächst für die Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Flackus.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte doch herzlich darum, Kollege Thiel, dass wir die Kirche im Dorf lassen. Wir haben in der Sache eine andere Sichtweise. Wir haben entschieden, dass wir uns zu Ihrem Antrag enthalten, weil uns entscheidende Aspekte fehlen. Da geht es nicht um Social Bots oder Fake News. Und was uns zusammenführt, ist ja nun wirklich sehr deutlich geworden, nämlich diese miese Wahlkampfshow, die wir hier von der AfD erlebt haben. Und das sollten wir als Gemeinsamkeit der Demokraten hier bewahren. Ich verwahre mich dagegen, dass wir in eine Ecke gestellt werden nach dem Motto: Ihr seid so Halbdemokraten. Die AfD sind die ganz Bösen und das da sind die Halbbösen. - Da gehören wir nicht hin und ich glaube, dass unser Antrag das auch deutlich macht.

(Beifall bei der LINKEN.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Fraktionsvorsitzender Stefan Pauluhn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte nicht geglaubt, dass ich bei diesem Tagesordnungspunkt heute noch in die Debatte eingreifen würde. Nichtsdestotrotz veranlassen mich insbesondere die Wortbeiträge der AfD, noch das eine oder andere zu sagen, vor allem nach dem Versuch des Fraktionsvorsitzenden der AfD, hier mit dem letzten Beitrag sozusagen von der Täterrolle in die Opferrolle zu schlüpfen. Ich hatte auch deshalb nicht geglaubt, in die Debatte eingreifen zu müssen, weil mir schlicht nicht erkenntlich war, dass im Zeitalter der sozialen Medien, wo soziale Medien eine immer größere Rolle spielen, wo politischer Hass und Hass gegen Menschen immer mehr durch soziale Medien verbreitet werden, ein Antrag, der sich dem entgegenstellt, auf so eine aberwitzige Argumentation stößt. Dieser Antrag wird jetzt von dieser Stelle aus genutzt, um sein wahres Gesicht zu zeigen. Und das ist der eigentliche Grund, warum ich mich zu Wort gemeldet habe.

Ich gehöre zu denen im Hause, die diesem Parlament schon sehr lange angehören. Ich bin seit 1999 dabei. Wir haben in all diesen Zeiten sicherlich manche Debatte zu schwierigen Themen geführt, in diesem Haus wurde auch immer wieder gestritten. Ja, es ging manchmal heiß her, aber es wurde immer in der Sache gestritten, ohne dass es persönlich wurde. Ich glaube, das zeichnet auch diese Debatte aus, wenn es um unterschiedliche Meinungen geht auf der linken Seite einerseits gegenüber den Beiträgen, die ich von der anderen Seite gehört habe.

(Zuruf.)

(Abg. Thielen (CDU) )

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, das darf an einem solchen Morgen nicht unausgesprochen bleiben. Wer sich hier hinstellt wie Herr Müller und in einer hasserfüllten Ansprache - wo man quasi Angst haben muss, dass einem einer ins Gesicht springt - Dinge hier in einem Ton zum Ausdruck bringt, der Angst macht vor dem, was hier in diesem Haus in dieser Legislatur alles noch zu erwarten ist -

(Zuruf.)

Sie geben mir noch recht und sagen Ja. Da wird mir geradezu übel. Es steht doch außer Frage, dass es politische Gruppierungen gibt in diesem Land - insbesondere die AfD -, die scheinbar mit nicht greifbarer Hetze über soziale Medien agieren, die latente Hetze aufgrund von Teilwissen verbreitet und Stimmung macht, die mit beabsichtigter Provokation politischen Erfolg erzielen will. Sie haben heute Morgen wieder unter Beweis gestellt, dass es eigentlich nur darum geht, und dazu ist Ihnen jedes Mittel recht. Ich finde, dem muss man sich in diesem Hause klar entgegenstellen und aus den saarländischen Landtag bei diesem ersten Versuch der AfD, dies zu tun, auch klar sagen: Mit uns, mit den Saarländerinnen und Saarländern, ist das nicht zu machen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der DIE LINKE-Landtagsfraktion.)

Das Wort hat für die CDU-Landtagsfraktion Herr Fraktionsvorsitzender Tobias Hans.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Der Verlauf der heutigen Debatte, den ich angesichts einiger Beiträge als historischen Tiefpunkt der Auseinandersetzung in diesem Hause empfunden habe, veranlasst mich, mich nun noch einmal zu Wort zu melden.

Kollege Dörr, Sie stellen sich hier hin und sagen: Der Hass kommt nicht von der AfD. - Das haben Sie eben hier gesagt. Wir haben zuvor einen Redebeitrag Ihres Fraktionsmitgliedes Müller gehört, der ein anderes Bild gezeichnet hat. Wenn Sie sich also mit Ihrer Äußerung distanzieren wollten von dem Redebeitrag des Kollegen Müller, können Sie sich gerne hier noch einmal ans Rednerpult stellen, um - im Rahmen einer Kurzintervention zu meiner Rede Stellung zu beziehen, auch wenn Sie keine Redezeit mehr zur Verfügung haben.

Ich will Ihnen zwei konkrete Fragen stellen, Herr Abgeordneter Dörr. Sie sagen, der Hass gehöre nicht zur AfD. Wie kommt es dann, dass eine saarländische AfD-Politikerin, Mitglied des Landesvorstands, in diesem Sommer einen Facebook-Beitrag veröf

fentlicht hat, in dem steht, ich zitiere: „Am besten alle samt Inhalt versenken. Ja, ich meine das ernst.“ Das im Zusammenhang mit einem Boot, gefüllt mit Flüchtlingen, meine Damen und Herren!

(Zuruf: Das hat mit Hass dann wohl auch nichts zu tun?)

Ein Screenshot dieses Facebook-Beitrags ist vom Saarländischen Rundfunk veröffentlicht worden. Ich nehme vorweg: Ja, die AfD hat darauf reagiert - und hat im Landesvorstand eine Rüge ausgesprochen. Eine Rüge! Auf eine solche Äußerung bei Facebook hin! Eine Rüge, das ist das mildeste Mittel, das Ihre eigene Satzung vorsieht. Da gibt es das Ämterverbot, das Parteiausschlussverfahren, das Redeverbot auf Parteitagen und ähnliche Dinge. Davon, von diesen Möglichkeiten, machen Sie ja rege Gebrauch innerhalb der AfD. Diese Botschaft auf Facebook aber, die ich gar nicht wiederholen will, ist mit einer einfachen Rüge versehen worden. Und dann sagen Sie, Herr Kollege, der Hass käme nicht von der AfD.

Zweites Beispiel: Die Bundestagskandidatin Laleh Hadjimohamadvali, Kandidatin der AfD, hat sich beim Parteitag am 24. Juni in Völklingen geäußert mit den Worten, der Islam sei „schlimmer als die Pest“. Auch dieses Zitat ist von Ihnen nicht beantwortet worden. Es ist von Ihnen nicht gerügt worden, Herr Kollege Dörr. Deshalb, vor diesem Hintergrund, frage ich Sie noch einmal: Wie können Sie dann hier sagen, der Hass käme nicht von der AfD?

Meine Damen und Herren, wenn wir solche Äußerungen hören, aus den Reihen der AfD im Saarland, und wenn Sie sich dann hier hinstellen und sagen, der Hass komme nicht von der AfD, dann haben Sie, Herr Kollege, hier die Unwahrheit vor dem Parlament gesagt!

(Beifall von CDU, SPD und der LINKEN.)

Ich fordere deshalb die Landtagsfraktion dieser Partei, die durch die Lande zieht und sagt, in den Medien würden Unwahrheiten verbreitet, die Fraktion dieser Partei, die alle Medien nach dem Motto „Fake News“ geißelt und sich deshalb nicht bereit erklärt, vor den Medien Stellung zu beziehen, auf: Beziehen Sie hier, vor den Augen der saarländischen Öffentlichkeit, hier in diesem Parlament, in das Sie von Bürgerinnen und Bürgern gewählt wurden, Stellung! Stellen Sie sich hierhin und machen Sie eine Kurzintervention zu meiner Rede! Dieses Recht steht Ihnen zu. Beziehen Sie angesichts der Äußerungen, die ich genannt habe, Stellung zur Frage, wie Sie sagen können, der Hass komme nicht von der AfD!

Und dass sich ein Kollege von Ihnen auch noch wagt, hier den Namen der Kollegin Özoguz in den Mund zu nehmen und sich nicht zu distanzieren von den unsäglichen Äußerungen des Herrn Gauland das geht in diesem Hause zu weit! Das werden wir

(Abg. Pauluhn (SPD) )

nicht tolerieren! Beziehen Sie dazu Stellung! Sie haben jetzt die Gelegenheit, Herr Abgeordneter Dörr!

(Anhaltender und auffordernder Beifall von CDU, SPD und der LINKEN.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

(Zurufe: Beschämend!)

Ich schließe die Aussprache. - Bevor ich zur Abstimmung komme, will ich noch mal darauf hinweisen, dass ich als Präsident in der konstituierenden Sitzung gesagt habe: Wir stehen für Demokratie und Toleranz. Und ich will noch einmal sagen, was Grenze ist und bleiben wird: Keine Toleranz gegenüber Intoleranz.

(Beifall von CDU, SPD und der LINKEN.)

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 16/103. Wer für die Annahme der Drucksache 16/103 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/103 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD, dagegen gestimmt hat die AfD-Fraktion, enthalten hat sich die Fraktion DIE LINKE.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion, Drucksache 16/111. Wer für die Annahme der Drucksache 16/111 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/111 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die Fraktion DIE LINKE, dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU, SPD und AfD.

Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung. Ich darf an dieser Stelle die Mitglieder der Bürgerinitiative Grundschule Besch unter Leitung von Herrn Michael Molnar herzlich begrüßen. Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle sind sicherlich einverstanden, dass wir mit Rücksicht auf die hier Anwesenden der Bürgerinitiative diesen Punkt noch vor dem Eintritt in die Mittagspause behandeln.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Schließung der Grundschule in Perl-Besch rückgängig machen (Drucksache 16/102)

Zur Begründung des Antrags der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Barbara Spaniol das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, vielen Dank dafür, dass dieser Punkt vor der Mittagspause aufgerufen wird. Das finde ich in Ordnung. Den anwesenden Eltern der Bürgerinitiative auch von mir ein herzliches Willkommen!

Meine Damen und Herren, es gibt viele schöne Orte in unserem Land. Einer davon befindet sich in unmittelbarer Mosellage, ein Ort mit einer funktionierenden Dorfgemeinschaft, mit guter Kinderbetreuung, einer attraktiven Infrastruktur für junge Familien, und bis vor Kurzem auch mit einer gut besuchten Grundschule im Ort. Die Rede ist von Perl-Besch.

Meine Damen und Herren, diese Grundschule ist geschlossen worden, aus finanziellen Gründen, weil sie sanierungsbedürftig ist. So hat es der Gemeinderat von Perl im Frühjahr des vergangenen Jahres auf Antrag der CDU-Fraktion beschlossen. Seitdem nimmt ein regelrechtes Schuldrama seinen Lauf. „Um keine Grundschul-Dependance hat es so viel Ärger gegeben wie um die in Perl-Besch“, so hat der Saarländische Rundfunk die Vorgänge kommentiert. Dass es diesen Ärger gibt, diesen berechtigten Ärger, und dass die Proteste gegen diese Schulschließung landesweit für Aufmerksamkeit gesorgt haben, hat sehr viel mit den engagierten Eltern in Besch zu tun. Ihnen wollen wir heute von dieser Stelle aus auch noch einmal für ihr Engagement danken.

(Beifall von der LINKEN und dem Abgeordneten Thielen (CDU).)

Es gibt für diese Familien, für uns von der LINKEN, für den Bildungsminister und sicherlich auch für viele andere im Land bis heute keinen erkennbaren vernünftigen Grund für die Schließung des Schulstandortes Besch. Vor mehr als zehn Jahren, wir erinnern uns, hat unser Land eine regelrechte Schulschließungswelle bei den Grundschulen erleben müssen. Der Grund für die Schulschließungen lautete stets: zurückgehende Schülerzahlen. Über die Jahre mussten viele weitere Schulen ums Überleben zittern, immer wieder hieß es: zu wenige Kinder, zurückgehende Schülerzahlen bei zugleich zu vielen vorhandenen Schulen. Diesbezüglich hat sich aber einiges geändert, man kann fast schon von einer Trendwende sprechen. Es werden wieder neue Grundschulstandorte im Land, etwa im Raum Saarbrücken oder in Neunkirchen, geplant. Die Schülerzahlen steigen längst wieder, viele Prognosen haben sich als falsch erwiesen, so auch in Besch. Die Schülerzahlen steigen auch dort. Gut über 100 Kinder könnten jetzt in der Grundschule Besch eingeschult werden. Die Zahlen stimmen, aber die Schule ist einfach zugemacht worden.

Und, meine Damen und Herren, es ist keineswegs rückwärtsgewandt, wie es manchmal öffentlich heißt, auf diesen Schulstandort zu setzen, ganz im

(Abg. Hans (CDU) )

Gegenteil. Es wäre mehr denn je zeitgemäß und vorausschauend, diese Schließungsentscheidung im Sinne der Kinder und ihrer Eltern endlich zu korrigieren.

(Beifall von der LINKEN.)

Daher ist es auch völlig nachvollziehbar, dass die Menschen in Besch den Beschluss des Gemeinderates nicht einfach still erdulden wollen, nein, sie wehren sich, und zwar mit Ausdauer und sehr kompetent. So wie auch letztens auf einer gut besuchten öffentlichen Informationsveranstaltung vor Ort in Besch, auf der wir waren. Diesem beharrlichen Protest gebührt unser voller Respekt, und ich kann ganz klar sagen: Wir als LINKE werden die Bescher Eltern weiter unterstützen, damit die Schule dort wiedereröffnet werden kann, und zwar möglichst zeitnah!

(Beifall von der LINKEN.)

Die Ministerpräsidentin - sie ist im Moment leider nicht anwesend - hat Ende August dieses Jahres ihren Koalitionspartner in der Landesregierung im Streit um die Schulschließung kritisiert. Sie halte es nicht für klug, wenn sich die Landespolitik im Nachhinein kommunalpolitische Entscheidungen zu eigen oder nicht zu eigen mache - so in der SZ vom 22.08.2017 zu lesen.