Protokoll der Sitzung vom 04.12.2017

Wie habe ich mir diese Schule vorgestellt und wie habe ich sie gelebt, als Lehrer und Schulleiter? Zuerst einmal muss ich mich noch kurz an meine Kollegin Barbara Spaniol wenden, die sehr viele Mängel genannt hat, die ich dann auch genannt hätte. Aber ich möchte noch grundsätzliche Mängel in unserem Schulsystem ansprechen.

Erstens haben wir einen ausgeprägten Schultourismus. Das war nicht immer so. Vor 50 Jahren sind wir ganz ohne Busse ausgekommen, nur wer das Gymnasium besucht hat, musste sich in den Zug setzen und in die Nachbarstadt fahren. Ansonsten sind wir zu Fuß in unsere Schulen gegangen. Wir können also nicht sagen, dass wir uns da verbessert haben. Die Kinder brauchen mehr Zeit, bis sie in der Schule sind und sie werden einer gewissen Gefahr ausgesetzt.

Ein Weiteres ist, dass unser Schulsystem nicht wirtschaftlich und nicht logisch ist. Sprich, wir haben in jeder Schule mindestens zwei systemische Herren. Der eine Herr ist der Bildungsminister, der andere Herr ist der Schulträger, wobei der Schulträger verschieden sein kann. Für Grundschulen ist der Schulträger die Gemeinde, die Stadt. Für weiterführende Schulen, Berufsschulen oder Förderschulen ist es entweder der Landkreis oder der Regionalverband. Es gibt auch Schulen des Landes. Das führt zum Beispiel dazu, dass die Landeshauptstadt Saarbrücken nur für ihre eigenen Grundschulen zuständig ist. Sie ist nicht für andere Schulen zuständig, die auf ihrem Gebiet liegen: Gymnasien, Gemeinschaftsschulen, Berufsschulen, was auch immer. Nein, sie ist nur für die Grundschulen zuständig. Man traut also der Landeshauptstadt Saarbrücken nicht zu, dass sie andere Schulen betreuen kann. Zu meiner Gründerzeit als Lehrer oder Schulleiter war ein heutiger Ortsteil der heutigen Gemeinde Eppelborn noch Schulträger einer Sonderschule, heute Förderschule.

(Abg. Renner (SPD) : Früher!)

Das ändert sich also. Es ändert sich vorwärts und rückwärts. Das ist das eine. - Ich schaue auf die Uhr und möchte Sie bitten, Frau Präsidentin, dass Sie das, was ich jetzt noch sage, auf die nächste Runde übertragen und dass Sie Ihren Ordnungsruf noch abziehen.

(Zuruf und Sprechen.)

Es ist Ihre Zeit, Sie können damit machen, was Sie wollen.

Wunderbar!

(Abg. Pauluhn (SPD) : Sie können reden bis heute Abend.)

Herr Pauluhn, Sie haben gestern mich und meine Fraktion angegriffen und uns aufgefordert, wir sollen Argumente bringen -

(Zuruf.)

Die Argumente habe ich bei Ihnen vermisst. Es ist mir dann aber eingefallen, dass ich irgendwo gelesen habe, dass die Gemeinde Gersheim, aus der Sie kommen und wo Sie Kommunalpolitiker sind, die am höchsten verschuldete Gemeinde im Saarland ist. Sie sind ja auch schon lange genug hier im Parlament. In Ihrer Zeit sind die Schulden von 8 Milliarden auf 14 Milliarden gestiegen. Sie können also nicht sagen, Sie seien Weltmeister, wenn es darum geht, einen ordentlichen Haushalt aufzustellen.

(Zuruf von der SPD: Ganz schwach!)

Ich denke, dass hier Handlungsbedarf besteht. Es wäre besser, die Schulen hätten einen Schulträger, der näher dabei ist. Wenn ich zum Beispiel an den Regionalverband denke, dann gibt es dort Abgeordnete, die wohnen in Kleinblittersdorf und sind verantwortlich für Schulen in Riegelsberg oder Großrosseln. Wenn man in einen solchen Ort zur Besichtigung geht, dann fragt man sich: Wo ist denn das, wo liegt denn die Schule? Es müssen also Leute über Schulen bestimmen, von denen sie naturgemäß nicht die Ahnung haben wie ein Einheimischer, der in dem Ort wohnt. Ich denke, es wäre ein großer Schritt nach vorne, wenn man das sinnvoller machen würde und den Schulträger gebietsmäßig auf die unterste Ebene setzen würde.

Zweitens wäre es noch besser, wenn die Regierung regieren würde und nicht nur versuchen würde zu verwalten, zum Beispiel den Lehrereinsatz. Das ist ein weites Thema. Den Lehrereinsatz könnten aber genauso gut die Gebietsverbände machen, die würden das ebenso gut machen wie das Kultusministerium. Ich würde aus langjähriger Erfahrung sogar behaupten, die würden das besser machen.

(Zuruf: Also doch Gebietsreform! - Sprechen.)

Das zweite etwas größere Gebiet, das ich ansprechen möchte, ist die innere Organisation unserer Schulen. Ich habe eben gesagt, wir kommen dort aus einer Zeit von vor hundert Jahren. Unsere Schulen sind immer noch obrigkeitsstaatlich organisiert. Da wünsche ich mir - dafür habe ich in der Regionalversammlung seinerzeit auch gekämpft und habe einen eigenen Geschäftsbereich zum Thema gehabt, der allerdings mit meinem Ausscheiden auch wieder verschwunden ist - die selbstständige Schule. Wir sind Demokraten und wollen unsere

(Abg. Dörr (AfD) )

Kinder zu demokratischen Menschen erziehen. Wie können wir das, wenn wir eine Schule haben, die gegängelt wird und in der ich als Schüler einem Lehrer gegenüberstehe, der nach dem Prinzip „Führung und Gehorsam“ agiert?

Ich wünsche mir also eine Schule, die demokratisch organisiert ist und die auch umfassend ist, die nicht nur Grundschule oder Gemeinschaftsschule ist. Eine Möglichkeit haben wir zum Teil schon verpasst, aber wir können noch aufholen. Wir brauchen eine Schule als Kulturzentrum einer Dorfgemeinschaft, als Bildungsburg, in der sich Menschen aller Altersgruppen und aller Neigungen zum gegenseitigen Lehren und Lernen zusammenfinden. Das wäre vielleicht die Schule der Zukunft, die selbstständige Schule.

Auf diesem Weg kann man ab heute schon voranschreiten, wenn man es nur will. Ich habe es in den Schulen, die ich geleitet habe, immer so gemacht. Es hat auch sehr gut geklappt, die Leistung war entsprechend. Das kann man jederzeit auch nachlesen. Ich will das deshalb an dieser Stelle nicht auswalzen.

Ich möchte nur noch etwas zum Haushalt direkt sagen -

(Auflachen und Zurufe.)

Das andere war indirekt, das da ist jetzt direkt. Das Geld für die Landeszentrale für politische Bildung sollte man streichen,

(Lachen und weitere Zurufe)

weil diese Zentrale für politische Bildung verkommen ist zu einer Zentrale für politische Verbildung. - Herzlichen Dank.

(Beifall von der AfD. - Anhaltende Zurufe und Sprechen.)

Vielleicht nur ein kurzer Hinweis, Herr Dörr. Die Zeit wurde angehalten, als ich die Zwischenbemerkung gemacht habe. - Das Wort hat nun Frank Wagner von der CDU-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch mir bleibt es heute Nachmittag leider nicht erspart, auf die Äußerungen meines Vorredners einzugehen. Verehrter Kollege Dörr, ich bin wirklich gewillt, mein rotes Notenbuch noch einmal auszupacken, da steht drin: Verhalten - unbefriedigend, Mitarbeit - unbefriedigend.

(Zuruf: Versetzung? - Vereinzelt Heiterkeit.)

Versetzung - sehr stark gefährdet.

(Beifall und Sprechen.)

Mit Ihren Äußerungen zum Kollegen Müller haben Sie gezeigt, wie Sie selbst in diesen Bereichen denken. Das ist leider erschreckend und bestätigt noch einmal das, was Sie in vielen anderen Sitzungen auch schon an den Tag gelegt haben.

Zum Thema Mitarbeit würde ich mir selbst auch im Ausschuss für Bildung wünschen, dass Sie sich aktiv beteiligen und nicht immer nur darauf hinweisen, wer wie lange sprechen darf. Gerade bei einem Bildungspolitiker, der so lange im Schuldienst war, wäre es wünschenswert, dass Sie auch Ihre Erfahrungen aktiv einbringen und uns nicht immer nur erzählen, was früher besser war, was früher alles auf den Weg gebracht wurde. Sie sollten vielmehr aktiv Ihr Vorwissen einbringen, das wäre an der Stelle wirklich wünschenswert.

(Beifall von der CDU und vereinzelt bei der SPD.)

Der Bildungshaushalt, das haben wir schon von dem Kollegen Renner gehört, durchbricht in diesem Jahr erstmals die Schallmauer von 1 Milliarde Euro. Gegenüber dem Haushaltsjahr 2017 ergibt sich somit eine Ausgabensteigerung von 3 Prozent. Der Gesamthaushalt steigt um 1,75 Prozent. Somit steigen die Bildungsausgaben in diesem Jahr auch stärker als der Gesamtetat.

Wenn man sich die Zahlen genau anschaut, kann man deutlich sehen, dass wir viel Geld in die Bildung und damit in die Zukunft unseres Landes investieren. Wie wichtig uns die Bildung ist, sehen wir aber auch bei der genauen Betrachtung des Stellenplanes. Beim Stellenabbaupfad hat man stets die aktuelle Situation im Blick. Der Abbau der Stellen im Bereich der Lehrkräfte wurde nach unten korrigiert. Man betrachtet dies in jedem Jahr entsprechend der aktuellen Situation aufs Neue.

Kommen wir nun zu den einzelnen Schulformen, ich möchte mit der Grundschule beginnen. Hier wurden neue Planstellen geschaffen, insgesamt 29 neue A12-Stellen. Das ist ein wichtiges Signal für den Primarbereich. Ich möchte allerdings an dieser Stelle auch erwähnen, dass der große Fachkräftemangel im Bereich der Grundschullehrer bundesweit die Situation sehr schwierig gestaltet. Aufgrund des unerwartet hohen Schüleraufwuchses kommt es in diesem Bereich im gesamten Bundesgebiet zu deutlichen Engpässen. Das Ministerium hat hier gut reagiert und zahlreiche Maßnahmen getroffen, um alle Schulen im Saarland ausreichend zu personalisieren. In den kommenden drei Jahren bleibt die Situation weiterhin sehr angespannt. Aber man muss das Ganze mit einer großen Weitsicht betrachten. Es nutzt nichts, wenn wir Quereinsteiger direkt fest einstellen und die Studenten von heute stehen später auf der Straße. Hier muss man sehr sensibel vorge

(Abg. Dörr (AfD) )

hen und die Situation immer wieder aufs Neue betrachten.

Das Gleiche gilt für den Bereich der Förderschulen. Auch hier gibt es deutschlandweit einen eklatanten Fachkräftemangel. Hier muss mit Überbrückungslösungen ausgeholfen werden. Das Ministerium hat alle Schulregionen stets im Blick. Es wurden auch hier drei zusätzliche Planstellen der Wertigkeit A 13 hinzugefügt. Im Bereich der Förderschulen haben wir mit Beginn dieser Legislatur neue, klare Akzente gesetzt. Wir halten an den bestehenden Förderschulen in den einzelnen Förderschwerpunkten fest, ob das Lernen, sozial-emotionale Entwicklung beziehungsweise Sprache ist. Wir gehen noch einen Schritt weiter: Es wird teilweise neue Förderschulen geben. Ich denke, das ist in diesem Bereich ein ganz wichtiges Signal. Zum Beispiel kann ich hier die Schule für soziale Entwicklung anführen, die jetzt neu von St. Wendel nach Neunkirchen umzieht. Auch dort wird es eine Umstrukturierung in den Ganztagsschulbetrieb geben, ein ganz wichtiges Signal für diese Kinder mit Förderbeeinträchtigung. Hier wird der Haushaltstitel entsprechend um 30.000 Euro erhöht.

Die Beförderungskosten werden insgesamt um 450.000 Euro für Schüler an staatlichen Förderschulen erhöht. Ein wichtiges Signal - es wurde eben schon angeführt - ist auch die Eigenständigkeit des neuen Studienseminars für Sonderpädagogik. Inklusion haben wir in allen Schulformen. Von daher ist es wichtig, den Bereich der Sonderpädagogik hervorzuheben und in einem eigenständigen Studienseminar die künftigen Lehrerinnen und Lehrer im Saarland auszubilden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Kommen wir nun zu den Sprachförderklassen. Wir haben mit Beginn dieser Legislaturperiode etwas Neues auf den Weg gebracht. Wir werden zum Schuljahresbeginn 2018/19 neue Sprachförderklassen an drei Standorten einrichten. In Merzig, Homburg und St. Wendel wird es entsprechende Außenklassen der Sprachheilschule Sulzbach geben. Das ist meines Erachtens ein wichtiges Signal, das zeigt, dass es immer wieder Sinn macht, Schülerinnen und Schüler in einer Kleingruppe zu unterrichten und auf den weiteren Schulweg vorzubereiten. Hierfür wurden Kosten von 300.000 Euro veranschlagt und in den Folgejahren ab 2019 je 700.000 Euro. Ein wichtiges Signal an die Eltern ist, dass die Fahrwege der Kinder deutlich verkürzt werden.

Ich komme nun zur Inklusion. Die Inklusion wird seit einigen Jahren sowohl in den Kitas als auch in den einzelnen Schulformen umgesetzt. Die bestmögliche individuelle Förderung soll sich an den jeweiligen Bedürfnissen des Kindes orientieren. Dies ist und bleibt eine hohe Herausforderung für unsere Bildungseinrichtungen. An dieser Stelle möchte ich

mich ausdrücklich bei allen Erzieherinnen und Erziehern, bei allen Lehrkräften und bei dem gesamten Fachpersonal in unseren Bildungseinrichtungen bedanken und ihnen ein großes Kompliment aussprechen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Allerdings stößt Inklusion immer wieder an ihre Grenzen. Es ist weiterhin schwierig, die Schulen gerecht zu personalisieren. Es nutzt auch nichts, zusätzlich Lehrer in das System zu bringen, sondern man muss an verschiedenen Stellschrauben drehen, um zu Verbesserungen zu kommen. Das Zusammenspiel von Förderschullehrern und Regelschullehrern ist im Schulalltag eine große Herausforderung. Es gibt immer mehr Kinder mit großen Beeinträchtigungen, die eingeschult werden. Dieser Aufgabe werden wir uns in den kommenden Monaten und Jahren verstärkt widmen. Die Inklusion kann zwar an einigen Stellen Abhilfe leisten, aber es müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden. Besonders problematisch ist die Situation von Kindern mit sozial-emotionaler Beeinträchtigung. Es gibt immer mehr Kinder, die eingeschult werden und große Probleme im Bereich des Verhaltens haben. Hier muss entsprechend reagiert werden, um diese Kinder zu festigen und auf den weiteren Schulweg gut vorbereiten zu können. Die neue Schule für sozial-emotionale Entwicklung in Neunkirchen ist ein Beispiel für den Weg, den wir mit der Förderschule gehen. Auch das Modell der Sprachförderklasse könnte in diesem Bereich eine Möglichkeit sein, um Kinder vor Ort entsprechend ihrer Beeinträchtigung für eine gewisse Zeit zu unterrichten und auf den weiteren Weg vorzubereiten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ein ganz klares Signal für unsere Eltern, aber auch für unsere Lehrkräfte in den Regelschulen, vor allem in den Grundschulen, haben wir bei der Antragsstellung auf den Weg gebracht. Wir haben die Antragsstellung verändert. Die Antragstellung zur sonderpädagogischen Überprüfung wird in Zukunft wieder direkt an die Schule für sonderpädagogische Überprüfung gehen, an das Förderzentrum vor Ort. Die Leute dort kennen sich aus. Und wir versprechen uns davon, dass viel schneller reagiert werden kann. Das ist auch ein ganz wichtiges Signal.

An dieser Stelle möchte ich noch kurz auf das Thema multiprofessionelle Teams eingehen. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir uns in den kommenden Monaten mit dem Kollegium der Zukunft beschäftigen. Das Personal der Schulen muss breiter aufgestellt sein. Es reicht nicht, nur Lehrerinnen, Lehrer und Erzieher vor Ort zu haben, sondern es müssen auch Sozialarbeiter, Ergotherapeuten, Logopäden und Leute aus dem Bereich IT vor Ort sein, um entsprechend schnell reagieren zu können.