Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir brauchen in Sachsen eine weitere Wirtschaftsdynamik, damit wir unser ehrgeiziges Ziel erreichen, bis zum Jahr 2020 eine selbsttragende Wirtschaft zu haben, so wie wir es in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben haben. Mit Tatkraft, Optimismus und Selbstvertrauen werden wir dieses Ziel erreichen.
Lassen Sie es mich noch einmal deutlich sagen: Die Politik muss Mut machen, wo es gegenwärtig noch an Mut fehlt. Deshalb appelliere ich auch an Sie hier im Saal: Reden wir nicht die Stimmung und die Leistung der Menschen im Land schlecht, sondern ermutigen wir sie! Fast möchte ich sagen: Zuversicht ist die erste Bürgerpflicht!
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von den Fraktionen der CDU und der SPD, zum Thema „Konjunkturbericht der Sächsischen Industrie- und Handelskammer“ beendet.
Zunächst hat als Antragstellerin die Fraktion der PDS das Wort. Die weitere Reihenfolge: CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE; Staatsregierung, wenn gewünscht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Haus in den letzten Jahren sehr oft über die Notwendigkeit einer Gesundheitsreform debattiert. Wir waren meist unterschiedlicher Auffassung. Aber wir waren uns alle einig, dass das Gesundheitswesen in diesem Lande reformiert werden muss. Deswegen ist es angezeigt – und die PDS-Fraktion hat daher auch diese Aktuelle Debatte beantragt – zu bilanzieren, was in dem Jahr seit In-KraftTreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes, was gelegentlich auch als Gesundheitsreform bezeichnet wird, erreicht wurde.
Die Meinungen darüber werden unterschiedlich sein. Wir wissen natürlich auch, dass die Daten noch nicht vollständig vorliegen und wir daher lediglich eine Zwischenbilanz ziehen können. Die sieht nach unserer Auffassung folgendermaßen aus:
Erstens. Das solidarisch finanzierte Gesundheitssystem ist nach unserer Auffassung weiter ausgehöhlt worden.
Da kann ich Herrn Jurk hinsichtlich seiner Ausführungen nicht in jeder Weise zustimmen. Denn neun Zehntel der Einsparungen, die es durchaus gegeben hat – das erkenne ich an –, wurden von den Kranken und den gesetzlich Krankenversicherten getragen. Besonders betrifft das die Zuzahlungen für Medikamente. Aber es betrifft eben auch das, was gegenwärtig nicht mehr verschreibungspflichtig ist, doch zu einer Therapie gehört. Das geht wesentlich mehr in die Kosten. Dabei ist die Praxisgebühr, die in der Vergangenheit von vielen besonders angegriffen worden ist, der fast vernachlässigbare Teil. Weiteres Ungemach droht. Wir werden ab Mitte dieses Jahres zusätzlich 0,9 % aus der eigenen Tasche zu bezahlen haben, und zwar für Zahnersatz und – was ich für besonders problematisch halte – auch für Krankengeld. Da kann man unterschiedlicher Meinung sein. Aber dass selbst die Rentner diesen Beitrag zahlen müssen, obwohl sie gar keinen Anspruch auf Krankengeld haben,
verwundert mich stark. Zweitens. Die Beiträge, so hatte Frau Gesundheitsministerin Schmidt uns angekündigt, sollten im vergangenen Jahr um 0,7 % sinken. Erreicht wurden allerdings nur 0,1 %. Insofern ist der Ausgleich für die wesentlich höheren Zuzahlungen der Patienten und Krankenversicherten nicht wie versprochen erreicht worden. Das gehört schon zur Bilanz.
Drittens. Wir sollten deutlich machen, dass immer größere Probleme für Kranke entstehen, weil sie auf Arztbesuche oder auch auf Medikamente verzichten. Das hat nach Aussagen renommierter Ärzte Langzeitwirkungen. Wir können hier nicht nur die Einsparungen der Krankenkassen thematisieren, wenn wir unter Umständen in späteren Jahren, weil Therapien nicht rechtzeitig eingeleitet wurden, wesentlich mehr zur Kasse gebeten werden.
Viertens. Die Auswirkungen der „Gesundheitsreform“ haben natürlich auch in Sachsen dazu geführt, dass wir rund 9 % weniger Arztbesuche hatten. Das könnte angesichts des Ärztemangels, wie wir ihn in unserem Freistaat haben, durchaus ein positiver Effekt sein. Aber – das sage ich noch einmal – es kann insbesondere diejenigen betreffen, die sich weder die Praxisgebühr noch andere Zuzahlungen leisten können. Insofern trifft die so genannte Gesundheitsreform in erster Linie diejenigen, die wenig Einkommen haben, und insbesondere die, welche in Altenpflegeheimen untergebracht sind oder bisher von Sozialhilfe leben mussten. Hier, meinen wir, wäre es an der Zeit, deren Zuzahlungen und auch die Praxisgebühr für sie generell zu streichen.
Fünftens. Es gibt selbstverständlich in diesem Gesetz eine Reihe von Spielräumen, die man durchaus nutzen könnte. Aber ich frage: Warum ist es denn noch nicht zur Entwicklung von so genannten Gesundheitszentren, die ich lieber als Polikliniken bezeichnen würde, gekommen?
Herr Präsident! Ich meine, dass es durchaus angezeigt wäre, dass hier eine Förderung unmittelbar durch den Freistaat geschieht. Letzte Bemerkung. Aus unserer Sicht ist die Gesundheitsreform im Ansatz stecken geblieben. Sie hat nicht das erreicht, was sie vorgab. Aber unsere Befürchtungen sind leider weitgehend eingetroffen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, man muss bilanzieren. Vorab: Die CDU/CSU-Fraktion hat bereits im Bundestag Ende des Jahres 2004 einen solchen Bilanzantrag gestellt und auch vonseiten unseres sächsischen Ministeriums wurde bereits im vergangenen Jahr zugesichert, dass die ersten Bilanzen für Sachsen eingeholt werden. Ich möchte ganz einfach noch einmal auf die Historie zurückkommen: Was war denn nun das Ziel des GMG? Erstens durch diese Reform die Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen eindeutig zu verbessern und zweitens – wir hatten ja vorhin eine wirtschaftspolitische Debatte – zur Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch der Lohnnebenkosten beizutragen.
Warum stand das dringend an? Hier berufe ich mich auf eine Studie einer internationalen Expertengruppe – die kann keiner negieren –, die Folgendes ermittelte: Die Ausgaben pro Kopf in Deutschland für den Gesundheitsbereich sind nach den USA und der Schweiz am höchsten in der Welt, aber die Leistungen sind nur Mittelmaß. Das ist eigentlich dramatisch. Die Reform war dringend nötig. Sie ist ein Beginn, ein erster Schritt und nach den Schritten folgen weitere.
Was kann man nun nach diesem einen Jahr überhaupt sagen? Ich gebe zu, Sie haben es gesagt, wir haben noch keine Datenlage, Herr Dr. Pellmann. Deshalb ist es auch unverantwortlich, alles immer nur schwarzzumalen und schlechtzureden, so wie Sie.
Bei den Krankenkassen gab es ein erhebliches Defizit. Sie haben jetzt einen Überschuss erarbeitet und das ist doch schon einmal der erste positive Ansatz. Auch wenn man – das muss man kritisieren – die Krankenbeiträge nicht so gesenkt hat, wie es wünschenswert und gefordert war, so sind doch die ersten Kassen wenigstens dazu bereit gewesen, ihren Beitrag schon einmal zu senken. Erkennen wir das doch auch an! Aber Sie von der PDS tun das nicht.
Die AOK in Sachsen hat ihren Beitrag stabil gehalten. Warum erwähnen Sie das nicht? Sachsen hat in den letzten Jahren seine Hausaufgaben gemacht. Damals noch unter Dr. Geisler, ist das Krankenhauswesen wirklich auf eine stabile Basis gestellt und gut reformiert worden. Nordrhein-Westfalen zum Beispiel steht jetzt erst vor diesem verdammt schwierigen Prozess, weil sie viel zu viele Betten haben. Das sollte man einmal allen Versicherten, gerade den gesetzlich Krankenversicherten, klarmachen, denn sie zahlen dafür. Die Aufklärung ist nötig.
Der Patient hat eine sehr große Souveränität erlangt. Er kann in der Zwischenzeit Informationen einfordern, wie: Welche Kosten habe ich denn für meine Leistung, die ich gefordert habe, eigentlich verursacht bzw. was koste ich? Er kann vom Arzt und vom Krankenhaus eine verständliche Rechnung verlangen. – Fragen wir uns doch einmal, wer das in der Praxis macht.
Es gibt auch positive weitere Entwicklungen. Erst waren es nur die freiwillig Versicherten, jetzt auch die Pflichtversicherten, die wählen können, ob sie sich Kosten erstatten lassen, wenn sie die Krankenkasse bzw. den Arzt nicht in Anspruch genommen haben.
Sie, Herr Prof. Porsch, sind ja nicht einmal gesetzlich krankenversichert, das haben wir ja schon einmal vor einem Jahr festgestellt.
Es werden Verträge vorbereitet für die integrierte Versorgung, das heißt die Verzahnung von ambulanter und
Über 366 000 Versicherte sind in der Zwischenzeit in Sachsen von der Zuzahlung befreit. Allein diese Zahl spricht doch dafür, dass man dort hilft, wo es nötig ist. Warum sagen Sie das nicht so ehrlich?
Die Praxisgebühr ist auch dazu eingeführt worden, obwohl sie keiner wollte, um ein so genanntes Arzthopping zu vermeiden. Sie hat dazu geführt, dass viele Leute mit Sicherheit wenigstens zu einem Arzt gehen und nicht zum zweiten, dritten, vierten Facharzt. Das hatte die Kosten in der Vergangenheit auch vorangetrieben. Sind wir doch auch einmal in diesem Bereich so ehrlich! Aber Ehrlichkeit tut manchmal weh, liebe Genossinnen und Genossen von der PDS.
Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Ein Vertragsarzt hat gesagt: „Die Desease-Management-Programme bieten uns Ärzten und Patienten die Möglichkeit, im Konsens mit dem Patienten klar definierte Versorgungsziele zu erreichen. Wir Vertragsärzte arbeiten auf der Grundlage evidenz-basierter Medizin. Diese gibt dem Arzt eine Therapiefreiheit, die patientengerecht und im Einklang mit dem Sozialgesetzbuch begründet werden kann.“ Ist das nicht ein positiver Erfolg?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Pellmann, ich beginne einmal mit Ihnen. Sie sind ja gerade mit einer Frage nicht drangekommen. Sie reklamieren, dass diese Gesundheitszentren noch nicht zum Laufen gekommen seien. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie sich ausschließlich auf die Zahlen von Sachsen bezogen haben. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung gibt an, dass deutschlandweit mittlerweile 60 solcher Zentren zugelassen wurden und dass 70 weitere beantragt seien. Es ist nicht ganz so, dass da überhaupt nichts passiert sein soll.