Protokoll der Sitzung vom 25.01.2008

Allerdings kann das keine Ausrede sein, es hier länger schleifen zu lassen, sondern hier muss jetzt eine Lösung her, und wir sagen: innerhalb dieser und jener Frist. Wir verlassen uns eben nicht, wie Kollege Bräunig, auf ein vages „Vielleicht“, „möglicherweise“, „Prüfungsauftrag erteilt“ und „Arbeitsgruppe unterwegs“. Das haben wir seit Jahren gehabt. Das ist auch der Sinn und Zweck dieses Hauses: dass man die Staatsregierung kontrolliert und dass man ihr Arbeitsaufträge erteilt, wenn etwas nicht funktioniert. Und das Bekleidungswesen der Polizei in Sachsen funktioniert eben nicht. Diese Feststellung ist auch unbestritten.

Deswegen, sage ich jetzt mal, ist es im Sinne der Sache – und es ist völlig ideologiefrei –, wenn auch die Koalition heute unserem Antrag zustimmt.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion)

Das war das Schlusswort. Damit kommen wir zur Abstimmung. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/10891 zur Abstimmung. Bei Zustimmung bitte ich jetzt um Ihr Handzeichen. – Danke. Und die Gegenprobe! – Und die Enthaltungen? – Bei keiner

Enthaltung und einer Reihe von Jastimmen ist der Antrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Es gibt eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten.

Herr Präsident! Ich habe von diesem Mittel, das wir als Abgeordnete haben, ganz selten in diesem Landtag Gebrauch gemacht. Ich möchte heute eine Erklärung zu meinem Abstimmverhalten abgeben.

Man kann zu dem Thema, das wir hier behandelt haben, sicher sehr unterschiedlicher Ansicht sein. Dass aber aus diesem Thema eine Kasperstunde des Parlaments gemacht wird, fand ich abstoßend.

(Beifall bei der CDU)

Schon aus diesem Grund wäre es mir überhaupt nicht möglich gewesen, diesem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Wir haben abgestimmt. Der Antrag ist abgelehnt worden. Wir haben eben eine Stellungnahme gehört. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 11

Teilzeitvereinbarung beenden – Initiative für Vollzeitbeschäftigung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer in Sachsen

Drucksache 4/9834, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Linksfraktion, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die einreichenden Fraktionen beginnen traditionell und dann die gewohnte Reihenfolge. Bitte, Frau GüntherSchmidt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Ende des Tages müssen wir noch einmal seriös arbeiten.

(Rita Henke, CDU: Wir waren immer seriös!)

Der Tag fing ja gut an. Die CDU-Fraktion hat eine Presseerklärung herausgegeben, in der sich Herr Colditz dafür ausspricht, zur Vollzeitbeschäftigung für Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer zurückzutreten.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Zurückzukehren!)

Entschuldigung, da war Sigmund dabei.

Sich dafür auszusprechen, so viel Übereinstimmung war selten.

Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass die Überwindung der sogenannten Teilzeitvereinbarung für Grundschullehrerinnen und -lehrer natürlich in erster Linie Sache der Tarifpartner ist. Sie wissen, dass es seit einigen Wochen Verhandlungen gibt. Am 23. Januar haben sich Vertreter der Gewerkschaften und der Regierung über ihre gegenseitigen Positionen ausgetauscht. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Sächsische Lehrerverband bekräftigten ihre Forderung nach der schnellstmöglichen Beendigung der Grundschulvereinbarung und nach einer Vollzeitperspektive unter Berücksichtigung individueller Teilzeitwünsche für Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer.

Dem Vernehmen nach signalisierte das sächsische Finanzministerium Verhandlungsbereitschaft, sieht jedoch die Notwendigkeit, die bestehende Vereinbarung und die konkrete Umsetzung weiter zu analysieren. Ich habe das

ungute Gefühl, dass der Finanzminister hier nur auf Zeit spielen will.

Nicht zuletzt haben wir auf Antrag meiner Fraktion im Ausschuss für Schule und Sport sehr detailliert über die personellen Ressourcen und organisatorischen Voraussetzungen zur Durchführung des Schuljahres 2007/2008 gesprochen. Vielleicht ist es hilfreich, wenn die uns überreichten Tabellen auch einmal den Weg ins Finanzministerium finden würden und dort die Entscheidungsfindung beflügeln.

Schließlich hat die Frage der Teilzeitvereinbarung auch eine politische Dimension, da nämlich einer der Vertragspartner, der Freistaat Sachsen, am Verhandlungstisch sitzt. Unsere Aufgabe sollte es heute sein, ihm einen entsprechenden Handlungsauftrag mitzugeben.

Ich bin überzeugt, dass gerade jetzt der richtige Zeitpunkt insbesondere für eine öffentliche Nachhilfestunde für Finanzminister Tillich gekommen ist. Er ist jetzt leider nicht da.

An der bildungspolitischen Notwendigkeit einer Erhöhung des Stundensolls auf Vollzeitniveau dürfte hier im Hause kein Zweifel bestehen. Angesichts der Tatsache, dass bundesweit in den kommenden Jahren altersbedingt viele Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer in Rente gehen werden, müssen die Arbeitsbedingungen in Sachsen für junge Berufsanfänger möglichst attraktiv gestaltet werden. Dazu gehört natürlich eine entsprechende Bezahlung bei Vollzeitbeschäftigung. Im Übrigen, denke ich, die Sollstundenaufstockung und eine damit gestiegene Attraktivität des Berufes macht die frühe Bildung auch für Männer interessant.

Unser Antrag „Starke Kinder brauchen Männer und Frauen im Bildungswesen“ thematisiert diesen Ansatz. Sie sehen: Alles hängt mit allem zusammen.

Ich glaube, dass Kultusminister Flath den Stellenwert gerade der frühen Bildung inzwischen verstanden hat. Er erkennt, dass mit dem zurzeit zur Verfügung stehenden Stundensoll von 19 Wochenstunden Grundschullehrerinnen und -lehrer den qualitativen und quantitativen Anforderungen an eine umfassende Grundschulbildung nicht gerecht werden können. Diese mangelhafte Stundenausstattung geht mittlerweile an die Substanz der Lehrerinnen und Lehrer.

Gerade an der Grundschule, der einzigen Schulform in Sachsen, an der die meisten Kinder noch gemeinsam unterrichtet werden, bis sie dann auf Förderschulen abgeschoben oder auf Mittelschulen oder Gymnasien verteilt werden,

(Frank Kupfer, CDU: So was Negatives!)

werden die Grundlagen für den Erfolg im weiteren Schulweg und im Leben gelegt. Insbesondere in der Schuleingangsphase benötigen wir Angebote im Ergänzungs- und im Förderbereich. Doch der Förderbereich ist der erste, wenn es an Lehrerstunden fehlt, der gekürzt wird. Das kann nicht richtig sein. Wir laufen damit nämlich Gefahr, dass die guten Ergebnisse in den Kindertagesstätten, die nach dem Sächsischen Bildungsplan arbeiten, mit dem Wechsel in die Grundschule wieder abbrechen.

Gute Bildung und vor allem gute Bildung im Elementarbereich kostet Geld. Wenn wir hier dieses Geld investieren, klappt es vielleicht auch später wieder mit den Ingenieuren. Deshalb stärken wir Ihnen, Herr Flath, an dieser Stelle gern den Rücken und hoffen, dass die Diskussion über unseren Antrag heute dazu beiträgt, dass auch der Finanzminister, der naturgemäß von Bildung erst einmal nicht so viel verstehen muss, vom positiven Ansinnen überzeugt werden kann.

Man kann ja nicht ständig nur Sonntagsreden halten, übers Land fahren, von früher Bildung sprechen und deren beispiellose Möglichkeiten aufzeigen, aber wenn es an das praktische Umsetzen vor Ort geht, sich auf später vertagen.

Wir meinen auch, dass die wöchentliche Pflichtstundenzahl der Grundschullehrer gesenkt werden muss,

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Andrea Roth, Linksfraktion)

um ihnen damit natürlich auch genügend Zeit für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts zu geben. Es ist beim besten Willen nicht zu erkennen, warum Grundschullehrer bei Vollbeschäftigung mehr Unterricht leisten sollen und gleichzeitig weniger Zeit für die Nachbereitung und Vorbereitung von Unterricht verbrauchen dürfen als Lehrerinnen und Lehrer an höheren Schulen.

Gleichzeitig würde man damit auch dem Phänomen entgegenwirken, dass Grundschullehrer an mehreren Schulen arbeiten müssen, weil sie bei einem 28-Wochenstunden-Soll nicht genügend Unterrichtsmöglichkeiten an ihrer Schule finden.

Auf jeden Fall gilt es zu verhindern, dass ein Wanderlehrerwesen mit Nomadenpädagogen in der Bildungswüste Sachsen etabliert wird. Das ist für das Lernklima nicht förderlich, da so weder eine Identifikation mit der Schule noch eine Bindung zu den Kindern aufgebaut werden kann.

Meine Damen und Herren! Wir sehen die Staatsregierung in der unmittelbaren Verantwortung, alle Schritte zu unternehmen, die für die Erhöhung der Qualität der Grundschulbildung erforderlich sind. Für uns heißt das, dass spätestens mit Beginn des Schuljahres 2008/2009 eine Vollzeitbeschäftigungsvereinbarung für die Grundschullehrer und -lehrerinnen wirksam werden muss. Bis es soweit ist, müssen mit den betroffenen Lehrkräften einzelvertragliche und befristete Änderungsverträge für die Aufstockung ihres wöchentlichen Stundenumfangs abgeschlossen werden. Ein kinderfreundliches Sachsen braucht mehr Zeit für jeden Grundschüler und nicht weniger Geld für jeden Lehrer.

Nachdem die CDU-Fraktion heute Morgen öffentlich getönt hat, dass sie das Anliegen richtig findet, die SPDFraktion immer schon Sympathien für eine Vollzeitbeschäftigung signalisierte, bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion – Beifall auf der Tribüne)

Danke schön. – Meine Damen und Herren auf der Tribüne, ich möchte Sie bitten, von Beifallsbekundungen abzusehen.

(Zuruf von der Tribüne)

Ich konkretisiere das nicht, es waren jetzt zwei Damen und vorhin waren es mehrere Reihen dort oben.