Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre für mich schon reizvoll, vorher Herrn Colditz zu hören, aber ich habe später noch die Möglichkeit, in die Bütt zu gehen, sodass ich auf Ihre Äußerungen reagieren kann, Herr Colditz.
Seit 16 Jahren arbeiten die Grundschullehrer und -lehrerinnen in Teilzeit. Seit 16 Jahren! Liebe Abgeordnete, hören Sie sich das genau an. Seit dem Jahre 1992 arbeiten circa 80 % aller Grundschullehrer und -lehrerinnen in einer Teilzeit von 82,5 %. Seit dem Jahre 1997 arbeiten die Grundschullehrer und -lehrerinnen auf der Grundlage der Teilzeitvereinbarung bis auf ein Volumen an Unterrichtsstunden von 57,14. Ich sage es auf das Komma genau. Das sind die Unterrichtszeit und das Gehalt gewesen, aber nicht die Arbeitszeit der Grundschullehrer und lehrerinnen, denn die Arbeitszeit eines Lehrers umfasst
wesentlich mehr als die Unterrichtsstunden. Ich denke, wir sind uns einig, dass wir Lehrer, die nur Stunden halten, im Freistaat Sachsen nicht haben wollen.
Gerade in den letzten Jahren wächst der Bedarf an qualifizierter pädagogischer Arbeit an den sächsischen Schulen, da es anspruchsvolle Veränderungen im Grundschulbereich gegeben hat. Ich möchte einige aufzählen: neue Lehrpläne, Fächervernetzung, frühes Fremdsprachenlernen, Kooperationsverpflichtungen mit Kindergärten und Horten, Veränderungen in der Schuleingangsphase, Bildungsberatungen, Ganztagsangebote. Natürlich sind auch wir von der Linksfraktion der Auffassung, dass diese Aufgabenfelder an Grundschulen geleistet werden müssen. Aber die Grundschullehrer und -lehrerinnen leisten diese Aufgabenfelder, ohne dass es in irgendeiner Weise eine zusätzliche Vergütung oder Anrechnung für diese Lehrer gegeben hat. Das leisten diese Lehrer sehr hervorragend und dafür gebührt ihnen besonderer Dank.
Aber nicht nur die Arbeit hat sich erhöht, sondern auch die Schülerzahlen steigen. Sie werden mindestens bis zum Jahre 2012 ansteigen. Daraus ergeben sich logischerweise erhöhte Anforderungen. Ich freue mich, Herr Colditz, dass das in Ihrer Presseerklärung zum Ausdruck kommt. Was heißt das aber für Sachsen? Für Sachsen heißt das: Wir erhöhen einfach mal die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse. Herr Herbst hat dazu eine Kleine Anfrage gestellt, sodass wir das mit Zahlen belegen können.
Im Schuljahr 2004/2005 hatten wir in Sachsen 410 Klassen mit 25 bis 28 Schülerinnen und Schülern je Klasse. Im Schuljahr 2006/2007 hatten wir in Sachsen 547 Klassen mit 25 bis 28 Schülerinnen und Schülern je Klasse.
Kommen Sie mir jetzt bitte nicht damit, dass diese Zahlen für Sachsen im Durchschnitt zu sehen sind. Das bringt uns überhaupt nicht weiter. Schauen Sie sich in Sachsen die Stellen an, wo wir Schüler ohne Abschlüsse haben, und schauen Sie sich die Stellen an, wo wir große Klassenstärken haben. Sie werden sehen, dass die Zahlen fast deckungsgleich sind. Die Schulen in freier Trägerschaft machen das übrigens schon längere Zeit nicht mehr, dass sie so große Klassen im Grundschulbereich haben. Diese arbeiten in der Regel mit 20 Schülerinnen und Schüler pro Klasse.
Aber in den öffentlichen Schulen in Sachsen ist das anders. Selbst in der 1. und 2. Klasse, in der Schuleingangsphase, die uns im Freistaat Sachsen so wichtig ist – das haben wir oft von diesem Pult aus gehört –, haben wir in den Klassen 28 Schülerinnen und Schüler sitzen. Im vergangenen Jahr hatte eine 1. Klasse sogar über 28 Schülerinnen und Schüler.
Eine gute Bildungs- und Erziehungsarbeit ist unter diesen Bedingungen nicht möglich. Fragen Sie die Grundschullehrer und -lehrerinnen. Diese werden Ihnen das bestätigen. Schon heute reichen die Stellen, die im Haushalt festgeschrieben sind, nicht aus, um den Bedarf an sächsischen Schulen zu decken. Herr Staatsminister, das sind Zahlen aus Ihrem Haus. Wenn ich das berechnen würde, wären es noch mehr. Es sind für dieses Schuljahr 140 Stellen. Der aktuelle Haushalt sieht sogar vor, dass der Stellenabbau im Grundschulbereich wieder einsetzen soll, und zwar im Jahre 2010 mit 179 Stellen, im Jahre 2011 194 Stellen und im Jahre 2012 208 Stellen – Stellenabbau und keine Aufstockung.
Mehr Schüler, mehr Klassen, weniger Haushaltsstellen! Herr Staatsminister, wie passt das zusammen? Ich hoffe, dass Sie uns das heute erklären können oder zumindest erklären, dass Sie es nicht so machen wollen, wie Sie es geplant haben.
Viele von Ihnen in der CDU werden sich jetzt sicher fragen: Was macht denn die Frau Falken schon wieder? Sie macht schon wieder Haushalt. Dieser ist noch gar nicht dran. – Aber ich möchte Ihnen heute sagen: Wir haben in den letzten Tagen sehr häufig über Geld und über den Haushalt gesprochen. Ich habe hier solche Begriffe gehört wie Bürgschaften, Rücklagen, 400 Stellen im Finanzausschuss beschlossen. Wir haben das dringende Bedürfnis, an dieser Stelle auch über die Erhöhung der Stellen im Grundschulbereich zu sprechen, da diese zwingend notwendig sind.
Der Ministerpräsident hat gesagt – es war dieses Mal keine Sonntagsrede, sondern ich habe es dreimal in der Rede zum Neujahrsempfang gehört: Stärkung der Grundschulen.
Herr Ministerpräsident – – Er ist jetzt beim Bildungsthema leider nicht da, es wäre auch mal schön, wenn er da wäre.
Nein, nicht weil ich etwas sagen will, sondern weil es notwendig ist, dass hier etwas passiert, Herr Hähle, weil es zwingend notwendig ist.
Herr Ministerpräsident, wir nehmen Sie beim Wort. Abstriche im Bildungsbereich darf es nicht geben – auch in Zukunft nicht.
Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass es Veränderungen im Grundschulbereich geben muss. Für die Attraktivität des Berufes ist die Vollzeit als Regelarbeitsverhältnis unverzichtbar. Ansonsten wird es zukünftig den dringenden Bedarf an Lehrernachwuchs in Sachsen nicht mehr geben. Meine Kollegin Günther-Schmidt ist bereits darauf eingegangen. Dazu gehört für uns, wie Sie es im Antrag nachlesen können, die Senkung der Pflichtstunden. Die Grundschullehrer und -lehrerinnen haben eine Pflichtstundenzahl von 28 Stunden in der Vollzeit in Sachsen. Die Mittelschullehrer, die Gymnasiallehrer, die Förderschullehrer und Berufsschullehrer haben eine Pflichtstundenzahl von 26 Stunden. Herr Seidel, damit Sie sich nicht gleich wieder aufregen: Diejenigen, die in Fachberufen unterrichten, haben selbstverständlich im Berufsschulbereich auch 27 bzw. 28 Stunden. Trotzdem sehen wir die zwingende Notwendigkeit, die Pflichtstunden zu senken.
Andere Bundesländer sind übrigens schon weiter. Ich denke, wir wollen in Sachsen immer die Vorreiter im Bildungsbereich sein. Sechs Bundesländer in Deutschland haben eine geringere Pflichtstundenzahl als in Sachsen. Auch ist es notwendig, die verbindliche Klassenleiterstunde einzuführen.
Die Probleme und Situationen von Schülerinnen und Schülern sind inzwischen sehr vielfältig. Die Lehrer brauchen mehr Zeit, um sich gerade in diesem Bereich der Entwicklung der Schülerinnen und Schüler widmen zu können, was heutzutage viel zu kurz kommt.
Nun aber zu den konkreten Verhandlungen. Der Kultusminister – ich weiß, Sie haben es gelesen, und ich weiß auch, dass es die Lehrer gelesen haben – hat im Dezember 2007 angekündigt, dass es im Januar 2008 Verhandlungen geben wird. Verhandlungen? Nach meinem Kenntnisstand hat es noch keine Verhandlungen gegeben. Gut, der Januar hat noch einige Tage, und es kann sein, dass es nächste Woche passiert. Nach meinem Kenntnisstand hat es erst den Antrag der GRÜNEN und unseren Antrag auf der Tagesordnung des Plenums gegeben, bevor es einen Termin gab, der sich mit informellen Gesprächen um diese Verhandlungen gekümmert hat.
Wir, die Linksfraktion, und ich gehe davon aus, auch die GRÜNEN und die FDP, werden weiterhin an diesem Thema dranbleiben; denn diese Verhandlungen müssen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema, das zur Diskussion steht, ist zweifellos hoch brisant. Es ist wichtig, darüber zu sprechen. Ich kann mich aber trotzdem relativ kurz fassen; denn ich möchte voranstellen, dass die Antragsteller mit ihrem Antrag sowohl bei den Koalitionsfraktionen als auch in der Staatsregierung offene Türen einrennen.
Was die Notwendigkeit der Beendigung der seit 1997 geltenden Teilzeitvereinbarung für Grundschullehrer betrifft, so bedarf diese meines Erachtens keiner neuen Anmahnung im Sinne der vorliegenden Anträge.
Wir können uns also längere Debatten um die Notwendigkeit einer tariflichen Neuregelung des Beschäftigungsumfanges im Grundschulbereich sparen. Ich bin auch etwas verwundert, dass Sie über meine heutige Pressemitteilung so überrascht sind, zumal wir gemeinsam im Herbst vorigen Jahres gegenüber den Personalräten der GEW, wenige Meter von diesem Hause entfernt, unsere Positionen überfraktionell deutlich gemacht haben. Insofern ist mir Ihr Profilierungsversuch, den Sie heute unternehmen, nicht nachvollziehbar, meine Damen und Herren.