Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte, offen gesagt, erwartet, dass Sie Ihren Antrag heute zurückziehen und wir das Thema in aller Ruhe im Sozialausschuss behandeln können; denn Ihr Antrag enthält einen Stichtag, den 01.01. dieses Jahres. Dieser Stichtag ist erstens vorbei und zweitens gegenstandslos, da die Besteuerung der Kindertagespflegepersonen verschoben bzw. die geplante Neuregelung für ein Jahr ausgesetzt wurde.
Aber nehmen wir es positiv und schauen wir einmal, was wir als Bundesland diesbezüglich wollen und wie wir es erreichen können. Da allerdings kommt schon mein zweiter Kritikpunkt am Antragstext. Was ist eigentlich die Zielrichtung Ihres Antrages? Das geht jedenfalls aus dem Text, über den Sie heute abstimmen lassen wollen, nicht hervor; die Reden haben das etwas mehr beleuchtet.
Sie fordern laut Antrag die Staatsregierung in Punkt 1 nicht etwa auf, sich auf Bundesebene gegen die Besteuerung einzusetzen. Sie fordern die Staatsregierung auch nicht auf, einen finanziellen Ausgleich vom Bund einzufordern. Derartige Aufträge an die Staatsregierung würden ja einen gewissen Sinn ergeben, auch wenn es nicht unbedingt unseren Vorstellungen entspricht. Sie aber wollen die Staatsregierung auffordern, auf der Bundesebene irgendwie aktiv zu werden, um ein Problem zu
lösen, das letztlich nur in Sachsen gelöst werden kann, nämlich die Verhinderung des Abbaus von Tagespflegeplätzen hier im Freistaat.
Diese Schwammigkeit in der Zielrichtung ist auch der Grund, warum wir uns bei diesem Punkt enthalten werden. Dem zweiten Punkt wollten wir eigentlich zustimmen. Schade, dass Sie ihn für erledigt erklären.
Meine Damen und Herren der Koalition! Wir unterbreiten Ihnen aber mit unserem Änderungsantrag einen Formulierungsvorschlag, der das enthält, was Sie wenigstens in Ihrer Begründung formulieren. Es geht schlicht und einfach darum, dass die Einführung der Besteuerung der Tagespflegepersonen durch die Bundesebene nicht zu Einkommensverlusten der Pflegeperson führen darf. Mit dieser Zielrichtung sind wir einverstanden. Dafür kann und muss in Sachsen auf kommunaler Ebene etwas getan werden. Damit wollen wir die Staatsregierung beauftragen und rechnen natürlich fest mit Ihrer Unterstützung.
Lassen Sie mich die Gründe kurz darstellen. Wir haben im Sächsischen Kindertagesstättengesetz die Kindertagespflege enorm aufgewertet und fast gleichrangig neben die Kindertageseinrichtungen gestellt. Aus unserer Sicht ist das nicht völlig unproblematisch. Es entsprach aber dem ausdrücklichen Wunsch der Koalition. Eltern sollten das Wunsch- und Wahlrecht zwischen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege haben. Hinsichtlich der Bedarfsplanung und der Landesfinanzierung wird beides fast gleich bewertet. Nun, das ist Gesetzestext.
Was unsere Kritik ist und was nicht angeht, ist, dass Sie mit der Tagespflege die kommunalen Haushalte sanieren und die Tagespflegepersonen mit Niedriglöhnen abspeisen wollen.
Meine Damen und Herren! Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass Kindertagespflegepersonen, die auch eine hohe Verantwortung für die Bildung und Betreuung von Kindern tragen, aus dieser Tätigkeit ein Einkommen beziehen, von dem sie leben können, ein Einkommen, das sozialversicherungspflichtig ist und selbstverständlich auch den normalen Einkommensbesteuerungen unterliegt. Dem allerdings müssen die Zuschüsse an Tagespflegepersonen Rechnung tragen, die von den Kommunen für die Kindertagespflege veranschlagt werden.
Wer darauf spekuliert, mit der Kindertagespflege eine Dumpingkinderbetreuung entweder zulasten der Tagesmütter oder der Sozialkassen zu bekommen, erhält von uns keine Unterstützung. Nein, für Kindertagespflege müssen Qualitätsmaßstäbe gelten. Am Ende darf nicht nur ein Nettorealeinkommen – etwas polemisch gesagt – auf einem Ein-Euro-Niveau stehen. Von Arbeit muss man leben können. Das gilt auch für Tagesmütter. Deshalb werbe ich schon an dieser Stelle für unseren Änderungsantrag.
Sehr geehrte Damen und Herren! Einige Bemerkungen zum Agieren der sächsischen Regierung bei diesem Thema: Es scheint alles so harmonisch zwischen dem heutigen Antrag der Koalition und dem Agieren des Sozialministeriums und der Sozialministerkonferenz zu sein, wenn man in trauter Eintracht mit den anderen Ländern den Bund aufforderte, die neue Besteuerung bleiben zu lassen
Doch eigentlich wäre es spannend, an dieser Stelle einmal das sächsische Finanzministerium sprechen zu lassen, denn auf zwei Kleine Anfragen meinerseits vom September letzten Jahres klang die Antwort des neu gebackenen Finanzministers dann doch noch etwas anders: „Die Änderung zur einkommenssteuerrechtlichen Behandlung der Geldleistungen für Kindertagespflege ist daher unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten erforderlich.“ Das ist nun das genaue Gegenteil von dem, was das Sozialministerium sagt.
Es gibt in Sachsen auch sehr groteske Beispiele dafür, wie die angedachte steuerliche Neuregelung schon im letzten Jahr Realität wurde. Da haben Finanzämter doch tatsächlich das Rundschreiben des Bundesfinanzministeriums sofort in ihre praktische Arbeit integriert und auch schon einmal die noch ausstehenden Steuerbescheide der Tagespflegepersonen für 2005 nach den neuen Kriterien bewertet und steuerlich veranlagt. Das ist schon grandios.
Ich hoffe, Frau Orosz, dass dieses Durcheinander in der sächsischen Regierung mit der Debatte beendet wird.
Die angemeldete Rednerin der NPD ist erkrankt. Deshalb frage ich die FDP-Fraktion. – Frau Schütz, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion zur Besteuerung öffentlich geförderter Tagespflege ist ein Konflikt zwischen Steuer- und Familienpolitik, auf der einen Seite das Anliegen, private und öffentlich geförderte Kindertagespflege steuerlich gleichzustellen und auf der anderen Seite den Ausbau der Kinderbetreuung weiter zu forcieren.
Ich erkenne durchaus an, dass eine einheitliche Besteuerung steuerrechtlich wünschenswert ist. Doch was oberflächlich wie eine reine kleine Rechtsbereinigung aussieht, hat enorme Auswirkungen auf die zu besteuernden Personen, Familien, Kommunen und auch den geplanten Ausbau der Kinderbetreuungsangebote.
Das Vorhaben der Finanzminister – das sei hier ausdrücklich betont – macht Tagesbetreuung für die öffentliche Hand teurer und sie macht sie zukünftig für Tagesmütter und Tagesväter viel weniger attraktiv.
Im Angesicht der aktuellen Bestrebungen wohl fast aller Familienpolitiker, das Angebot auszubauen, ist es ein höchst kontraproduktives Vorgehen. Dabei ist noch nicht
einmal die Einkommensbesteuerung das Problem, da diese durch die Pauschalbeträge bis zur Besteuerungsgrenze bei den meisten gering ausfallen dürfte. Problematischer sind dagegen die dann fälligen Sozialabgaben. Meine Vorredner sind darauf eingegangen. Hier zeigt sich, wie kompliziert und wenig zielführend das Steuer- und Abgabenrecht oftmals ist. Hier zeigt sich auch wieder, wie wenig die Folgen dieser Maßnahme bedacht werden.
Kommt die Steuer- und Abgabenpflicht für die öffentlich geförderte Tagespflege, dann bringt das der öffentlichen Hand noch nicht einmal Geld; denn was Finanzamt und Sozialversicherungen kassieren, wird die Kommune durch höhere Zuschüsse an die Tagesmütter und Tagesväter ausgleichen müssen; oder es wird für Tagesmütter und Tagesväter sogar ein Minusgeschäft, nämlich dann, wenn die Kommune die zusätzlichen Belastungen nicht durch höhere Zuschüsse ausgleichen wird. Dann gibt es wahrscheinlich schlicht kaum noch jemanden, der diese Aufgabe wahrnehmen will. Die Folge ist die Einrichtung von wesentlich teureren Plätzen in Kinderkrippen. Das ist vorauszusehen.
Meine Damen und Herren! Letztlich werden wohl die Familien die Mehrkosten bezahlen oder auf Betreuungsplätze verzichten müssen. Ich bin mir sicher, das will hier keiner.
Immerhin – das ist leider selten – werden die Folgen gerade noch rechtzeitig erkannt, bevor es zum Schaden kommt.
Die geplante Steuer- und Abgabenpflicht wurde verschoben. Doch die Unsicherheit bleibt. Bis Ende des Jahres muss eine Lösung gefunden werden. Dabei liegt der Ball nicht zwangsläufig immer bei der Bundesebene – wie es der Antrag der CDU- und SPD-Koalition suggeriert –, sondern es war eine Absprache der Landesfinanzminister mit dem Bundesfinanzminister.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! CDU und SPD in Sachsen haben nach zahlreichen Anfragen, beispielsweise auch der Linksfraktion, das Thema am 03.12.2007 entdeckt. Doch eine Lösung präsentieren Sie in Ihrem Antrag nicht. Das wäre ja auch einmal etwas ganz Neues. Es war schon einmal ein Fortschritt, wenn Sie nicht weitere Probleme, wie beispielsweise bei der Verwaltungsreform und beim Abgeordnetengesetz, schaffen. Aber wir wissen von den Kolleginnen und Kollegen der CDU und der SPD, Kreativität und Ergebniszielsetzung gehören nicht zu ihren Stärken.
Ich bin zwar kein Steuerexperte, aber warum muss die Angleichung der Besteuerung von öffentlicher Tagespflege an die der privaten Tagespflege ausgerechnet zu einer Steuerbelastung führen? Kann man die Einnahmen aus der Betreuung von Kindern nicht generell steuerfrei stellen? Das wäre doch einmal eine Lösung, die familienpolitisch nach unserer Meinung sehr sinnvoll wäre.
Ich weiß, dass es dann schon wieder einen Ausnahmetatbestand gäbe. Mir geht es dabei jedoch um etwas ganz anderes. Warum geht es immer nur um Steuererhöhungen, warum nicht auch einmal um Steuersenkungen, gerade im Bereich der Familienpolitik?
Aber an den Wegfall von Steuern denken ja Politiker von CDU und SPD bekanntlich als Letztes. Die Mehrwertsteuererhöhung auf 19 %, die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, die ja gerade Familien trifft, ging ruck, zuck über die Bühne. Bei Steuersenkungen sieht das dann immer ganz anders aus. Auch wenn der vorliegende Antrag keine Lösung präsentiert, wird die FDP-Fraktion doch alles unterstützen, was die Situation von Familien verbessert. Im Interesse der Sache werden wir dem Punkt 1 zustimmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle beteuern hier im Hohen Haus immer wieder, wie wichtig uns Kinder sind, wie wichtig uns die Bildung und Betreuung und vor allem auch die frühkindliche Bildung sind. Demzufolge müsste uns auch die Kindertagesbetreuung wichtig sein.
Die Kindertagesbetreuung – Herr Krauß hat es ausgeführt – stellt kein reines Betreuungsangebot dar, sondern eben auch ein Bildungsangebot, und zwar eines, das sich in der Regel von den Angeboten in den Kindertagesstätten unterscheidet. Daher hat sie eben auch ihren Grund.
Sie erinnern sich an die Diskussion zum Kita-Gesetz. Damals ging es uns wie der Linksfraktion: Wir haben diese Kindertagesbetreuung mit zwiespältigem Gefühl gesehen, dass Sie das im Kita-Gesetz ausweiten wollen, und zwar nicht, weil wir Kindertagespflege per se für schlecht halten, sondern weil wir befürchtet haben, dass genau das eintreten wird, was jetzt auch eingetreten ist, nämlich dass Kindertagesbetreuung genutzt wird, um die Kosten für die Kommunen niedrig zu halten. Wir haben damals gesagt: Wir wollen keine Kindertagesbetreuung light.
Jetzt streiten wir uns darüber, ob Kindertagesbetreuung ein steuerpflichtiges und sozialversicherungspflichtiges Einkommen sein soll. An anderen Stellen diskutieren wir ständig – Sie erinnern sich – darüber, dass die Sozialversicherungskassen leer sind und dass wir doch Jobs schaffen müssen, die genau das sind, nämlich sozialversicherungspflichtig.
Da stelle ich mir doch die Frage, warum wir diesen Aufschub, den Sie jetzt erreicht haben, feiern sollen. Wir haben hier ein Angebot an Kindertagesbetreuung, von
dem wir nicht einmal wissen, wie qualitativ gut es ist, ob nämlich diese Flexibilität, von der Herr Krauß gesprochen hat, im Einzelfall wirklich vorhanden ist.
Ich sage Ihnen noch etwas: Auch die Wahlfreiheit, die im Kita-Gesetz steht, ist nicht wirklich gesichert. Denn immer dann, wenn Kita-Plätze noch frei sind, wird den Eltern zuerst ein Kita-Platz angeboten, und dann erst – egal, ob es für das Kind besser oder schlechter ist – ein Tagesbetreuungsplatz.
Was wäre also zu tun? Der einzige Schritt, der wirklich zielführend ist, ist der, den DIE LINKE hier in ihrem Änderungsantrag vorgetragen hat, dass nämlich Kindertagespflege so ausgestattet werden muss, dass sie ein qualitativ hochwertiges Angebot darstellen kann, dass Fortbildung, Beratung usw. ganz genauso wie für KitaPersonal verpflichtend und auch möglich sind, nämlich mit der Arbeitszeit vereinbar.
Wenn wir uns zum Beispiel anschauen, wie § 8a SGB VIII umgesetzt wird und wie viel Beratung die Kindertagespflegeperson zu diesem Paragrafen, den auch sie umsetzen muss, weil sie nämlich dafür eine Verpflichtungserklärung unterschrieben hat, wirklich bekommt, dann kann einem schon das Gruseln kommen.
Also, Kindertagesbetreuung muss qualitativ gut sein. Dafür muss Geld in die Hand genommen werden. Und natürlich müssen die Kindertagespflegepersonen so bezahlt werden, dass sie davon ihre Sozialversicherungsbeiträge bezahlen können. Immerhin ist anzumerken, dass die Kommunen bei der Kindertagesbetreuung Geld sparen, schon allein deshalb, weil sie keine öffentlichen Gebäude zur Verfügung stellen müssen. Kindertagespflege findet ja in der Regel in den Wohnungen der Betreuungsperson oder der Familie statt.