Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von der FDP-Fraktion unter dem viel versprechenden Titel „1. Gesetz zum Bürokratieabbau im Freistaat Sachsen“ vorgelegte Gesetzentwurf hat aus Sicht der NPD-Fraktion nichts, aber auch rein gar nichts mit dem Abbau von Bürokratie zu tun. Man kann es, um das Gesetz kurz zu bewerten, auf einen ganz einfachen Nenner bringen: Es ist ein unnötiges Gesetz, das der Natur eher Schaden zufügen wird, und obendrein ist es völlig praxisuntauglich, im Vollzug nicht umsetzbar und zumindest mit einer ebensolchen Bürokratie verbunden wie bei der Einholung einer Einzelgenehmigung für die Baumfällung. Ich werde Ihnen selbstverständlich auch die Begründung nicht schuldig bleiben, warum die NPDFraktion dies so sieht.
Unnötig ist das Gesetz, weil es überhaupt keine Rechtfertigung dafür gibt, in die kommunale Entscheidung über den Erlass einer Baumschutzsatzung und deren Ausgestaltung einzugreifen. Das Sächsische Naturschutzgesetz eröffnet den Kommunen lediglich die Möglichkeit, für das Gebiet der Gemeinde eine Gehölzschutzsatzung zu erlassen. Es bleibt damit den Kommunen überlassen, ob sie dies tun und wie restriktiv diese Satzung ausgestaltet wird. Wir von der NPD-Fraktion trauen es den kommunalen Gremien zu, dass diese selbst beurteilen können, welches Maß an Schutz für die Gehölze in ihrer Gemeinde notwendig ist und welche Gehölze oder Flächen ausgenommen werden können.
Dass dies bisher wunderbar funktioniert, zeigt auch die Tatsache, dass sich die Satzungen der verschiedenen Kommunen in Sachsen darüber, was geschützt werden soll, deutlich unterscheiden. Es gibt auch eine ganze Reihe von Kommunen, die gar keine Baumschutzsatzung erlassen haben. Es ist auch nicht so, dass das Fällen eines Baumes auf seinem eigenen Grundstück für den Bürger
eine unlösbare Hürde darstellen würde, wie Sie es in Ihrem Gesetzentwurf durch die Formulierung „aufwendige Genehmigungsverfahren“ suggerieren. Wenn berechtigte Gründe für das Fällen eines Baumes vorliegen, wird das Verfahren auch völlig problemlos sein. An dieser Stelle lässt sich sicherlich auch über die Höhe der Kosten einer Fällgenehmigung diskutieren, und man stellt schließlich die Frage, ob diese immer gerechtfertigt sind. Aber das liegt ja auch in der kommunalen Hoheit. Grundsätzlich zweifeln wir als NPD-Fraktion jedenfalls nicht an der Notwendigkeit des Schutzes von Gehölzen.
Wenn wir Ihrem Gesetzentwurf zustimmen würden, könnte jeder nach eigenem Gutdünken fällen, was er will, auch wenn keine wesentlichen Beeinträchtigungen oder anderweitige Gründe vorliegen. Erfahrungen aus anderen Bundesländern haben dies deutlich gezeigt. Es ist eben nicht so, wie Sie behaupten, dass jeder Bürger verantwortungsvoll mit Bäumen auf seinem Grundstück umgehen würde.
Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch einmal darauf eingehen, dass Ihr Gesetzentwurf, so, wie er vorliegt, in der Praxis überhaupt nicht sinnvoll umsetzbar ist. Sie schreiben eine willkürliche Grenze von 1 000 Quadratmetern für Grundstücke in das Gesetz, bis zu der das Fällen von Bäumen genehmigungsfrei sei. Was besagt aber die Grundstücksgröße über die Schutzwürdigkeit von Gehölzen? In einem 100 Hektar großen Fichtenforst ist das Fällen von 20 oder 30 Fichten sicherlich ökologisch weniger problematisch als zum Beispiel das Fällen eines solitären Baumes auf einem 1 000 Quadratmeter großen Grundstück. Auch kulturhistorisch gibt es Bäume, die als Hausbäume einen höheren Wert haben als ein Baum irgendwo mitten im Wald. Eine Grundstücksgröße kann doch nie etwas über die Schutzwürdigkeit des Gehölzes als solches aussagen.
Nein, Sie würden mit Ihrem Gesetz eine Regelung schaffen, die für die Kommunen und Behörden fast nicht zu kontrollieren wäre und auch unsinnig ist. Um zu beurteilen, ob das Fällen von Gehölzen einer Genehmigung bedarf, müsste dann im Kontroll- oder Anzeigefall jeweils eine Grundstücksgrößenermittlung zumindest im Liegenschaftsamt einhergehen, was auch wieder Bürokratie bedeuten würde. Das ist sicherlich nicht weniger aufwendig als die Fällgenehmigung im Einzelfall. Mit Vereinfachung und Bürokratieabbau hat Ihr Gesetz jedenfalls rein gar nichts zu tun.
Hinzu kommt, dass Grundstücke oft auch aus mehreren Flurstücken bestehen. Die Folge wäre, dass jemand, der ein zusammengesetztes Grundstück von mehreren Grundstücksteilen hat, die jeweils unter 1 000 Quadratmetern sind, dann möglicherweise trotz größerer Gesamtgrundstücksgröße fällen kann, und der Nachbar, bei dem das Grundstück ein Flurstück ist, das dann nicht dürfte. Wir halten das für gesetzgeberischen Unsinn. Unsere Fraktion wird Ihren Gesetzentwurf daher ablehnen. Wir wollen, dass die Kommunen in dieser Frage weiter selbst entscheidungsfähig sind.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind wirklich alle Argumente ausgetauscht worden. Ich möchte aber in die Debatte noch einen anderen Ton hineinbringen.
Mir gefällt nicht, dass in dieser Debatte auch bei den Rednern, die sich zu Recht gegen diesen absurden Vorschlag gewandt haben, etwas aus dem Blick gekommen zu sein scheint. Vielleicht trauen wir uns auch nicht, es auszusprechen, dass ein Baum ein Lebewesen ist. Ein Baum ist keine Sache, den ich nach Belieben einmal abhacken kann, dann pflanze ich ihn, dann verschiebe ich ihn um drei Meter oder mache sonst etwas damit. Ein Baum ist ein Lebewesen. Er hat das Recht zu wachsen, alt zu werden und eines natürlichen Todes zu sterben. Es ist so, dass uns in der modernen Gesellschaft dieses Bewusstsein leider abhanden gekommen ist, –
denn dann, wenn wir das noch wissen und ernst nehmen würden, wenn wir es wagen würden, uns der Kraft und der Schönheit eines Baumes in der Natur auszusetzen, glaube ich nicht, dass man auf eine derart absurde Vorstellung kommen könnte.
Kollege Lichdi, verstehe ich Sie richtig, dass Sie in der Konsequenz Ihrer Argumentation die Forstwirtschaft in Sachsen abschaffen wollen?
Ich krame jetzt gerade in meinem Kopf nach einer höflichen Erwiderung. Herr Kollege Morlok, mir fällt sie nicht ein. Deswegen verzichte ich auf eine Antwort auf Ihre Zwischenfrage.
Es ist schon gesagt worden, die FDP und auch die Staatsregierung – der Herr Justizminister steht ja hinter dem absurden Ansinnen, die kommunalen Baumschutzsatzungen abzuschaffen – weisen immer darauf hin, die Bürger seien ja mündig, die Bürger würden es zu schätzen wissen, wenn sie einen schönen, großen, alten, starken Baum im Garten hätten. Dann wird immer appelliert – das macht sich natürlich gut – an das Verantwortungsgefühl des Einzelnen. Meine Damen und Herren von der FDP, es ist eben nicht so. Sie sollten schon das Beispiel der Stadt Görlitz ernst nehmen, wo es jetzt zum Glück zu einem Umschwung und zu einer neuen Meinungsbildung ge
Herr Kollege Günther, ich kann es Ihnen nicht verdenken. Ich möchte einfach einmal zitieren, was in der „Sächsischen Zeitung“ vom 19. Februar 2008 – nicht vom Kollegen Seibel, sondern vom Kollegen Kramer – geschrieben steht: „Seit die Baumschutzsatzung 2003 abgeschafft wurde, sind in allen Stadtteilen viele gesunde wertvolle Bäume verschwunden.“ Das stößt Harald Twupack, dem schon Genannten, auf: „Bäume stellen ein Riesenstück Lebensqualität dar.“ Wo er recht hat, hat er recht.
„Seine Partei“ – der FDP-Mann Twupack wird weiter indirekt so zitiert – „stehe für Bürokratieabbau. Aber an dieser Stelle sollte die Stadt die Kontrolle behalten.“
Sie sollten auch hier den Mut haben – Sie fordern ja immer Mut zum Bürger und zu dessen Willen –, Ihren kommunalen Experten ein Stück zu folgen, bevor Sie den schnellen und billigen Gewinn suchen.
Nein, meine Damen und Herren, das ist ein völlig absurder Vorschlag. Meine Kollegen haben zu Recht darauf hingewiesen. Kommunale Selbstverwaltung wird hier eingeschränkt. Das geht natürlich gar nicht. Es wurden schon die Argumente zum angeblichen Bürokratieabbau genannt, doch tatsächlich wird viel mehr Bürokratie geschaffen.
Ich möchte den genannten Punkten noch einen weiteren hinzufügen: Nach dem geltenden Sächsischen Naturschutzgesetz sind Baumfällungen zwischen dem 1. März und dem 30. September verboten und bedürfen nach § 25 Abs. 2 einer Ausnahmegenehmigung. Leider wird diese viel zu oft und standardmäßig gegeben. Nichtsdestotrotz bedarf es eines förmlichen Verfahrens. Sie sehen also, auch hier greift Ihr Gesetzentwurf wesentlich zu kurz.
Nein, meine Damen und Herren, es ist gut, dass wir in diesem Hause eine weit fraktionsübergreifende Einigkeit haben, dass wir das nicht wollen, dass wir den Kommunen tatsächlich die Möglichkeit belassen wollen, es in eigener Zuständigkeit zu regeln. Ich kann wirklich nur – zurückkommend an den Anfang meiner Rede – an Sie appellieren: Stellen Sie sich vielleicht einmal ruhig vor einen alten Baum, schauen Sie sich den an und denken Sie einmal darüber nach. Ich weiß, es fällt immer leicht, den Ernst ins Lächerliche zu ziehen und solche absurden Zwischenfragen zu stellen, wie es Herr Morlok versucht hat. Aber vielleicht, wenn Sie einmal aus diesem Hause hinausgegangen sind, wenn Sie einmal die Politik vergessen haben, wenn Sie vielleicht einmal an einem Sonntagnachmittag spazieren gehen, versuchen Sie sich mal wieder einem unmittelbaren Naturerlebnis auszusetzen. Ich glaube nämlich, das ist Ihnen schon lange nicht mehr geglückt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Johannes Lichdi, ich glaube, jeder betrachtet gern einen Baum. Aber das als Argumentationsgrundlage im Sächsischen Landtag zu machen – ich weiß es nicht. Demnächst verklagen Sie noch den Sachsenforst als Baummörderbande. Lieber Johannes Lichdi, ein Baum wirft Schatten; wenn man aber auf einem Baum sitzt – ob das dann übertragbar ist – ich weiß es nicht –, das zu behaupten steht mir nicht zu.
Um noch auf die anderen Redner einzugehen: Sehr geehrter Herr Schowtka, die Größe eines Grundstückes lässt sich sehr leicht feststellen: Man schaut in das Grundbuch oder man hat eine Flurkarte, und ich gehe fest davon aus, dass jeder Grundstücksbesitzer ganz genau weiß, wie groß sein Grundstück ist. Deswegen haben wir keine großen Probleme beim Feststellen der Grundstücksgrenze.
Frau Kagelmann, was haben Sie für ein Menschenbild, wenn Sie sagen, wir würden als Schlagwort den mündigen Bürger bringen? Der mündige Bürger ist kein Schlagwort, der mündige Bürger ist unser Ideal.
Wir setzen uns in diesem und in jedem anderen Parlament dafür ein, dass jeder Bürger ein mündiger Bürger ist und auch so behandelt wird, auch vom Gesetz her.
Sehr geehrte Frau Deicke: Referentenentwürfe sind keine Gesetzentwürfe. In Ihren Tagesordnungsunterlagen finden Sie DA (Dringliche Anträge), GE (Gesetzentwürfe), A (Anträge), AS (Aktuelle Stunden), aber keine RE. Wir haben hier noch nie über einen RE diskutiert und abgestimmt. REs kommen hier nicht vor; Gesetzentwürfe werden diskutiert. Deswegen konnten wir nichts nachmachen. Wir haben es deckungsgleich geschrieben, aber nachgemacht nicht.
Herr Günther, können Sie meiner Korrektur folgen, dass ich mich beim mündigen Bürger ausdrücklich auf ein Zitat des „SZ“Redakteurs Frank Seibel bezogen habe? Es war nicht meine Formulierung.