Protokoll der Sitzung vom 05.03.2008

Und, meine Damen und Herren Abgeordneten, lassen Sie lieber die Finger von EU-Regelungen, wenn diese sinnvollen Maßnahmen widersprechen, als dass wir von sinnvollen Maßnahmen ablassen.

Der NPD-Fraktion ist es darüber hinaus ebenfalls ein Anliegen, die Erhöhung der Beimischungsquoten biogener zu konventionellen Kraftstoffen voranzutreiben.

Änderungen bei der Besteuerung von biogenen Kraftstoffen hält die NPD-Fraktion deshalb für geboten. Es muss unseres Erachtens auch eine Überkompensation der Mehrkosten bei der Erzeugung gegenüber mineralischen Kraftstoffen möglich sein, wenn die Förderung alternativer Kraftstoffe politisch wirklich gewollt ist, was perspektivisch auch die Erzeugungskosten senken dürfte.

Die Bedeutung der im NPD-Antrag zum Ausdruck kommenden Zielsetzungen darf im Blick auf die Gesamtwirtschaft nicht unterschätzt werden. Die Entlastung der Verbraucher kann Konjunkturimpulse an anderer Stelle hervorrufen. Der allgemeinen Teuerungsentwicklung würde entgegengewirkt. Die Förderung von Biokraftstoffen wäre ein wertvoller Beitrag erstens zur Förderung des ländlichen Raumes, zweitens zum Klimaschutz und drittens zur Versorgungssicherheit.

Abgesehen davon sieht es die NPD-Fraktion als ein Defizit sozialer Gerechtigkeit an, dass sich der Staat über die Mineralölsteuer noch zusätzlich an den gestiegenen Rohstoffpreisen bereichert. Dieser Umstand ist von umso größerem Interesse, als davon auszugehen ist, dass der Rohölpreis auch in nächster Zukunft ein hohes Niveau, vermutlich sogar noch ein höheres als derzeit, aufweisen wird.

Meine Damen und Herren, den größten Anteil am Benzinpreis haben die Steuern. Aus diesem Grund hat es der Staat sehr wohl in der Hand, auf die Preisentwicklung Einfluss, ja sogar den entscheidenden Einfluss zu nehmen. Weit mehr als 60 % machen Mineralöl-, Öko- und Mehrwertsteuer am Gesamtbenzinpreis aus. Deshalb setzt der NPD-Antrag genau dort an. Die Politik trachtete all die Jahre nicht danach, die Preisanstiege aufgrund der steigenden Rohstoffpreise zum Beispiel über eine Senkung der Mineralölsteuer zu kompensieren. Während der Mineralölsteueranteil zum Zeitpunkt der Wende, in Eurocent gerechnet, noch unter 30 Cent pro Liter ohne Mehrwertsteuer lag, liegt er heute bei reichlich 65 Cent, das heißt bei mehr als dem Doppelten. Bei Dieselkraftstoff verhält es sich ähnlich. Es möge also keiner behaupten, die Steuerpolitik des Bundes habe nicht einen wesentlichen Schuldanteil an der Preisexplosion angesichts von fünf Mineralölsteuererhöhungen allein zwischen 1990 und 2003.

Noch im Januar 2002, also vor gar nicht allzu langer Zeit, lag der Preis für einen Liter Normalbenzin bei 96 Cent, während er heute bei circa 1,40 Euro angekommen ist; Tendenz steigend.

Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang auch kurz einige internationale Vergleiche heranziehen. In Irland oder auch in Österreich liegt der Preis für Normalbenzin bei 1,13 Euro, in Liechtenstein, also in dem Land, wo sich die deutschen Steuergelder befinden, liegt der Preis bei 1,12 Euro, in Polen, in der Tschechei und in der Schweiz bei 1,11 Euro, in Spanien bei 1,01 Euro, in Kroatien gar nur bei 86 Cent. Aber in Deutschland können wir uns derzeit auf einen Preis von 1,40 Euro pro Liter einstellen.

Meine Damen und Herren, unter den obwaltenden Umständen braucht man sich auch kaum über die zunehmende Verlagerung der Kraftstoffnachfrage in Deutschland zu wundern. Diesbezüglich kommt der Verkehrswissenschaftler Ralf Katzenberger in einer jüngst verfassten Studie zu dem Ergebnis, dass das Gesamtvolumen der durch solche grauen Importe verursachten Steuerausfälle beispielsweise für das Jahr 2006 auf rund 2,4 Milliarden Euro zu schätzen ist.

Die NPD-Fraktion ist der Ansicht, dass es angesichts dieser Steuerausfälle besser ist, über eine Steuersenkung diese grauen Importe obsolet werden zu lassen und die gesamte Nachfrage wieder auf den heimischen Markt zurückzuholen. Aber in erster Linie geht es der NPDFraktion mit ihrem Antrag um den Verbraucher und die sozial benachteiligten Schichten in unserem Volk, die eine spürbare Entlastung erfahren sollen.

Lassen Sie mich das abschließend anhand eines Rechenbeispiels verdeutlichen. Nehmen wir einen Arbeiter mit einer einfachen Wegstrecke von 30 Kilometern zu seinem Arbeitsplatz und werfen wir einen Blick auf seine beruflich bedingten jährlichen Mehrkosten seit der EuroEinführung für den Fall von 20 Arbeitstagen im Monat bei 30 Tagen Jahresurlaub und einem durchschnittlichen Verbrauch von 6,5 Liter Normalbenzin auf 100 Kilometer. Wenn Sie dies nur grob überschlagen, meine Damen und Herren, werden Sie zu dem Ergebnis kommen, dass seit 2002 für dieses Fallbeispiel zusätzliche Mehrkosten von fast 350 Euro im Jahr anfallen. Private Autofahrten sind hierbei noch gar nicht inbegriffen. Wenn Sie diese auch noch hinzunehmen und die Preissteigerungen bei den Lebensmitteln und den Mietnebenkosten, insbesondere Strom und Gas, berücksichtigen, müsste doch jedem klar werden, dass dies den Familien jedweden finanziellen Spielraum rauben dürfte. Wer dies als normal empfindet, mag bitte schön künftig von keinem Sozialstaat mehr sprechen.

Lassen Sie uns folglich gemeinsam Sorge dafür tragen, im Bereich der Kraftstoffpreisentwicklung eine Trendwende herbeizuführen und diese auch noch auf den Heizölsektor usw. zu erweitern. Stimmen Sie deshalb unserem NPDAntrag zu!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Wird es gewünscht? – Dann frage ich die Linksfraktion. – Dann frage ich die SPD. – Herr Gerlach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde den Redebeitrag für die Koalition geben.

Wenn Sie in dem Beitrag, den Sie gerade gehalten haben, statt der 6,5 Liter pro 100 Kilometer ein 3-Liter-Auto angesetzt hätten, wären Sie nicht auf 350 Euro, sondern auf die knappe Hälfte gekommen. Das nur als Einstieg.

Ich habe einmal, was ich sonst normalerweise nicht mache, die Stellungnahme der Staatsregierung mit hergebracht.

(Antje Hermenau, GRÜNE, lacht laut.)

Wenn jemand einen Antrag stellt und wenn dann von der Staatsregierung als Antwort kommt, Buchstabe a bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, Buchstabe b ist nicht möglich, Buchstabe c ist nicht möglich, Buchstabe d ging einigermaßen, Buchstabe e ist unzutreffend, ist das für jemanden, der einen Antrag schreibt, eine vernichtende Sache, wer auch immer von Ihnen dieses Ding geschrieben hat. Schon das allein wäre es wert, Ihren Antrag abzulehnen.

Bevor ich aber auf Ihren Antrag eingehe, will ich klarstellen: Wie ist denn eigentlich die Kostenzusammensetzung für einen Liter Kraftstoff? Wir haben den sogenannten Produkteinstiegspreis. Das ist gewissermaßen der Import

preis, der Preis auf den internationalen Ölmärkten. Sie haben das Beispiel mit 2002 gebracht. Dabei müssen Sie auch sagen, dass wir inzwischen bei einem Ölpreis von etwa 100 Dollar pro Barrel angekommen sind. Da können Sie an der Steuerschraube drehen, wie Sie wollen, daran ändert sich erst einmal nicht allzu viel.

Dann kommen als Nächstes die Deckungskosten. Das sind Kosten und Gewinn der Mineralölkonzerne inklusive eines halben Cents für den sogenannten gesetzlichen Beratungsverband. Wir planen 90 Tage Sicherheit ein. Dann kommt noch die Energiesteuer. Früher hieß sie Mineralölsteuer. Circa 40 Milliarden Euro nimmt der Staat dadurch ein. Das Ganze ist von der Treibstoffart abhängig. Das haben Sie angedeutet. Darin enthalten – diesbezüglich ist Ihr Antrag auch falsch – ist seit 1990 die Ökosteuer. Von 1999 bis 2003 – das hat Rot-Grün damals beschlossen, damit sind sie auch in den Wahlkampf gegangen und gewählt worden – ist das Ganze in fünf Stufen für einen Liter Benzin von etwa 50,1 auf 65,45 Cent angehoben worden. Seit 2003 hat sich die Energiesteuer auf Kraftstoffe nicht mehr erhöht. Sie ist abhängig von der Umweltverträglichkeit. Bei Flüssiggas, Erdgas, Diesel, Benzin usw. sind das unterschiedliche Werte. Und dann kommt noch die Mehrwertsteuer von 19 % hinzu.

Was ist richtig an Ihrem Antrag? Erstens ist es ein Thema, das die Menschen interessiert und das wir sehr ernst nehmen. Zweitens werden die sogenannten biogenen Kraftstoffe zukünftig eine wichtigere Rolle übernehmen, ohne auch nur die Chance zu haben, die heutige Erdölbasis zu ersetzen. Das muss man ganz klar sagen. Und drittens nimmt der Staat auf diesem Wege einen gewaltigen Steueranteil ein.

Was ist falsch an Ihrem Antrag? Ich habe damit schon angefangen. Das Erste ist: Es gibt keine Dreifachbesteuerung, weil die Ökosteuer in der Energiesteuer enthalten ist. Die Kompetenzzuweisungen des Bundes habe ich schon genannt. Der Wegfall der in der Energiesteuer enthaltenen Ökosteuer würde nicht zu einer Entlastung der Verbraucher führen, wie Sie das in Ihrem Antrag darzulegen versuchen, sondern unmittelbar zu einer Erhöhung der Rentenbeiträge von circa 1,7 Prozentpunkten, weil die Ökosteuer – sie wird fälschlicherweise so genannt – im Wesentlichen dafür verwendet wird, die Rentenkasse zu stützen, und zwar seit 1999.

Ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf Kraftstoffe – auch das wollen Sie ja eigentlich – leuchtet zwar an den Stammtischen der NPD relativ schnell ein, würde aber eine Steuerverschiebung in andere Bereiche nötig machen und eben dann eine Ausgabenreduzierung bei der Wirtschaftsförderung, bei der Schulbildung, im öffentlichen Nahverkehr – ich könnte noch eine Menge aufzählen – zur Folge haben.

Eine Erhöhung der Beimischungsquote – diesbezüglich stehen Sie konträr zu dem, was die FDP verlangt – „stärker und zeitnaher“, wie Sie das fordern, ist ebenfalls nicht gut für die Menschen, da diese mit der Besteuerung der

Pflanzenölkraftstoffe und des Biodiesels erkauft wurde, was zum Beispiel zu Produktionsausfällen in großem Stil in Deutschland führte. Darauf gehe ich aber noch ein, wenn ich zu dem FDP-Antrag spreche.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wird von der FDP-Fraktion das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Fraktion der GRÜNEN. – Ebenfalls nicht. Die Staatsregierung? – Bitte, Herr Minister Tillich.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte, nur damit die falschen Behauptungen der NPD richtiggestellt werden, meine Rede zu Protokoll geben.

(Beifall bei der CDU – Jürgen Gansel, NPD: Die hätten wir aber gern gehört!)

Meine Damen und Herren! Ich erteile damit der NPD als Einreicherin das Schlusswort. Herr Despang.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist doch offensichtlich: Ihre Tankfüllungen sind gesichert, haben Sie doch die Möglichkeit, diese abzurechnen.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Tun Sie dies so lange, bis das Volk mit Ihrer Arroganz der Macht abrechnet. Ich weiß nicht, ob Sie nicht verstehen können oder lediglich nicht verstehen wollen.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Aber sei es drum! Ihr Verhalten in dieser Debatte lädt jedenfalls geradezu ein, dies im Rahmen einer Kampagne vornehmlich an den Tankstellen im Land deutlich zu thematisieren. Die ins Uferlose steigenden Mobilitätskosten

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

wirken sich auf die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit aus. Nicht zuletzt wurde mit Blick auf die von der NPDFraktion angesprochene Entwicklung selbst seitens der Deutschen Industrie- und Handelskammer im Januar im „Manager Magazin“ eine Warnung ausgesprochen, dass durch die derzeitigen Preise und Teuerungsrisiken eine weitere Schwächung der Binnennachfrage drohe. Es steht unzweifelhaft fest, dass die hohen Kraftstoffpreise auf das Transportwesen durchschlagen und folglich auf die zu transportierenden Güter umgeschlagen werden. Auch sind Taxiunternehmen, Busunternehmen und Fahrschulen betroffen, die allesamt ihre Tarife erhöhen bzw. werden erhöhen müssen. Hier wird eine Preisspirale zugelassen, obwohl der Staat die Möglichkeit besäße, die Bremse zu betätigen.

Nachdem von der Seite der sogenannten politischen Elite nicht zu erwarten ist, dass an die Mineralölwirtschaft ordnungspolitisch ernsthaft herangetreten wird, hoffte die NPD-Fraktion, dass, wenn schon nicht ordnungspolitisch, zumindest fiskalisch an das Problem herangegangen wird. Doch Fehlanzeige! Trotz des Preisanstiegs auf den Rohölmärkten waren aufgrund des schwachen Dollars im Jahr 2007 geringere Kosten für die Rohölimporte zu verzeichnen, sodass schon aus dieser Perspektive die hohen Preise als eine soziale Unverschämtheit zu bewerten sind. Als geradezu skandalös bezeichne ich es aber, dass sich selbst die Politik nicht scheut, aus dieser sozialen Unverschämtheit noch eigenen Profit zu schlagen – zulasten des kleinen Mannes.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/10894 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen zustimmenden Stimmen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt. Meine Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt 18 ist damit beendet.

Erklärung zu Protokoll

Gegen Preise anzugehen, vor allem wenn es um die Kraftstoffpreise geht, ist sehr populär. Das Mittel, das die Antragsteller vorschlagen, zeigt aber, dass sie die wirtschaftlichen Zusammenhänge der Marktwirtschaft nicht verstanden haben. Im Übrigen stelle ich fest, dass Superbenzin im Schnitt derzeit so viel kostet wie im Juli 2006, nämlich 1,39 Euro. Auch wenn Dieselkraftstoff in dieser Zeit etwas teurer geworden ist, so zeigt sich deutlich der Populismus des Antrags.

Die Vorstellung, dass der Staat einfach nur die Steuern senken muss, dann fallen auch die Preise, ist zu einfach gestrickt und funktioniert so nicht. Sie lässt außer Acht,

dass es im wirtschaftlichen Geschehen viele Faktoren gibt, die letztlich für den Verbraucherpreis am Markt verantwortlich sind. Dazu gehört auch das Grundprinzip, dass Angebot und Nachfrage das Preisgeschehen bestimmen.

Selbst wenn die Energiesteuer gesenkt würde, wäre das nicht gleichbedeutend mit geringeren Preisen für den Verbraucher, denn der Kraftstoffpreis wird nicht vom Staat bestimmt. Es bestünde im Gegenteil die Gefahr, dass die Steuerentlastung über kurz oder lang vom Markt aufgesogen würde. Für den Verbraucher wäre damit nichts gewonnen, die Steuerentlastung wäre wirkungslos verpufft.

Zur Erhebung von Energiesteuer auf Kraftstoffe sind die EU-Staaten verpflichtet. Die EU gibt in diesem Zusammenhang Mindeststeuersätze vor. In Deutschland beträgt die Energiesteuer etwa 65 Cent je Liter Superbenzin und rund 47 Cent je Liter Diesel und wird in einem festen Satz auf die Menge des in Verkehr gebrachten Kraftstoffs bemessen. Die Energiesteuer bleibt also unverändert, egal, ob ein Liter Kraftstoff 1,20 Euro kostet oder 1,30 Euro. Die Einschätzung der Antragsteller, dass die Staatskasse aus gestiegenen Rohstoffpreisen Profit schlage, geht also völlig fehl.