Protokoll der Sitzung vom 05.03.2008

Zur Erhebung von Energiesteuer auf Kraftstoffe sind die EU-Staaten verpflichtet. Die EU gibt in diesem Zusammenhang Mindeststeuersätze vor. In Deutschland beträgt die Energiesteuer etwa 65 Cent je Liter Superbenzin und rund 47 Cent je Liter Diesel und wird in einem festen Satz auf die Menge des in Verkehr gebrachten Kraftstoffs bemessen. Die Energiesteuer bleibt also unverändert, egal, ob ein Liter Kraftstoff 1,20 Euro kostet oder 1,30 Euro. Die Einschätzung der Antragsteller, dass die Staatskasse aus gestiegenen Rohstoffpreisen Profit schlage, geht also völlig fehl.

Die Mehrwertsteuer orientiert sich dagegen wie bei allen Gütern und Dienstleistungen am Preis. Die Antragsteller schlagen die Einführung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Kraftstoffe vor und halten laut Antragsbegründung einen solchen ermäßigten Steuersatz nach den Bedingungen der EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie für zulässig.

Einmal abgesehen davon, dass die NPD nichts dazu sagt, wie sie das alles finanzieren will – der Vorschlag ist schon deshalb sinnlos, weil er inhaltlich gar keinen Erfolg haben kann. Die Mehrwertsteuerrichtlinie der EU führt die Lieferungen und Dienstleistungen auf, für die eine ermäßigte Besteuerung infrage kommt. Die Lieferung von Kraftstoffen ist nicht darunter. Die Einführung eines ermäßigten Steuersatzes auf Kraftstoffe ist dem Bundesgesetzgeber somit also überhaupt nicht möglich.

Hinsichtlich der Abschaffung der Mehrfachbesteuerung verweise ich darauf, dass die Mineralölsteuer und die Ökosteuer in der Energiesteuer aufgegangen sind und deshalb keine eigenständigen Steuerarten darstellen. Auch gibt es kein Wahlrecht, Kraftstoffe mit Energiesteuer oder Umsatzsteuer zu belegen. Auch hier ist die Rechtslage eindeutig. Energiesteuer fällt schon deshalb an, weil die

EU bestimmte Mindeststeuersätze vorschreibt, und für die Mehrwertsteuer ist Bemessungsgrundlage das Entgelt, also alles, was der Verbraucher aufzuwenden hat, um die Lieferungen oder Dienstleistungen zu erhalten.

Auch im Hinblick auf Steuerermäßigungen für Biokraftstoffe gibt es Regelungen der EU, an die die Mitgliedsstaaten gebunden sind. Demnach sind Steuerermäßigungen entsprechend der Entwicklung der Rohstoffpreise so auszugestalten, dass sie nicht zu einer Überkompensation der Mehrkosten bei den Biokraftstoffen führen.

Schließlich wäre eine weitere Erhöhung der Beimischungsquoten problematisch. Zwar hat der Bundesrat mit unserer Unterstützung die Bundesregierung gebeten, einen höheren Anteil von Biodiesel nach dem Biokraftstoffquotengesetz vorzusehen – allerdings unter der Bedingung einer positiven Klimaschutz- und Umweltbilanz sowie der Absicherung regionaler Wertschöpfungsketten.

Es hilft dem Klima und dem Umweltschutz nicht, wenn das, was durch höhere Beimischungsquoten im Kraftstoff gutgemacht wird, durch eine weltweite Ausdehnung des Rohstoffanbaus für Biokraftstoffe wieder ins Gegenteil verkehrt wird. Auch muss erst noch geprüft werden, inwieweit die Fahrzeuge den Biosprit überhaupt vertragen.

Der Antrag enthält Forderungen, die in weiten Teilen nicht umsetzbar sind. Zum einen widersprechen sie übergeordnetem Recht, zum anderen sind sie wirtschaftspolitisch und ökologisch nicht durchdacht. Im Übrigen enthält der Antrag keinerlei Angaben, wie das alles zu finanzieren ist. Ich lehne deshalb den Antrag ab.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 19

Keine weiteren Belastungen für Autofahrer – höhere Zwangsbeimischung von Biosprit in Super- und Normalbenzin stoppen!

Drucksache 4/11368, Antrag der Fraktion der FDP

Die Fraktionen können dazu Stellung nehmen. Es beginnt die FDP, danach CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, GRÜNE und Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Herr Morlok, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte angesichts der fortgeschrittenen Zeit meine Redezeit nicht voll ausschöpfen, sondern mich kurz fassen.

Wie Sie wissen, gibt es eine EU-Richtlinie, wonach bis zum Jahr 2020 der Anteil des Biosprits am Super- und Normalbenzin auf 20 % erhöht werden soll. Wenn man die aktuelle politische Debatte verfolgt, dann sieht man, dass die Bundesrepublik Deutschland wohl wieder mal als Erste bei der Umsetzung von EU-Regelungen über die Ziellinie gehen möchte, dass letztendlich aber dabei

Belange von Bürgern und Unternehmen auf der Strecke zu bleiben drohen. Sie haben die Pläne von Bundesumweltminister Gabriel in der Diskussion verfolgt, bis 2009 den Bioethanolanteil von derzeit 5 % auf dann 10 % zu verdoppeln. Nach Angaben der Mineralölwirtschaft wird das zu einer Kostensteigerung von circa 6 Cent je Liter führen, da Ethanol teurer herzustellen als derzeit das Mineralöl zu gewinnen ist.

Hier sieht man, dass diese Erhöhung, die zwangsläufig auf den Verbraucher umgelegt würde, eben auch diesen Verbraucher wiederum belasten würde. Aber es ist nicht nur eine Preisfrage, sondern – das haben wir auch in der öffentlichen Diskussion vernommen – nach Aussagen des ADAC oder des VdA sind ältere Fahrzeugtypen für den Einsatz von Bioethanol bzw. für den erhöhten Einsatz von Bioethanol nicht oder nur begrenzt geeignet. Die Aussa

gen dazu sind widersprüchlich. Während der VdA sagt, es betreffe 375 000 Fahrzeuge in Deutschland, sagt der ADAC, es seien 1,5 Millionen. Aber immerhin gibt es eine große Unklarheit, ob es tatsächlich möglich ist, ältere Fahrzeuge mit diesem erhöhten Bioethanolanteil heute noch zu betreiben. Die Verbraucher werden gezwungen, sich entweder neue Fahrzeuge zuzulegen oder das teure Superplusbenzin zu tanken, was wiederum zu einer erheblichen Mehrbelastung der Verbraucher führen würde.

Wir hatten schon einen Anstieg der Mehrwertsteuer, der zu entsprechender Belastung der Verbraucher führte, wir haben die Kürzung der Pendlerpauschale, die auch die entsprechenden Pendler belastet. Gerade für ein Flächenland wie Sachsen ist das Thema Pendlerpauschale ein Thema, dem wir uns in der Politik widmen müssen. Wir sollten diese zusätzliche Belastung für Sachsen als ein Land mit einer hohen Zahl mit Berufspendlern nicht hinnehmen.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen auch sehen, dass ältere Fahrzeuge überwiegend von sozial Schwächeren gefahren werden. Die sozial Schwächeren haben es schwerer, sich mal schnell ein neues Auto zu kaufen, und die sozial Schwächeren sind auch eher von einer entsprechenden Preiserhöhung betroffen als jemand, dem es etwas besser geht. Diesen Effekt sollten wir in der Diskussion berücksichtigen.

Wir haben in diesem Hause auch schon darüber diskutiert, dass wir inzwischen beim Ackerbau in Deutschland, bei der Erzeugung von Lebensmitteln eine Konkurrenz zwischen dem Anbau von Biopflanzen für regenerative Energien und Nahrungsmitteln bekommen haben. Auch hier sollten wir vorsichtig sein, damit es nicht zu einer unheilvollen Konkurrenz kommt.

Wir haben auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass in manchen Bereichen biogene Kraftstoffe von weither importiert werden. Es gibt Fälle, in denen letztlich der tropische Regenwald dafür büßen muss, dass wir in Deutschland Energieerzeugungsanlagen ökologisch gerecht mit Biosprit betreiben. Auch das sollte man, denke ich, mit in Betracht ziehen. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass Minister Gabriel aufgrund der starken öffentlichen Kritik inzwischen bei seinem Vorhaben einen Rückzieher machen musste.

(Beifall bei der FDP)

Aber der Rückzieher, so vernünftig er ist, ist zunächst einmal eine persönliche Entscheidung des Ministers und wir vertrauen, muss ich sagen, hier nicht darauf, dass bei der nächst passenden oder unpassenden Gelegenheit diese Idee nicht wieder auf die Tagesordnung kommt.

Deswegen sind wir der Auffassung, dass wir als Sachsen uns auf der Bundesebene für ein generelles Moratorium hinsichtlich der Erhöhung der Biokraftstoffquote einsetzen sollten, bis die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen – ich denke gerade auch an die Eignung

von Fahrzeugmotoren für den Biosprit – abschließend geklärt sind.

(Beifall bei der FDP)

Ich denke, wir sind uns in diesem Hause alle einig, dass wir perspektivisch einen Ersatz für die fossilen Energieträger haben müssen. Es wird nicht vollständig gelingen, das ist ganz klar. Aber der Weg muss eine Reduzierung von fossilen Energieträgern sein, keine Frage. Aber auch bei diesem Weg müssen wir sorgsam vorgehen, damit berechtigte Interessen unserer sächsischen Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht auf der Strecke bleiben.

In dem Zusammenhang – ich mache das nicht oft, aber ich mache das, wenn es geboten ist, auch gern – möchte ich Ihnen, Herr Minister Wöller, herzlich danken, weil Sie letztendlich initiativ geworden sind. Denn es war so, dass auf Initiative Sachsens der Bundesrat Mitte Februar die von der Bundesregierung geplante Erhöhung der Biokraftstoffquote auf 20 % bis 2020 erst einmal abgelehnt hat. Hier, muss man sagen, hat die Staatsregierung das Problem erkannt, das für unsere Bürgerinnen und Bürger in Sachsen droht, und ist entsprechend initiativ geworden. Uns reicht das aber in der einen konkreten Frage, Herr Minister Wöller, nicht aus. Es ist wichtig, dass wir uns darauf verständigen, ganz klar ein Moratorium zu fordern, bevor diese Fragen nicht abschließend geklärt sind.

Inhaltlich sind wir nicht weit voneinander entfernt. Von daher, denke ich, wird es Ihnen keine große Mühe bereiten, unserem heutigen Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Volker Bandmann, CDU: Jetzt wissen wir wenigstens, was bei der FDP „kurz“ ist!)

Die CDU-Fraktion erhält das Wort; Herr Prof. Mannsfeld, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben noch einmal von der einbringenden Fraktion vernommen, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der Aktionismus von Umweltminister Gabriel, ab 1. Januar 2009 dem Normal- und Superbenzin 10 % Bioethanol verpflichtend beizumischen, nicht umgesetzt wird und dass dieses ausgegebene Ziel der Umweltpolitik des Bundes nicht realisiert oder doch wenigstens bis zur Vorlage fundierter Erkenntnisse ausgesetzt wird.

In diesem Ziel, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, stimmt meine Fraktion durchaus mit Ihnen überein.

Was aber den Antrag untauglich macht und weswegen er auch nicht zustimmungsfähig sein kann, ist die Zeitschiene. Sie, Kollege Morlok, haben wunderbar versucht zu kaschieren und angefangen, über Punkt 2 Ihres Antrages selbst zu philosophieren, den Sie von der Regierung eigentlich beantwortet haben wollten, über all die ökolo

gischen, sozialen und sonstigen Auswirkungen eines solchen Planes, und erst zum Schluss klargemacht, dass Ihr eigentliches Ziel die Aufforderung an die Staatsregierung ist, auf Bundesebene, sprich beim Bundesrat, tätig zu werden.

Sie haben aber – vielleicht hat das der eine oder andere übersehen – nicht darauf hingewiesen, dass der Bundesrat am 15. Februar 2008 in mehreren Anträgen, also in einem Entschließungsantrag und einer Stellungnahme zum Achten Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Tatsachen geschaffen hat. Zehn Tage nach dieser Entscheidung im Bundesrat fällt es jemandem in der FDP-Fraktion ein, dass dort eine Entscheidung getroffen worden ist, und man macht zehn Tage später einen völlig überflüssigen Antrag, um dieses Thema zu besetzen.

(Stefan Brangs, SPD: So sind sie halt!)

Das ist nicht besonders zielführend. Es ist ein klassischer Fall für die Realität des Hase-Igel-Syndroms.

Deshalb, meine Damen und Herren, möchte ich Folgendes klarmachen: Es hat zunächst eine Ablehnung des Bundesrates zu diesem Achten Gesetz gegeben. In seiner Stellungnahme hat der Bundesrat die geplanten Regelungen unter anderem zur Biokraftstoffquote auch mit Blick auf die andauernden Erörterungen auf EU-Ebene – und was mir besonders wichtig ist – zur Vermeidung nationaler Alleingänge abgelehnt. Dann hat es einen Entschließungsantrag auf der Basis einer Initiative von SchleswigHolstein gegeben, der angenommen wurde, worin der Bundesrat die Bundesregierung ersucht, die nicht zustimmungspflichtige Biomassenachhaltigkeitsverordnung, in deren Rahmen diese 10-prozentige Ethanolbeimengung beabsichtigt war, erst in Kraft zu setzen – das deckt sich wiederum mit den FDP-Forderungen –, wenn alle wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Folgewirkungen belastbar geklärt sind.

Dass es zu diesem Entschließungsantrag kam, hat der Freistaat Sachsen mit einer eigenen Vorlage im Umweltausschuss des Bundesrates bereits Ende Januar maßgeblich initiiert. Mit dieser Entscheidung vom 15. Februar war zunächst ein Stopp dieser ehrgeizigen, aber nicht ausgegorenen Pläne gesetzt. Der Bundesminister hat, wie Sie, Kollege Morlok, richtig ausgeführt haben, kurz darauf selbst gesagt, dass er diese Zielstellung gründlich überprüfen lassen muss.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber bitte schön.

Herr Morlok, bitte.

Prof. Mannsfeld, stimmen Sie mir zu, dass ich in meinem Redebeitrag darauf hingewiesen habe, dass der Umweltminister des Freistaates Sachsen auf der Bundesebene im Bundesrat aktiv geworden ist,

um dieses zu verhindern, und ich ihn ausdrücklich gelobt habe?

Es ist sehr schön, dass Sie das getan haben, und es ist auch in gewisser Weise redlich, aber es stellt den Antrag, den Sie selbst eingebracht haben, auf den Kopf. Wenn Sie zehn Tage, nachdem der Freistaat positiv gehandelt hat, den Antrag stellen, eine Realität, die bereits besteht, herbeizuführen, dann sehe ich den Sinn nicht, auch wenn es in diesem Hohen Haus sicherlich noch einmal Sinn macht, die Wirkungslosigkeit dieser E-10-Maßnahme als echten Beitrag zum Klimaschutz darzustellen, weil diese Biokraftstoffregelung allein auf den Aspekt der Nettotreibhausgasminderungsquote bezogen wird.

(Sven Morlok steht immer noch am Mikrofon.)