Protokoll der Sitzung vom 05.03.2008

(Sven Morlok steht immer noch am Mikrofon.)

Es ist schön, dass wir all das noch einmal erörtern können, aber ich denke, dass ich Ihre Frage beantwortet habe.

Ich sah keine aktuelle Veranlassung, das Handeln noch einmal in einen Auftrag umzusetzen. Zehn Tage, nachdem die Staatsregierung im Verbund mit den anderen Bundesländern tätig geworden war, schreiben Sie in den Antrag, sie möge doch tätig werden. Sie haben dann in Ihrem Beitrag – das will ich durchaus konzedieren – gesagt, man müsse auch noch ein Stück darüber hinausgehen und nicht nur diese unmittelbare 10-prozentige Regelung aufgreifen – das ist richtig –; denn die Umsetzung der gesamten Treibhausgasminderungsquote, auf die der Bund das Gesamtziel beziehen will, würde enorme Mengen an Biomasse für die Kraftstoffproduktion binden, die somit aus Sicht des Klimaschutzes viel wichtigeren und besseren Nutzungswegen, wie zum Beispiel Kraftwärmeerzeugung etc. in stationären Anlagen, dann verloren geht.

Insofern ist es durchaus wichtig gewesen, eine gemeinsame Position abzuleiten. Es ist vielleicht erlaubt, eines noch zum Schluss zu sagen: Es haben findige Köpfe ausgerechnet, dass am Ende der Kraftstoff Super Plus mit der 98er Oktanzahl, der von der E-10-Regelung ausgenommen sein soll, aufgrund der Energieverluste und der Kostenerhöhung wirtschaftlicher ist – von der Sie auch gesprochen haben –, sodass dies letztlich noch wirtschaftlicher ist als dieser beigemengte Kraftstoff Bioethanol. Das heißt doch aber nur, dass der Versuch des Bundes an dieser Stelle nicht besonders hilfreich oder qualifiziert war.

Aber ich wollte noch einmal darstellen, dass die Staatsregierung in der richtigen und notwendigen Weise im Verbund mit den anderen Bundesländern gehandelt hat. Deswegen würde ich erwarten, dass die FDP-Fraktion mit der Aussprache diesen Antrag für erledigt erklärt, weil das eigentliche Ziel erfüllt worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Linksfraktion das Wort; Frau Dr. Runge, bitte.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die kritischen Anmerkungen, die Herr Prof. Mannsfeld eben vorgetragen hat, nicht wiederholen. Das wären auch meine kritischen Bemerkungen zu dem Antrag der FDP-Fraktion gewesen. Die Staatsregierung wurde diesbezüglich bereits aktiv, diese Beimischungsquotenverordnung und dieses Achte Gesetz zur Änderung des Immissionsschutzgesetzes im Bundesrat zu stoppen. Wichtig ist es für uns dennoch.

Im zweiten Teil des FDP-Antrages wird immerhin dazu aufgeordert, über die sachlichen Zusammenhänge, über die ökonomischen, die ökologischen und die sozialen Folgen – global, national wie lokal – zu debattieren. Insofern ist der FDP-Antrag im zweiten Teil nicht erledigt.

Gewünscht hätte ich mir von der FDP, dass Sie in Ihrem Antrag etwas genauer bestimmt hätten, auf welche Drucksache des Bundestages bzw. des Bundesrates Sie sich beziehen. Es war diesbezüglich etwas Kompassarbeit nötig, um sich durchzuforsten und fündig zu werden, welche Drucksache mit welcher Bundesverordnung eigentlich gemeint ist, worauf sich sozusagen Ihr Gesamtantrag bezieht.

Klar ist auch – das hat alle aufschrecken lassen; ich habe die ZDF-Sendung „Frontal“ ebenfalls gesehen und gleich in der darauf folgenden Umweltausschusssitzung die Fragen dazu gestellt –: Wenn es tatsächlich so ist, dass solche unterschiedlichen Zahlen von älteren Autos kursieren, die davon technisch hart betroffen würden, und diese Zahlen tatsächlich zwischen 375 000, 1,5 Millionen oder gar 10 Millionen schwanken, dann ist es natürlich richtig, dass man diese Verordnung zunächst einmal stoppt und nochmals genauer recherchieren lässt, welche Autos bzw. welche Fahrzeugtypen tatsächlich betroffen sind. Ich war völlig überrascht, dass selbst Fahrzeugtypen von Mercedes-Benz, die vor 1997 zugelassen worden sind, und BMWs, die vor 1998 zugelassen worden sind, hart getroffen würden, wenn diese Beimischungsquote auf 10 % ansteigen würde.

Damit sind natürlich unglaubliche Sicherheitsrisiken für die Autofahrerinnen und Autofahrer verbunden. Risiken bis hin zu Autobränden werden von technischen Fachleuten ins Spiel gebracht; aber es wären natürlich auch erhebliche soziale Konsequenzen damit verbunden, da die Einkommensschwächsten am wenigsten in der Lage sind, sich neue Autos zu kaufen und möglicherweise mit dem dann nur noch möglichen teureren Super-Plus-Benzin fahren müssten. Wir haben es hier in der Tat nicht nur mit einem ökologischen Nachhaltigkeitsproblem und einem ökonomischen Problem, sondern auch mit einem gravierenden sozialen Problem zu tun. Solange diese Zusammenhänge nicht aufgeklärt sind, sollten wir diesen Weg nicht beschreiten.

Meine Kollegin Elke Altmann wird später noch einmal vor allem etwas über diese fachlichen Zusammenhänge sagen. Ich möchte mich kurz fassen. Umweltminister

Gabriel hat aufgrund des öffentlichen und des politischen Druckes meiner Ansicht nach zunächst einmal richtig gehandelt, das zu stoppen. Wir erwarten eine Verordnung, die bestimmten Mindestkriterien von Nachhaltigkeit entspricht, obwohl klar ist: Ohne die Forschung und Entwicklung bei Biosprit der ersten Generation werden wir natürlich keine Impulse für Forschung und Entwicklung in der zweiten Generation bekommen, obwohl in Freiberg mit der Firma Choren hier schon eine enorme Entwicklung eingesetzt hat. Ich denke, man muss bei den Biokraftstoffen künftig zwischen erster, zweiter und dritter Generation unterscheiden.

(Gesine Matthes, CDU: Aber nicht heute Abend!)

Was wir Politiker aber nicht zulassen dürfen, ist, dass wir uns damit in eine ökologische Sackgasse manövrieren.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Gerlach.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie nicht beschwindeln; deshalb sage ich nicht, dass ich mich kurz fassen werde, wie es meine beiden Vorredner getan haben.

Worum geht es heute? Es geht laut FDP um eine „höchst aggressive Biochemikalie“, um „gepanschten Sprit“ und darum, dass „Sachsen in Berlin gefordert“ sei. – So steht es in der Annonce, die die FDP heute geschaltet hat. Zumindest haben wir sie in der „Freien Presse“ gelesen. Ich weiß nicht, wo sie noch überall gestanden hat.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: „Sächsische Zeitung“!)

Aus diesem Grunde denke ich, dass es noch einmal dringend notwendig ist zu wiederholen, was mein Kollege Mannsfeld vorhin bereits gesagt hat: Sie versuchen, auf einen schon vor zehn Tagen abgefahrenen Zug aufzuspringen. Da müssen sie aber sehr weit springen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Die FDP richtet sich außerdem wieder einmal nach den medienträchtigen Vorgaben ihres Werbefachmannes aus, also versucht sie beim lange zitierten Thema Autofahren – deshalb steht es auch im Titel des Antrages; der Werbestratege der FDP überlässt dabei nichts dem Zufall –, wieder einmal in Sachsen zu punkten,

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Nein, das sage ich jetzt!)

und die Menschen, die in ihrer übergroßen Mehrheit die Entscheidungen des Bundesrates nicht verfolgen, sollen sagen: Toll, was die Jungs und die junge Frau von der FDP mal wieder für Sachsen getan haben!

Worum geht es eigentlich? Anknüpfend an das, was ich bereits zum NPD-Antrag gesagt habe, will ich hier etwas weiter ausholen, weil es notwendig ist. Sie haben auf Ihren Antrag ja ausdrücklich nicht verzichtet, und Sie

haben auch Ihre Gründe. Da Sie die Annonce bereits geschaltet hatten, ginge dies auch schlecht.

Wie auch immer: Ausgangspunkt ist die Koalitionsvereinbarung in Berlin. Wörtlich heißt es darin: „Mineralölsteuerbefreiung der Biokraftstoffe wird ersetzt durch eine Beimischungspflicht.“ Das war der Ausgangspunkt. Ich halte das für komplett falsch; denn wir gehen tendenziell dazu über, dass wir Importe aus fragwürdigen Anbaugebieten durchführen, und diese werden auch noch gestärkt und unsere heimische Industrie wird zerstört.

Ich hätte eigentlich von der FDP erwartet, dass dies kommt. Es ist aber nicht gekommen. Ich zitiere jetzt einmal und sage Ihnen danach, woher es kommt: „Mit Inkrafttreten der zweiten Steuerstufe auf Biodiesel und Pflanzenöl am 01.01.2008 ist nunmehr der Absatzmarkt für deutschen Biodiesel und Pflanzenöl vollständig zusammengebrochen. Biodiesel ist mit der derzeitigen Besteuerung von 15 Cent pro Liter und Pflanzenöl von 10 Cent pro Liter teurer als Diesel, und damit sind beide unverkäuflich. Circa 85 % der deutschen BiodieselProduktionskapazität von etwa 5 Millionen Tonnen stehen still. Bei den vorgelagerten Pflanzenölpressen haben etwa 70 % der Unternehmen aus steuerpolitischen Gründen ihren Betrieb einstellen müssen. Große Mengen des in Deutschland und Europa angebauten Rapses werden zukünftig aus Deutschland in Länder wie Österreich, Tschechien, die USA usw. exportiert, wo die wirtschaftlichen Absatzmöglichkeiten für Pflanzenöl sowohl im Nahrungsmittelbereich als auch für die Kraftstoffverwertung gegeben sind. Die Demontage der B-100Biodieselanlagen und einer Vielzahl von Pflanzenölpressen ist in vollem Gange.“ Dies schrieb der Präsident des Bundesverbandes Biogene und Regenerative Kraft- und Treibstoffe, Herr Peter Schrum, vor wenigen Tagen an die Bundeskanzlerin.

Die Vorgaben der EU beim Einsatz von Biokraftstoffen kamen beim Umweltminister mit dieser hier genannten Ankündigung an, die Beimischung auf 10 % zu erhöhen. Es gab einen Aufschrei der Autoindustrie, weil man nur circa 5 % für technisch ungefährlich hält, usw. usf. Verschiedene Menschen haben sich eingemischt, und – es wurde bereits angedeutet – Sachsen hat bei diesen Beratungen einen eigenen Antrag in den Umweltausschuss des Bundesrates eingebracht. Sachsen hat dort verlangt, die Beimischung schrittweise von 4 % im Jahr 2015 auf 6,5 % im Jahr 2020 anzuheben. Dies wurde im Gesamtverfahren am Ende nicht verwirklicht; denn in der Beschlussvorlage steht es nicht mehr drin, und angenommen wurde auf der Basis eines Antragstextes von SchleswigHolstein vom 15.01.2008, leicht geändert, wie gesagt, zehn Tage vor Einreichung Ihres Antrages der vom Kollegen Mannsfeld bereits ausreichend erläuterte Antrag.

Kurz danach hat Minister Gabriel eine Art Moratorium erklärt. Die Ergebnisse von Untersuchungen sollten abgewartet werden, wie sich die Beimischung technisch und vor allem finanziell auswirkt. Wenn überhaupt etwas vom FDP-Antrag übrig bleibt, wäre es Punkt 2. Aber auch

dieser wird sich mit dem Redebeitrag des Umweltministers erledigen, davon gehe ich aus, da dieser den bisherigen Stand heute zusammenfassen wird.

Nun haben Sie in den Antrag geschrieben, Sie wollen bis Ende Mai eine Unterrichtung haben. Aber dazu muss ich Ihnen sagen: Bis Ende Mai wird man noch nicht sehr viel schlauer sein und Ihnen nicht sehr viel mehr als heute dazu sagen können, weil die Diskussion – Sie haben die verschiedenen Redebeiträge gehört – in vollem Gange ist, und man ist da wirklich sehr unsicher, nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, wie man mit dem ganzen Thema überhaupt umgehen soll.

Was ist aus unserer Sicht dringend zu regeln? Dabei sollte man immer wieder daran denken, dass die Zuständigkeiten auf der Bundesebene liegen.

Erstens – die Zertifizierung des Anbaues der Biomasse: Raps, Zuckerrohr, Mais, Soja, Palmöl usw.

Zweitens – den Blick auf die Gesamtpflanze lenken und nicht nur auf den für Biosprit verwertbaren Teil.

Beispiele: Raps hat immerhin zwei Drittel Eiweißfuttermittelanteil und nur ein Drittel Pflanzenölanteil, Soja sogar vier Fünftel Eiweißfuttermittelanteil und ein Fünftel Pflanzenölanteil.

Drittens. „Bei den derzeitigen Verarbeitungskapazitäten von 5 Millionen Tonnen Biodiesel und circa einer Million Tonnen Ethanol aus Zuckerrüben und Schadgetreide sind heute bereits 6 Millionen Tonnen Reinbiokraftstoffe, das heißt, mehr als 10 % aller deutschen Kraftstoffe, ohne Zusatzinvestitionen produzierbar. Dieser Anteil wäre sogar auf 16 bis 17 % (B-100, Pflanzenöl, E-75) erweiterbar, wenn die Reinbiokraftstoffe nicht wie jetzt aus dem Markt heraus besteuert würden.“ Das Letzte war ein Zitat vom bereits genannten Herrn Schrum.

Viertens. Die Orientierung des Nahrungsmittel-Leitpreises von Getreide an den möglichen verwertbaren Energieinhalten führt dazu, dass die Bauern endlich ordentlich entlohnt werden. Und das ist gut so. Auch Bauern haben ein Recht darauf, von ihrer Hände Arbeit ausreichend leben zu können. Damit stellt sich hier so eine Art „Mindestlohn in der Landwirtschaft“ ein.

Aber – und damit bin ich beim Punkt 5 – die Politik hat auch die Pflicht, regulierend in den Gesamtprozess einzugreifen, wenn sich die Marktkräfte verselbstständigen wollen. Lebensmittel – die Betonung liegt auf Leben – sind das, was ihr Name so schön sagt: Die brauchen wir wirklich zum Leben. Deshalb darf es eine Verdrängung der für die Lebensmittel notwendigen Flächen nicht geben. Können sie, wie zum Beispiel beim Raps, sowohl für die Lebensmittelproduktion als auch für die Energieproduktion verwertet werden, sollten wir das nicht mit falschen Steuern verhindern.

Sechstens. Es ist schon vom Wirkungsgrad her nicht möglich, alle heute aus Erdöl produzierten Kraftstoffe auch nur annähernd durch Biokraftstoffe ersetzen zu wollen.

Siebentens. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass die Biokraftstoffe zwar ihren Anteil an der CO2Einsparung bringen werden, die zukünftige Mobilität wird allerdings entweder elektrisch oder zum Beispiel mit anderen Stoffen wie Wasserstoff erfolgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort. Herr Dr. Müller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte ja für die NPD-Fraktion schon im vorliegenden Antrag klargemacht, dass wir für eine Erhöhung der Beimischungsquoten von biogenen Kraftstoffen zu konventionellen Kraftstoffen sind. Wir begrüßen auch die vorübergehende Aussetzung durch das Bundesumweltministerium wegen der Klärung der Verträglichkeit für die Kraftfahrzeuge. Allerdings pendelt es sich ja doch irgendwo bei den 370 000 Kraftfahrzeugen, die betroffen sein könnten, ein. Selbst der VDA sagt, dass es eine geringe Anzahl der 50 Millionen zugelassenen Kraftfahrzeuge in Deutschland sein wird, die betroffen ist, sodass wir in dem Antrag der FDP doch mehr eine Art Hysterie und einen Lobbyismus in Richtung Mineralölkonzerne sehen. Wir werden den Antrag ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der NPD)

Das war in Kurzform die NPD-Fraktion. Die Fraktion GRÜNE erhält das Wort; Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was die Große Koalition in Berlin in Sachen Biotreibstoffe an Konzeptionen vorlegt, wird leider nicht dazu dienen, den Klimaschutz voranzubringen, und entgegen der Schwerpunktsetzung durch die FDP-Fraktion ist das das eigentliche Thema, was wir uns bei der Frage Biokraftstoffe/Biotreibstoffe vorlegen sollten.

Das eigentliche Problem ist aus Sicht meiner Fraktion die widersprüchliche Klimaschutzpolitik der derzeitigen Bundesregierung. Diese hatte im vorigen Jahr die Abschaffung der Steuerbefreiung von Biotreibstoffen beschlossen. Die stattdessen vorgesehene Beimischungsquote von Biokraftstoffen wird nicht die erforderliche Steuerungswirkung entfalten. Das war von Anfang an klar und das beweist sich jetzt.

Mit 6 Cent pro Liter Steuererhöhung seit dem 01.01.2008 für Biodiesel und gar 10 Cent für Pflanzenöle werden die bereits im Markt verfügbaren Reinbiokraftstoffe verteuert. So, meine Damen und Herren, führt die Koalition große Teile der mittelständischen Biokraftstoffbranche in den Ruin. Statt auf die gestiegenen landwirtschaftlichen Rohstoffpreise mit einer sogar von manchem Unions- und SPD-Politiker geforderten Aussetzung der weiteren Besteuerung zu reagieren, erdrosselt die Bundesregierung