Römisch I, römisch II. Akzeptieren Sie doch endlich einfach eine Tatsache: Die Dresdner haben entschieden: Die Brücke muss gebaut werden, und jeder, der die Elbe hinaufschaut, sieht auch, dass sie gebaut wird.
Ich bin mir ganz sicher, dass die große Mehrheit der Dresdner ihre Meinung zum Bau der Waldschlößchenbrücke – Frau Hermenau hat es als „Baumgemetzel“ bezeichnet – trotz Buche, Tunnellügen- und Baustoppdebatte nicht geändert hat und nach wie vor völlig unverrückt zum Ergebnis des Bürgerentscheides steht und diese Brücke will. Daran ändern Sie mit Ihrem Gesetzentwurf, auch wenn Sie etwas anderes wollen, überhaupt nichts, meine Damen und Herren.
Weil zum Thema Welterbe aus meiner Sicht wirklich schon alles von wirklich allen und in jedem denkbaren Tonfall gesagt worden ist, beschränke ich mich heute hier darauf, nur ganz wenige Aspekte zusammenzufassen.
Erstens ist der Weltkulturerbetitel natürlich eine schöne und sehr ehrenvolle Sache, aber angesichts von 851 Welterbestätten, davon allein rund 380 in Europa und 32 in Deutschland – zwölf stehen übrigens zusätzlich zur Entscheidung an –, ist dieser Titel eben keineswegs so exklusiv, wie der eine oder andere uns das hier glauben machen will.
Wir sagen als FDP: Welterbetitel ja, aber nicht um jeden Preis, meine Damen und Herren. Frauenkirche, Grünes Gewölbe und Semperoper sind viel mehr ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt Dresden als ein nicht gerade selten vergebenes UNESCO-Prädikat, meine Damen und Herren.
Zweitens: Für den Welterbetitel – so salopp darf ich das an dieser Stelle sagen – kann man sich eben nichts kaufen, denn für diesen Titel gibt es von niemandem Geld, weder von der EU noch vom Bund, noch vom Land und natürlich auch keinesfalls von der UNESCO selbst. Im Gegenteil, der Erwerb des Titels war für die Stadt Dresden mit erheblichen Kosten verbunden, und die Arbeit mit dem Titel ist es ganz genauso. Um überhaupt wirtschaftliche und touristische Effekte aus dem Welterbetitel zu ziehen, müsste die Stadt Dresden sehr viel Geld in die Hand nehmen, um diesen Titel weltweit zu vermarkten. Dieses Geld hat die Stadt Dresden schlichtweg nicht, meine Damen und Herren.
Drittens: Angesichts der äußerst problematischen Arbeitsweise der UNESCO, der von der UNESCO und nicht von der Stadt Dresden oder von der Landesregierung verursachten Fehler im Gutachten, der aus unserer Sicht bedenklichen Einstellung der UNESCO zu von ihr selbst in früherer Zeit gemachten Aussagen und des mangelnden
Respekts des Gremiums vor demokratischen Grundprinzipien sowie der klar akzentuierten Meinung der großen Mehrheit der Bürger muss man wohl feststellen, meine Damen und Herren, dass die Bewerbung der Stadt Dresden um den Welterbetitel ein Fehler gewesen ist. Ich jedenfalls würde es keiner Großstadt von Rang empfehlen, sich um diesen Titel zu bewerben. Es mag sein, dass dieses Prädikat für einzelne Attraktionen, wie zum Beispiel für den Kölner Dom oder auch für den Pückler-Park in Bad Muskau, positive Effekte haben kann.
Für sich entwickelnde Kulturlandschaften wie das Dresdner Elbtal ist dieser Titel leider zu einer Last und zu einer Bürde geworden.
Weil es derartige Diskussionen gerade auch in Sachsen gibt, empfehle ich den Menschen im Erzgebirge sehr deutlich, sich genau zu überlegen, ob man die Montanregion tatsächlich zum Weltkulturerbe ernennen lassen will.
Herr Kollege Zastrow, mich würde jetzt Folgendes interessieren: Sprechen Sie bei dieser Bewerbungsempfehlung für sich oder für die Liberalen? Könnte es sein, dass zum Beispiel die gesamte Fraktion der Liberalen im Kreistag Sächsische Schweiz für den Weltnaturerbetitel für die Sächsisch-Böhmische Schweiz gestimmt hat?
Dr. Müller, das kann sein, das weiß ich nicht. Ich kenne die Beschlusslage des Kreistages Sächsische Schweiz leider nicht. Das ist ein Versäumnis, aber ich muss dazu sagen, Herr Dr. Müller, es liegt mir völlig fern, den Kreistagen irgendetwas vorzuschreiben. Ich sagte, man sollte darüber nachdenken. Wir haben in Dresden inzwischen Erfahrungen mit dem Welterbetitel gesammelt, Erfahrungen, die, glaube ich, unserer Stadt nicht guttun. Das sollten alle Verantwortungsträger bei der UNESCO bei künftigen Entscheidungen berücksichtigen. Wenn sie trotzdem einen Antrag stellen, ist das ihre Entscheidung vor Ort. Sie müssen selbst sehen, ob sie damit klarkommen. Ich sage, Dresden sollte ein warnendes Beispiel sein und die Kreistage veranlassen, über die Konsequenzen noch einmal gründlich nachzudenken.
Einer meiner Kollegen, der Bundestagsabgeordnete Jan Mücke, hat zusammen mit der FDP-Bundestagsfraktion in der vergangenen Woche die Bundesregierung gefragt, welche rechtliche Bindungswirkung die Welterbekonvention für Bund, Länder und Kommunen entfaltet. Das war ein großes Thema im Kulturausschuss des Deutschen Bundestages. Die Antwort der Bundesregierung ist interessant. Sie lautet nämlich: Bindungswirkung ja, Handlungsverpflichtung nein. Im Klartext: Die Welterbekonvention enthält – ich zitiere – „lediglich Absichtserklärungen und Bemühenspflichten“. Die enthaltenen Vorschriften seien rein programmatischer Natur. Das heißt, dass wir in Dresden, wir in Sachsen machen können, was wir für richtig halten. Ich finde, das ist auch gut so.
Meine Damen und Herren, das sind die Fakten, die der heute vorliegende Gesetzentwurf der GRÜNEN leider völlig ignoriert. Dieser Entwurf zeigt einmal mehr, wie weit sich grüne Politik von der Lebenswirklichkeit der Menschen in diesem Land inzwischen entfernt hat.
Das ist nicht billig, sondern höchstens preiswert, für Sie mache ich es aber teuer. Der Entwurf zeigt, wie ideologisch und anmaßend grüne Politik oft ist. Denn was beabsichtigen Sie, liebe Kollegen der GRÜNEN, mit diesem Gesetz? Sie wollen das Dresdner Elbtal in weiten Teilen unter eine Käseglocke stecken. Als jemand, der ganz persönlich unter dieser Käseglocke leben soll, wenn es nach Ihnen geht, sage ich Ihnen: Unter dieser Glocke wird mir die Luft viel zu knapp.
Sie wollen die Fortentwicklung eines natürlich gewachsenen Lebensraums verhindern. Sie wollen – übrigens viel stärker, als es die UNESCO selbst will; das ist der interessante Punkt – jedem, der im Welterbegebiet lebt und arbeitet, vorschreiben, was er zu tun und was er zu lassen hat.
Sie missbrauchen den Welterbetitel, um Ihre altertümlichen verkehrspolitischen Dogmen und Ihre Feindschaft gegen individuelle Mobilität auszuleben. Sie blockieren Zukunft ohne Rücksicht darauf, dass eine urbane und dass eine wachsende Stadt eine entsprechende Infrastruktur braucht.
Für uns als FDP ist klar: Eine Stadt, die durch ihre Bewohner selbst – und nicht durch ferne Bürokraten hier im Landtag, in Berlin oder auch in Paris – verantwortungsvoll und stets abwägend so schön gemacht wurde, so schön, dass sie sogar so, wie wir sie aufgebaut haben, den Welterbetitel bekommen hat; diese Stadt weiß ganz genau, was sie zu tun hat. Mein Vertrauen darin, dass diese Stadt noch schöner wird, dass Erhaltenswertes
bewahrt und gepflegt wird und diese Stadt trotzdem über eine moderne Infrastruktur verfügt, mein Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger Dresdens ist jedenfalls weitaus größer als zu Ihnen, liebe Weltpolitiker von den GRÜNEN, oder zu Herrn Bandarin in Paris.
Es ist ganz klar, meine Damen und Herren: Ihrem Gesetz stimmen wir als FDP – im Namen der übergroßen Mehrheit der Dresdner Bürger und auch im Namen der Vernunft – nicht zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssten uns heute nicht mit dem Gesetzentwurf der GRÜNE-Fraktion zum Schutz des Welterbes im Freistaat Sachsen beschäftigen, wenn die Staatsregierung in ihrem Willen, die Waldschlößchenbrücke auf Biegen und Brechen durchzusetzen, davor zurückgeschreckt wäre, die Bindung Sachsens als deutscher Bundesstaat an das Völkerrecht infrage zu stellen. Denn, meine Damen und Herren, es geht hier um eine ganz einfache Frage: Ist der Freistaat Sachsen ein Teil der Bundesrepublik Deutschland, ja oder nein? – Ich war bis zu dieser Debatte der Auffassung, dass diese Frage wohl unzweideutig mit Ja zu beantworten wäre, und wenn ich die Sächsische Verfassung und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zurate ziehe, dann sagen mir deren Texte das Gleiche.
Offensichtlich ist diese zentrale Botschaft bei Herrn Milbradt noch nicht angekommen. Die Staatsregierung und Herr Milbradt persönlich haben die völkerrechtliche Einbindung Sachsens infrage gestellt, indem sie den Regierungspräsidenten Hasenpflug angewiesen haben, die Geltung der Welterbekonvention für Sachsen infrage zu stellen. Der Völkerrechtler Prof. Fastenrath von der TU Dresden hat zu Recht betont, dass aufgrund der Behauptung des Regierungspräsidiums Dresden, es bestehe keine Bindung an die Welterbekonvention, durchaus und sehr wohl Anlass zu einer klarstellenden Gesetzgebung besteht.
Meine Damen und Herren von der Union, kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit dem Hinweis auf das OVG Bautzen oder das Bundesverfassungsgericht. Diese Gerichte haben in einstweiligen Verfahren entschieden – und dies ist ja gerade Teil dieses absurden Dramas –, dass der Ministerpräsident dieses Monstrum errichten lassen will, obwohl bis heute keine Entscheidung in der Hauptsache vorliegt, wenn man davon absieht, dass das OVG Bautzen jetzt schon ein Tempolimit von 30 km/h auf der Staatsstraße Waldschlößchenbrücke angeordnet hat.
Die Koalitionsfraktionen und ihre Sachverständigen haben sich in der Anhörung auf eine rechtliche Scheindebatte verlegt und Herr Bandmann und Herr Bräunig haben diese Scheindebatte heute im Hohen Hause wiederum aufgeführt. Sie behaupten allen Ernstes, dass die Welterbekonvention keine Rechtswirkungen entfalte.
Sie behaupten dies, obwohl der Freistaat Sachsen selbst die Anerkennung als Welterbe im Fall des Welterbes „Dresdner Elbtal“ beantragt. – Übrigens, meine Damen und Herren, „Welterbe ‚Dresdner Elbtal’“, bitte nicht „Weltkulturerbe“. Ich meine, das sollte man in der Debatte wirklich mittlerweile mitbekommen haben. – Wir brauchen hier überhaupt keinen juristischen Sachverstand, um diese Argumentation als offensichtlich unrichtig und parteipolitisch motiviert zu entlarven.
Sie behaupten als Erstes, es bestünde keine völkerrechtliche Rechtspflicht, das UNESCO-Welterbe in Landesrecht umzusetzen. Aber, meine Damen und Herren, es geht nicht um eine Rechtspflicht zum Erlass eines Gesetzes, sondern um den politischen Willen, hier und heute ein Gesetz zum Schutz des Welterbes in Sachsen zu erlassen, und diesen Willen haben Sie eben nicht.
Ihr Hauptsachverständiger Dr. Brüggen, der ehemalige Staatskanzleiminister aus der biedenkopfschen Endzeit, hat keineswegs bestritten, dass wir selbstverständlich als Landtag berechtigt sind, ein Welterbegesetz zu erlassen, wie es im Übrigen und bekanntermaßen das Land Sachsen-Anhalt vor bereits zehn Jahren getan hat.
Sie lassen zweitens vortragen, dass die UNESCOWelterbekonvention nur Bemühensregeln kenne, sodass keine Rechtspflicht daraus abgeleitet werden könne. Meine Damen und Herren, auch eine Bemühenspflicht ist eine Rechtspflicht. Der Unterschied zu einer Norm mit strikt vorgehender Rechtsfolge ist eben, dass das Ergebnis der Bemühungen nicht gesetzlich vorgezeichnet ist.
Jedenfalls handelt es sich bei der Bemühenspflicht um einen Abwägungsgesichtspunkt, der mit hohem Gewicht einzustellen ist.
Sehen wir uns noch mal die Welterbekonvention an, das haben Sie nämlich alle nicht getan. Dort steht beispielsweise in Artikel 6 Abs. 3, dass die Unterzeichnerstaaten sich verpflichten – also auch die Bundesrepublik Deutschland und somit auch der Freistaat Sachsen, da ich davon ausgehe, dass der Freistaat Sachsen immer noch Teil der Bundesrepublik Deutschland ist –, alle vorsätzlich schädigenden Maßnahmen zu unterlassen.