Protokoll der Sitzung vom 05.03.2008

Sehen wir uns noch mal die Welterbekonvention an, das haben Sie nämlich alle nicht getan. Dort steht beispielsweise in Artikel 6 Abs. 3, dass die Unterzeichnerstaaten sich verpflichten – also auch die Bundesrepublik Deutschland und somit auch der Freistaat Sachsen, da ich davon ausgehe, dass der Freistaat Sachsen immer noch Teil der Bundesrepublik Deutschland ist –, alle vorsätzlich schädigenden Maßnahmen zu unterlassen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Wie soll denn das Bemühen aussehen? Es ist doch damit völlig klar: Die Staatsregierung sollte sich jedenfalls bemühen. Sie bemüht sich aber um das Gegenteil. Das

eigentliche geheime Ziel der Staatsregierung ist es, den Welterbetitel möglichst schnell loszuwerden

(Antje Hermenau, GRÜNE: Geheim ist es nicht mehr!)

und die Waldschlößchenbrücke durchzuprügeln.

Meine Damen und Herren! Genau aus diesem Grunde brauchen wir ein Gesetz zum Schutz des Welterbes und wir brauchen es nicht so sehr im Interesse des Dresdener Welterbes, sondern vor allem im Interesse der Bewerbung des Erzgebirges und der Böhmisch-Sächsischen Schweiz und der anderen Welterbestätten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Einwand drei: Wir würden durch die Inkorporierung der Welterbekonvention unsere Definitionsmacht an die UNESCO abgeben, was gegen die Wesentlichkeitstheorie verstoßen würde – so gedrechselt Herr Dr. Brüggen. Leider auch falsch, denn die UNESCO definiert das Welterbe nicht, sondern erkennt es auf Antrag des Mitgliedsstaates, also Deutschlands und nach meinem Verständnis auch Sachsens, lediglich an. Das ist ein feiner, aber wesentlicher juristischer Unterschied.

Schließlich der letzte Einwand: Das Welterbe sei zu komplex, es könne gar nicht geschützt werden. Wirklich, meine Damen und Herren, ein tolles Argument. Es übersieht, dass es im sächsischen Denkmalschutzrecht längst einen Ensembleschutz gibt. Unsere Lösung über eine Rechtsverordnung stellt klar, welche Gebäude und Naturteile in welcher Form vor Veränderung durch einen Genehmigungsvorbehalt geschützt werden und welche nicht. Es ist keineswegs so, dass wir jeden Farbanstrich genehmigungspflichtig machen, und wer das behauptet, meine Damen und Herren, der hat entweder keine Ahnung oder ist böswillig. Ich unterstelle Ihnen beides.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fazit: Der Freistaat Sachsen ist befugt, das Welterbe durch Aufnahme in sein Denkmalschutzgesetz zu schützen. Er kommt damit wie das Land Sachsen-Anhalt in hervorragender Weise seiner Bemühenspflicht zum Schutz des Welterbes nach.

Zweitens. Aufgrund der Rechtsposition des RP Dresden als Behörde des Freistaates – es ist ja nicht vom Himmel gefallen, es ist unmittelbar der Staatskanzlei im Weisungsstrang unterworfen – und des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen als oberstes Verwaltungsgericht des Freistaates Sachsen ist der Landtag aufgerufen, durch Gesetzgebungsakt klarzustellen, dass sich der Freistaat Sachsen zur Pflicht zum Schutz des Welterbes bekennt.

Drittens. Die rechtliche Lösung, den Umfang der Genehmigungspflicht über eine Rechtsverordnung zu regeln, ist rechtsstaatlich sauber und für jeden Bürger erkennbar.

Wer heute unserem Gesetzentwurf nicht zustimmen will, der will kein Welterbe, und, meine Damen und Herren, das gilt für die CDU. Wer sich heute auf die Ministerpräsidentenkonferenz beruft, wie es leider auch die SPD

getan hat, der macht wider besseres Wissen den Bock Milbradt zum vorgeblichen Welterbegärtner. Aber die SPD hat sich schon längst entschieden, die Welterbefrage nicht zur Koalitionsfrage zu machen. Es grenzt also wirklich schon – – Es ist der Gipfel der Unverschämtheit, wenn sich hier ein Vertreter der SPD vor dieses Hohe Haus stellt

(Stefan Brangs, SPD: Was ist daran unverschämt?)

und sagt, unser Gesetzentwurf sei nicht ausgereift. Und Herr Tiefensee ist es – meines Wissens immer noch Mitglied des sächsischen SPD-Verbandes –, der ein Gutachten im Namen der Bundesregierung in Auftrag gibt, der genau unsere Rechtsposition, die wir in diesem Gesetzentwurf vortragen, teilt, damit groß an die Presse geht und sich hinstellt

(Stefan Brangs, SPD: Na und!)

und so tut, als ob das alles nicht stimmt.

(Stefan Brangs, SPD: Ist das Denken verboten oder was?)

Liebe Genossinnen und Genossen von der SPD, einigen Sie sich mal bitte,

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

ob Herr Tiefensee recht hat oder ob Sie recht haben mit dem, was Sie hier vorgetragen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Es ist schon mehr als eine Schmierenkomödie, wenn Ihr Vorsitzender Dulig heute an dieser Debatte nicht teilnimmt und über große Pressemitteilungen verkünden lässt,

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

dass er nach Paris fährt, um dort für das Welterbe zu kämpfen, obwohl er ganz genau weiß, dass Herr Bandarin sich nicht äußern wird – weder in die eine noch in die andere Richtung –, weil das eben der Welterbekonferenz im Monat Juli vorbehalten bleibt.

Nein, es ist der SPD wichtiger, hier so zu tun, als ob man sich tatsächlich einsetzen würde. Aber wo es darum geht zu kämpfen – nämlich hier im Sächsischen Landtag und in der Staatsregierung –, da zieht man den Schwanz ein. Da ist man immer schön koalitionstreu, aber nach außen bella figura machen.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Meine Damen und Herren von der SPD, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, nicht so billig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion – Antje Hermenau, GRÜNE: Jawohl!)

Gibt es noch weiteren Diskussionsbedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Bedarf gebe es genug, aber wir haben keine Redezeit!)

Ich erteile der Staatsregierung das Wort; Herr Minister Mackenroth, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt den Innenminister vertreten, der sich heute Morgen krank gemeldet hat.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Frau Hermenau, Sie können gern eine Zwischenfrage stellen.

(Stefan Brangs, SPD: Es gibt eine Nachfrage, ob er Herrn Beck geküsst hat! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Im Radio war er heute früh noch!)

Die Küsschen werden woanders verteilt.

Mit ihrem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, versucht die antragstellende Fraktion zunächst eines: Sie versucht zu suggerieren, dass Kultur- und Naturgüter in Sachsen eines zusätzlichen Schutzes bedürfen, und – wen wundert es – es sind wieder einmal die GRÜNEN, die für diesen vermeintlich notwendigen zusätzlichen Schutz Sorge tragen wollen.

Doch bereits die erste Grundannahme des Gesetzentwurfes ist falsch. Sächsische Kultur- und Naturgüter bedürfen keiner weiteren Schutzkategorie. Seit der Wende, seitdem Christdemokraten – jetzt zusammen mit Sozialdemokraten – in Sachsen Verantwortung tragen, sind Anzahl und vor allem Erhaltungszustand der Kultur- und Naturgüter beständig gestiegen. Das, was zu zerfallen drohte, wurde restauriert, das, was in Umweltzerstörung unterzugehen drohte, wurde gerettet. Sachsen ist heute reich an einzigartigen Kulturdenkmalen, wie auch an einzigartigen Landschaften – all das mit den vorhandenen Schutzinstrumenten.

Es ist schon ziemlich unverfroren zu behaupten, mit dem Gesetzentwurf würde die Glaubwürdigkeit Sachsens gegenüber der Bundesrepublik sowie der UNESCO wiederhergestellt. Herr Lichdi, ich finde es unehrlich, wenn Sie mehrfach wiederholen, die Staatsregierung habe diese Brücke gebaut. Dem ist nicht so. Die Dresdner haben die Brücke gebaut und sich bewusst mit einer Zweidrittelmehrheit für diese Brücke entschieden.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Sie steht noch nicht, Herr Mackenroth!)

Ich finde es unverfroren, Herr Lichdi, wenn Sie sagen, hier hätte jemand durch den Bau oder durch den Bürgerentscheid Völkerrecht verletzt. Das sehen unsere höchsten Gerichte von Bautzen bis Karlsruhe anders. Ich finde es im Übrigen, Herr Lichdi, auch arrogant, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen: Wer nicht für uns ist, ist gegen das Welterbe. – So einfach können Sie sich das nicht machen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Abg. Gunther Hatzsch, SPD)

Nein, meine Damen und Herren, der Freistaat hat nie an Glaubwürdigkeit verloren, auch und vor allem nicht durch den Rechtsentscheid für den Bau der Waldschlößchenbrücke. Es ist eben genau diese von der Staatsregierung eingeforderte Rechtsstaatlichkeit, die Glaubwürdigkeit erst begründet, Herr Lichdi. Aber wir wissen, worum es den GRÜNEN geht: um die Verhinderung der Brücke. Genau dafür wird das Welterbe instrumentalisiert. Frau Hermenau und Herr Lichdi haben das offen eingeräumt.

Der vorliegende Gesetzentwurf reiht sich damit zwanglos in die Kette auf allen möglichen Ebenen initiierter Maßnahmen ein. Angesichts dieser zugrunde liegenden Zielstellung verwundert es nicht, dass der Gesetzentwurf – der Abg. Bandmann hat darauf hingewiesen – auch handwerklich missglückt ist. Schon der ursprüngliche Entwurf wurde im September 2007 von den Sachverständigen in der Anhörung sehr kontrovers diskutiert.

Die vorgetragenen rechtlichen Bedenken sind gravierend. Mit dem Änderungsantrag werden diese Bedenken nicht ausgeräumt, sondern weiter verstärkt. In allen Ausschüssen des Landtages ist der Gesetzentwurf folgerichtig abgelehnt worden.

Wenn die Antragsteller großflächige Welterbestätten unter Schutz stellen wollen, dann passt das erstens nicht in die Gesetzessystematik des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes, führt zweitens zu bürokratischen Auswüchsen und greift drittens unverhältnismäßig in die Rechte Dritter ein.

Die strengen Vorschriften unseres Denkmalschutzgesetzes sind auf einzelne bedeutsame Objekte, allenfalls auf Ensemble zugeschnitten. Eine großflächige Anwendung beispielsweise auf die rund 20 000 Quadratkilometer des Welterbes Dresdner Elbtal ist auch mit Blick auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten nicht praktikabel und zudem rechtlich zweifelhaft; denn damit werden zum Beispiel Grundstückseigentümern erhebliche Restriktionen auferlegt. Der Staat gängelt die Bürgerinnen und Bürger noch mehr und greift in ihr Eigentum ein. Wie viele Beschränkungen – so frage ich – sollen unsere Bürgerinnen und Bürger noch hinnehmen?