Protokoll der Sitzung vom 05.03.2008

Herr Bräunig, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Günther, Ihr Gesetzentwurf heißt „Gesetz zum Bürokratieabbau im Freistaat Sachsen“. Könnten Sie uns mit wenigen, leicht verständlichen Worten erklären, wo im Einzelnen die Bürokratie vorhanden ist, die dadurch abgebaut werden soll?

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Sehr geehrter Kollege Bräunig, sehr, sehr gern. Ich trage es einmal vor, grob zusammengefasst.

(Leichte Unruhe bei den Fraktionen)

Folgendes: Ich bin beispielsweise Grundstücksbesitzer und habe ein Grundstück von 900 Quadratmetern. Darauf wächst ein Baum. Nun möchte ich auf diesem Grundstück, auf dem der Baum wächst, eine Garage errichten. Ich gehe also zur Gemeinde und stelle einen Antrag –

(Stefan Brangs, SPD: Bauantrag!)

einen Bauantrag – und einen Baumfällgenehmigungsantrag; denn dieser ist nicht im Bauantrag enthalten.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Dann warte ich und warte. Es gibt folgende Möglichkeiten: In größeren Städten gibt es dafür ein Amt, in kleineren Städten entscheidet darüber der Technische Ausschuss.

(Zuruf des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Wie es oft ist, tagt der Technische Ausschuss nicht jede Woche. Also ist die Realität so, dass der Grundstücksbesitzer lange warten muss, bevor in der nächsten Sitzung des Technischen Ausschusses beschlossen wird, dass dessen Mitglieder vor Ort gehen und nachschauen und in der übernächsten Sitzung darüber entscheiden, ob der Baum gefällt wird. Dies kann in Ausnahmefällen bis zu einem halben Jahr dauern, bevor der Bürger ihn entweder fällen darf oder nicht.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Was ist mit der Garage?)

Mit unserem Antrag misst er nach: Ist sein Grundstück so und so groß – oder nicht, und er weiß selbst, ob er einen Antrag stellen muss – oder nicht. Das nenne ich echte Bürokratieentlastung, wenn man nämlich keinen Antrag zu stellen braucht, um dies auf seinem Grundstück zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, Herr Bräunig hat noch eine Zwischenfrage an Sie. Erlauben Sie diese?

Selbstverständlich.

Herr Bräunig, bitte.

Stimmen Sie mit mir überein, dass es auch eine Form von Bürokratieabbau ist, wenn sich die Gemeinde im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung entschließt, die Baumschutzsatzung aufzuheben und gar nicht mehr zur Anwendung zu bringen?

Wenn die Gemeinde sich dazu entschließt, dann ist es in Ordnung.

Dann braucht man aber Ihr Gesetz nicht mehr. Oder?

(Beifall bei der SPD)

Da wir nicht ausschließen können, dass nicht alle Gemeinden in Sachsen so handeln, brauchen wir unser Gesetz durchaus.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt noch eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Hähle.

Herr Dr. Hähle, bitte.

Mich würde jetzt einmal interessieren, wenn ich ein Grundstück von 1 100 Quadratmetern habe

(Heiterkeit)

und einen Baum fällen will, ob ich dann nach Ihrem Gesetz vorher 100 Quadratmeter verkaufen muss.

(Heiterkeit)

Herr Dr. Hähle, Sie müssten nach unserem Gesetz 101 Quadratmeter verkaufen, wenn ich Ihrer Argumentation folgen soll, denn Adam Ries wird im Erzgebirge groß geschrieben.

(Beifall bei der FDP – Heiterkeit)

Es ist tatsächlich so: Es ist immer das Problem, wenn man eine Grenze einzieht. Diesen Bedenken habe ich auch im Ausschuss schon Rechnung getragen. Aber diesen Bedenken kann man gut begegnen, indem man sagt: Viele Grundstücke sind kleine Grundstücke und besonders die Besitzer von kleinen Grundstücken bewegt diese Frage. Deswegen haben wir diese 1 000 Quadratmeter – auch die Staatsregierung – als Grenze eingezogen.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es noch Fragen? – Nein.

Unsere geplante Regelung ist auch eine Regelung für mehr Bäume. Viel zu oft ist es so, dass sich Grundstücksbesitzer dreimal überlegen, ob sie einen Baum pflanzen oder – bevor er den Durchschnitt erreicht – umschneiden, weil sie ihn möglicherweise später nicht mehr fällen dürfen,

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

wenn das Grundstück anders gestaltet werden soll. Dieser Grund, auf das Pflanzen eines Baumes zu verzichten, fiele künftig weg. Die Neuregelung führt zu einer erheblichen Entbürokratisierung – ich habe es eben ausgeführt – und zu Entlastungen für Bürger, Unternehmen und Kommunen. Den Bürokratieabbau haben sich CDU und SPD ja angeblich auf ihre Fahnen geschrieben.

Ich habe es bereits gesagt: Der Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Umsetzung der Aktion Paragrafenpranger lässt leider immer noch auf sich warten, übrigens ebenso die Ergebnisse der Bürokratiekostenmessung. Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von SPD und CDU, schwingen wir nicht nur große Reden, sondern handeln und bringen Gesetzentwürfe ein, sei es unser Gesetzentwurf zum Reiten im Wald oder unser Antrag zur Sonntagsöffnung von automatischen Autowaschanlagen und Videotheken.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Herr Lichdi, bitte Ruhe!

Das sind alles Vorschläge der Bürger zum Paragrafenpranger, die wir umsetzen wollen. Sie schaffen es, die Verordnung zur Herausgabe von Schülerzeitschriften abzuschaffen.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Schlimm genug, dass sie zuvor überhaupt eingeführt worden ist.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb reagieren wir Liberalen und greifen der Staatsregierung wieder einmal mit unserem 1. Gesetz zum Bürokratieabbau im Freistaat Sachsen unter die Arme,

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Wie viele kommen noch?!)

und wir bitten Sie, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)