Wie durchschlägt man nun diesen gordischen Knoten? – Indem wir Nichtsorben den Sorben ein faires Angebot machen. Das Erste wäre, dass der Finanzierungsbedarf der Stiftung einerseits und der Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen der Sorben andererseits gutachterlich und vor allem unabhängig erhoben wird. Sie können nicht die Stiftung damit beauftragen. Dann machen Sie den Bock zum Gärtner.
Natürlich wird die Stiftung versuchen, ihren Stellenspiegel zu bewahren, die Leute bis zur Rente in der Stiftung in Lohn und Brot zu halten und dann vielleicht auf Kosten der Kulturbranchen zu sparen. Das kann man doch nicht wirklich wollen und machen.
Zum Zweiten. Warum schlagen wir nicht vor, um den Knoten aufzulösen, dass die Länder im Wesentlichen für
die institutionelle und der Bund im Wesentlichen für die Projektförderung zuständig sein werden? Dann würden die Kriterien der Mittelvergabe überarbeitet und klargestellt – zum Beispiel durch Personalsteuerungskennzahlen, einem völlig normalen Instrument der Haushaltstechnik – und man würde auf diese Weise ganz bestimmt die Unwilligkeit des Bundes überwinden und hätte wieder einen neuen Anfang im politischen Gespräch.
Zum Dritten. Im Staatsvertrag sollte eine Änderung vorgenommen werden, die ermöglicht, dass der Stiftungsrat der Sorben frei, direkt und unabhängig im Siedlungsgebiet der Sorben gewählt wird. Damit wird seine Unabhängigkeit als gewählte Instanz aller Sorben und nicht eines Viertels seiner Mitglieder legitimiert und sichergestellt.
So erreichen wir gemeinsam mehr Eigenverantwortung auf der sorbischen Seite für die Ausgestaltung der kulturellen Aspekte des Minderheitenschutzes und konzentrieren die staatliche Kontrolle auf die konkreten Kriterien für die Mittelvergabe, die ja immerhin aus Steuergeldern finanziert wird und immer wieder auch Gegenstand der Kritik des Bundesrechnungshofes war.
So sieht für mich eine politische Lösung für ein schwieriges Problem aus. Das, Herr Kosel, macht es unserer Fraktion leider unmöglich, Ihrem Antrag zuzustimmen, weil Sie sich davor drücken wollen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst: Es kommt nicht nur auf viele Worte in Anträgen an, sondern im Handeln liegt die Leidenschaft.
Im Handeln. Und Sachsen hat dies in den letzten Jahren deutlich bewiesen. Sachsen hat zu seinen Aussagen gestanden
Dennoch muss ich sagen: Ich habe Respekt vor dieser Debatte, auch wenn ich nicht alles, was meine Vorredner gesagt haben, teile. Ich spüre doch den einmütigen Willen, die Stiftung für das sorbische Volk auch weiterhin wie bisher zu unterstützen.
Damit unterstützen wir die Sächsische Staatsregierung bei ihren Bemühungen, das Finanzierungsabkommen mit der Bundesregierung und dem Land Brandenburg langfristig auf der Grundlage von circa 16,4 Millionen Euro zu unterzeichnen.
Diese Stiftung, geboren nach der friedlichen Revolution mit der Wiedervereinigung Deutschlands, war die Grundlage für den Neuanfang bei den Sorben in der Lausitz.
Ich möchte sagen, es ist das erste Mal in der Geschichte eines geeinten Deutschlands, dass sich Deutsche so intensiv für die Belange der Sorben in dieser Stiftung eingesetzt haben.
Dennoch, glaube ich, ist es wichtig, auf die rechtlichen, aber auch verfassungsrechtlichen Fragen noch einmal einzugehen, wenngleich einige meiner Vorredner dies hier schon getan haben.
Ich verweise dabei auf den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands. Dort ist, vermerkt im Protokoll unter Punkt I Ziffer 14, zu Artikel 35 folgende Klarstellung getroffen: „Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik erklären im Zusammenhang mit Artikel 35 des Vertrages:
2. Die Bewahrung und Fortentwicklung der sorbischen Kultur und der sorbischen Traditionen werden gewährleistet.
3. Angehörige des sorbischen Volkes und ihrer Organisationen haben die Freiheit zur Pflege und zur Bewahrung der sorbischen Sprache im öffentlichen Leben.
Durch diese Protokollerklärung werden die Rechte der Sorben im vereinten Deutschland gesichert. Diese Bestimmungen blieben nach Wirksamwerden des Beitritts geltendes Bundesrecht. Insoweit gilt dieses Recht mit Verweis auf Artikel 45 Abs. 2 des Einigungsvertrages fort.
In dem Vertragswerk – das möchte ich deutlich betonen – ist ein späteres Außerkrafttreten oder eine Befristung der Geltungsdauer der Protokollerklärung ausdrücklich nicht vorgesehen. Dies ist später in den Diskussionen der Gemeinsamen Verfassungskommission durch die beiden Vertreter der großen Volksparteien, für die SPD Dr. Henning Voscherau, für die CDU Prof. Dr. Rupert Scholz, mehrfach deutlich gemacht worden. Als es nicht gelungen war, in das Grundgesetz einen Minderheiten- oder Volksgruppenartikel hineinzubekommen, haben diese beiden Vertreter deutlich gemacht, dass es auch
ohne Änderung des Grundgesetzes eine aus Artikel 35 des Einigungsvertrages hergeleitete gesamtstaatliche Verantwortung gibt und dass dies auch weiterhin so bleiben soll.
Diese Rechtsauffassung, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben sowohl Vertreter der Bundesregierung als auch der Sächsischen Staatsregierung bisher stets vertreten. In diesem Hohen Haus waren wir uns über die Weitergeltung dieses Rechts einig. Dies belegt gleichsam die Verantwortung des Bundesstaates, eine Verantwortung, die mit der Errichtung der Stiftung im Oktober 1991 als Signal der gemeinsamen Verantwortung der Bundesregierung, des Landes Brandenburg und des Freistaates Sachsen wirksam wurde.
Diese gemeinsame Idee von Bundeskanzler Helmut Kohl, Ministerpräsident Manfred Stolpe und Ministerpräsident Kurt Biedenkopf wurde am 19. Oktober 1991 in der Kirche zu Lohsa durch eine gemeinsame Erklärung der Ministerpräsidenten und des Bundesministers des Innern besiegelt. Die damalige Bundesministerin und heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel – Herr Kosel hat darauf hingewiesen – fand bei ihrer Rede in der Kirche zu Lohsa klare Worte. Der Vollständigkeit halber möchte ich diese Worte auch vollständig zitieren: „Seit dem 3. Oktober 1990 ist Deutschland in Freiheit vereint. Ich denke, die Demokratie der Bundesrepublik beruht ganz wesentlich auf der Anerkennung von Minderheiten. Deshalb beteiligt sich der Bund auch an der Gründung dieser Stiftung. Wir wollen dazu beitragen, dass sich die Sorben auch in Zukunft frei und ungehindert in ihrer kulturellen Eigenart entwickeln können. Die Bundesregierung nimmt die Förderung der Kultur des sorbischen Volkes auch deshalb besonders ernst, weil die Sorben im Unterschied zu der anderen Minderheit, der dänischen Minderheit, keinen nationalen Mutterstaat haben, der sich ihnen verpflichtet fühlt und Sorge für ihren Erhalt und ihre Fortentwicklung trägt. Es ist gerade der Respekt vor der traditionsreichen Geschichte und vor dem Willen des sorbischen Volkes, dass wir als Bund dafür sorgen, dass sie die notwendigen Freiräume erhalten, um ihre Kultur auch wirklich entfalten zu können. Die Stiftung ist dazu ein wichtiger Beitrag. Sie wird alle erforderlichen Fördermittel bereitstellen, aber sie wird auch Garant dafür sein, dass die Sorben ohne staatliche Bevormundung – ich betone: ohne staatliche Bevormundung – die Möglichkeit haben, ihre nationalen Belange selbst zu gestalten.“
Die Rede, die neben der Unterstützung seitens des Staates auch eine Aufforderung an die Sorben war, sich entscheidend für die eigene Zukunft zu engagieren, hat auch den klaren Unterschied zu den in Südschleswig lebenden Dänen benannt. Die Sorben haben ihr Mutterland in der Bundesrepublik Deutschland. Die Südschleswiger haben ihr sprachliches Mutterland im Königreich Dänemark. Sie müssen sich das so vorstellen: Die Südschleswiger haben die Chance, die Literatur und all das, was in Büchern niedergelegt ist, im Königreich Dänemark zu erwerben. Sie können die modernen Medien in dänischer Sprache aus dem Mutterland, dem Königreich Dänemark, nutzen. Im Sorbischen muss man dies alles selbst herstellen, weil
es eben kein weiteres sprachliches Mutterland gibt. Es wird den Sorben niemand verdenken, dass sie dies alles in ihrer eigenen Muttersprache erleben wollen. Deshalb ist diese Unterstützung notwendig.
Ich möchte darauf verweisen, dass das BonnKopenhagener Abkommen aus dem Jahre 1955 ein wichtiges Vorbild für die Schaffung dieser Stiftung war. Das Königreich Dänemark unterstützt die Südschleswiger Dänen in Deutschland und die Bundesrepublik die Nordschleswiger Deutschen im Königreich Dänemark. Dieses Vorbild der Förderung wurde von den engagierten Beamten des Bundesinnenministeriums für die Stiftung übernommen. Die Inhalte der Förderung der Nordschleswiger Deutschen und der Südschleswiger Dänen sind denen der Lausitzer Sorben vergleichbar, aber niemals gleichzusetzen. Bei jedem sind Schwerpunkte aus der eigenen Entwicklung hervorgegangen.
Die Finanzierung erfolgt seit 1991 nicht projektbezogen, wie das bei den Nordschleswigern der Fall ist. Die Nordschleswiger haben von Anfang an eine projektbezogene Förderung. Die Fördermittelbereitsteller, die Bundesrepublik, der Freistaat Sachsen und das Land Brandenburg, haben damals gesagt: Nein, das wollen wir nicht, wir wollen euch eine Summe geben, und ihr selbst müsst mit unseren Mitarbeitern dafür sorgen, dass die Projekte auf den Weg gebracht werden. Deshalb halte ich eine erneute Diskussion, ein ständiges „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ eher für nicht hilfreich, weil man dadurch von der Lösung der wichtigen Probleme abgehalten wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte darauf hinweisen, dass 1991 staatliche Aufgaben in die Stiftung überführt worden sind. Staatliche Aufgaben, die auf Bundesebene, aber auch in den Ländern zu erledigen waren, sollten von dieser Stiftung wirksam bearbeitet werden.
Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass viele Aufgaben, die die Stiftung erfüllt, Unikate sind. Das gilt für das Deutsch-Sorbische Volkstheater in Bautzen als einzige zweisprachige Berufsbühne Deutschlands wie für das Sorbische Nationalensemble mit seinen anspruchsvollen Darbietungen in den Gattungen Musik, Tanz, Gesang. Ich halte es für sehr wichtig, dass in diesem Nationalensemble nicht nur Sorben tätig sind, sondern auch viele Deutsche und Menschen, die aus anderen Ländern kommen. Wenn man an einer Sache gemeinsam arbeitet, wird man sich auch im Leben besser verstehen. Deshalb ist dieses Nationalensemble eine Chance, eine Brücke zwischen Menschen und Kulturen. Ich freue mich besonders, dass es dort diese gute Brücke zwischen Sorben und Deutschen gibt. Das darf nicht kaputtgehen.
Ich erinnere an den Domowina-Verlag als Herausgeber von sorbischen Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, dessen 50-jähriges Bestehen wir im Sommer dieses Jahres
würdig begehen werden, und an das außeruniversitäre Sorbische Institut mit den Arbeitsstellen in Bautzen und Cottbus, das Sprache, Geschichte und Kultur der Ethnie allseitig erforscht. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich immer wieder verärgert bin, wenn ich in Publikationen lese, und zwar besonders von der Bundesebene angeregt, dass das Sorbische Institut in Bautzen endlich mit dem Institut für Sorabistik der Universität Leipzig fusionieren soll. Das ist die Idee eines ehemaligen Kulturstaatsministers in Berlin, der jetzt in einer anderen Funktion tätig ist. Er ist damals auf diese Idee gekommen.
Ich habe jetzt festgestellt, dass dieser Vorschlag in den Minderheitenbericht der Bundesregierung aufgenommen worden ist. Ich weiß nicht, wie lebensfremd man sein muss, um solche Vorschläge machen zu können. Das Institut in Bautzen gehört nach Bautzen. Es ist vom Wissenschaftsrat empfohlen worden, dass dieses Institut in Bautzen angesiedelt werden soll. Ich kann Ihnen auch belegen, dass die Bundesregierung nach Auffassung ihres damaligen Staatssekretärs Kroppenstedt 1992 erklärt hat, „dass dieses Institut wichtige Beiträge für den Erhalt der sorbischen Kultur und die Identität der Sorben leistet. Von besonderer Bedeutung sind ganz sicher auch die Auswirkungen der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts auf die eher praxisbezogene Arbeit der Stiftung.“
Die Evaluierung im Jahr 2003 hat dies nochmals bestätigt und ich kann uns alle nur davor warnen, diesen lebensfernen Dingen hinterherzulaufen. Das Institut gehört nach Bautzen und das Institut für Sorabistik an der Universität in Leipzig gehört dorthin, um letztendlich auch für den Lehrernachwuchs bei uns zu sorgen.
Ich möchte es nochmals hervorheben: Das Beispiel bzw. die Grundlage für die Schaffung der Stiftung war für diejenigen, die aus dem westlichen Teil des Vaterlandes kommen, das Bonn-Kopenhagener Abkommen. Dort ist die Unterstützung des Bundesstaates auch für Schule und Lehrer nicht wegzudenken. Also, die Bundesrepublik Deutschland finanziert die deutschsprachigen Lehrer in Nordschleswig und es ist ein Aberwitz der Geschichte, dass es in Stellungnahmen der Bundesebene eine Kritik an der Stiftung dahin gehend gibt, dass die Schulbücher, die in geringen Stückzahlen hergestellt werden, nicht von der Stiftung, sondern vom Freistaat hergestellt werden sollen. Ich glaube, wenn man sich als Bundesrepublik dafür einsetzt, dass Lehrer und Schule in Nordschleswig über dieses deutsch-dänische Abkommen funktionieren, dann muss man sich auch daran erinnern können, dass es 1995 eine Stiftungsentscheidung eben für diese Schulbuchproduktion im Domowina-Verlag gegeben hat.
Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass die dänische Minderheit in Südschleswig vom Königreich Dänemark im Jahr 2002 in einer Höhe von 51 Millionen Euro unterstützt worden ist. Im Jahre 2007 ist diese Unterstützung auf 55 Millionen Euro angewachsen.